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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Tötungsautomat für Sterbewillige - die Geschmacklosigkeit des Tages



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Ehemaliger User 20130505
28.03.2008, 17:23
Der Hamburger Ex-Justizsenator Roger Kusch schlägt für Sterbewillige einen Tötungsautomaten als seiner Meinung nach juristisch einwandfreie Alternative zur aktiven Sterbehilfe durch Ärzte vor:


[....]Der Injektionsautomat von der Größe eines halben Schuhkartons biete einen schmerzfreien Soforttod, sagte Kusch am Freitag in Hamburg. Mit einem Knopfdruck könnten Todkranke die Maschine in Gang setzen, die dann aus zwei Spritzen parallel jeweils 20 Milliliter Narkotikum und Kaliumchlorid in die Venen presst. Zuvor muss ein Arzt, dem Kusch Anonymität zusichern will, lediglich eine Kanüle legen.[....] http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=31845


Da fehlen mir die Worte.

Keenacat
28.03.2008, 17:59
tote kosten einfach weniger als vernünftige, zureichende palliativmedizin. :-kotz
scheiß entsorgungsmentalität.

Ehemaliger User 20130505
28.03.2008, 18:14
Dort ist noch ein Foto der Maschine und ihres Erfinders:

http://www.n-tv.de/940401.html



.....Beim ersten Mal, wenn statt wie beim Pressetermin Möhrensaft und Wasser dann Narkotikum und Gift durch die Schläuche rinnen, will der Erfinder dabei sein und das Sterben filmen. Seinen Angaben zufolge, damit niemand ihm vorwerfen könne, er habe selbst den Knopf gedrückt.....

Flauta
28.03.2008, 18:17
Der Threadtitel hat mich an folgenden Text erinnert:

Franz Kafka: in der Strafkolonie....



sorry für OT

Tombow
28.03.2008, 18:31
Ähnliche Geräte sind in Australien zum Einsatz gekommen, als für kurze Zeit in den 90ern die Euthanasie in den Northern Territories legalisiert wurde. Insofern ist die Idee weder neu noch aktuell. Ob ein solches Gerät auf diese Art und weise präsentiert werden sollte, ist eine andere Frage.

Was die Palliativmedizin angeht - da stellt sich die Frage, und was ist mit den Patienten, die freiwillig auf Palliativmedizin verzichten bzw. trotz suffizienter Palliativmedizin dennoch den Freitod wählen?

Das Thema kann man auch vernünftig aussortieren, ohne die Moral/Religionskeule herauszuholen oder Vergleiche mit Aktion T4 zu ziehen.

Flauta
28.03.2008, 18:36
Ich denke, dass einige froh wären, nicht in die Schweiz gehen zu müssen....

Mein vorheriger Einwand war auch rein assoziativ, war ja nur ein Einfall, kein philosophischer Vergleich/Metapher etc.

Monty
28.03.2008, 20:03
Makabererweise muss ich dabei an Futurama und die Selbstmordzellen denken ("Bitte Todesart wählen: Schnell und schmerzlos oder langsam und grausam.")...

azrael306
29.03.2008, 07:53
Ich find das Foto auf NTV erstmal richtig makaber!
Das ist doch Fruchtsaft was da in der Spritze ist oder?!?!
Dahinter steht ja sogar noch die Falsche.

und außerdem ... warum soll der Kerl irgendwas "erfunden" haben.
Das ist doch bloß ein stinknormaler Perfusor.

Das ist doch keine Lösung!

:-dagegen

Evil
29.03.2008, 08:58
Und wenn man noch ein bissl Succi oder Pancuronium dazunimmt, hat man die amerikanische Giftspritze... toll, sehr modern, wo die drüben auch gerade auf den Trichter kommen, daß es mit der "Humanität" dabei vielleicht doch nicht ganz so weit her ist... :-keks :-wand

Foreman
29.03.2008, 09:06
Kusch ist bekannt für sein Faible für Paragraphen und juristische Grauzonen. Es bleibt abzuwarten, was aus der Geschichte wird.

Jedenfalls ist sein Kaliumchlorid ja schön billig, also wird ja ein entsprechender Gewinn in Aussicht sein.

Eine wirklich umfassende Palliativmedizin, Hospize und Home-Care-Systeme senken mit Sicherheit das Bedürfnis nach aktiver Sterbehilfe.
Es wird aber immer Menschen geben, die aus den verschiedensten Gründen, den Freitod vorziehen werden. Auch wenn es nicht die Mehrheit sein wird.
Letztlich geht es doch um Selbstbestimmung. Das ist ein kostbares Gut, gerade zum Lebensende hin.

wanci
29.03.2008, 10:35
Mal ganz abgesehen von diesem Kusch und seinen seltsamen Motiven, finde ich die Aussage von Montgomery auch sehr daneben:



Es werde keine Tötungsmaschine gebraucht, sondern eine Sterbebegleitung und palliativ-medizinische Betreuung, die den Menschen am Ende ihres Lebens Schmerzen und Ängste nehme.

Als ob die Palliativmedizin das Problem lösen könnte. Manchmal ist es eben nicht damit getan, den Menschen Schmerzen und Ängste zu nehmen. Echt unerträglich, wie einem da jedes Recht auf Selbstbestimmung entzogen wird. Und so einer spricht dann auch noch im Namen der "Ärzteschaft".

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29.03.2008, 12:57
Mal ganz abgesehen von diesem Kusch und seinen seltsamen Motiven, finde ich die Aussage von Montgomery auch sehr daneben:
Als ob die Palliativmedizin das Problem lösen könnte. Manchmal ist es eben nicht damit getan, den Menschen Schmerzen und Ängste zu nehmen. Echt unerträglich, wie einem da jedes Recht auf Selbstbestimmung entzogen wird. Und so einer spricht dann auch noch im Namen der "Ärzteschaft".

Ich denke es geht ihm im Kern darum, daß ordentliche Palliativmedizin nicht überall im ausreichenden Maße vorhanden ist. Interessanterweise ist die "Nachfrage" nach Sterbehilfe im Umfeld guter Palliativmedizin auch geringer...
Also erst einmal das Eine ordentlich machen - dann kann man über Selbstbestimmung gerne reden :-top

Zu dem Automaten selbst:
Als ich den Auslöseknopf sah, mußte ich an Patienten denken, die mit der Fernbedienung mit ihrem Angehörigen "telefoniert" haben ;-)
"Einfach auf den roten Knopf drücken, dann kommt die Schwester" ;-)
......
Vllt. für einige wenige ernsthaft praktikabel - bei den
"komatös hirntoten sondenernährten verfügungsfreien Problemfällen" ändert das Gerät aber nix :-nix

XJanX
29.03.2008, 13:41
[QUOTE=Tombow]Ähnliche Geräte sind in Australien zum Einsatz gekommen, als für kurze Zeit in den 90ern die Euthanasie in den Northern Territories legalisiert wurde. Insofern ist die Idee weder neu noch aktuell. Ob ein solches Gerät auf diese Art und weise präsentiert werden sollte, ist eine andere Frage.

Ich kann mich dieser Meinung nur anschließen. Die bedauerliche Existenz diese Politikers interessiert mich überhaupt nicht. Das Gerät selbst ist ja auch nichts Neues.

Viel wichtiger finde ich, dabei die Frage, nach unserem Recht auf Selbstbestimmung. Ob schwer krank oder nicht, sollte jeder Mensch das Recht auf Euthanasie haben. Wer sich einmal dafür entschlossen hat, wird sich davon eh kaum mehr abbringen lassen und dass solche Menschen dafür in die Schweiz fahren, ist auch keine Lösung.
Unsere ganze Rechtsprechung folgt dem Grundsatz des vernunfthandelnden Menschen, der nach seinem freien Willen entscheidet. Und am Ende unseres Leben (wann immer das sein mag), werden wir wieder wie kleine Kinder behandelt, die entscheidungsunfähig sind.

alex1
29.03.2008, 13:42
Ich denke man kann sich einigen, dass es eben 2 Gruppen von Patienten gibt:

1. Diejenigen, bei denen mehr Palliativpflegeangebote durchaus Sinn machen würden und tatsächlich so besser versorgt wären als durch irgendwelche Todesspritzen. Dazu zählen z.B. Tumorpatienten mit Angehörigen, die einfach noch einige Zeit für sich und ihre Angehörige hätten aber ohne Schmerzen und Leiden. Wenn das Palliativpflegeangebot grösser wäre, hätten solche Leute leichtere Zuganz zu Hospizen und Palliativstationen. Damit könnten sie sowohl die letzte Zeit bis zu ihrem Tod in einer schönen Atmosphäre verbringen oder aufgepeppelt werden, um dann zu Hause sterben zu können.

2. Diejenigen, bei den sämtliche Palliativmassnahmen nicht viel bringen und die auch nichts mehr in ihrem Leben haben. Keine Familie, keine Bezugspersonen. Teilweise sind das auch Leute, die einfach durch Lähmungen (ALS, traumatische Querschnitte) doch noch etwas Zeit vor sich haben bis zu Ihrem natürlichen Tod (teilweise sogar viele Jahre), aber lieber tot wären. Solche Leute profitieren nicht soviel von einem Hospiz oder einer Palliativstation und es gibt durchaus einige von denen, die gerne tod wären.
Und für diese Leute brauchen wir auf jeden Fall ein Angebot zur Selbstbestimmung.

XJanX
29.03.2008, 13:46
Die Grenzen zwischen diesen beiden Gruppen ist aber fließend. Ist gibt eben nicht immer den typischen Fall. Wer entscheidet da? Der Arzt, die Betreuer, das Gesetz?

Daughter_Of_Hell
29.03.2008, 14:07
Ich denke, man kann die Sache mit diesem Tötungsapparat so oder so sehen.
Auf der einen Seite, werden sicherlich Menschen froh sein, dass sie ihrem Leiden ein Ende setzen können, wenn sie es nicht mehr auszuhalten glauben.
Andererseits ist es schon heftig, dass man einfach so einen Automaten herstellt, der dabei helfen soll, sich umzubringen.
Ich denke, dass man sich hier in einem Grenzbereich befindet, den man nicht unterschätzen sollte. Die Folgen könnten nämlich sehr verheerend sein.
Für mich ist das Ganze ein Hinweis, dass die heutige Wegwerfgesellschaft langsam aber sicher ziemlich heftige Ausmaße annimmt.
Mich erinnert das alles ehrlich gesagt stark an die Abtreibungsthematik.

Grüße
DoH

Evil
29.03.2008, 14:13
Als ob die Palliativmedizin das Problem lösen könnte. Manchmal ist es eben nicht damit getan, den Menschen Schmerzen und Ängste zu nehmen. Echt unerträglich, wie einem da jedes Recht auf Selbstbestimmung entzogen wird. Und so einer spricht dann auch noch im Namen der "Ärzteschaft".
Was bitteschön stört Dich an der Aussage? Tatsache ist, daß viele Sterbende einfach unterversorgt sind, und sich deshalb eine "Beschleunigung" wünschen.
Das Sterben an sich ist ein natürlicher Prozess, der in unserer Gesellschaft leider völlig verdrängt wird.

Und jetzt kommt mir nicht mit dem Recht auf Selbstbestimmung, wenn ich mir das Leben nehmen möchte, habe ich die freie Wahl zwischen diversen Bahnlinien, Hochhäusern, scharfen Klingen und Schlafmitteln.
Die Entscheidung ist nunmal sehr endgültig, und dafür MUSS es hohe Hürden geben, weil andernfalls noch mehr Depressive, Betrunkene oder Leichtsinnige als jetzt davon Gebrauch machen würden. Und vielen von denen kann man wirklich helfen, deswegen muß man sie vor sich selbst schützen.
Euthanasie
:-dagegen

Was allerdings tatsächlich geändert werden sollte, ist die moralische Verurteilung des Suizid, SelbstMORD sagt ja schon genug, das ist in der Tat daneben. Daher sollte Suizid auch nicht mehr strafbar sein.

zweistein
29.03.2008, 14:27
...wenn ich mir das Leben nehmen möchte, habe ich die freie Wahl zwischen diversen Bahnlinien, Hochhäusern, scharfen Klingen und Schlafmitteln....
Welches nicht verschreibungspflichtige Schlafmittel, mit dem dem man schnell und garantiert sicher Suizid begehen kann, gibt es denn hierzulande noch?

Meines Wissens keines. Oder doch?

Denn wenn es das gäbe, müssten die Leute nicht in dieSchweiz fahren oder solche Suizid-Maschinen basteln.

hennessy
29.03.2008, 15:46
Man muss anscheinend gar nichts basteln. Angeblich sind Bolzenschussgeräte für die Tötung von Schlachtvieh auf manchen Internetseiten frei verkäuflich. Und wenns für einen Ochsen reicht, dann reicht es für ein kleines Menschlein allemal.
Wobei mir beim Schreiben dieser Zeilen die Gänsehaut meterweit auf und ab läuft.
Wichtiger als solche Monstermaschinen wäre meiner Meinung nach endlich mal eine gesetzliche Regelung für eine definitive, allgemein gültige und nicht anfechtbare Patientenverfügung.

Feuerblick
29.03.2008, 16:29
Die Entscheidung ist nunmal sehr endgültig, und dafür MUSS es hohe Hürden geben, weil andernfalls noch mehr Depressive, Betrunkene oder Leichtsinnige als jetzt davon Gebrauch machen würden. Und vielen von denen kann man wirklich helfen, deswegen muß man sie vor sich selbst schützen.
Ist das nicht ein klein wenig überheblich? Nur weil man meint, diesen Menschen helfen zu können, dreht man sie durch die diagnostisch-therapeutische Mühle über Jahre... und der kleine Prozentsatz, dem man leider eben nicht helfen konnte, der plagt sich eben dann ein paar Jahre mehr bis er endlich den Ausweg findet? Hast du schon mal einen Menschen erlebt, der trotz jahrelangder Therapien so am Leben verzweifelte, dass er aus seinem Rasierer die Rasierklingen ausgebaut und sich damit die Kehle aufgeschnitten hat? Und hast du daneben gestanden bei der "Rettungsaktion" und dich die ganze Zeit gefragt, ob du das grade richtig machst?
Palliativmedizin und Therapien sind eine tolle Sache, aber man sollte niemanden zwangsverpflichten, diese Dinge anzunehmen, nur weil man meint, ihm helfen zu KÖNNEN. Das ist Gottspielerei!
Ich stimme Henn zu: Was dieses Land als Allererstes braucht, ist eine Möglichkeit für jeden, seine Wünsche bezüglich Therapien und Tod in einer nicht anfechtbaren und bindenden Patientenverfügung niederzuschreiben.
Dann bräuchte man auch keine Todesmaschinen...:-meinung
Tiere darf man erlösen, wenn das Leben nicht zu retten ist. Aber ein Mensch, der seinen Wunsch höchstpersönlich artikulieren darf, der muss weiterleben, weil es ach so tolle Palliativmedizin gibt und er es sich ja in einer Woche wieder überlegt haben könnte. Armes Land...