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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medizinstudium erstrebenswert?



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Neuling08
10.02.2008, 01:44
Hallo!

Ist die Lage in den Kliniken den wirklich so schlecht, so dass man z.B. angst haben muss ob man auch ausreichend ausgebildet wird(in der facharztausbildung mein ich)
die kliniken haben doch eigentlich die motivation jemanden auszubilden, der dann auch in der klinik bleibt und die arbeit gut macht.
Ich studiere momentan an einer FH, habe aber festgestellt das Medizin mich einfach 100% interessiert. dieses FH-Studium hab ich deshalb angefangen(und nicht die BOS13 und somit Abitur), weil es mir damals natürlich auch nicht entgangen ist, dass es bei der Arbeit als Arzt Probleme gibt.Wie man in der Presse hört beschränkt sich die Arbeit mehr und mehr auf Bürokratie und die Ärzte sind für die ganze Arbeit und Überstunden und was weiß ich unterbezahlt.
Jetzt bin ich eigentlich festentschlossen Medizin zu studieren. Und jetzt hab ich das hier gelesen...
Es doch immer so, dass wenn einem was spaß macht, man auch sehr belastbar ist.
ODER?

alley_cat75
10.02.2008, 10:06
Ist die Lage in den Kliniken den wirklich so schlecht, ...

Nein.


kliniken haben doch eigentlich die motivation jemanden auszubilden, der dann auch in der klinik bleibt und die arbeit gut macht.

VieleKliniken haben das kapiert, andere brauchen noch Zeit.


... beschränkt sich die Arbeit mehr und mehr auf Bürokratie und die Ärzte sind für die ganze Arbeit und Überstunden und was weiß ich unterbezahlt.

Bürokratie vs. ärztliche Tätigkeiten 50:50. Je nach Fach hat man mehr oder weniger mit Bürokratie zu tun. Bezahlung hängt von der Klinik ab.


Es ist doch immer so, dass wenn einem was spaß macht, man auch sehr belastbar ist.

Richtig.

Leelaacoo
10.02.2008, 11:32
Hallo Neuling!

Klar ist es so, dass man eine 60h-Woche eher schafft, wenn man sich für einen Beruf interessiert...und eine 40h-Woche elend lang sein kann, wenn du den Job hasst. Ich würde keine 20h im Büro schaffen...egal, was man mir zahlt.

Aber...gerade wenn man seinen Job wirklich gerne macht (sprich: die Medizin liebt) will man sich weiterentwickeln. Man will was können, Kompetenzen erwerben und einfach gut sein...das ist mein Anspruch an mich. Klar, man kann sich selbst fortbilden, lesen, lernen, abschauen etc. Aber das wird einem manchmal echt schwer gemacht...ich bin volle Überzeugungen gestartet und das Studium hat mir WIRKLICH Spaß gemacht, aber momentan habe ich nur das Gefühl, dümmer und unwissender zu werden, keine Lust mehr zu haben und keine Patienten mehr sehen zu können...das ist echt traurig. Das Problem ist meist garnicht die Bezahlung und die Überstunden (auch wenn das natürlich traumhaft wäre, wenn sich die in Grenzen halten und auch noch bezahlt werden würden) sondern die Frustration über die fehlende Weiterbildung...ich fühle mich auf dem Abstellgleis. Fortbildungen werden nur geduldet, wenn sie sich nicht mit dem Dienstplan überschneiden, man hockt 2 Jahre auf der gleichen Station fest und hat das Gefühl, die Oberen sind ganz froh, nicht mehr teachen zu müssen, weil man das tägliche Handwerk (Briefe, Aufnahmen, DRG etc.) einigermaßen beherrscht und nicht mehr wegen jedem Furz (sorry) anruft. Da hats sich schnell mit der Wissensvermehrung erledigt. In die Funktionen (Sono, Gastro etc.) kommt man nicht innerhalb eines vernünftigen Zeitraumes (obwohl das doch entscheidend für eine gute Patientenversorgung ist) und für interessante Fragestellungen, Diagnostik und Therapie gibt weder die Grenzverweildauer noch der Anspruch des OAs nichts her...

Ich fühle mich NICHT MEHR als Arzt, weil ich dazu einfach zu schlecht bin...und das nicht aus eigenem Verschulden (wenn man mal davon absieht, dass man es woanders probieren könnte).

Mein Tipp: wenn du Medizin studieren willst, dann mach es, es ist ein guter Job und wird auch nicht sooo schlecht bezahlt im Vgl. z.B. zu Architekten o.ä.). Wenn dein Anspruch an dich selbst allerdings hoch ist und du wirklich was können willst...dann weiß ich nicht, ob die Weiterbildung in D das Richtige ist. Man sollte schon bei den Bewerbungsgesprächen extremen Wert auf eine strukturierte Ausbildung legen...egal, ob das Haus nun "nett" ist oder nicht...im Endeffekt zählt nur, was du nachher kannst.
Und diese "Weiterbildungslogbücher" von den Äk kann man getrost in die Tonne kloppen...hält sich kein Mensch dran...

LG Lee

John Silver
10.02.2008, 12:36
Hallo!

Ist die Lage in den Kliniken den wirklich so schlecht, so dass man z.B. angst haben muss ob man auch ausreichend ausgebildet wird(in der facharztausbildung mein ich)

In vielen Kliniken ist es nach wie vor so, aber es gibt immer mehr, die umdenken, bzw. dazu gezwungen werden, da sie sonst niemanden finden, der bei ihnen arbeiten will.


die kliniken haben doch eigentlich die motivation jemanden auszubilden, der dann auch in der klinik bleibt und die arbeit gut macht.

Das Schlüsselwort ist "eigentlich". Momentan liegt der Fokus im Medizinwesen nicht auf "Arbeit gut machen", sondern auf "Geld verdienen". Dementsprechend hat die Ausbeutung der Assistenten höhere Priorität, als die Ausbildung.


Jetzt bin ich eigentlich festentschlossen Medizin zu studieren. Und jetzt hab ich das hier gelesen...
Es doch immer so, dass wenn einem was spaß macht, man auch sehr belastbar ist.
ODER?


Wenn Du fest entschlossen bist, dann solltest Du es auch durchziehen. Du wirst frühestens in 6 Jahren fertig sein; bis dahin wird der Karren im deutschen Gesundheitswesen so tief im Dreck sitzen, daß es gar keine Alternative zu weitreichenden Reformen geben wird. Ferner wird der Ärztemangel noch viel stärker sein, als heute. Das alles wird hoffentlich dazu beitragen, daß die Arbeitsbedingungen der Ärzte wesentlich verbessert werden. Und wenn nicht - Deutschland ist ein offenes Land, und es gibt viele andere Länder da draußen, in denen man als deutscher Arzt besser behandelt wird ;-)

Relaxometrie
10.02.2008, 12:52
Wenn Du fest entschlossen bist, dann solltest Du es auch durchziehen. Du wirst frühestens in 6 Jahren fertig sein; bis dahin wird der Karren im deutschen Gesundheitswesen so tief im Dreck sitzen, daß es gar keine Alternative zu weitreichenden Reformen geben wird. Ferner wird der Ärztemangel noch viel stärker sein, als heute.

Genau diese Worte habe ich vor ca. 8 Jahren, als ich mit dem Studium begonnen habe, auch gehört. Man wird sie wohl auch noch in 100 Jahren hören.

Medicus_bonus
10.02.2008, 13:02
Genau diese Worte habe ich vor ca. 8 Jahren, als ich mit dem Studium begonnen habe, auch gehört. Man wird sie wohl auch noch in 100 Jahren hören.

Und was genau soll das nun bedeuten?

Relaxometrie
10.02.2008, 13:36
Und was genau soll das nun bedeuten?
Daß das Gerede "in wenigen Jahren ist der Karren völlig in den Dreck gefahren und dann wird sich das Gesundheitssystem ändern" eine Worthülse ist.
Mich hat diese Worthülse genau so wenig vom Studium abgehalten, wie es zukünftige Studenten, die am Fach interessiert sind, abhalten wird.

Tombow
10.02.2008, 14:25
Mich hat diese Worthülse genau so wenig vom Studium abgehalten, wie es zukünftige Studenten, die am Fach interessiert sind, abhalten wird.

Masochisten wie uns wird es immer geben :-))

Medicus_bonus
10.02.2008, 14:32
Achso ... naja das wird mich nicht davon abhalten zu studieren. Der Beruf des Arztes ist ja nicht national gebunden, zum Glück.
D.h. wenn es mir hier zu bunt wird, dann gehe ich eben woanders hin.

Edit: bunt ... nicht bund ^^

John Silver
10.02.2008, 15:41
Das soll die Leute nicht vom Studium abhalten, sondern dazu ermutigen :-)) Und wenn's nicht zutrifft, dann habe ich danach ja noch einen Satz angefügt, nicht?

test
10.02.2008, 16:12
Genau diese Worte habe ich vor ca. 8 Jahren, als ich mit dem Studium begonnen habe, auch gehört. Man wird sie wohl auch noch in 100 Jahren hören.

Man muß aber auch ehrlich sagen, dass sich in den letzten 8 Jahren einiges getan hat. Heute kriegt man ohne Probleme eine Stelle, was ich mitbekommen habe, sind in den klinischen Fächern höchstens pädiatrie und derma schwerer zu bekommen. Es gibt keinen AiP mehr und man fängt mit einem im Vergleich zum AiP und anderen Berufsgruppen im öffentlicehn Dienst recht guten Gehalt an.
Im Bereich der Arbeitszeiten und Ausbildung hat sich leider aber noch nicht flächendeckend etwas getan. :-nix Allerdings muß man ehrlich sagen hat man als Arzt relativ freie Auswahl und bei örtlicher Flexibilität kann man sich auch ein Haus suchen in dem diese Aspekte angenehmer sind.

John Silver
10.02.2008, 17:08
Man muß aber auch ehrlich sagen, dass sich in den letzten 8 Jahren einiges getan hat. Heute kriegt man ohne Probleme eine Stelle, was ich mitbekommen habe, sind in den klinischen Fächern höchstens pädiatrie und derma schwerer zu bekommen.

Das hat aber nichts damit zu tun, daß etwas besser geworden sei; im Gegenteil, das ist lediglich die Folge der besch...eidenen Zustände.

test
10.02.2008, 17:18
Das hat aber nichts damit zu tun, daß etwas besser geworden sei; im Gegenteil, das ist lediglich die Folge der besch...eidenen Zustände.

Die Bedingungen für einen Berufsanfänger heute sind aber besser als vor 8 Jahren. Natürlich bei weitem nicht optimal. Aber gäbe es den AiP noch, würde ich sicher nicht in Deutschland anfangen. :-meinung

John Silver
10.02.2008, 18:46
Die Sache mit AiP sehe ich genauso. Ich meinte vielmehr die Stellensituation.

el_corazón
11.02.2008, 22:35
@Threadstarter:
Kann dir das Studium auch wärmstens empfehlen, hat über weite Strecken total viel Spaß gemacht, es ist super interessant und dir stehen danach viele Wege offen. Abgesehen vom nichtmedizinischen Arbeitssektor bietet das eigentliche Arztdasein für jeden etwas, ob du nun lieber handwerklich im OP rumwerkeln willst, deine Psychoader auf der Geschlossenen ausleben möchtest, am Mikroskop und im Labor arbeiten magst, Rechtsmediziner/in wirst...
Natürlich gibts da die angesprochenenn Probleme während der FA-Ausbildung, etc..., doch da schadet manchmal auch nicht ein Vergleich mit anderen Berufsgruppen und du wirst feststellen, dass Mediziner gerne mal auf hohem Niveau jammern. Aber das ist ja sowieso ne deutsche Eigenart....

Daviddd
12.02.2008, 08:44
Ich hab mir diese Fragen einfach irgendwann nicht mehr gestellt, fang einfach an, hab Spaß und freu dich auf dein späteres Dasein als Arzt! :-top

Man sollte sich doch nicht schon vor dem Studium mit Bedenken "versauen", lass es auf dich zukommen. Medizin ist super =)

John Silver
12.02.2008, 15:50
Stimmt, Arzt sein ist super. Nur nicht in Deutschland :-))

el_corazón
12.02.2008, 17:33
Stimmt, Arzt sein ist super. Nur nicht in Deutschland :-))
Tja, kommt halt drauf an...

Neuling08
13.02.2008, 11:54
Danke für die aufmunterungen :-)

Medimatze
14.02.2008, 10:08
Daß das Gerede "in wenigen Jahren ist der Karren völlig in den Dreck gefahren und dann wird sich das Gesundheitssystem ändern" eine Worthülse ist.


Die einzige Hülse ist der Kopf derjenigen die das nicht glauben wollen. Sieh dich doch mal um. Habe keine Lust eine erneute Debatte zu starten wer mehr verdient und wer es "verdient" hat.
Ich baue gerade ein Haus. Der Fliesenleger bekommt 35Euro pro qm gezahlt. Er legt weit über 80qm in 8 Stunden. Zur gleichen Zeit stehe ich in der Klinik und bekomme 8Euro pro Stunde. Um ihn für 2 Tage zu bezahlen muss ich 20 Tage arbeiten. Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir nicht helfen. Aber der Karren ist nicht nur im Dreck, er klebt an der Wand.