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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Stiefkind Psychologie



Mescalera
11.09.2002, 11:21
Hallo!!

Wenn ich richtig informiert bin, wird man nach der Neuen ÄAppO in der mündlichen 1. Ärztlichen Prüfung auf jeden Fall in Biochemie, Anatomie und Physiologie geprüft, also Psychologie fällt dann ganz raus.

Ich persönlich finde das ziemlich blöd, weil ich Psychologie in einem Beruf, der soviel mit Menschen, von denen sich viele auch noch in Extrem-Situationen befinden, zu tun hat, für äußerst wichtig halte.

Es ist doch eigentlich sehr schade, daß viele nur die Lerntexte für Psycho aus der Schwarzen Reihe lernen, dann aber später im Umgang mit den Patienten nicht anwenden können.

Wäre es nicht sinnvoller, gerade auch im klinischen Teil immer mal wieder "Psychologische Seminar" anzubieten, wo man Theorie und Praxis verknüpfen, Gesprächs- und Entspannungstechniken einüben und Probleme im Umgang mit den Patienten (wie verhalte ich mich bei unkooperativen, aggressiven oder sterbenden Patienten) besprechen könnte???

:-meinung Ich persönlich fände das gut und für mich und die Patienten hilfreich, was haltet ihr davon??

Viele Grüße

Mescalera

lala
11.09.2002, 17:43
Hallo,

ich kann Dir nur zustimmen, Themen wie Psychologie und Ethik und menschlicher Umgang mit Patienten und Angehörigen kommen in der universitären Ausbildung viel zu kurz.
Wer bitte bringt mir bei, wie ich Patienten Hiobsbotschaften wie Krebs, MS oder sonstige Diagnosen beibringen kann? Oder wie man mit persönlichkeitsgestörten, suizidgefährdeten Personen umgehen sollte?
NIEMAND!
Solche Themen (wie auch ethische Diskussionen) sollten unbedingt schon vor der praktischen Ausbildung angeganegen und gelehrt werden. Da nützen die Seminare in denen dann groß und breit was über Statistik und Freud`s Theorien philosophiert wird eher wenig.
Aber leider ist die Ausbildung in Psychologie, Psychosomatik und Allgemeinmedizin echt schlecht - zumindest fand ich das so...

Gruß,

doclala

Mescalera
11.09.2002, 21:28
Ist doch genau meine Rede!!

Wer bringt uns soetwas bei???


Vor dem Studium habe ich die Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, daran fand ich ganz gut, daß der Psychologie-Unterricht die ganzen 3 Jahre über war und man außer theoretischen Kenntnissen auch immer die Gelegenheit hatte über persönliche Erlebnisse, den Umgang mit Tod und Sterben und ähnliches zu reden.

Wäre soetwas in kleinen Gruppen nicht auch während des ganzen klinischen Teils, besonders aber während dem PJ denkbar??

Muß ja gar nicht so oft sein, aber wenn man sich in derselben Gruppe dann einfach kennt und ein gutes Gruppenverhältnis aufbaut, kann man doch über solche auch sehr persönlichen Dinge reden,
mit wem soll man denn sonst darüber sprechen??

Mescalera

Froschkönig
12.09.2002, 01:10
Wir haben wärend des Psycho-Praktikums in der Vorklinik sehr intensiv am Arzt-Patienten Gespräch gearbeitet, inklusive Tod, schlimme Krankheit und so weiter....

Was ich daraus mitgenommen habe, ist zwar eine Art Grundanleitung, aber ich glaube, da jeder Mensch verschieden ist und verschieden auf unterschiedliche Situationen reagiert, ist sowaas lediglich eine ANLEITUNG. Selbst wenn diese Art Ausbildung Jahre dauert : Sie soll einen ja nicht zum ROboter machen, sondern zu einem Arzt, der schlimme Botschaften vermitteln kann, weil er es muß und dann mit den reaktionen der angehörigen fertig wird. Dafür braucht es meines erachtens kein mehrjähriges training in diesem Sinne. Mir geht es so, daß ich einfach nur genügend denkanstöße brauche, um mich in Gedanken privat mit dieser Problematik zu beschäftigen.
Denn Hand aufs Herz, wer von uns reagiert in so einer Situation nicht zumindest ein wenig emotional. Deshalb halte ich es für wesentlich wichtiger, mit sich selbst ins reine zukommen, diesen Aspekt der Tätigkeit aber niemals zu vergessen, als auf alle eventualitäten jahrelang getrimmt zu werden.
Schließlich soll man ja ein Mensch bleiben, und wir Menschen haben eben schwächen. Enn ein perfekt geschulter Mediziner eine Familie die Todesbotscheft des Familienfaters überbringt und dabei routinirt wirkt, könnte das wesentlich weniger Eindruck machen, als wenn er selber seine Schwierigkeiten mit der BOtschaft hat

lala
12.09.2002, 17:52
Hallo Froschkönig,

da kann man dich um deine Ausbildung echt beneiden, denn bei uns war so etwas echt nicht im Lehrplan.
Klar, man kann sich ethisch-psychologisch-moralisch richtiges und sinnvolles Verhalten nicht antrainieren, das will auch keiner. Aber Denkanstöße, Übungen in Gesprächsführung im allgemeinen und besonderen wären doch schön gewesen. Im Einzelfall handelt man sowieso individuell und das lernt man mit der Zeit bzw. kann man sich von Kollegen und Vorgesetzten abgucken (auch Negativ-Beispiele sind da lehrreich). Trotzdem wäre es schön, wenn man vor der praktischen Tätigkeit (sprich schon vorm PJ und erst Recht dann im PJ) auch eine solche Praxis erlernen kann. Ich hatte Glück, dass ich in der Onkologie da ein bißchen was vom menschlichen Umgang mit sterbenskranken Menschen lernen konnte. Leider sind aber viele Ärzte nicht in der Lage sensibel und empathisch mit manchen Patienten umzugehen und können sowas von daher schon gar nicht an Studenten oder jüngere Kollegen weitergeben....

Froschkönig
12.09.2002, 18:41
@Doclala

Damit hast Du natürlich recht, im nachhinein empfand ich unser psycho-praktikum auch als hilfreich, obwohl es uns damals allen eher auf die nerven ging, aber in der vorklinik geht einem ja bekanntlich alles auf die nerven ;-)
Ich habe allerdings nie geglaubt, daß das so eine große sache war, vielmehr, daß alle unis das so handhaben wie bei uns, wenn andere nur mit persönlichkeitsmerkmalen und Co. jonglieren müssen, dann ist das wirklich nicht lebens- und berufsnah.
In diesem Fall kann man die Themenüberschrift "Stiefkind" dann auch nur dreimal unterstreichen und fett-kursiv-rot drucken.
Ansonsten kann ich nur raten, den Kontakt mit Menschen zu suchen, denn nur so kann man was lernen...
(Also nicht 4x Famulatur auf der Anästhesie :-D)

Gaja
15.09.2002, 12:56
Bei uns war Arzt-Patienten-Gespräch und Überbringen von schlechten Nachrichten auch ein Bestandteil in Psycho, aber vor allem weil wir uns das gewünscht hatten. Ich fand es ziemlich hilfreich, mal ein paar Ideen vermittelt zu bekommen. Generell finde ich die Psychologie schon wichtig und interessant, da sie einem eben ein paar Anleitungen geben kann und man dann nicht alles selber aufbauen muß !

Studmed1
28.09.2002, 13:31
Ich verstehe nicht, wie man Psycho streichen kann? Allein, dass die Zahnis das Fach gar nicht kennen, ist eine Frechheit. Denn gerade Zahnarzte brauchen ein verdammtes Wissen darüber. Andererseits muss man auch viel menschenkenntnis und Emotion haben können. und das kann an keiner Uni gelehrt werden...

17.10.2002, 19:18
Die Aussage, das Psychologie gestrichen oder abgewertet wurde stimmt so nicht.
Nach der neuen AO werden zusätzliche Seminare in Psychologie eingeführt.
Lediglich die mündliche Prüfung im 1.Stex(neu) fällt weg. Viele die Psycho im Physkum hatten können bestätigen, dass das eigentlich sinnvoll ist, da gerade in diesem Fach eigentlich nur die persönlichen Interessen der Prüfer das Thema vorgeben - in anderen Fächern gibt es zumindest einen Rahmen, an den sich die Prüfer halten.

Zum anderen Thema Psychologie/Gesprächsführung: an einigen Unis ist Gesprächsführung bereits Bestandteil des Curriculums.

Ein Artikel dazu: http://www.zeit.de/2000/38/Wissen/200038_arzt-patient.html

17.10.2002, 19:22
Kleiner Fehler: der Artikel ist
http://www.zeit.de/2001/20/Leben/200120_herz_und_nieren.html

Froschkönig
17.10.2002, 19:58
Ich halte psychologie zwar auch für wichtig, bin mir aber nicht sicher, ob mir rückblickend das psychologiepraktikum etwas brauchbares vermittelt hat...abgesehn davon kommt einem ja in der Klinik auch noch Psychiatrie und Psychosomatik unter, wo das vorklinische "Trockenschwimmen" zugunsten authentischer Sachverhalte entfällt. Das einzig sinnvolle im nachhinein empfand ich bei uns das übern der ärztlichen Gesprächsführung.
Da man mit der Zeit aber vieles vergißt und Gesprächsführung auch einfach oft übern muß, ist selbst dieser Nutzen relativ.

blanko
12.11.2002, 11:56
Bei uns wird seit einiger zeit im 1. klinischen ein freiwilliger Zusatzkurs angeboten, der sich mit Anamnese und Patientengesprächen beschäftigt. Auch wenn dieser Kurs aufgrund des Dozenten :-D noch sehr verbesserungswürdig ist, finde ich die Idee doch ganz gut. Gerade in Verbindung mit dem U-Kurs. Abgesehen davon "wie bring ich den in meiner ersten Famulatur jemanden bei, daß ich jetzt eine digitale Rektaluntersuchung vornehmen muß?" Haben wir auch das überbringen schlechter Nachrichten mal geprobt. Fiel eigentlich in dem rahmen leichter als man denkt.
Denke mir das Psycho damit eigentlich auch eher als klinisches Fach gewertet werden müsste, oder gleich als Kurs im ersten Semester sozusagen Basiswissen.
Hatte Psycho übrigens auch mündlich und fand es toll (eher wegen der Note als wegen der eigentlichen fragen :-)) ).

blanko

Stefan Müller
05.12.2002, 14:49
Hallo!
Auch ich denke, daß Psycho nicht mehr mündlich zu prüfen das Fach eher abwertet als anders herum!
Trotzdem halte ich es für sinnvoll, in der VK die Grundlagen zu legen, um dann in Psychsomatik, wo gut Platz ist, naß schwimmen zu üben auch in Form von Rollenspielen. :-top
Aber wem das alles zu wenig ist, der kann ja in eine Anamnesegruppe gehen. Selbstverständlich muß mehr, aber da muß jede Uni :-meinung ihren Schwerpunkt legen, ob sie Ärzte oder Wissenschaftler :-dagegen ausbilden will.

Christoph_A
10.12.2002, 13:16
Na,jetzt aber mal etwas langsam. Mich nervt es nämlich schon ziemlich,wie hier in Muc auf den Fächern Psychologie und Psychosomatik rumgeritten wird. Psychologie und Fingerspitzengefühl sind für einen Mediziner wichtig,keine Frage,aber die erlernt man weder durch einen Psychokurs, drei Psychiatrievorlesungsreihen, einen dreieinhalbstündigen Psychiatriekurs im Hochsommer, sowie geschlagene zwei Psychosomatikteile. Grade den Psychosomatikkurs fand ich,gelinde gesagt, etwas hahnebüchen. Es mag sicher psychogene Krankheitsbilder geben,aber ein Morbus Crohn oder gar ein Ovarialkarzinom aus Seitensprungsangst ( hat uns unser Kursleiter echt einreden wollen ) halte ich doch für,entschuldigt bitte den harten Ausdruck, absolut schwachsinnig. Ich will mir kein Urteil über andere Universitäten erlauben,aber für Muc gesprochen,kann ich nur sagen,daß das ganze Psychozeugs überbewertet wird.