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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Welchen Facharzt wählt man am besten, wenn man sich niederlassen will



secondmanonmoon
16.01.2008, 17:38
Es gab zwar schonmal einen Thread „Welchen Facharzt wählt man am Besten???“, die Fragestellung war aber eher „wenn man nicht viel arbeiten und ne ruhige Kugel schieben möchte“.

Ich frage das ganze aus einem ganz anderen Grund:

Ich weiß, dass ich mich nicht dem Trend anschließen will und dauerhaft als Angestellter in einem Krankenhaus den Launen des Verwaltungsdirektors ausgesetzt sein will.
Es ist auch eine grundsätzliche Typ-Frage und ich habe sie für mich so beantwortet, dass ich einfach eher der Typ bin, der frei in der eigenen Praxis arbeiten will.

Nun ist es ja so, dass es bald keine niedergelassenen Chirurgen mehr geben wird – das ist politisch anscheinend nicht gewollt und die Spezialisierung an den Krankenhäusern macht es für den Niedergelassenen auch nicht mehr rentabel, da er da nicht mithalten könnte.

Kurz und gut, um zu meiner Frage zu kommen, welcher Facharzt lohnt sich noch. Dies im Finanziellen, im Bereich der Arbeitsökonomie und der Umsetzbarkeit einer Niederlassung.

Neben der Lust zur Fachrichtung könnte noch mit hineinspielen, ob man mehr private Patienten in diesem Bereich hat als in anderen, ob man mehr berufsgenossenschaftliche Verfahren begleitet, wie hoch die laufenden Praxiskosten und wie hoch die Kosten für den Praxiskauf bzw. die Gründung sind. Denn das muss ja finanziert werden und ein Businessplan von der Bank (natürlich Basel II-konform) angenommen werden. Heutzutage werden die Kredite nicht mehr hinterhergeschmissen und es wäre doch schade, wenn man sich so sehr auf seine dermatologische Praxisfreiheit freut, es dann aber aus fachgruppenspezifischen Finanzierungsgründen nicht für einen Kredit reicht, der Hausarzt aber ohne weiteres seinen Kredit bekommt, weil die Einnahmen/Ausgaben-Rechnung ausgeglichener ist. Ich bin gerne mit Kollegen in einer Gemeinschaftspraxis – ich muss nicht, kann aber Einzelkämpfer sein. Auch ist die Frage, wie es denn mit der Ausbildung bis zum Facharzt aussieht. Es gib viele Bereiche, in denen man auf den guten Willen des Chefs angewiesen ist, wenn es z.B. um einen Operationskatalog geht - ansonsten kriegt man den Facharzt erst Jahre später und versauert in der Ambulanz. So etwas würde ich (so ist es ja vielmals in der Chirurgie) gerne ausschließen.

Auch spielen die privaten Gründe natürlich mit rein – wo kann ich mir den Jahresurlaub eigentlich nie gönnen, weil es mir die Patienten (z.B. als Hausarzt) sofort übel nehmen, wenn ich mal 2 Wochen nicht da bin. Muss ich als Hausarzt immer erreichbar sein und auch auf Beerdingungen erscheinen, wohingegen der Radiologe 5x in Urlaub fährt und seine Patienten nicht mal mit Namen kennen muss. Auch bin ich eher der Typ für eine Metropolregion und nicht für den ländlichen Bereich. In einem Vorort zu einer großen Stadt oder in der Stadt würde ich mich wohler fühlen als auf dem Land.

Und einen Anspruch habe ich halt auch: Mein Einkommen soll möglichst adäquat sein. D.h., dass ich als Akademiker nicht 30 Jahre brauche, um mein Haus abzubezahlen, wie jeder kaufmännische Angestellte, sondern vielleicht nach 15 oder 20 Jahren und das trotzdem ein kleiner Jahresurlaub mit der Familie drin ist.

Ich interessiere mich halt für so viele Fächer und kann mir auch so vieles vorstellen, sodass ich mir darunter gerne die aussuchen würde, die mir meinen Traum vom Arztberuf in freier eigenständiger Praxis ermöglichen.

Ich weiß, dass das im Prinzip eine Lebensfrage ist und auch viel Glück dabei mitspielt, doch versuchen möchte ich es hier schon. Vielleicht haben andere ja die gleichen Fragen.

Vielen Dank

test
16.01.2008, 17:47
Kann man wohl jetzt schwer sagen, welcher Facharzt in 10 Jahren am besten dastehen wird.
Prinzipiell geben sich die Einkünfte aus Kassenpatienten nicht so viel zwischen den verschiedenen FÄ, wobei spezialisierte Internisten da die höchsten Einnahmen erzielen können, war zumindest vor ein paar Jahren so. Allerdings verändert sich die Vergütung ja alle Nase lang.
Ich glaube pauschal kann man das schlecht sagen.
Was ich denke, was zu einem Erfolg der Praxis beitragen wird, ist betriebswirtschaftliches Wissen und Können, evtl. durch einen Aufbaustudiengang und gründliche Planung.
Viele IGEL Leistungen anzubieten ist natürlich auch eine gute Sache, da ist man eben dem Markt mit KOnkurrenz unterworfen und muß versuchen sich irgendwie vom Rest abzusetzen.
Also ich persönlich wüßte nicht, wie man jetzt sagen könnte, welcher FA der lukrativste sein wird. Außer wenn du dich direkt auf den privat ästethisch kosmetischen Bereich stürzen willst von vornherein.

secondmanonmoon
16.01.2008, 17:53
Also ich persönlich wüßte nicht, wie man jetzt sagen könnte, welcher FA der lukrativste sein wird. Außer wenn du dich direkt auf den privat ästethisch kosmetischen Bereich stürzen willst von vornherein.

Es geht mir nicht nur ums Geld. Klar, die Vergütung ist für einen Unternehmer wichtig und gerne hab ich natürlich eine sehr gute (siehe den Punkt Kreditvergabe), aber die Schönheitschirurgie ist für mich nix und das wäre dann nur Quälerei.

test
16.01.2008, 18:11
Gut zu den anderen Punkten. Egal welchen FA du hast, wirst du es dir in einer Einzelpraxis nicht leisten können viel Urlaub zu machen (Ausnahme sehr Geräte und Personalarme Fächer z.B. Psychiatrie oder Psychosomatik), anders sieht es natürlich in einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft aus. Da kann man sicher in Absprache dann mehr Urlaub machen.
Von der Finanzierbarkeitsseite ist es auch schwer zu sagen, weil es da auch sehr darauf ankommt, was die Politik so mit der Niederlassung vor hat im Allgemeinen, ob es in allen Bereichen so bleiben soll oder sich evtl nur für bestimmte Fächer ändern soll. Ansonsten sind natürlich Geräte intensive Praxen schwerer zu Beginn zu finanzieren.
Trotz allem weiß ja die Bank darum und wird auch eine radiologische Praxis finanzieren, wenn das KOnzept geeignet erscheint. Wobei man jetzt noch nicht sagen kann meiner Meinung nach, ob in 10 Jahren eine bestimmte Fachrichtung noch gewünscht ist in der Niederlassung und nicht vielleicht doch nicht mehr lohnenswert ist.
Ich glaube nicht, dass sich die Niederlassungsstarken Fächer wie HNO, Derma, Auge, Allgemeinmedizin prinzipiell viel geben es kommt dann mehr aufs individuelle Profil an, wie die Praxis organisiert ist, wo sie liegt, welche IGEL Leistungen angeboten werden usw...
In der Derma gibt es ja sehr viele Niedergelassene im Vergleich zum KH und ich denke die dermatologische Versorgung wäre auch gar nicht durch die wenigen Krankenhäuser zu gewährleisten, von daher in dem Fach wohl kaum abzuschaffen. Trotzdem beklagen sich die Dermatologen, dass ihre Leistungen nicht gut vergütet werden, was natürlich Ansichtssache ist. Ich denke sie werden auf ähnlichem Niveau liegen wie die anderen Fächer.
Beispielsweise wurde jetzt ja das Hauttumorscreening als Vorsorge neu aufgenommen. Dies führt dazu das viele Dermatologen diese nicht mehr als IGEL Leistung anbieten können, welche sicher für viele eine hervorragende EInnahmequelle war. An diesem Beispiel will ich dir nur zeigen, dass sich die Rahmenbedingungen sehr schnell ändern können, von daher würde ich mich eher nach der persönlichen Vorliebe richten, als nach dem was evtl. in 10 Jahren am besten aussehen könnte. Sicherer wird es wahrscheinlich sein, wenn die Niederlassung sehr wichtig ist, ein Fach zu nehmen, dass sich auch momentan wenig in Kliniken und viel in der Niederlassung abspielt, da ist sie dann nämlich kaum abzuschaffen. :-meinung

Kackbratze
17.01.2008, 05:22
Auch wenn es total abgedroschen klingt. Such Dir lieber einen Fachbereich der Dir auch Spass macht, dann ist deine Praxis auch voll.

Es gibt in meinem Umfeld genug Ärzte, die die Fachrichtung genommen haben die sie entweder "vererbt" bekommen haben oder die sie aus monetären Gründen gewählt haben.
Und am Ende sind sie unglücklich und machen in der Praxis nur mit "halber Kraft" ihre Arbeit.
Und sowas merken dann auch die Patienten und bleiben weg.
Und dann ist es egal, ob irgendwelche Untersuchungen überdurchschnittlich bezahlt werden, wenn keiner da ist, der sie in Anspruch nehmen kann.

Die Patienten (ich würde sie eher Kunden nennen) sind da sehr feinfühlig und gehen nicht gleich zum Erstbesten, nur weil er um die Ecke wohnt.

hennessy
17.01.2008, 06:43
Ich kann mich Kackbratze nur anschließen. Du willst / musst ja die nächsten 20-30 Jahre in Deinem Beruf arbeiten, also sollte es schon wenigstens ein bisschen Spaß bereiten.
Wie siehts denn mit der Psycho-Schiene aus? Keine Ambitionen?

secondmanonmoon
17.01.2008, 08:50
Wie siehts denn mit der Psycho-Schiene aus? Keine Ambitionen?

Ich glaube nicht. Ich kann mir eher Radio, Innere (Spezialgebiet) oder Allgemein vorstellen. Bei Radio würde mich die Interventionelle Radio besonders reizen.

EzRyder
17.01.2008, 10:04
Wie wärs mit Auge? Schönes Gebiet für die Praxis! Evtl. ambulante Operationen.
Ich weiß allerdings nicht wie da die Stellensituation in der Ausbildungszeit ist
:-nix Wer kann dazu was sagen? Sind doch glaub ich einige Blender und Weittropfer hier unter uns

LasseReinböng
24.01.2009, 10:53
Prinzipiell kommt doch so gut wie jede Fachrichtung außer Chirurgie/Anästhesie für Dich in Frage, wenn Du in einem "ambulanten Setting" arbeiten willst.

Die Frage ist, ob es in Zukunft noch so viele echte selbständige Niedergelassene geben wird oder ob die Tendenz in der ambulanten Medizin nicht eher in Richtung MVZ bzw. Arbeiten im Angestelltenverhältnis geht. Es scheint zumindest schon jetzt so zu sein, daß manche Praxen nur sehr schwierig verkauft werden können...auch in attraktiveren Gebieten, nicht etwa aus Mangel an Interessenten, sondern weil Banken bei der Finanzierung nicht mehr mitspielen. Erst kürzlich ging ja wieder ein "Aufschrei" durch die medizinische Presse bzgl. der neuen "Regelleistungsvolumina" für 2009, nach welchen manche Praxen Einkommensverluste von 20 % und mehr befürchten müssen, andere sich wiederum aber verbessern können usw. Auch wenn man bei der Jammerei immer skeptisch sein muß ( weil oft auf sehr hohem Niveau) ist es nicht zu übersehen, daß sehr viel Unsicherheit mit im Spiel ist. Für einen jungen Praxisgründer können derartige Schwankungen fatal sein, wenn noch Schulden von mehreren hunderttausend Euro abzutragen sind und die ursprüngliche Rechnung nicht mehr aufgeht.

Ideal finde ich es da, in einem Fachgebiet zu arbeiten, in welchem ich stets beide Möglichkeiten habe, also Job im KH UND Praxis. Als Dermatologe und Augenarzt kam man in der Vergangenheit um eine Niederlassung doch kaum herum, was nicht so ideal ist, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen dagegen sprechen. Aber mittlerweile entstehen auch in diesen Fachrichtungen Stellen in MVZ.

Interessieren würde mich , wie hier die Augenärzte im Forum die Situation für die Phase nach dem FA einschätzen ? Habt ihr schon Pläne ?

Laut meinem Augendoc geht derzeit natürlich alles die Mosel runter...ambulante OPs rentieren sich nicht mehr, keine Igel-Möglichkeiten, um derzeitige Einkommensverluste zu kompensieren - FRUST !

Espressa
24.01.2009, 11:40
Wie wärs mit Auge? Schönes Gebiet für die Praxis! Evtl. ambulante Operationen.
Ich weiß allerdings nicht wie da die Stellensituation in der Ausbildungszeit ist
:-nix Wer kann dazu was sagen? Sind doch glaub ich einige Blender und Weittropfer hier unter uns

Ophthalmologie ist natürlich das schönste Fach der Welt, keine Frage! :-oopss

Aber mit einer Quartalspauschale von 19 Euro pro Kopf wirst nicht reich, wo doch ein lausiger Lidsperrer fürn OP schon um die 200 Euro kostet... Verdacht auf ein Maculaödem? Die Kassen bezahlen das OCT nicht, und wenn das Gerät 50000 kostet, wovon soll man es zurückzahlen?
Noch schlimmer dran sind wohl nur noch die Gynäkologen, mit 14 Euro oder sowas...
Und wenn man dann die Patienten im 5-min-Takt weiterschieben muss werden sie dir vor Begeisterung auch nicht grad die Bude einrennen.

Eine "Lösung" für alle niedergelassenen Bereiche sind nur die Privatpatienten, deren Kassen eine gute Versorgung noch bezahlen. Oder die Patienten müssen für ihre Behandlung eben selbst in die Tasche greifen. Traurig aber wahr. Da musst du dir dann schon ein wohlhabendes Fleckchen Erde suchen.

Diese Umstände erklären auch, warum die Patienten den Krankenhäusern die Türen einrennen, denn dort wird die Diagnostik und Therapie ja noch erstattet. Obwohl sie beim Niedergelassenen ambulant viel billiger zu machen wäre...
Jaja es ist eine böse Welt geworden.

MediHH
24.01.2009, 11:52
Wenn es Dir nur um die Praxis geht solltest du Allgemeinmediziner werden und Landarzt in Meck- Pomm werden. Die Praxis wird Dir quasi finanziert, du bekommst ne Umsatzgarantie vom Landkreis. Was willst du mehr? (Außer natürlich einem Leben)

Muriel
24.01.2009, 18:57
Im Großraum Köln ist es in der Augenheilkunde derzeit so, dass präexistente Praxen wie blöde Kassensitze aufkaufen und dann expandieren. Anstatt für Oma Herta gut erreichbar überall eine kleine Praxis zu haben, die prinzipiell ausreichen würde, weil alles Weitere die Klinik abdeckt, entstehen immer mehr Großpraxen mit 5+ Teilhabern, die mittlerweile fast das gesamte Spektrum abdecken, mal mehr mal weniger qualitativ (zum Ausbügeln gibt es ja weiterhin die Klinik zur Revisions-OP :-oopss). Operative Praxen gibt es wie Sand am Meer, die Konkurrenz ist mittlerweile extrem hoch. Nach den Facharzt ist die Stellensituation dennoch ganz ok, zumindest wenn man wie ich keine Ambitionen hat, irgendwo Teilhaber zu werden. Mir reichte ein Angestelltenverhältnis deutlich aus, mehr will ich nicht. Mit der althergebrachten konservativen Augenarztpraxis, die sich mit mehreren zusammen tut, um 4 mal im Jahr den Patienten ein HRT zum Igeln stellen zu können, die als Zusatzgeräte ein Perimeter hat und das war es, für die sieht es ziemlich mau aus.