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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Grundsätzliches: Macht die Doktorarbeit überhaupt Sinn?



max12
12.01.2008, 17:44
Hallo zusammen,
ich bin jetzt schon eine Weile an meiner Doktorarbeit zugange, und es ist noch nicht zu spät um abzubrechen.
Ich frage mich ernsthaft, warum ich / man eine Arbeit überhaupt macht. Es gibt ein paar gängige Antworten darauf, die ungefähr so lauten:

1. Man kann damit an die Uni / in die Forschung gehen
2. Es hält einem eben alle Möglichkeiten offen
3. Man hat bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt
4. Als niedergelassener Arzt genießt man mehr Anerkennung in der Bevölkerung und hat mehr Zuläufe
u.a.
Ich habe die Arbeit begonnen, weil es verhältnismäßig überschaubar scheint, als Mediziner eine Arbeit neben dem Studium zu machen, und ich mir eben wie in Punkt 2 alle Möglichkeiten offen halten wollte.

Mehr und mehr widerstrebt mir allerdings die zeitliche Zusatzbelastung und ich würde mich lieber mehr aufs Studium konzentrieren.

Meine Frage an euch: Gibt es überhaupt Belege (z.B. Studien), dass eine Doktorarbeit spätere Chancen im Vergleich zu Mitbewerbern ohne Doktortitel erhöht? Oder ist das noch ein Relikt aus früherer Zeit, als wahrscheinlich ohne Titel nix zu machen war?

Ich selbst kenne ein Beispiel für jemanden, der sich ohne Doktortitel niedergelassen hat und eine Praxis führt, in der er sich vor Patientenzulauf kaum retten kann. Also eigentlich ein gutes Beispiel, dass diese weitläufige Meinung relativ zu bewerten ist, finde ich.

Da ich weder an der Uni Karriere machen möchte, noch eine Chefarztposition anvisiere, fehlt mir momentan wirklich die Motivation um mir die, wie ich finde, wichtige Zeit im Studium durch noch mehr Arbeit zu vermiesen...

Eure Meinungen?? Danke!

test
12.01.2008, 17:55
Wenn man keine großen Karriereambitionen hat, nicht an einer Uni bleiben will, in ein großes Fach will, wo es eh genug freie Stellen gibt, wird man vermutlich auch ohne Dr.Arbeit zu Rande kommen. Ob man dann in der Niederlassung wirklich schlechter dasteht kann ich nicht beurteilen.
Am peripheren Haus habe ich auch Oberärzte ohne Promotion gesehen. Also man verbaut sich damit nicht alles, denke ich, wenn man keine macht.

Blondi
12.01.2008, 19:02
Aber irgendwie ist doch auch der Faktor Selbstwertgefühl mit drin...ich glaube, dass man zu Grunde geht, wenn man sowieso schon Minderwertigkeitskomplexe und dann im Gegensatz zu den ganzen Kollegen keinen Titel hätte. Ich stelle mir das schrecklich vor und habe auch Angst, dass so etwas einmal der Fall sein könnte. Man braucht schon eine gesunde Selbstachtung und einen gewissen Abstand zu dem Erwartungsdruck seiner Umwelt, um auf Titel zu pfeifen, ich bewundere Leute, die darüber stehen können, aber meine Selbstzweifel würden dann glaube ich ins noch Unermesslichere wachsen...im Moment ist es meine schlimmste Angst, dass ich es nicht hinkriegen könnte, so eine Promotion zu schreiben.

Rene_Weller
12.01.2008, 19:09
Das klingt aber schon extremst verzweifelt und nicht mehr normal.

Giant0777
12.01.2008, 19:13
Das klingt aber schon extremst verzweifelt und nicht mehr normal.

Also, ich habe meine Diss angefangen, weil ich das Thema interessant finde und weil es mir einfach Freude bereitet, auch in dieser Form zu arbeiten !

Mir ist es doch total wurscht, was andere davon halten, ob ich nun promoviert bin oder nicht!

Ausserdem kompensiert so ein Dr-Titel doch keine fachlichen Kompetenzen, ich habe sehr gute OÄ erlebt, die eben kein "Dr.med." waren!

Also ehrlich! Selbstwertgefühl! Tzzzzzzzzzzzzzz! :-peng

hennessy
12.01.2008, 19:17
die Frage kannst nur Du alleine beantworten. Wenn Du Dich mehr dem Studium widmen willst, dann nimm dies als erste Präferenz. Evtl. mach Deine Diss nachher. Alle Pros und Cons gegeneinander abwägen und dann eine Entscheidung fällen. Setz Dir eine deadline, zu der Du eine definitive Entscheidung herbeiführst.

primus
12.01.2008, 22:01
Ich frage mich ernsthaft, warum ich / man eine Arbeit überhaupt macht.

Mehr und mehr widerstrebt mir allerdings die zeitliche Zusatzbelastung und ich würde mich lieber mehr aufs Studium konzentrieren.

Da ich weder an der Uni Karriere machen möchte, noch eine Chefarztposition anvisiere, fehlt mir momentan wirklich die Motivation um mir die, wie ich finde, wichtige Zeit im Studium durch noch mehr Arbeit zu vermiesen...


so wie ich das sehe, hast du deine frage bereits selbst beantwortet.

ich denke, der hauptgrund für die aufnahme einer dr.-arbeit liegt schlicht darin, dass es (fast) alle anderen auch machen. man darf den gruppendruck nicht unterschätzen - der homo sapiens sapiens ist ein herdentier.
regelmäßig bricht kurz nach dem physikum das chaos aus, weil nun jeder sich verpflichtet fühlt, die wissenschaft mit seinen ergüssen voranzubringen.
"bis zum examen sollte man möglichst fertig sein, denn während der weiterbildung bleibt für so etwas keine zeit", das sind ja dann dinge, die man gewöhnlich so zu hören bekommt...

wenn ich dein posting richtig interpretiere, siehst du deine zukunft im ambulanten bereich.
der nutzen der promotion als niedergelassener arzt ist marginal. für die meisten patienten sind arzt und dr. synonyme; evtl. wirst du manchmal mit der frage konfrontiert, warum du nicht promoviert hast - kannst du damit leben?
über deinen beruflichen erfolg als niedergelassener arzt entscheidet sicherlich nicht der titel, sondern
- wohlüberlegte wahl der weiterbildung (nicht unbedingt neurologie oder pädiatrie, falls du wert auf ein vernüftiges auskommen legst)
- fachliche kompetenz
- niederlassungsort (nicht unbedingt in konjunkturschwacher gegend)
- psychologisches geschick (die fähigkeit fähige mitarbeiterinnen zu finden/halten und schnell einen patientenstamm aufzubauen)
- unternehmerisches geschick.

die zusätzliche belastung durch die dr.-arbeit geht (zwangsläufig) entweder zu lasten des studiums (möglicherweise verlängerung der studiendauer) oder des privatlebens (bist du liiert?).

ich denke, der hauptvorteil der beiden "magischen" buchstaben liegt eher im privaten bereich.
manche dinge funktionieren "mit" einfacher und schneller als "ohne".
man hat so etwas wie "prominenten-bonus" - legst du wert darauf?

ich kenne einige niedergelassene ärzte und zahnärzte ohne dr.-titel, deren praxen sehr gut laufen und ob sie mit dem titel besser liefen, bleibt fraglich.

versteh mich bitte nicht falsch, ich will dir die dr.-arbeit nicht ausreden, sondern klarmachen, dass es gute gründe gibt darauf zu verzichten und die gewonnene zeit ins studium und hobbys zu investieren.

Lizard
30.11.2010, 20:02
Sorry,dass ich den Thread reanimiere.
Ich habe aber ein ähnliches Problem wie der TE.

Ich habe eine Dr.Arbeit begonnen. Nun hat sich ergeben,dass die Rahmenbedingungen deutlich schlechter sind als gedacht und der Zeitaufwand viel zu groß.Aber das ist ein anderes Thema.....

Auf jeden Fall habe ich mich mal wieder gefragt warum ich überhaupt eine Diss machen möchte. Die Hauptgründe sind wie so oft "weil es fast alle machen" und "weil so manche Tür vielleicht verschlossen bleibt im beruflichen Werdegang".Ich weiss nicht ob das ausreichende Gründe sind sich sowas "anzutun". Eigentlich bin ich nicht der Typ der etwas macht ,weil es alle machen.
Ausserdem sehe ich meine Leistungen im Studium gefährdet und auch meine Freizeit.
Ich finde es reichlich absurd, dass wohl tatsächlich von vielen Chefs eine Diss erwartet wird. Durch die Diss wird man ja nun nicht automatisch zu einem besseren Mediziner, man hat sich m.E. schliesslich durch ein 6-jähriges Studium ausreichend berufsqualifiziert.
Ich strebe keine Uni Karriere an, möchte aber dennoch an einer Uni-Klinik arbeiten und habe Bedenken ohne Dr. Schwierigkeiten zu bekommen.

Letztendlich muss ich das alles selbst entscheiden, aber wie seht ihr das ? Wie wichtig ist die Promotion und warum wird in der Medizin so ein Aufriss darum gemacht ? Sind die Chancen ohne Titel wirklich signifikant schlechter ?

sinnkrisenmässige Grüße

Lizard

Kackbratze
30.11.2010, 22:04
Ich hab bisher keinen Chef kennengelernt, der darauf Wert gelegt hat. Da waren andere Qualifikationen entscheidender.

Vielleicht sieht das an Unikliniken anders aus, aber im "normalen Medizinerleben" ist eine Dissertation nicht ein entscheidender Faktor.

Rico
30.11.2010, 22:18
Vielleicht sieht das an Unikliniken anders aus, An ner Uniklinik darf man ohne Titel nur maximal 9 Jahre bleiben, hatte mal eine Kollegin, die deshalb gehen musste obwohl mein Chef sie gerne behalten hätte, steht aber wohl in irgendeinem Hochschulgesetz, weswegen da nix zu machen war.
Da 9 Jahre aber in der Regel gut für den Facharzt reichen, ist das eher ein "Luxusproblem".

Lizard
30.11.2010, 22:24
Ja 9 Jahre sollten reichen ;)

Sicherlich ein Luxusproblem,aber ist doch auch blöd jemanden trotz offensichtlich vorhandener Kompetenz nach 9 Jahren gehen lassen zu müssen.

Lava
01.12.2010, 09:56
Naja, du hast ja auch aus irgendeinem Grund angefangen. Ich hab auch oft überlegt, die Sache sein zu lassen, weil häufig nichts funktioniert hat und sich alles jahrlang hingezogen hat. Aber dann kommt auch mal der Punkt, wo man sich fragt, ob man alles hinschmeißen sollte. Dann wäre alles umsonst gewesen. Oder schafft man es nicht doch? Ich habs letztendlich geschafft. Ich arbeite jetzt seit fast 2 Jahren in der Klinik ohne Dr.titel und von meinen Kollegen gibt es derzeit nur zwei, die bereits den Titel haben (von 12 oder so, hab den Überblick verloren). Trotzdem freu ich mich auf die Urkunde :-)

OK, die Antwort hilft dir jetzt auch nicht. Wollte nur sagen, dass ich's halt durchgezogen hab, obwohl ich keine Unikarriere anstrebe. Hauptsächlich fürs Ego, aber vielleicht hilft es ja später mal bei der Suche nach Oberarztstellen...

Prinzessin1986
01.12.2010, 10:18
möchte auch kurz mein leid klagen:
vor 2 jahren exp. arbeit angefangen, zu der zeit wusste meine dr.mutter schon, dass sie ein halbes jahr später weggehen wird und hat es mir nicht gesagt. ich wie blöde im labor gearbeitet, betreuung da noch ganz gut. dann war sie weg und sie meinte, ein andere prof am institut wird nun die betreuung übernehmen, der hat aber null ahnung von meinem thema und auch gar kein interesse dran. zu allem übel erhalte/erhielt ich mein material noch von einem anderen institut, was die sache auch noch verkompliziert hat. das letzte mal stand ich im april im labor, seitdem nictht mehr, bin nun im PJ und hab ehrlich gesagt keine lust mehr weiter zu machen. betreuung null, motivation dementsprechend ...
jedes mal wenn ich den prof wegen besprechung meiner daten und vorgehen getroffen habe, fragte er immer erst mal , "was machen sie da jetzt überhaupt?"
soll ich aufhören oder mich noch weitere zwei jahre quälen, um zu wissen, dass wieder nichts rauskommt?

dreamchaser
01.12.2010, 15:13
Das Studium ist ja nicht die einzige Möglichkeit, eine Diss zu machen - im Zweifelsfalle gibt es auch noch die Möglichkeit im Berufsleben (auch wenn es evtl. schwerer werden könnte). Also ist kein Weg verbaut, wenn jemand während des Studiums keine Diss macht.
Eine Freundin ist ohne abgeschlossene Diss an die Uniklinik gegangen - ihr Betreuer war auch weggegangen von der alten Uni und sie hatte alles in die Ecke geschmissen. Ihr Chef hatte dann mal gefragt wie weit sie denn wäre und etwas gedrängelt, die haben dann die Betreuung übernommen und sorgen jetzt dafür, dass sie den Titel jetzt auch bekommt. Es gibt immer irgendwie Wege...wenn man den Titel denn braucht.