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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Reanimieren trotz ethischer Bedenken



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milz
08.02.2008, 20:47
Was haltet ihr davon klinisch bekannte Patienten wiederzubeleben, die zwar noch nicht präfinal (im Sterben begriffen) waren und deren mutmaßlicher Wille nicht bekannt ist, bei denen aufgrund der Gesamtkonstellation (hohes Alter, fortgeschrittenes Tumorleiden, Ko- und Multimorbidität etc) jedoch ziemlich klar ist, dass man ihnen damit wahrscheinlich keinen Gefallen tut? Umgekehrt können einem die Angehörigen wegen "unterlassener Hilfeleistung" ans Leder, wenn man in dieser Situation der Natur ihren Lauf lässt. Ich glaube die Gesetzeslage lässt einem keine Wahl und man ist gezwungen, auch inhumane Wege zu beschreiten, die nicht im Interesse des Patienten sind. Wie geht ihr mit diesem Dilemma um?

Vorgefertigte Patientenverfügungen scheinen mir teilweise auch nicht so hilfreich was die Rea-Situation angeht ("Wenn zwei Fachärzte unabhängig voneinander bestätigt haben und keine abweichenden ärztlichen Prognosen eines behandelnden Arztes vorliegen..."). Siehe z.B. hier: http://www.aerztekammer-hamburg.de/patienten/patientenverfueg.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Patientenverf%C3%BCgung

Tombow
08.02.2008, 20:58
Auch wenn es Sch...e ist, mit Reanimieren ist man rechtlich auf der sicheren Seite. Neulich gab es ein Poster auf einem Kongress, der dem Fall DeBakey gewidmet war (trotz Patientenverfügung und bekanntem Willen GEGEN lebensverlängernde Maßnahmen) wurde DeBakey an einem Aneurysma dissecans der Aorta operiert. Hat nachher das volle Programm (PEG-Anlage und alles mögliche, was einem alten Mann im Krhs passieren kann) durchlebt und als alles ausgestanden war, gesagt, er sei froh, noch am Leben zu sein.

Aus meiner Praxis - einmal hatte ich einen multimorbigen Patienten aufgenommen..Z.n. zweimaliger ICB, mehrere Hirninfarkte, PEG, etc. Bei Aufnahme hatte er auch einen Kaliumspiegel, mit dem er strenggenommen nicht mehr unter den lebenden weilen dürfte, er tat es aber. Im Krankenhaus hat er noch dazu einen Harnwegsinfekt bekommen. Trotz seines Zustandes und der Tatsache, daß sich der Patient schon seit Jahren ungefähr soviel mitteilen könnte wie es ein Hutständer kann, haben die Angehörigen im Falle des Falles auf eine Maximaltherapie geradezu gedrängt (INKLUSIVE Intubation, Beatmung, etc.). Zum Glück könnten wir den Patienten in stabilem Zustand zurück ins Pflegehem entlassen, wo er kurze Zeit später friedlich verstorben ist. Ich kann es mir kaum denken, was passiert wäre, wenn im Krhs es soweit wäre - zum einen war der Patient hochprivat und zum anderen hatte er wirklich maligne angehörige, die auch mit dem nötigen (zumindest in der Region) Einfluß und genug Kleingeld ausgestattet waren, um einen das Leben zur Hölle zu machen. Aber im Vornherein weiß man das nie.

Einer meiner Oberärzte hat einmal auch von einem Patienten mit ziemlich maligner und schon ausgebrannter MS berichtet, wo die Angehörigen fast tagtäglich mit Prozess gedroht haben sollen, solle der Patient nicht eine Maximaltherapie erhalten. Erst nach seinem Tod (trotz versuchter Reanimation) hat es sich herausgestellt, daß zwar eine Patientenverfügung existiert hat, die aber absichtlich wegen Erbstreitigkeiten von den Angehörigen zurückgehalten wurde.

Insofern kann man bei unbekanntem Patientenwillen nicht viel falschmachen mit einer Reanimation. Und selbst mit einer vorhandenen Patientenverfügung ist man nicht immer auf der sicheren Seite.

Dr. Pschy
08.02.2008, 21:05
Im praeklinischen Bereicht hat btw eine Patientenverfuegung genau 0 Stellenwert, da keinesfalls richtig eingeschaetzt werden kann, ob sie dem aktuellen Willen des reanimationspflichtigen Patienten entspricht. Auf gut Deutsch: Ausser bei einer offensichtlich nicht mit dem Leben vereinbaren Verletzung oder dem vorliegen sicherer Todeszeichen immer anfangen zu druecken.

Logo
08.02.2008, 21:11
Ich werfe hier mal einen Brocken in den Raum mit dem ich Mangels Erfahrung nicht so wirklich umgehen kann bzw. dessen Aussage mir schwer fällt richtig einzuordnen.
Anästhesist im Notfall Kurs:
"Und wenn es im Moment oder langfristig keinen Sinn mehr macht, dann macht ihr ne Schein-Reanimation solange die Angehörigen hinter euch stehen und schauen... Beim Kind ist einfach mehr Elan da, als beim multimorbiden Opi..."

Hat der gute Mann ordentlich vor uns Studis auf die Kacke gehauen oder beginnt man im tägl. (NEF-) Geschäft so zu Denken?

Gruß LOGO

Sebastian1
08.02.2008, 21:12
Ausser bei einer offensichtlich nicht mit dem Leben vereinbaren Verletzung oder dem vorliegen sicherer Todeszeichen immer anfangen zu druecken.

So eine Verletzung (Kopf liegt 5m neben dem Körper...) gehört zu den sicheren Todeszeichen ;-) Aber davon mal abgesehen hast du Recht, zumal im präklinischen Bereich meist gar nicht bekannt ist ob eine PV existiert bzw nicht die Zeit ist, in einer echten Akutsituation, sich darüber Gedanken zu machen, weil sich dann die Situation eh von selbst löst.

In der klinischen Praxis angewendet gesehen habe ich aber durchaus DNR-Anordnungen, die fast immer Patienten mit infauster Prognose betrafen, die bereits eine intensivmedizinische Therapie erhielten (zB alte, septische, langzeitbeatmete Patienten, wo die Frage oft nur noch lautete ob man die Therapie noch weiter eskaliert oder ob man unter der laufenden Therapie den Todeseintritt abwartet).

Menschen sterben nun einmal. Und ich fände es ehrlich gesagt unwürdig, wenn ich mich auf jeden präfinalen Patienten, der den Absprung geschafft hat, noch draufwerfen müsste, um ihm post mortem noch ein paar zusätzliche Rippenfrakturen zu bescheren. Wird ja auch nicht so praktiziert.
Ist eben die Frage, wie da der juristische Standpunkt ist - und sicher ist die Aussage richtig, dass ich mich (juristisch) durch eine Rea am wenigsten belasten würde - ethisch sieht das aber anders aus.

Lifendhil
08.02.2008, 21:57
Ich weiß, dass viele bei uns z.B. im Pflegeheim nicht mehr reanimieren, es sei denn, die Angehörigen sind dabei und bestehen darauf.
Jeder muss es mit seinem eigenem Gewissen vereinbaren können. Und im Rettungsdienst ist man eh immer mit einem Fuß im Gefängnis, egal bei was.
Ich kann die RAs und NAs gut verstehen, die sagen, dass sie das den Menschen nicht antun können. Sie würden auch nicht wollen, das irgendjemand das mit ihnen macht. Man sollte auch einen würdevollen Tod ermöglichen.
Natürlich geht es hierbei um wirklich alte und multimorbide Patienten. Mit "immer-drauf-los" ist man rechtlich zwar auf der sicheren Seite, ethisch aber wohl kaum. :-meinung

Sebastian1
08.02.2008, 22:02
Ein weiterer Unterschied im präklinischen Dienst: Du kommst irgendwohin, wo du eben hingerufen wurdest und kennst den Patienten im Normalfall eben gar nicht. Da kannst du gar nicht anders.
(Und diese "sowieso immer mit einem Bein im Gefängnis"-Dinger sind eher übertrieben...)

Lifendhil
08.02.2008, 22:39
Ein weiterer Unterschied im präklinischen Dienst: Du kommst irgendwohin, wo du eben hingerufen wurdest und kennst den Patienten im Normalfall eben gar nicht. Da kannst du gar nicht anders.
(Und diese "sowieso immer mit einem Bein im Gefängnis"-Dinger sind eher übertrieben...)
Naja.. hier können sie trotzdem anders. Wer kennt im RD schon den Patienten.
Zu deiner Klammer: Ich kenn ein paar Urteile, die den RD betreffen. Hab mir daraus meine Meinung gebildet. Abgesehen davon sagen das viele meiner Bekannten, die seit Jahren entweder NA fahren oder hauptamtlich als RAs arbeiten/ gearbeitet haben. Da gibt es wirklich viele rechtliche Lücken.

alive
09.02.2008, 00:17
Naja.. hier können sie trotzdem anders. Wer kennt im RD schon den Patienten.
Genau, wer kennt schon den Notfall-Patienten und kann sich auch nur im GERINGSTEN anmaßen seinen Willen zu kennen??? Nur weils eure RAs so machen ist es noch lange nicht in Ordnung!
Natürlich kennen alle im RD Aktiven die Situation, dass man nicht reanimiert obwohl keine sicheren Todeszeichen vorhanden sind (typische 09:00 Uhr Reanimation). Aber ich kenne niemanden der einen pulslosen, zyanotischen Pat. nicht reanimiert - auch wenn der 89 und bettlägerig ist. Oder einen Opa der offensichtlich vor wenigen Minuten noch gelaufen ist.
Im Zweifel muss jeder selbst entscheiden, was er vor dem Pat. den Angehörigen und letzten Endes vor sich verantworten kann.
Show-Reanimation ist in meinen Augen das Letzte. Wenn ich mich entscheide zu reanimieren, dann richtig. Alles andere ist entweder "Leichenschändung," oder Feigheit gegenüber den Angehörigen und gegenüber dem Toten einfach respektlos.

Zu deiner Klammer: Ich kenn ein paar Urteile, die den RD betreffen. Hab mir daraus meine Meinung gebildet. Abgesehen davon sagen das viele meiner Bekannten, die seit Jahren entweder NA fahren oder hauptamtlich als RAs arbeiten/ gearbeitet haben. Da gibt es wirklich viele rechtliche Lücken.
Ja? Was sind denn das für Urteile? So lange du dich an die Algorithmen hältst und danach deine "Notkompetenz" anwendest kann dir keiner was. Voraus gesetzt du arbeitest gewissenhaft und machst keine fahrlässigen Fehler.
Klar ist die Notkompetenz nicht eindeutig definiert, und? Schon mal daran gedacht, dass dich auch niemand zur NK zwingen kann? Mit mehr Kompetenzen folgt auch mehr Verantwortung!
Ich kann dieses "mit einem Bein im Gefängniss" nicht mehr hören.

bis dahin, alive

Sebastian1
09.02.2008, 00:26
Ich habe bei meinem Schreiben weniger an die Versorgung durch Rettungsdienstpersonal sondern doch mehr an den Notarzt gedacht. Der kann sich nicht auf rechtliche Limits bei der Durchführung von medizinischen Maßnahmen berufen. Und wenn der zu jemandem ohne sichere Todeszeichen kommt, dann kann er eben weder rechtlich noch moralisch anders handeln als zu reanimieren. Er ist schliesslich irgendwie dorthin gerufen worden, also ist ja auch der Wunsch nach Hilfe da.
Klinisch ist das was ganz anderes, wenn ich einen Patienten kenne. Wenn ich weiss, dass der Patient einen Mesenterialinfarkt hatte, zu spät zur Beahndlung gelangt ist und die Chirurgen den Bauch einfach nur noch wieder verschliessen konnten, dann weiss ich, das eine Reanimation keinen Erfolg bringen wird. Ich denke auch nicht, dass man in einer Situation, wo der Patient definitiv moribund ist und eine Reanimation nur eine kurzfristige Abwendung des Unvermeidlichen, also lediglich eine Verlängerung der Intensivbehandlung um wenige Stunden bis Tage bedeuten würde rechtlich dafür belangt werden würde. Selbst wenn dann jemand straf- oder zivilrechtlich gegen den behandelnden Arzt vorginge.
Was mcih da allerdings mal interessieren würde: Wo ist so eine Situation eigentlich rechtliuch wirklich geregelt?
Ich weiss, das es weder unter aktive Sterbehilfe fällt (dazu müsste der Arzt den Patienten direkt umbringen), noch unter unterlassene Hilfeleistung. Aber es wird in unserem Staate dazu doch gewiss eine genauere straf- oder berufsrechtliche Definition geben?

alive
09.02.2008, 01:02
Das mit dem NA macht Sinn. Bei mir dauerts ja noch etwas bis zur Aprobation und in sofern kann ich mich in diese Situation noch nicht richtig rein denken und muss aus meinen bisherigen Erfahrungen im nichtärztl. RD berichten.

Ich weiss, das es weder unter aktive Sterbehilfe fällt (dazu müsste der Arzt den Patienten direkt umbringen), noch unter unterlassene Hilfeleistung. Aber es wird in unserem Staate dazu doch gewiss eine genauere straf- oder berufsrechtliche Definition geben?
Hab gerade mit einem Jura Studenten gesprochen, der kurz vorm Examen steht. Er meint es gäbe eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder jemand stellt Strafanzeige wg. unterlass. Hilfeleistung oder Anghörige strengen einen Zivilprozess wg. Verstoß gegen lege artis an.
Wobei dann wohl die Staatsanwaltschaft von sich aus wg. unterlassener Hilfeleistung aufnimmt.

Allerdings passt unterl. HL hier nicht und in sofern wird sofort danach entweder in Richtung "Totschlag" (bei vorhandensein gew. Kriterien auch "Mord" wobei man hier wohl kaum davon sprechen kann - dennoch wird das geklärt) oder "Fahrlässige Tötung durch Unterlassen" ermittelt.

hmg
09.02.2008, 01:05
Neulich gab es ein Poster auf einem Kongress, der dem Fall DeBakey gewidmet war (trotz Patientenverfügung und bekanntem Willen GEGEN lebensverlängernde Maßnahmen) wurde DeBakey an einem Aneurysma dissecans der Aorta operiert. Hat nachher das volle Programm (PEG-Anlage und alles mögliche, was einem alten Mann im Krhs passieren kann) durchlebt und als alles ausgestanden war, gesagt, er sei froh, noch am Leben zu sein.


Sorry für den kleinen Abstecher zur Seite - aber Du redest von Michael DeBakey? Das ist ja schon mehr als Ironie der Geschichte - ausgerechnet der Mann, der als Pionier der Aortenchirurgie als erster erfolgreich eine Aortendissektion operierte und nach dem eine auch heute noch teilweise verwendete Klassifikation der Aortendissektion benannt ist, erleidet selber eine solche Dissektion...

Lifendhil
09.02.2008, 09:36
Genau, wer kennt schon den Notfall-Patienten und kann sich auch nur im GERINGSTEN anmaßen seinen Willen zu kennen??? Nur weils eure RAs so machen ist es noch lange nicht in Ordnung!
Natürlich kennen alle im RD Aktiven die Situation, dass man nicht reanimiert obwohl keine sicheren Todeszeichen vorhanden sind (typische 09:00 Uhr Reanimation). Aber ich kenne niemanden der einen pulslosen, zyanotischen Pat. nicht reanimiert - auch wenn der 89 und bettlägerig ist. Oder einen Opa der offensichtlich vor wenigen Minuten noch gelaufen ist.
Im Zweifel muss jeder selbst entscheiden, was er vor dem Pat. den Angehörigen und letzten Endes vor sich verantworten kann.
Genau das hab ich auch geschrieben. Nur weils für dich vielleicht nicht in Ordnung ist, ist es das für andere schon. Wenn ich irgendwann in so einer Situation sein sollte, dann wünsche ich mir auch einen, der die Situation auf grund seiner Erfahrung richtig beurteilt und dann auch den Mut hat, danach zu handeln und nicht nur hirnbefreit das macht, was rechtlich sicherer ist. Noch zwei Tage auf der Intensivstation dahin vegetieren? Ne danke, dann lieber einen friedlichen Tod im Pflegeheim.

Show-Reanimation ist in meinen Augen das Letzte. Wenn ich mich entscheide zu reanimieren, dann richtig. Alles andere ist entweder "Leichenschändung," oder Feigheit gegenüber den Angehörigen und gegenüber dem Toten einfach respektlos.
Solche NAs gibts hier angeblich leider auch. Das find ich jetzt auch nicht korrekt. Das allerdings die Anwesenheit von Angehörigen obige Entscheidung beeinflusst ist klar.


Ich kann dieses "mit einem Bein im Gefängniss" nicht mehr hören.

Nunja, dass diese Einstellung die Arbeit im RD erleichtert, kann ich gut verstehen. Der einzelne bewirkt hier ja sowieso keine Änderung.

Lifendhil
09.02.2008, 09:48
Schon mal daran gedacht, dass dich auch niemand zur NK zwingen kann?
Doch, man kann dich dazu zwingen. Mal sehen, ob ich den entsprechenden Fall im Internet finde, an den ich gerade denke. Dann folgt von mir noch der link.

milz
09.02.2008, 09:49
Also ich fasse dann mal zusammen:

- Klinik: Bekannter oder unbekannter Patient liegt morgens tot im Bett (die Schwester drückt wahrscheinlich auch nicht den Alarm) - eher keine Rea
- Klinik: Bekannter Patient, man steht daneben, Rea-Situation kommt nicht unüberraschend - keine Rea wenn vorher abgesprochen
- Klinik: Bekannter Patient, man steht daneben, Rea-Situation kommt überraschend - Rea, wenn Fall nicht 105% hoffnungslos ist (z.b. der 85jährige halbmobile Mann mit Bronchialkarzinom wird reanimiert)
- Klinik: Unbekannter Patient, man steht daneben, Rea-Situation kommt überraschend - Rea
- Präklinik: Unbekannter Patient liegt morgens tot im Bett - keine Rea (?), wenn nicht schon jemand damit angefangen hat
- Präklinik: Unbekannter Patient, Notruf - Rea

Würdet ihr das auch so sehen?

alley_cat75
09.02.2008, 10:24
Was haltet ihr davon, klinisch bekannte Patienten wiederzubeleben, die zwar noch nicht präfinal (im Sterben begriffen) waren und deren mutmaßlicher Wille nicht bekannt ist, bei denen aufgrund der Gesamtkonstellation (hohes Alter, fortgeschrittenes Tumorleiden, Ko- und Multimorbidität etc) jedoch ziemlich klar ist, dass man ihnen damit wahrscheinlich keinen Gefallen tut?

Bist Du Gott, dass DU entscheidest, wer leben darf und wer nicht? Du erkennst selbst in Deinem Beitrag, dass man nur Wahrscheinlichkeiten hat. Ich habe viel mit onkologischen Patienten zu tun und kläre frühzeitig, was sie wollen und was nicht. Immer schön alles dokumentieren. Haben wir keine Info, tun wir alles Menschenmögliche, um den Patienten zu halten - auch bei einem fortgeschrittenen Tumorleiden. :-dafür

Dr. Pschy
09.02.2008, 11:13
- Präklinik: Unbekannter Patient liegt morgens tot im Bett - keine Rea (?), wenn nicht schon jemand damit angefangen hat

Das unterschreib ich nicht. Zumindest nicht, solang er nicht starr ist und/oder livores hat.

Im uebrigen wuerd ich gern die causa sehen, wo man dem RA an den Kragen ging, weil er keine Massnahmen der NK durchgefuehrt hat. Das glaub ich einfach nicht, dass man einem Nicht-Arzt ans Leder kann, weil er keine ärztlichen Massnahmen durchfuehrt.

milz
09.02.2008, 12:00
Bist Du Gott, dass DU entscheidest, wer leben darf und wer nicht?
In dem Falle kannst Du (frei nach Watzlawick) nicht Nicht-Handeln, da auch Nicht-Handeln Handeln ist. Das heißt egal was Du tust, es hat für den Patienten mitunter gewaltige Konsequenzen und aus einem Sterbenden einen Intensiv-Zombie zu machen ist mitunter auch nicht das Gelbe vom Ei. Da Du aber schon den lieben Gott ins Spiel bringst: Mit der Reanimation von Menschen, die der liebe Gott gerade abrufen will, pfuschst Du ihm noch mehr ins Handwerk als wenn Du nur zuschaust. ;-)

Allerdings kann ich Deine Position auch gut nachvollziehen.

alley_cat75
09.02.2008, 12:06
Vielleicht muss man einfach mal erlebt haben, dass irrtümlich bereits Totgeglaubte nach 3 Monaten ITS doch wieder auf die Beine kommen. Und auch ein Tumorpatient mit infauster Prognose nimmt all das hin, um noch ein paar Wochen mit seinen Lieben zu haben. Beschwert hat sich bisher keiner. :-nix Ich finde es auch wichtig, den Angehörigen das Gefühl zu geben, dass etwas getan wurde und man als Arzt nicht einfach resigniert. Wie man es dreht und wendet - zweifelsohne immer eine ethische Gradwanderung. :-meinung Ich habe Montag einen 72jährigen Patienten mit BroCa und Ösophaguskompressionsstenose (und Patientenverfügung!) nach heftigem Hustenanfall und Entsättigung bis 70% kurzerhand intubiert und invasiv beatmen lassen. Bei der nachmittaglichen Übergabe schauten mich alle völlig entsetzt an; immerhin könne man bezüglich des Tm eh nichts mehr tun. Heute schiebt der Mann wieder im Rollstuhl über die Station und liebkost seine Frau. Ergo: richtige Entscheidung.

actin
09.02.2008, 12:19
Auch wenn ich überzeugter Atheist bin:



Da Du aber schon den lieben Gott ins Spiel bringst: Mit der Reanimation von Menschen, die der liebe Gott gerade abrufen will, pfuschst Du ihm noch mehr ins Handwerk als wenn Du nur zuschaust. :-meinung:-meinung:-meinung:-meinung:-meinung:-meinung:-meinung:-meinung:-meinung