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Flemingulus
23.01.2011, 21:31
Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus

Animula vagula blandula
Hospes comesque corporis
Quae nunc abibis in loca
Pallidula rigida nudula
Nec ut soles dabis iocos.


***

Du Seelchenmein, Du Liebesbisschen,
mir einverleibt als Gast und gute Freundin,
wohin des Wegs jetzt, ohne mich?
Mein steifes, nacktes Sterbeblässchen,
bekomm ich diesmal keinen Scherz mit auf die Reise?


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Von Kaiser Hadrian ist ein witziger lyrischer Dialog mit dem Dichter Florus überliefert über die Vorzüge, Poet oder Kaiser zu sein. Außerdem die obigen Zeilen, die er angeblich auf seinem Sterbebett verfasst hat.

Flemingulus
25.01.2011, 15:26
Zum Auflockern jetzt mal zu etwas völlig anderem


Gar gräusliches Amphibiarium
von Goethen und Kröten und so

Was machst Du mit dem Dolch, Du Strolch?
Willst Du im Taumel-Lolche heucheln,
Du wollest solche Molche meucheln,
die nicht nach keuschen Bräuchen kreuchen?
Das soll uns wie 'ne Seuche deuchen!

Was quälest Du die Quappe, Knappe?
Wo heute noch die Quappen schwappen,
sind bald die Happen am verknappen,
weil selbst die letzte Schlappe japst,
wenn Du so viele Quappen kappst.

Was willst Du mit der Kröte, Goethe?
Wenn Du die arme Kröte tötest,
verroht auf ihre Nöte trötest,
gehn uns die Krötenklöten flöten;
tu lieber Köterföten töten!

Flemingulus
12.02.2011, 14:50
مصر مبارك

Ich spreche als Vater
zu meinen Söhnen und Töchtern.

Fick Dich selbst, alter Mann!

Nicht Söhne und Töchter
sondern Brüder und Schwestern!


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In der Hoffnung beim Titel copy & paste richtig verwendet zu haben. :-blush

Flemingulus
14.02.2011, 23:33
Alba

Die Nacht teilt das Licht
für Dich und für mich
an der Grenze des Traums,
und Du bist, was Du bleibst,
und änderst die Jahre
mit leichter Hand
und machst Dich schön.

Wir zwei heilen aus
im Zeichen der Zeit,
und wenn uns, was flüchtig ist,
von den Beinen holt,
fliegen wir dem Eisvogel,
diesem ungeduldigen Boten,
weiter verwunschen voran
und spenden Jahr und Tag
den bedürftigen Seelen.

Flemingulus
23.02.2011, 21:44
Michel Houellebecq

Ce soir en marchant dans Venise
J'ai repensé à toi, ma Lise.
J'aurais bien aimé t'épouser
Dans la basilique dorée.

Les gens s'en vont, les gens se quittent.
Ils veulent vivre un peu trop vite.
Je me sens vieux, mon corps est lourd.
Il n'y a rien d'autre que l'amour.


***

Ich tappe im Abend venediglich
und denk wieder mal an Dich.
An die Lise, zum Heiraten schön, Inbegriff
meines goldenen Traums im Kirchenschiff.

Die Leute verlassen einander wie nix.
Die Leut' leben gern ein bisschen zu fix.
Mein Alter: Der Körper fällt schwer, es gibt
nichts anderes als: man liebt.

Flemingulus
02.03.2011, 21:36
Nachtstück

An Deine Haut gelehnt, geht Dir die Fremde nah
und weil Du schön bist, spürt Dich auf die wilde
Besucherin des Schlafes und ist da
für Dich im Traum und lässt Dich nicht allein:
die letzte Königin im äußersten Gefilde,
Du bist nicht außer Dir und auch nicht völlig Dein.

Der Mond verlächelt, was Dein jüngstes Herz
am Rande Deines Tags vom struppig blauen
Gezweig des Nachtbaums sich beglückt gepflückt.
Dein rotes Blut schreibt rote Zeilen hier entzückt,
denn sie hat Dir heut lächelnd liebeswärts
den Hoffnungspfahl tief in die Brust gehauen.

Flemingulus
18.04.2011, 19:31
Vollmond

Ich such' Deine Augen,
aber da ist nur eine schwarze Fläche,
aus der Dein Lachen zu mir dringt.

Dann also dieses Surrogat
für den verliebten Blick,
die Gezeitenmaschine,
das Metronom im Zwölfteltakt,
das kalte Auge
dieser schlaflosen Nacht,
das der Himmel
auf uns nicht wirft.

Flemingulus
15.06.2011, 21:41
Kōan im Dunkeln

"Wie steht heute der Mond über uns?", fragte Mo-Fi.
"Er dunkelt blutig rot", antwortete der Schüler.
Der Meister schüttelte den Kopf.
"Die Wolken machen den Himmel blind
und sind Geschöpfe der Sonne."

Flemingulus
20.07.2011, 16:05
*zur Renovierung geschickt* ;-)

LaTraviata
21.11.2012, 23:14
Übermorgen ist morgen
schon gestern
vergangen die Sorgen

Tag und Nacht
umarmen sich
wie Schwestern

Spatzen singen
die Tränen weg

desnachts kreischen
die Krähen
den Nebel tot

und morgens taucht
die Sonne glutrot
neugeboren
am Horizont auf

tut, als sei nichts
gewesen.