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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : OP-Anästhesie: Relaxierung, Wundblutung etc.?



Susan27
22.01.2008, 14:03
Hi,

ich (med. Laiin) habe folgende Frage zur OP-Anästhesie:

1) Bei einer orthop. OP ist der Chirurg ja daran interessiert, dass es möglichst zu wenig Blutungen im Wundgebiet kommt und dass eine maximale "Muskel-Relaxierung" besteht.

Könnt Ihr mir daher sagen, wie man von Anästhesieseite her beides gewährleisten kann? Bezüglich der Blutungen fällt mir spontan eigentlich nur ein, dass man versuchen muß, den Blutdruck künstlich abzusenken und die Gerinnung heraufzusetzen?

a) Ist dem tatsächlich so oder was kann man medikamentös von der Anästhesie hier machen (welche Medikamente bzw. Wirkstoffe?)?

b) Was für chemische Substanzen (Inhaltsstoffe der Medis) benutzt man prä-, intraoperativ, um die Blutungsgefahr herabzusetzen?

c) Welche Muskelrelaxzansien werden in D hauptsächlich bei orthop. OPs heutzutage verwendet?

2) Zur i.v.-Anästhesieeinleitung bei einer Vollnarkose: Was benutzt man heutzutage eigentlich hauptsächlich, um eine i.v. Einleitung zu fahren (also vor der Intubation und anschließender ITN-Inhalationsgasnarkose)? Ist das z.B. Dormicum oder eher Propofol...oder etwa ganz andere Stoffe; wenn ja, was wird Eurer Erfahrung nach verwandt?

3) Mir ist damals bei einem OP-Besuch aufgefallen, dass viele frisch Extubierte Patienten extrem Zittern. Das einzige, was dagegen gemacht wurde, war, ein dünnes Laken aufzulegen (Wärmematte war bereits abgestöpselt!) und das wars:

a) Ich nehme mal an, dass dies eine NW der Gasnarkose ist und dass der Kreislauf (Körpertemperatur) absinkt, stimmt das so?

b) Wird (bzw. kann man) mittlerweile irgendwas gegen dieses Zittern von Anästhesieseite unternehmen, wenn ja, was...(ggf. Gabe von bestimmten Medikamenten kurz vor OP-Ende etc...)?

4) Wann benutzt man eigentlich eine ITN- und wann eine Larynxmasken Narkose bei der Gasnarkose?

Vielen dank für Eure Infos/Erfahrungen... :-))

Viele Grüße
Susan

Schädelspalter
22.01.2008, 15:32
b) Was für chemische Substanzen (Inhaltsstoffe der Medis) benutzt man prä-, intraoperativ, um die Blutungsgefahr herabzusetzen?
eine normale Blutgerinnung wird nicht weiter angehoben, immerhin hat man ein Wechselspiel zwischen Gerinnung und Auflöseprozessen, was eine Balance zwischen Blutstillung und Verhinderung von Thrombosen darstellt. Hier für eine OP künstlich und generalisiert einzugreifen, erhöht das Thromboserisiko massiv. Präoperative Gerinnungskorrekturen macht man nur bei gestörter Gerinnung.

Könnt Ihr mir daher sagen, wie man von Anästhesieseite her beides gewährleisten kann? Bezüglich der Blutungen fällt mir spontan eigentlich nur ein, dass man versuchen muß, den Blutdruck künstlich abzusenken und die Gerinnung heraufzusetzen?
Blutdruckabsenkung wird gelegentlich auch gemacht (permissive Hypotonie), ist aber eher ein Konzept aus der Notfallmed. Gerinnung s.o.

c) Welche Muskelrelaxzansien werden in D hauptsächlich bei orthop. OPs heutzutage verwendet?
Wenn überhaupt notwendig (eher selten), dann nicht-depolarisierende.

2) Zur i.v.-Anästhesieeinleitung bei einer Vollnarkose: Was benutzt man heutzutage eigentlich hauptsächlich, um eine i.v. Einleitung zu fahren (also vor der Intubation und anschließender ITN-Inhalationsgasnarkose)? Ist das z.B. Dormicum oder eher Propofol...oder etwa ganz andere Stoffe; wenn ja, was wird Eurer Erfahrung nach verwandt?
Dormicum wird nicht zur Narkoseeinleitung, sondern eher als Prämedikation verwendet, wenn überhaupt. Intraoperativ kommt Dormicum evtl. als Sedativum bei Regionalanästhesien oder als Partner bei der Ketanest/Dormicum-Narkose (gehört aber in die Notfall-Katastrophenmedizin - keine Routinenarkose) ins Spiel.
Zur Einleitung entweder Propofol, Etomidat oder ein Barbiturat (z.B. Trapanal) in Verbindung mit einem Analgetikum und Muskelrelaxans.

Mir ist damals bei einem OP-Besuch aufgefallen, dass viele frisch Extubierte Patienten extrem Zittern. Das einzige, was dagegen gemacht wurde, war, ein dünnes Laken aufzulegen (Wärmematte war bereits abgestöpselt!) und das wars:
Das nennt man "shivering", vielleicht mal danach googlen - es kann medikamentös eingegriffen werden (Dolantin, Clonidin).

4) Wann benutzt man eigentlich eine ITN- und wann eine Larynxmasken Narkose bei der Gasnarkose?
Sehr abhängig von der OP und dem Patienten.

Die LM hat keinen sicheren Aspirationsschutz. Daher nimmt man sie nur bei absolut nüchternen Patienten (auch z.B. keine Schwangeren, da diese als nicht-nüchtern gelten) und Eingriffe ohne Blutung im Mund/Nasenraum (damit fallen z.B. etliche HNO-Eingriffe raus) und Eingriffe außerhalb Thorax und Abdomen (also auch keine Bauchspiegelungen, Blinddarmentfernungen usw.) OP´s ohne komplizierte Lagerungen .... vorteil ist halt die Schonung der Stimmbänder.
Bei vielen orthopäd. OPs ist die LM sehr gut geeignet.

Für den Rest gibt es dann den Endotrachealtubus oder eine Regionalanästhesie.

Avalanche
24.01.2008, 09:53
Hallo Susan

und die Gerinnung heraufzusetzen?
Das wäre ein fataler Fehler. Wenn irgend möglich, lässt man die Gerinnung, die ein prima funktionierender Prozess ist, *in Ruhe*
Ein Beispiel: Bevor modernere Techniken dies ablösten, gab es bei manchen Formen von komplexen Gefässverschlüssen im Beckenbereich nur eine Methode der radiologischen Gefässdarstellung der unteren Extremität: Man musste von hinten kommend, schräg durch die Flanke mit einer ca 35 cm langen Nadel die Bauchschlagader, die direkt vor der Wirbelsäule liegt, treffen. Das hört sich wahnwitzig an, aber ich habs ca 400 mal hinbekommen ;). Diese Nadel hatte einen speziellen "Schliff" an ihrer Spitze, so dass sie eher durch die Bauchschlagaderwand schnitt als stach. Diese kleinen glatten Schnitte verschlossen sich sofort nach Zurückziehen der Nadel ohne dass es zu Nachblutungen kam: Gefässinnenwand, Muskulatur des Gefässes und die lokale Gerinnung sorgten dafür das das ganze Manöver klappte.

Der Schlüssel zu "wenig Blutverlust" liegt daher nicht in medikamentösem Aufwand sondern in allererster Linie im Können des Chirurgen, also wenig traumatisierende, effiziente und natürlich auf konsequente intraoperative "bluttrockenheit" bedachte Op Technik mit geeignetem Material incl Nahttechnik.


Mir ist damals bei einem OP-Besuch aufgefallen, dass viele frisch Extubierte Patienten extrem Zittern.
a) Ich nehme mal an, dass dies eine NW der Gasnarkose ist und dass der Kreislauf (Körpertemperatur) absinkt, stimmt das so?

Jein. Das ist in erster Linien eine NW der Muskelrelaxation. Im Normalzustand ist Ihre Muskulatur ja ständig tätig, selbst wenn sie "nichts tun". Als "Abfallprodukt" dieser Tätigkeit ensteht Wärme. Die ensteht nicht solange sie relaxiert sind. Ergo kühlen Sie auch dadurch aus, was die Muskulatur - genauso wie wenn sie winters im Bikini nach draussen gehen - durch vermehrtes Zittern zu kompensieren versucht.

Nun gibt es manche, die auch zittern wenn sie nicht voll relaxiert waren, ja sogar nach Eingriffen mit reiner Regionalanaesthesie: Das kommt meist daher, dass sie ein Sedativum während der Op bekommen haben von denen eine ganze Reihe neben der sedierenden Wirkung auch eine (leichte aber dennoch wirksame) muskelrelaxierende Wirkung haben - Viele Sedativa machen Sie also im wahrsten Sinne des Wortes "schlapp" - Besonders Diazepam und seine zahllosen Abkömmlinge (vereinfacht dargestellt!).

Dass der Patient dann Post Op nur mit einem dünnen Laken statt mit einer kuscheligen Decke bedeckt wird ist entweder ein Fall für die interne Qualitätskontrolle des KH's oder ... je nach Op, zahl der Drains die in Ihm stecken etc will man besonders postoperativ für einen gewissen Zeitraum den Patienten noch "gut zugänglich" und "im Auge" haben.
Und nicht zuletzt spielen da auch noch hygienische Gründe im Op bzw Aufwachbereich eine Rolle! - grade im Op-Bereich (also auch auf dem Flur direkt vor dem OP) haben dicke Flauschedecken oder gar Daunendecken schlicht nichts verloren.

gruss, Avalanche

Susan27
25.01.2008, 11:42
-Muskelrelaxierung-

Wenn überhaupt notwendig (eher selten), dann nicht-depolarisierende.

Hmm, ich dachte eigentlich dass bei OPs im Bereich Knie, Hüfte etc. eine Muskelrelaxierung standard sei, ist dem nicht so?

Was für Wirkstoffe (oder Fertigarzneimittel) benutzt man denn heutzutage hauptsächlich in diesem Bereich?

-OP-Prämedikation-


Dormicum wird nicht zur Narkoseeinleitung, sondern eher als Prämedikation verwendet...

Das ist interessant: Ich denke da an die Stunde (bzw. Stunden) vor einer OP: Da bekommt man ja "das Zeug": Wißt Ihr, welche Dosen da so in etwa durchschnittlich gegeben werden? Mir war so, als ob sich das ungefähr im Bereich 4-7 mg bei normalgewichtigen Patienten bewegt...

- Narkoseeinleitung -


Zur Einleitung entweder Propofol, Etomidat oder ein Barbiturat (z.B. Trapanal) in Verbindung mit einem Analgetikum und Muskelrelaxans.

Wann leitet man eigentlich i.v. mit o.g. Präparaten ein und wann per Inhalationsnarkose?

-Shivering-


...es kann medikamentös eingegriffen werden (Dolantin, Clonidin).

Das verstehe ich nicht recht: Dolantin und Clonidin sind ja reine Analgetika, wieso genau helfen diese Wirkstoffe gegen das Muskelzittern?

Nochmals vielen dank (auch an die anderen Antworter)! :-top

Schönes Week-End und viele Grüße

Susan

hmg
25.01.2008, 12:31
Hmm, ich dachte eigentlich dass bei OPs im Bereich Knie, Hüfte etc. eine Muskelrelaxierung standard sei, ist dem nicht so?


Relaxiert wird standardmäßig bei der Narkose-Einleitung. Aber im Gegensatz zu beispielsweise Bauch-OPs (dort "pressen" die Patienten sonst häufig) ist danach meist keine Relaxierung mehr nötig. Wenn der Patient Arme oder Beine bewegt, sollte man dringend die Narkose vertiefen - Muskelrelaxanzien sind dazu aber der falsche Weg! ;-)



Was für Wirkstoffe (oder Fertigarzneimittel) benutzt man denn heutzutage hauptsächlich in diesem Bereich?


Was meinst Du damit? Die Narkose wird meist aufrecht erhalten mit Hilfe von Narkosegasen, z.B. Isofluran oder Sevofluran; dazu kommt dann noch die Gabe eines Opioids (entweder als Bolus, z.B. Fentanyl oder Alfentanil oder kontinuierlich (teuer!!), dann Remifentanyl). Je nach Eingriff und Patient gibt man in manchen Kliniken auch noch ein bißchen Lachgas dazu, wirkt analgetisch und reduziert den Bedarf der anderen Substanzen.

Alternativ kann man auch eine reine i.v.-Narkose machen; dann würde man Propofol über einen Perfusor geben, dazu dann ein Opioid. Ist aber schlechter steuerbar und das Risiko für eine intraoperative Wachheit ist höher. Dafür sind die Patienten nachher schneller wach.



Wann leitet man eigentlich i.v. mit o.g. Präparaten ein und wann per Inhalationsnarkose?


Wenn möglich i.v. - denn dann hat man einen sicheren Zugang, über den man notfalls auch andere Medikamente geben kann. Inhalative Einleitung wird eigentlich nur noch bei Kindern gemacht; dort wird der i.v. Zugang dann sofort gelegt, sobald die Kinder schlafen.



-Shivering-

Das verstehe ich nicht recht: Dolantin und Clonidin sind ja reine Analgetika, wieso genau helfen diese Wirkstoffe gegen das Muskelzittern?


Der genaue Mechanismus des Shivering ist immer noch nicht geklärt. Es gibt z.B. auch Theorien, die eine zentrale Regulationsstörung als Ursache sehen.

Clonidin ist kein Analgetikum sondern ein zentraler alpha2-Agonist. Wahrscheinlich ist die Wirkung darüber vermittelt.

Man weiß noch nicht so genau, warum diese Substanzen wirken - aber sie helfen eben! ;-)

Susan27
26.01.2008, 00:33
Relaxiert wird standardmäßig bei der Narkose-Einleitung...

Warum genau eigentlich bei der Einleitung? Was hat das für einen speziellen Zweck? Die Haut Inzision ist doch u.U. noch gar nicht gesetzt...


Aber im Gegensatz zu beispielsweise Bauch-OPs (dort "pressen" die Patienten sonst häufig) ist danach meist keine Relaxierung mehr nötig. Wenn der Patient Arme oder Beine bewegt, sollte man dringend die Narkose vertiefen - Muskelrelaxanzien sind dazu aber der falsche Weg! ;-)


Gibt es eine "Faustregel": Wann vertieft man die Narkose und wann relaxiert man (mehr)?

[Muskelrelaxierung]


Was meinst Du damit? Die Narkose wird meist aufrecht erhalten mit Hilfe von Narkosegasen, z.B...

Nein, sorry habe mich unklar ausgedrückt: Ich würde gerne wissen, welche Fertigarzneimittel (oder eben Wirkstoffe) in D heutzutage bei den Muskelrelaxanzien (z.B. bei Abdominal OPs) eingesetzt werden?



Alternativ kann man auch eine reine i.v.-Narkose machen; dann würde man Propofol über einen Perfusor geben, dazu dann ein Opioid. Ist aber schlechter steuerbar und das Risiko für eine intraoperative Wachheit ist höher. Dafür sind die Patienten nachher schneller wach...

Bedeutet das im Umkehrschluss, dass zu 99,9% die Narkose mittels Inhalationsgase aufrecht erhalten wird...und keine reine i.v. Narkosen stattfinden?

Nochmals vielen dank für die Hilfe! ::)

Viele Grüße & schönes Week-End

Susan

agouti_lilac
26.01.2008, 00:47
Warum genau eigentlich bei der Einleitung? Was hat das für einen speziellen Zweck? Die Haut Inzision ist doch u.U. noch gar nicht gesetzt...

Intubation.

Sebastian1
26.01.2008, 01:04
Warum genau eigentlich bei der Einleitung? Was hat das für einen speziellen Zweck? Die Haut Inzision ist doch u.U. noch gar nicht gesetzt...


Der "Schnitt" als solcher ist nicht die Indikation für eine Relaxierung in der Einleitung, sondern eine Erleichterung der Intubation. Vor der Relaxierung sollte man also nach Möglichkeit sicherstellen können, dass man den Patienten notfalls (falls also die Intubation nicht gelingt) auch ohne Intubation beatmen, also über eine Maske "bebeuteln" kann. Mit der Relaxierung nehme ich dem Patienten nämlcih die Möglichkeit, nach dem Ausklingen der betäubenden Medikation selbst zu atmen (da er seine Muskulatur, also auch Zwerchfell und Atemhilfsmuskulatur nicht mehr selbst kontrollieren kann). Dafür aber kann ich mit einer Relaxierung eine im Regelfall weitere Mundöffnung (weniger Widerstand der Kiefermuskulatur) und damit eine Bessere Einsehbarkeit der Stimmritze (Eingang zur Luftröhre) erreichen.

Im OP-Verlauf kann es durch zu wenig Relaxation oder Sedierung zu einer Anspannung der Muskulatur des patienten kommen, was die Bedingungen des Operateurs bei diversen Eingriffen erschweren kann (grob gesagt alles, wo viel Muskulatur im Spiel oder im Weg ist: bei einer Bauch-OP ist eine tiefe Relaxierung eher erforderlich als zB bei einer Brust-OP). Ebenfalls kann es dabei zu Problemen mit der Beatmung kommen, wobei das dann (wie hier ja schon geschrieben wurde) eher Probleme der Narkosetiefe denn der Relaxierung sind.



Gibt es eine "Faustregel": Wann vertieft man die Narkose und wann relaxiert man (mehr)?


Eine einheitliche Faustregel gibt es sicher nicht, das kommt sehr auf Patient, OP, Erfahrung des Anästhesisten und des Operateurs, die Vorekrankungen und andere Faktoren an. Narkosetiefe und Relaxation sind beides wichtige Parameter, aber in welcher Situation welcher der beiden Parameter mehr oder weniger wichtig ist kommt auf viele Begleitumstände an.



Nein, sorry habe mich unklar ausgedrückt: Ich würde gerne wissen, welche Fertigarzneimittel (oder eben Wirkstoffe) in D heutzutage bei den Muskelrelaxanzien (z.B. bei Abdominal OPs) eingesetzt werden?


Bei den Muskelrelaxantien unterscheidet man grob nach depolarisierenden und nicht depolarisierenden MR. Von den ersteren hat praktisch fast nur noch Succinylcholin eine Bedeutung bei der sogenannten Ileuseinleitung (syn: Crush-Einleitung, RSI), bei letzteren stehen diverse Präparate zur Verfügung, welche sich vor allem durch Dauer bis Wirkeintritt und Wirkdauer unterscheiden. Beispiele für gebräuchliche Wirkstoffe sind beispielsweise: Atracurium, Vecuronium oder Mivacurium (keine vollständige Liste!). Bei der Auswahl stehen stets das verfügbare Angebot, die "Hauspolitik" und eigene Erfahrung mit den Präparaten und vor allem die Anwendungsindikation sowie die Dauer eines geplanten operativen Eingriffes im Vordergrund (wobei ich dabei die Initialdosen in der Einleitung meine, nicht Repetitionsdosen, welche intraoperativ verabreicht werden können).



Bedeutet das im Umkehrschluss, dass zu 99,9% die Narkose mittels Inhalationsgase aufrecht erhalten wird...und keine reine i.v. Narkosen stattfinden?


Das ist nicht zwangsläufig eine entweder-oder-Entscheidung:
Man kann eine Narkose allein mit intravenös verabreichten Medikamenten machen, man kann das mit Inhalationsanästhetika (wie mit den genannten Isofluran, Sevofluran, Desfluran etc) allein machen, odr aber man kann eine Kombination aus beidem fahren. Dabei spielen ebenfalls Erfahrung, Hauspolitik und nicht zuletzt auch die Kosten eine Rolle. Prinzipiell ist eine Narkose aber mit allen Verfahren lege artis machbar.

Nochmals vielen dank für die Hilfe! ::)

Viele Grüße & schönes Week-End

Susan[/QUOTE]

hmg
26.01.2008, 01:04
Warum genau eigentlich bei der Einleitung? Was hat das für einen speziellen Zweck? Die Haut Inzision ist doch u.U. noch gar nicht gesetzt...


Wie schon gesagt wurde: Damit erleichtert sich der Anästhesist die Intubation ganz erheblich. Verwendet werden zur Einleitung verschiedene Muskelrelaxanzien, das richtet sich u.a. nach der voraussichtlichen OP-Dauer und Vorlieben des jeweiligen Krankenhauses.

Gängig sind z.B. Rocuronium für kürzere Eingriffe und Atracurium (oder Cis-Atracurium) bei längeren Eingriffen. Bei Crush-Intubationen (bei nicht-nüchternen Patienten, Schwangeren, Adipösen, bei Reflux etc.) gilt ein Sonderfall, dann wird das sehr schnell und kurzwirksame Succinylcholin (depolarisierendes Muskelrelaxans) verwendet.




Gibt es eine "Faustregel": Wann vertieft man die Narkose und wann relaxiert man (mehr)?


Man vertieft die Narkose, wenn z.B. Blutdruck und Puls ansteigen - daran sieht man, daß der Patient Stress bekommt und die Narkose somit nicht tief genug ist. Bei Gasnarkosen kann man sich außerdem an der exspiratorischen Gaskonzentration orientieren, die ungefähr die Gaskonzentration in der Lunge angibt.
Umgekehrt wird man z.B. das Gas runter drehen, wenn der Blutdruck zu tief sinkt.

Ist alles irgendwo auch ein bißchen Gefühlssache... ;-)

Nachrelaxiert wird z.B. direkt vor dem Schnitt bei Bauch-OPs (damit der Chirurg optimale Bedingungen hat, aber die Wirkung der Relaxanzien zum OP-Ende auch nachläßt) - und natürlich immer dann, wenn der Chirurg meckert... ;-)



[Muskelrelaxierung]
Nein, sorry habe mich unklar ausgedrückt: Ich würde gerne wissen, welche Fertigarzneimittel (oder eben Wirkstoffe) in D heutzutage bei den Muskelrelaxanzien (z.B. bei Abdominal OPs) eingesetzt werden?


s.o. - z.B. Atracurium oder Cis-Atracurium sind gängig.



Bedeutet das im Umkehrschluss, dass zu 99,9% die Narkose mittels Inhalationsgase aufrecht erhalten wird...und keine reine i.v. Narkosen stattfinden?


Nein. Ist u.a. eine Philosophie-Frage des jeweiligen Krankenhauses. Reine i.v.-Narkosen haben z.B. auch den Vorteil, daß sie (im Gegensatz zu Gasnarkosen) wesentlich weniger postoperative Übelkeit hervorrufen.

Vor- und Nachteile findest Du sicher nochmal gut dargestellt, wenn Du nach dem Begriff "TIVA" (totale intravenöse Anästhesie) suchst.

Rugger
26.01.2008, 09:14
Dafür aber kann ich mit einer Relaxierung eine im Regelfall weitere Mundöffnung (weniger Widerstand der Kiefermuskulatur) und damit eine Bessere Einsehbarkeit der Stimmritze (Eingang zur Luftröhre) erreichen.

Vor allem hustet der relaxierte Patient auf den Intubationsreiz hin nicht.

R.

tonexxx
26.01.2008, 11:46
Vor allem hustet der relaxierte Patient auf den Intubationsreiz hin nicht.

R.

War mal in ner anästhesiologischen Abteilung, in der jetzt mehrere Pflegekräfte geantwortet hätten: "Aber dann weiß man doch gar nicht, ob man richtig ist!" :-wand

OK, gefallen hat es mir dort nicht. Und Pat. möchte ich dort auch nicht sein!

Susan27
26.01.2008, 12:29
Erstmal noch mal vielen lieben dank an alle! ::)


Wie schon gesagt wurde: Damit erleichtert sich der Anästhesist die Intubation ganz erheblich. Verwendet werden zur Einleitung verschiedene Muskelrelaxanzien, das richtet sich u.a. nach der voraussichtlichen OP-Dauer und Vorlieben des jeweiligen Krankenhauses...

Generell zu den Muskelrel. bei der Einleitung zwecks Vereinfachung der Intubation:

Ihr schreibt ja, dass man mit Hilfe der MR erheblich die Intu vereinfachen kann, weil die "Rachenmuskulatur" etc. erschlafft:

Frage: Wieviel Minuten vor der geplanten Intubation wird denn in der Regel die MR gegeben (wie schnell wirkt sie)? Sind das einige Sekunden, Minuten oder gar Stunden...und wird dies stets i.v. oder auch manchmal p.o. gegeben?



Man vertieft die Narkose, wenn z.B. Blutdruck und Puls ansteigen - daran sieht man, daß der Patient Stress bekommt und die Narkose somit nicht tief genug ist. Bei Gasnarkosen kann man sich außerdem an der exspiratorischen Gaskonzentration orientieren...

a) Stimmt es, dass Blutdruck/ Puls durch die Narkose automatisch absinken? Wenn ja, wie stark ca.?

b) Gibt es "Richtwerte", wie hoch syst./diast. Blutdruck während einer Narkose ungefähr zu sein haben (Richtwerte des Blutdrucks in mmHG?)? Hängt wohl auch mit dem Alter des Par zusammen, oder?

Könnt Ihr mir da ein paar Bsp.-Blutdruckwerte für Narkosetiefen geben?

Ich denke da gerade auch an sog. Narkoselevel, also die verschiedenen Narkotiefen. Kann man etwa sagen, flache Narkose hat Blutdruck 110-70 mmHg, Tiefe 1 90/50 mmHg etc..., so dass Anästhesist die verschiedenen Level so "bequem" aussteuern kann?

c) Worauf achtet die Anästhesie beim Narkoselevel (Tiefe) eigentlich mehr, Blutdruck oder Puls, welcher Indikator schlägt schneller an, wenn Narkose flacher wird (laienhaft denke ich gerade an CRP (empfindlich) contra Leukos (weniger empfindlicher Indikator = träger) im Labor beim Anzeigen einer Entzündung)?

Ganz andere Baustelle:

:-)

Thema Prämedikation vor OP:

a) Wann gibt man heutzutage eigentlich die Prämedikation vor der OP, ist das der Vorabend oder der Morgen des OP-Tags?

b) Wenn man als Anästhesist bemerkt, dass der PAtient extrem ängstlich vor der OP ist: Gibt man dann mehr Prämedi (bißchen mehr zudröhnen...lol) und/oder auch ggf. früher...?

Würdet Ihr in so einem Fall auch angstlösende Präparate (Psychopharmaka) kurzzeitig einsetzen oder ist das wegen "OP-Angst" tabu?


c) Was wird da eigentlich verabreicht? Ausschließlich Dormicum (wieviel mg ca.) oder was steht sonst noch zur Verfügung?

Nochmals vielen dank!

Viele Grüße

Susan

Rugger
26.01.2008, 13:09
War mal in ner anästhesiologischen Abteilung, in der jetzt mehrere Pflegekräfte geantwortet hätten: "Aber dann weiß man doch gar nicht, ob man richtig ist!" :-wandWieso, das sehe ich doch auch, wenn der Tubus beschlägt!!! ;-)


Frage: Wieviel Minuten vor der geplanten Intubation wird denn in der Regel die MR gegeben (wie schnell wirkt sie)? Sind das einige Sekunden, Minuten oder gar Stunden...und wird dies stets i.v. oder auch manchmal p.o. gegeben?In Abhängigkeit von Wirkstoff und Dosis zwischen 30 Sekunden und 3 Minuten. Meines Erachtens gibt es keine po. MR, im klinischen Alltag kenne ich auch definitiv nur die iv. Gabe.
Stimmt es, dass Blutdruck/ Puls durch die Narkose automatisch absinken? Wenn ja, wie stark ca.?Nein, von einem Automatismus kann man da nicht sprechen, kommt wiederum auf Präparat und Dosis an.
Gibt es "Richtwerte", wie hoch syst./diast. Blutdruck während einer Narkose ungefähr zu sein haben (Richtwerte des Blutdrucks in mmHG?)? Hängt wohl auch mit dem Alter des Par zusammen, oder?Richtwert: ausreichend hoch, das die Birne des Patienten noch durchblutet wird. In Abhängigkeit von Alter, Vorerkrankungen und OP des Patienten wird ein MAD (mittlerer arterieller Druck) von 60-80mmHg angestrebt.
Könnt Ihr mir da ein paar Bsp.-Blutdruckwerte für Narkosetiefen geben? Nein, das ist interindividuell zu verschieden.
c) Worauf achtet die Anästhesie beim Narkoselevel (Tiefe) eigentlich mehr, Blutdruck oder Puls, welcher Indikator schlägt schneller an,...Tendentiell Puls, wenn nicht gerade eine Arterie liegt, wird der Druck oftmals auch nur alle 3- 5Min gemessen. Aber es gibt noch eine Vielzahl anderer Parameter.

a) Wann gibt man heutzutage eigentlich die Prämedikation vor der OP, ist das der Vorabend oder der Morgen des OP-Tags?Kommt drauf an, was man gibt, Benzos machen wir prinzipiell auf Abruf.
b) Wenn man als Anästhesist bemerkt, dass der PAtient extrem ängstlich vor der OP ist: Gibt man dann mehr Prämedi (bißchen mehr zudröhnen...lol) und/oder auch ggf. früher...?Kommt drauf an.
Würdet Ihr in so einem Fall auch angstlösende Präparate (Psychopharmaka) kurzzeitig einsetzen oder ist das wegen "OP-Angst" tabu? Benzos sind angstlösend und gelten mE als Psychopharmaka, als definitiv ja. Das ist ja auch eines der Hauptziele der Prämedikation.
c) Was wird da eigentlich verabreicht? Ausschließlich Dormicum (wieviel mg ca.) oder was steht sonst noch zur Verfügung?Dormicum ist in vielen Abteilungen das Mittel der Wahl, darüber hinaus gibt es aber noch eine Vielzahl weiterer möglicher Mittel - einfach mal in Pharma- / Anästhesielehrbuch schauen.

Jetzt würde ich allerdings auch gerne mal wissen, warum Du das Ganze so genau wissen willst!?!

R.

Susan27
26.01.2008, 15:17
Danke für die interessanten Antworten!

Grund für meine Fragen ist das große Interesse an der Medizin, hauptsächlich OP Bereich...hatte damals eine Studium-Zulassung für Humanmedizin, hat dann aber aus diversen privaten Gründen doch nicht sollen sein...das Interesse ist trotzdem geblieben...

Nun bin ich vor kurzem auf eine URL aus den USA gestoßen, auf der man OPs aus Chirurgensicht anschauen kann (www.or-live.com), finde ich echt faszinierend, zumal ich sowas aus D nicht kenne (wäre wahrscheinlich hier aus div. Gründen auch rechtlich undenkbar). In den USA wird es halt von der Med.Geräte Industrie "gesponsert", aber sei es drum...

Was jedoch nicht gezeigt wird ist die Anästhesieseite, spielt sich im wesentlichen im chirg. Bereich ab...z.T. ist es auch nicht ganz einfach die amerikanischen Fachausdrücke der Operateure zu übersetzen...

HTH! :-)

Jetzt habe ich aber auch noch eine Frage:

a) Hat es einen Grund, warum Du keine Dormicum Dosis für die Prämedikation (prä OP) angibst/angeben kannst?

Von diagnostischen Eingriffen (Koloskopie/ÖGD) her kenne ich entsprechende "feste" Dosen von ca. 4-7 mg Dormicum pro Patient, damit dieser ausreichend schlummert.

Sind diese Dosen auch auf die OP-Prämedikation zu übertragen?

b) Zum Zeitpunkt der Prämedi-Gabe: Was meinst Du mit "kommt drauf an"?

Angenommen Patient wird morgens um 8:00 Uhr operiert (Bauch-OP, TEP, Wurm, Galle/Hernie lap oder sonstwas...): Wann erhält der Patient sein Dormicum, am Abend des Vortags oder erst 2 Std. vor der OP?

Viele Grüße

Susan