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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Facharztausbildung in Deutschland als Nicht-EU Bürger



Lena1000
08.02.2008, 10:13
Hallo!

Bin heute zum ersten Mal hier und hoffe, dass ir mir weiterhelfen könnt.

Mein Verlobter hat in Syrien von 1998-2004 Medizin studiert und hat dort im Oktober 2006 begonnen seinen Facharzt in Neurologie zu machen.
Jetzt wird er im März nach Deutschland umziehen, wir werden heiraten und er möchte dann gleich beginnen seine Facharztausbildung in Bayern fortzusetzen.

Dazu muss er ja als erstes die Berufserlaubnis beantragen. Die Beantragung wird dadurch erleichtert, dass er dann mit mir (deutsche Staatsbürgerschaft) verheiratet sein wird und somit zu dem "bevorzugten Personenkreis" gehört.

Wer hat Erfahrung mit der Beantragung einer Berufserlaunis für einen Nicht-EU-Bürger? Wie lange hat es nach der Antragsstellung und Dokumentenabgabe gedauert, bis die Berufserlaubnis erteilt wurde?

Da er ja in Syrien im Oktober 2006 schon mit seiner Facharztausbildung begonnen hat, stellt sich auch die Frage, ob ihm diese Zeit für seinen Facharzt angerechnet werden oder ob er hier nochmal von vorne beginnen muss. Wisst ihr etwas darüber?

Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen!

Viele Grüße,
Lena

John Silver
08.02.2008, 11:33
Leider läßt sich auf eine solche Frage keine Pauschalantwort geben. Das Problem besteht darin, daß dieser ganze Kram unter die Zuständigkeit der Länder fällt, und, was noch schlimmer ist, an die jeweiligen Bezirksregierungen weitergeleitet wird. Daher besteht eine sehr große Streuung bezüglich dessen, wie die bekanntermaßen nicht immer zu homo sapiens sapiens gehörenden Damen und Herren Beamten sich vor Ort anstellen. Aus Erfahrungen vieler Kollegen aus der ehem. UdSSR weiß ich, daß es reine Glückssache ist, ob alles glatt geht oder die Beamten sich bockig stellen.

Wenn man an vernünftige Menschen gerät, was bisweilen auch vorkommen soll, dürfte es keine großen Probleme geben.

Sollten die Beamten Popolöcher sein, hilft nichts mehr, auch nicht die Tatsache, daß Dein Zukünftiger ausgezeichnete Aussichten auf die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Auch Beschwerden und Petitionen an die jeweilige Landesregierung bringen dann herzlich wenig, weil Landesregierungen üblicherweise jede noch so schwachsinnige Haltung der Beamten vor Ort unterstützen. Dann hilft nur noch ein Umzug.

Allgemein muß sich Dein Zukünftiger darauf einstellen, daß es ihm höchstwahrscheinlich nicht möglich sein wird, an seinen Werdegang in Syrien nahtlos anzuknüpfen. Je nachdem, wie die syrische universitäre Ausbildung etc. angerechnet wird, ist es durchaus möglich, daß man von ihm verlangen wird, das deutsche PJ (praktisches Jahr) zu machen, und anschließend das 2. Staatsexamen, also das Hammerexamen, abzulegen. Wenn er Glück hat, wird man von ihm "nur" verlangen, 12 oder 18 (bin nicht sicher) Monate im Krankenhaus als Schatten herumzulaufen, ohne Rechte und ohne Bezahlung, "Praktikum" halt, um dann die sog. "Gleichwertigkeitsprüfung" abzulegen, die zwar nicht ohne ist, aber wesentlich einfacher, als das Hammerexamen.

Ich empfehle Dir, mit der für euer Gebiet zuständigen Landesärztekammer zu reden. Die wissen meistens alle Details und können Dir sicher weiterhelfen.

Dr. Pschy
08.02.2008, 12:38
Bayern ist uebrigens so ein Fall, wo die jeweilige Bezirksregierung entscheidet. Kommt also wirklich drauf an, wo ihr genau hinzieht.

Lena1000
08.02.2008, 13:23
Danke für die Antworten.

Ich habe schon mit der Regierung von Unterfranken gesprochen. Die sagten mir, dass einer Berufserlaubnis "nichts im Wege steht", wenn wir verheiratet sind und alle nötigen Dokumente haben. Das klingt ja eigentlich gut, aber leider kann er sich die zuständige Stelle ja nicht aussuchen. Kommt drauf an, wo er einen Job bekommt. Leider kann er die Berufserlaubnis nicht schon vorher beantragen, er muss damit warten bis er eine Zusage auf eine Assistenzarztstelle hat.
Ob seine Zeiten aus Syrien angerechnet werden können, könnte sie mir aber auch nicht sagen.

Er muss u.a. auch folgendes zur Beantragung der Berufserlaubnis abgeben:

Nachweis, dass die Ausbildung zum Facharzt in dem vorbestimmten Zeitrahmen abgeschlossen werden kann bzw. Darlegung der evtl. Hinderungsgründe.

Wo bekommt man so etwas?

Viele Grüße,
Lena

Dr. Pschy
08.02.2008, 13:52
Keine Ahnung, das ist ja mal absolut schwammig. Wo es Probleme geben koennte ist die Sprache - faellt dann auch unter Hinderungsgrund.
Das mit der Berufserlaubnis ist eh so ein circulus vitiosus: Ohne Stelle keine BE, aber oftmals ist die BE Voraussetzung fuer die Stelle.

Muriel
08.02.2008, 14:06
Und mit Erreichen des Facharztes, also Bestehen der Prüfung, erlischt dann automatisch die Berufserlaubnis. Ich habe einen syrischen Kollegen, der im Oktober FA gemacht hat, danach nicht mehr arbeiten durfte (schön, dass man höher qualifizerte Leute von der Arbeit ausschließt...) und jetzt eine Prüfung, die dem mündlichen Teil des Hammerexamens oder alten 3. Stex oder so ähnlich jedenfalls entspricht, machen muss, um weiterhin eine Berufserlaubnis in Deutschland zu haben.

John Silver
08.02.2008, 17:02
Ja, das sind auch bekannte Probleme, insbesondere im Westen Deutschlands.

Die Sache mit der Anstellung und der Berufserlaubnis ist ein Problem. Das wird Deinen Zukünftigen höchstwahrscheinlich dazu zwingen, sich in kleinen Wald-und-Wiesen-Häusern zu bewerben, die verzweifelt genug sind, um einen zu nehmen, der noch keine Berufserlaubnis hat, wenn die Aussicht auf eine solche besteht. Spricht er gut deutsch?

Die Gleichwertigkeitsprüfung wird er vermeiden können, wenn er bis zu seiner Facharztprüfung die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, weil er dann einfach die deutsche Approbation beantragen kann. Ohne die deutsche Staatsbürgerschaft wird er um die Gleichwertigkeitsprüfung nicht herumkommen. Die ist, wie Muriel schon sagte, dem alten 3. bzw dem mündlichen Teil des neuen 2. StEx ähnlich; für Leute, die bereits sein Jahren aus der Uni raus sind, ist diese Prüfung deshalb schwer, weil man vieles lernen muß, was man mittlerweile glücklich vergessen hat. Außerdem hat man bei dieser Prüfung nur zwei Versuche; fällt man zwei Mal durch, kann man nie mehr in Deutschland als Arzt arbeiten. Und als Sahnehäubchen kommt erschwerend hinzu, daß die für Gleichwertigkeitsprüfungen eingeteilten Prüfer i.d.R. irgendwelche Sesselfurzer aus Verwaltungen und KVen sind, die nur deswegen als Ärzte gelten, weil sie mal vor vielen Jahren Medizin studiert haben - das keine Kliniker; die stellen öfter ganz schön schwachsinnige Fragen (habe ein Paar Protokolle gelesen), und sind selbst alles andere als fit. Das macht die rüfung oft noch schwieriger, als sie sowieso schon ist. Daher ist es dringend zu empfehlen, daß man versucht, diese Prüfung auf die o.g. Weise vermeidet.

Lena1000
13.02.2008, 11:45
Die deutsche Staatsbürgerschaft kann er aber frühestens nach 5 Jahren beantragen (muss in diesen 5 Jahren Steuern gezahlt haben).

Wegen der Gleichwertigkeitsprüfung habe ich die zuständige Sachbearbeiterin von der Regierung von Unterfranken gefragt. Diese gab mir folgende Auskunft:

Im Rahmen der o. g. Berufserlaubnis müssen Sie keinen Test über Ihr med. Wissen ablegen. In manchen Bundesländern, wie z. B. Hessen, muss eine Gleichwertigkeitsprüfung absolviert werden, bei uns nicht. Sofern die o. g. Voraussetzungen (letzte Mail) vorliegen, kann die Erlaubnis erteilt werden.

In Bayern gibt es also anscheinend keine Gleichwertigkeitsprüfung. Ich glaube aber es gibt Unklarheiten zum Begriff Gleichwertigkeitsprüfung. Die Frau von der Regierung von Unterfranken hat es glaube ich so gemeint, dass man vor der Beantragung der Berufserlaubnis keine Prüfung ablegen muss. Ihr hattet aber mit Gleichwertigkeitsprüfung eine Prüfung gemeint, die man nach der Facharztausbildung ablegen muss, oder?

Irgendwie bekommt man zu dem Thema keine klaren Informationen, alles ist so unklar und schwammig ausgedrückt...

John Silver
13.02.2008, 12:34
Ehrlich gesagt, kann ich kaum glauben, daß ausgerechnet in Bayern keine Gleichwertigkeitsprüfung notwendig sei. Das gilt höchstens für den Fall, daß man Deinen Zukünftigen als "frischen Absolventen" einstuft und seine Berufserfahrung nicht anerkennt. Klar, wenn er die gesamte Facharztausbildung hier macht und danach die Facharztprüfung ablegt, dann dürfte es keine Probleme geben, zumal die Weiterbildung mindestens 5 Jahre dauert, und die Facharztprüfung kann man ja etwas aufschieben. Somit hätte er genügend Zeit, sich einbürgern zu lassen.

Auf jeden Fall solltest Du alle Infos, die Du von offizieller Seite einholst, in schriftlicher Form haben. Hilft im Zweifelsfall immer.

Lena1000
14.02.2008, 11:58
Diese Info hat ihm die zuständige Frau von der Regierung per E-Mail geschickt. Also haben wir es ja schriftlich :-)