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LaTraviata
08.04.2008, 20:13
Träne klebt am Wimpernrand,
träge schwappt die Welle
über,
zieht hinter sich ein ganzes Band.

See bildet sich in der Tiefe,
traurig, müde, keine Welle;
scheint
als wenn die Fuge liefe.

Flucht vor der Vereinigung,
Leere macht sich breit
dazwischen,
schöner ist es doch zu zweit.

Gefroren steht das Meer -
untergegangen ist das wir
still, leise, heimlich
Sehnsucht danach, so sehr.

LaTraviata
12.11.2008, 01:28
Ihre Träne wippt am Wimpernrand,
trauriger Blick verschwendet in die Tiefe
bemerkte sie, dass alle Träume
Hoffnungen, Wünsche, Sehnsüchte
ihres Lebens war'n gebaut auf Sand
und selbst wenn sie schrie, riefe
erführe sie
des Lebens schwarze schwere Säume
tragen immer ewig nur faule Früchte.

Flemingulus
12.11.2008, 16:24
Sehr schöne Verse! Die zwei letzten Zeilen erinnern mich ein bisschen an Celan, aber das ganze hat einen ganz eigenen Ton.

Ich variier mal das Thema...


Tränen wippen an den Wimpern:
die kleinsten Kinder der Trauer
schaukeln auf und ab
im Blinzeltakt,
als wäre, was weh tut, ein Spiel,

als mäße man Schmerzen und Glück
mit einerlei Maß
und was hält und was bricht,
ob Versprechen, ob Herz,
wär' ein Schatz, den niemand besaß.

LaTraviata
12.11.2008, 18:42
Dunkle Blätter lichterloh,
ohne dass ein Beben
ihnen wann entgegenfloh
scheiden aus dem Leben.

Bunter Tanz des Todes,
ganz ohne Traurigkeit
mal ein braunes, gelbes, rotes
stürzt erfüllt von Heiterkeit.

Doch am Baume tobt der Streit
fest visiert das bald'ge Ende
übersehn sie den Fingerzeig
dass man Lebenszeit verschwende.

Zitternd vor dem Fallen
durch dünnes Band doch fest
scheinen sie schwelgend sich zu krallen
an des Lebens dividierten Überrest.

LaTraviata
13.11.2008, 22:52
Selbst nach dem Frost
steh' ich allein in dem Loch,
das sich Leben nennt,
kalt und leer das Sein
und ich sehe ein:

alles, auf das ich mich verwende
ist wie ein Ausverkauf
nimmt mich aus
und am Ende
spendet es nicht mal Trost.

Flemingulus
14.11.2008, 09:37
Sehr inspirierend, Frau-die-abseits-der-Wege-dichtet ;-) :-love

Aber die arme Niere... aufbauende Gedichte sind viel schwerer zu schreiben - da gebe ich weiter an wahre Könner (schlag nach bei Gernhardt :-love ) und beschränke mich auf Melanköttriges. (Dachte übrigens immer Niere, Deine Schlussformel wäre Autotext).


Abwurfbereit leuchtet an Bäumen
in Rot und Gelb und Braun
der fragmentierte Herbst;
so bunt nimmt das Blattwerk
den Tod ins Programm
und die Zeit ist gesättigt
mit gewesenem Sommer.
Die grauen Bereiche im Kopf
könnt' man auch sagen: November,
doch die Aussicht ist trübe
und rückwärts denke ich: NEBEL.

Flemingulus
14.11.2008, 21:37
Sowieso ein schwerer Fehler Autor(in) und lyrisches Ich zu verwechseln:


Ich werd’ Euch *piiiiep* und *piiiiiiiep*,
Aurelius, Du *piiep* und Furius, Du *pieeep*,
wenn Ihr aus meinen Verslein,
die etwas locker sind,
schließt, ich hätt’ kein Benimm!
[…]
Ihr habt das von den 1000 Küssen gelesen
und denkt jetzt, ich könnt' meinen Mann nicht stehen?
Ich werd’ Euch *piiiiiiiiiiep*

papiertiger
14.11.2008, 22:02
das gepiepe nimmt den reiz ;) dann doch lieber gleich:


Pedicabo ego vos et irrumabo
Aureli pathice et cinaede Furi
qui me ex versiculis meis putastis
quod sunt molliculi parum pudicum
Nam castum esse decet pium poetam ipsum
versiculos nihil necesse est
qui tum denique habent salem ac leporem
si sunt molliculi ac parum pudici
et quod pruriat incitare possunt
non dico pueris, sed his pilosis
qui duros nequeunt movere lumbos
Vos quod milia multa basiorum legistis
male me marem putatis?
pedicabo ego vos et irrumabo
[Catull, c.16]

:-))

Hoppla-Daisy
14.11.2008, 22:04
Wilhelm Busch fand ich immer sehr nett .... Begleiter meiner Kindheit :-)

Früh zeigt er seine Energie,
indem er ausdermaßen schrie.
Denn früh belehrt ihn die Erfahrung:
Sobald er schrie, bekam er Nahrung!

:-))

papiertiger
14.11.2008, 22:10
wenn wir dann hier schon am Gedichte in den Raum werfen sind, musste ich angesichts meiner Vorposterin doch spontan hieran denken:


Entenende

Die Enten
schlachten wir lieber
alle auf einmal.
Sie fressen auch nicht mehr so
wenn eine fehlt.

Gilt das Wort
dieses alten Bauern
auch für die Menschen?
Erklärt es vielleicht
die Planung eines Atomkriegs?

Wahrscheinlich nicht
denn Menschen
sind keine Enten.
Sie essen auch noch genau so
wenn einige fehlen

(Erich Fried)

mag den ja eigentlich nicht so.. aber das passte grad :-wow :-))

papiertiger
14.11.2008, 22:26
Du Sau! :-)) :-party

och, ich kann durchaus auch anders :-angel



O furum optime balneariorum Vibenni pater et cinaede fili
(nam dextra pater inquinatiore culo filius est voraciore)
cur non exilium malasque in oras itis?
quandoquidem patris rapinae notae sunt populo et natis pilosas fili non potes asse venditare.
[Catull, c.33]

:-party

papiertiger
14.11.2008, 23:03
trinken? enten? da hab ich doch noch was!


Die Ente

Ente, wahres Bild von mir,
Wahres Bild von meinen Brüdern!
Ente, jetzo schenk' ich dir
Auch ein Lied von meinen Liedern.

Oft und oft muß dich der Neid
Zechend auf dem Teiche sehen.
Oft sieht er aus Trunkenheit
Taumelnd dich in Pfützen gehen.

Auch ein Tier – – o das ist viel!
Hält den Satz für wahr und süße,
Daß, wer glücklich leben will,
Fein das Trinken lieben müsse.

Ente, ists nicht die Natur,
Die dich stets zum Teiche treibet?
Ja, sie ists; drum folg' ihr nur.
Trinke, bis nichts übrig bleibet.

Ja, du trinkst und singst dazu.
Neider nennen es zwar schnadern;
Aber, Ente, ich und du
Wollen nicht um Worte hadern.

Wem mein Singen nicht gefällt,
Mag es immer Schnadern nennen.
Will uns nur die neid'sche Welt
Als versuchte Trinker kennen.

Aber, wie betaur' ich dich,
Daß du nur mußt Wasser trinken.
Und wie glücklich schätz' ich mich,
Wenn mir Weine dafür blinken!

Armes Tier, ergib dich drein.
Laß dich nicht den Neid verführen.
Denn des Weins Gebrauch allein
Unterscheidet uns von Tieren.

In der Welt muß Ordnung sein.
Menschen sind von edlern Gaben.
Du trinkst Wasser, und ich Wein;
So will es die Ordnung haben

[Lessing]

Hoppla-Daisy
14.11.2008, 23:20
Sehr treffend:

Wenn einer, der mit Mühe kaum
Gekrochen ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.

(Auch vom Wilhelm.....)

Flemingulus
14.11.2008, 23:45
.....

LaTraviata
19.11.2008, 16:48
Alles Fassade
Ende der Maskerade
Völlig enttarnt
Leben ausgebrannt

Stehst Du wartend
Im Abseits
Keiner sieht Dich
Kalt, so fürchterlich

Mitten im Leben
Verschluckt
Im Niemandsland
Ausgespuckt

Alles im Zweifel
von Deinen Gefühlen
Lässt Du Dich
Lebenslang betrügen

Flemingulus
19.11.2008, 21:26
Tja... nochmal Versuch einer Variation zum Thema Maskerade:


Allein sein:
Das ist wohl,
wenn Dir niemand
Deine Maske
so wirklich
abnimmt.

LaTraviata
24.11.2008, 01:21
Flocken fliegen
Leichter
Als Wünsche wiegen
Unbeschwert und sanft
Bis sie am Boden liegen

Von Füßen getreten
Fester
Als sie bestehen
Beschmutzt und verachtet
Bis sie zergehen

Fließen sie dann
Schneller
Als man ahnt
Ungeliebt, enttarnt
Am Boden entlang

Dunkler Rest
Steht er dort
All die Schönheit
Vergangener Tage
Vergessen, fort

Flemingulus
26.11.2008, 17:33
Mal etwas heiterere Töne...


Wintergedicht für unsere Urlauberinnen :-)

Schneeschwärme spielen
mit parkenden Autos verstecken.
Wo gestern noch Straße war,
sucht jetzt der Räumdienst Asphalt.

Was grün war, verschläft
unter frostigen Decken.
Die Stadt trägt weiß und sie ist
mir ehrlich gesagt zu kalt.

Verpackte Menschen tragen beim Lachen
weiße Wölkchen vor dem Gesicht.
Ich aber wart’ mit gefrorenen Ohren
auf besseren Wetterbericht.

Die Niere
26.11.2008, 17:42
Euer Abend ist
Mein Morgen

Mein Tag ist
Eure Nacht

Was hab ich denn
Nur falsch gemacht...

Flemingulus
28.11.2008, 20:51
Mal ein paar Haiku-Versuche:


Genug Schnee vor'm Haus,
aber zum Schneemann bauen
fehlen die Kinder.

***

Schneeflockenträume
bedecken was übrig ist
vom Sommer mit Ihr.

***

Mit kristallinem
Geglitzer verziert der Frost
eine tote Maus.

***

Blick aus dem Fenster
am Spiegelbild vorbei:
Draußen liegt Schnee.

***

Arschkalt hier!
Ich nehm Deine Hand
als wollt' ich Dich wärmen.


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Zur Erläuterung: Haikus sind dreizeilige Gedichte mit einem Bezug zu den Jahres- oder Tageszeiten oder allgemein zur Natur. Im Japanischen bestehen sie aus 17 "Silben" (eigentl. Moren), die nach dem Muster 5-7-5 auf die drei Zeilen aufgeteilt werden. Diese Einteilung z. B. im Deutschen nachzuahmen (wie in den meisten obigen Beispielen geschehen) wird in ihrer Sinnhaftigkeit vielfach angezweifelt, da eine Deutsche Silbe etwas anderes ist als eine japanische Lauteinheit. Und eigentlich soll ein Haiku auch keine zu bierernste Angelegenheit sein sondern durch Doppeldeutigkeiten, den Wechsel der Sprachschicht oder überraschende Wendungen den Leser gedanklich etwas kitzeln (was oben auch nicht immer so richtig gelungen ist. Hmpfl!).