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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was sollte man als "Anfänger-Assi" fachlich wissen/können?



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Marita
21.01.2008, 10:51
Hallo!
Mal eine Frage an alle, die sich gerade auf ne Stelle bewerben oder grad ein paar Monate in Brot und Lohn stehen...

Wie habt Ihr Euch auf Eure erste Stelle vorbereitet?

Klar, jeder von den "Grad-Approbierten" kann irgendwie ne körperliche Untersuchung machen, nen Aufnahmebogen ausfüllen und ne Kurve lesen und evtl. auch etwas auf nem Knie rumdrücken bis der Pat. AU schreit, aber dann ...?

Sagen wir mal, Ihr geht in die Chirurgie - habt aber vorher nur im PJ ein paar Hacken gehalten und zugeschaut und sonst von Anatomie auch nur noch rudimentäre Restkenntnisse...oder Ihr geht in die Derma und kennt ein Melanom nur noch vom DIA-Vortrag aus der Vorlesung 5. Semester...

Geht Ihr einfach am ersten Tag hin un hofft, dass Euch die "Praxis" beigebracht wird oder habt Ihr Euch schon Wochen vorher mit "Praxisbüchern" vorbereitet, um ja keine Wissenslücke erkennen zu lassen?

WAS verlagen erfahrene Assis fachlich von "Anfänger-Assis" ?

Würd mich interessieren, wie Ihr das seht oder wie es bei Euch war.

LG
Marita

lore
21.01.2008, 11:21
Sagen wir mal, Ihr geht in die Chirurgie - habt aber vorher nur im PJ ein paar Hacken gehalten und zugeschaut und sonst von Anatomie auch nur noch rudimentäre Restkenntnisse...oder Ihr geht in die Derma und kennt ein Melanom nur noch vom DIA-Vortrag aus der Vorlesung 5. Semester...

in den beiden fällen würde ich schon voher nochmal ins buch schauen. ich weiß nicht, was die zukünftigen kollegen von mir als anfängerin erwarten werden, aber immerhin bewerbe ich mich ja für mein wunschfach, in dem ich für eine weile arbeiten möchte. wenn ich davon in den ersten wochen noch nicht mal theoretisch ahnung hätte wär mir das doch ziemlich peinlich. natürlich kann man nicht alles in kurzer zeit nachholen, was man vielleicht im pj nicht gesehen oder gelernt hat, gerade der praktische teil ist da allein kaum zu schaffen denke ich, aber immerhin nen guten überblick sollte man schon zum fach haben. und meiner ansicht nach auch das interesse, besonders am anfang wissenslücken schnell zu schließen.

Lava
21.01.2008, 12:23
im PJ ein paar Hacken gehalten

Ich hoffe, du durftest auch mal Haken halten :-oopss

peter schlönzke
21.01.2008, 14:48
...vielleicht doch mal die Hacken gehalten bei ner TEP :-music ......

on topic:

Ich habe momentan ohnehin das Gefühl seit dem PJ alles wieder vergessen zu haben und werde zunehmend nervös .... (Beginn:01.02.)
Aber schlussletztlich sind doch die Abläufe in den Krankenhäusern so unterschiedlich, daß man sich ohnehin am Anfang erstmal orientieren muss...

Außerdem habe ich mir (im Forum) sagen lassen, daß die Erinnerung an die ganzen Fertigkeiten schnell wiederkommt....

Man wird sehen

hennessy
21.01.2008, 15:18
evtl. erst mal den OA oder Assi fragen, welches Buch bevorzugt wird und dann daraus etwas lernen. Aber nicht übertreiben. Wie schon gesagt, das latente Wissen kommt wieder.

test
21.01.2008, 16:47
Ich denke in den meisten Fällen hat man im PJ in dem Fach/den Fächern, die für einen in die engere Auswahl kamen schon mehr getan als für die anderen, deswegen sollte von daher schon mal mehr Wissen/Können noch da sein, vor allem, wenn es auch noch Prüfungsfach war. JE nach dem wieviel Zeit man vor dem Stellenbeginn hat, ist es, denke ich, nicht verkehrt, nochmal ein wenig zu lesen, gerade zu den häufigen Krankheitsbildern oder so, oder je nach Fach nochmal Untersuchungstechniken z.B. für Unfallchirurgie oder sowas in der Art.
Ich fange im April an und werde bis dahin noch etwas in einem kürzeren Buch des Faches lesen, einfach auch um noch etwas Abwechslung vom Dr.Arbeit schreiben zu haben und etwas mehr MOtivation zu bekommen. ;-)

alley_cat75
21.01.2008, 17:26
WAS verlagen erfahrene Assis fachlich von "Anfänger-Assis" ?

Ich bin zwar nur eine halberfahrene Assi, äußere mich dennoch mal; habe nämlich gerade eine neue Kollegin frisch von der Uni zum Einarbeiten und bin teilweise enttäuscht darüber, wie wenig sie kann. :-heul

1. Erhebung eines körperlichen Status in max. 30 Min.
2. Epikrise diktieren
3. Normwerte kennen
4. Flexülen legen
5. mit den wichtigsten (internistischen) Notfällen umgehen können
6. Röntgen Thorax interpretieren können (grob)
7. EKG Auswertung
8. i. m. Injektionen
9. Patientenvorstellung bei der Übergabe
10. Telefon abnehmen

Mehr verlange ich persönlich nicht. Ist das zuviel verlangt? Meine neue Kollegin geht jeden Abend völlig fertig nach Hause, weiß nicht, wo ihr der Kopf steht und hat auch nach drei Wochen keine Peilung über die Patienten auf Station. :-nix Das da oben sind meiner Meinung nach Dinge, die jeder Famulus beherrscht (bis auf Epikrisen diktieren). Ich arbeite z. Zt. für zwei und finde das zum :-kotz , zumal keine Besserung in Sicht ist.

psycho1899
21.01.2008, 18:16
Die Leistungsfähigkeit Deiner Famulanten ist beeindruckend... Umgang mit den üblichen fachinternen Notfällen, sämtliche Normwerte parat haben, Auswertung von Rö Thorax und EKGs.

Welche fantastische Universität schickt Euch den diese cand.med.s mit Assistenarztwissen in Eure Abteilung?

On topic: In der Regel hat man ja im PJ bereits Grundzüge des jeweiligen Faches erlernt, z.B. in der Neurologie einen einigermassen akkuraten Neurostatus zu erheben und die eine oder andere Lumbalpunktion durchzuführen. Weiterhin hat man ja ebenfalls in der Regel im Rahmen des Staatsexamen im entsprechenden Fach einiges an theoretischem Wissen angeeignet. Überlichweise sollte das ausreichend Rüstzeug für den Berufsanfang darstellen. Bei mir hat's zumindestens für ein relativ reibungslosen Berufsstart gereicht.

Natürlich hat der eine oder andere Vorteile beim Berufsstart. Beispielsweise hat vor kurzem ein ehemaliger PJ bei uns angefangen. Im Gegensatz zu meinem Berufsstart hatte er sicherlich den Vorteil, bereits die Stationen/das Haus mit den jeweiligen administrative Abläufe, die von Haus zu Haus und Abteilung zu Abteilung nunmal unterschiedlich sind, oder auch hausinternen medikamentöse/therapeutische Standards zu kennen.

Ich persönlich würde von einem Frischling von der Uni (bin ja selber 'erst' 1,5 J dabei ;-) ) daher anfänglich nicht viel mehr erwarten als von einem guten PJ'ler. War bisher nie genervt von Fragen, bitten um Hilfe bei LPs oder sonstige Zugänge oder bei Überlastung des 'Anfängers' in der Notaufnahme

Man selber war ja vor kurzem in der identischen Situation und sehr dankbar, wenn jemand seine Hilfe unkompliziert anbot und sich bei 'dummen' Fragen nicht genervt zeigte.

Hellequin
21.01.2008, 22:06
8. i. m. Injektionen

Also mir sind nicht sonderlich viele Ärzte begegnet die das i.m. spritzen tatsächlich können. Gemacht habens zwar einige, aber die Durchführung war größtenteils katastrophal. Da wurde noch nach 4 Feldertechnik der Injektionspunkt gesucht, den Aspirationsversuch hat man sich gleich ganz geschenkt etc.

Marita
21.01.2008, 22:21
Ich hoffe, du durftest auch mal Haken halten :-oopss

Gruss vom Herrn Duden, Seite 297 Mitte unten...aber Hacken halten war auch toll!!! :-D
Bin durch die harte UHU-Schule in Aarberg gegangen - als 1. Assi am Tisch um 2 Uhr nachts und nach einer unbedachten Bemerkung wie "ja, ich hab schon mal genäht..." dann auch ganz schnell allein mit mir und dem Nadelhalter... :-))

Christoph_A
21.01.2008, 22:32
Is ein komplexes Thema, finde ich.
Seh das ja immer, wenn wir wieder jemand frisch "von der Farm" bekommen.
Denke mal, daran wird sich jeder hier noch mehr oder weniger dunkel erinnern, daß aller Anfang schwer ist. Was man definitiv im Groben in der Inneren können sollte sind PJ basics, also Viggos legen, halbwegs sicher Blut abnehmen, eine grobe EKG Interpretation, eine grobe RöTx Interpretation, ein paar Standardmedikamente mit Dosierung und Nebenwirkungen und v.a. suffiziente, strukturierte Anamnesen und Patientenvorstellungen. Alles andere ( Briefe, Stationsrputine, Notfallmanagment, etc. ) lernt man schon im Lauf der Assiszeit, da mach ich mir keine Sorgen.
P.s.: Jedesmal, wenn ein Neuer kommt, bin ich immer über dessen Motivation verwundert, da merkt man, wie sehr man selber in ein paar Jahren in dieser Tretmühle degeneriert und abgestumpft ist!

alley_cat75
22.01.2008, 18:19
Viggos legen, halbwegs sicher Blut abnehmen, eine grobe EKG Interpretation, eine grobe RöTx Interpretation, ein paar Standardmedikamente mit Dosierung und Nebenwirkungen und v. a. suffiziente, strukturierte Anamnesen und Patientenvorstellungen.

Ja, meine Meinung, wobei die Betonung auf grob liegt und leider bringen einige nicht einmal das. Und nach 6 Jahren Studium finde ich dann so etwas enttäuschend. Bezüglich der Notfallsituationen soll keiner fehlerfrei reanimieren... aber wissen, wie ich bei APS oder einer Hypoglykämie reagiere, muss doch drin sein. Mensch Leute, das sind approbierte Ärzte!

psycho1899
22.01.2008, 18:39
Antiphospholipid-Syndrom? Akutes Psychosyndrom? ;-)

Was ist denn als grobe EKG-Interpretation zu sehen? Kammerflimmern vom Sinusrhytmus zu unterscheiden? :-))

Mal ernsthaft, ich bin da neugierig, mich würde in der Tat interessieren, auf welche explizite 'Lücken' ihr bei den 'Frischlingen' stößt? Einige Beispiele wären nett.

Bisher kamen 'unsere' Neulinge schon mit entsprechender Erfahrung in anderen Fächern (i.e. Innere) oder waren bereits als PJ'ler in unserem Haus überdurchschnittlich gut.
Außerdem erwartet bei uns kaum einer Auswertungen von EEG, ENG, EMG, Evop's oder Bildgebung des Neurocraniums von den Assistenten, die frisch von der Uni zu uns stoßen. Daher fehlt mir da sicherlich die Vergleichsmöglichkeit zur Inneren Medizin.

Meuli
22.01.2008, 18:42
Autoimmunes polyglanduläres Syndrom ??? :-nix

alley_cat75
22.01.2008, 19:28
Mal ernsthaft, ich bin da neugierig, mich würde in der Tat interessieren, auf welche explizite 'Lücken' ihr bei den 'Frischlingen' stoßt?

Bevor ich loslege, ist mir noch wichtig, dass 99% meiner PJler und Neukollegen richtig gut und schlau sind, schlauer als ich. :-lesen Nein, im Ernst, daher erstaunt es um so mehr, wenn jemand kommt und gar keine Ahnung hat, wirklich gar nichts von nix. Wie haben solche Leute ihre Approbation bekommen? :-nix

Also Beispiele:

Pat. mit RR 205/120 mmHg. Machen wir da was oder soll ich nachher nochmal nachmessen lassen?

EKG - P-Wellen sollte man erkennen, wenn sie da sind und auch ein kompletter Links- oder Rechtsschenkelblock darf erkannt werden. Oder nicht? Lagetypen finde ich auch nicht schlecht, zumindestens die gängigen.

Röntgen-Thorax: Pleuraergüsse bis zum Kinn... Äh, Thorax sieht normal aus.

Pat. weiß wie eine Wand, paraklinisch Anämie. Wie war das nochmal mit hypochrom und mikrozytär? :-nix Ferritin? Was ist das?

Mehr möchte ich euch nicht antun. So geht das momentan den ganzen Tag. Noch nie hat mich Unwissen derart ins Staunen versetzt.

Lava
22.01.2008, 19:28
Und nach 6 Jahren Studium finde ich dann so etwas enttäuschend.

Unser EKG Kurs, an dem von 80 Leuten 20 teilnehmen durften, war ein Witz. Im PJ musste ich nie ein EKG befunden. Ich hab sie mir zwar angesehen, aber Erklärungen dazu gab's wenig.

Bei Thorax-Rö sah es sogar noch schlimmer aus. Im PJ in der Chirurgie hat man die Dinger zwar angefordert, aber angesehen hat sie sich nur der Anästhesist und in meinem Innere Tertial sind mir auch wenige pathologische Rö-Thorax untergekommen. Eine Pneumonie und ein Bronchial-Ca., welches aber zu keinem meiner Patienten gehörte. So viel zu 6 Jahren Studium.

alley_cat75
22.01.2008, 19:33
Da bin ich platt. Erklärt zumindestens einiges. Jedoch: hatten wir nicht alle einen Radiologie-Kurs? Ich schon und der war Pflicht - 1 Semester, jede Woche 2 h Bildchen anschauen. Befunde könnte ich auch nicht dazu verfassen, aber einen Normalbefund von einem pathologischen unterscheiden? Kinderspiel.

Thema EKG: das haben wir bereits in der Vorklinik im Physio-Praktikum gelernt, wie gesagt, Basics, keine Kolibris. Und im PJ wurden uns mehrfach sehr ausführlich Herangehensweise und grobe Pathologika erklärt bzw. eine Freundin von mir musste im 3. StEx EKGs befunden. Hat man nicht selbst einen gewissen Anspruch? Erst recht, wenn man Internist werden möchte? Von angehenden Chirurgen oder Gynies würde ich das nicht erwarten, aber Internisten? :-nix

psycho1899
22.01.2008, 19:39
Vielen Dank für die prompten Beispiele.

Lava
22.01.2008, 19:40
OK, da hast du Recht. Die von dir genannten Beispiele erscheinen mir auch krass. Da würde sogar mir als (angehender) Chirurgin was auffallen. :-))

Hm, EKG.... klar weiß man, wie so'ne normale Kurve in etwa auszusehen hat. Aber wenn sie dann man nicht so aussieht, fängt man an zu schwimmen. Was ich sagen wollte war, dass man eben selbst ein EKG Buch gelesen oder einen guten Lehrer gehabt haben muss, um Ahnung davon zu haben. Das Studium allein reicht da nicht aus.

Und manche Veränderungen sind meiner Ansicht nach auch ziemlich diskret. Also ich bin mir nie sicher, ob es sich um eine ST Senkung/Hebung handelt oder um Artefakte...

Zum Thema Radiologie: das war "zu meiner Zeit" noch ein Fach ohne Klausur. Kurs hatten wir zwar ein- oder zweimal in der Woche, aber Röntgen Thorax war EIN Thema von vielen und darauf wurden 2 Stunden Kurs verwendet. Genauso wie jeweils 2h für Knochen, Abdomen, CT, MRT, Strahlenphysik, Nuklearmed und Strahlenmed. Nach dem Praktikum war ich natürlich Experte in all diesen Fächern. ;-)

alley_cat75
22.01.2008, 19:53
:-stud

Wie schon geschrieben, wenn da ein Mensch auf die Station kommt und mir erklärt, will auch Internistin werden, gehe ich im Normalfall davon aus, dass man sich vorab mit Dingen, die Internisten nun mal so tun, auseinandergesetzt hat. Oder fängt man in der Chirurgie an und hat noch nie eine Naht gesetzt? Falls ja, lebe ich wohl in einer verklärten Welt. Sorry Guys... :-heul