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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fazialisparese und halbseitiges Taubheitsgefühl der Zunge- mögliche Diagnose????



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Smibo
04.05.2008, 22:49
Nach einem anstrengenden Fitnesstag hat eine etwa 60 jährige Patientin starke Rückenschmerzen, die bis zum Nacken- und Kopfbereich hinreichten. Einen Tag später bekam sie ein Taubheitsgefühl in der Zunge und die Lähmungserscheinungen in der rechten Gesichtshälfte, die von Tag zu Tag stärker wurden. Patientin wird z.Z mit Cortison behandelt aber es steht keine Diagnose fest. Wo könnte man weitersuchen? Anzeichen für einen Apoplex habe sie nach Ansicht ihres behandelnden Arztes nicht.

Feuerblick
05.05.2008, 09:29
Woher weiss er das? Ist Diagnostik gelaufen? Ist sie in einer neurologischen Klinik?

Smibo
05.05.2008, 09:54
Patientin kam für eine Untersuchung in die Neurologie und es wurde dort nur eine Lumbalpunktion durchgeführt. Keinerlei auffälliger Befund. Ohne eine richtige Diagnose zu haben wird sie nun mit Cortison therapiert und von ihrem Hausarzt kontrolliert....

Feuerblick
05.05.2008, 09:56
CT? MRT? Neurologische Untersuchung? Reflexstatus? Ergebnis der LP?

Anamnese? (Vorerkrankungen, Medikamente, weitere Symptome, Erstauftreten in welcher Situation, Zeckenbiss erinnerlich, Impfstatus etc.)

sama-doc
05.05.2008, 11:42
Wo waren denn die Rückenschmerzen? Allgemein von oben bis unten oder nur einzelne Segmente? Wie siehts mit Dermatomen aus?

Hellequin
05.05.2008, 15:31
und die Lähmungserscheinungen in der rechten Gesichtshälfte,
Du meinst Lähmungen im Sinne einer Facialisparese? Zentral oder peripher?

Smibo
05.05.2008, 19:37
Du meinst Lähmungen im Sinne einer Facialisparese? Zentral oder peripher?
Periphere Fazialisparese. Tochter der Patientin schreibt mir folgendes (kann ich hier veröffentlichen):


CT? MRT? Wurde keins gemacht
Neurologische Untersuchung? Lumbalpunktion, Wattestäbchen am Gesicht, Mund, Stirn, Zunge zum schauen nach Reflexen
Reflexstatus: Alles normal. Nur Zunge rechts taub
Impfstatus: Juni 2005 Tetanus vor wegen Reise nach Mosambik,diphaterie, polyomialitis, Thyphus, Hepatitis A
Allergien: 1994 als Amalgam rausbekam aus den Zähnen ging sie zu einem Dermatologen, der folgende Allergien feststellte: Jod, hexaklorophen,quecksilber, amalgam,caliumchromomat,neomyzinsulfat,qobaldchlor id,nickelsulfat,thiomersal,amidochlorid, kupfersulfat,steinkohlteer
Seit ca. 1 Monat rechts hinterm Ohrläppchen trocken und empfindlich. Mit einer Salbe besser geworden.
Montag: „Druck“ auf den Ohren
Predni H ---3 Tabletten, Dosierung wird am 15.5 immer weniger bis zum 27.5 und ab dann kleinere Dosierung (weniger als 1 Tablette)..wie lange wird die Hausärztin noch sagen. Hausärztin sagte jedenfalls, dass sie die Cortison Tabletten nicht wie im Krankenhaus verordnet, einfach nach 10 Tagen absetzen kann.

Smibo
05.05.2008, 19:39
Wo waren denn die Rückenschmerzen? Allgemein von oben bis unten oder nur einzelne Segmente? Wie siehts mit Dermatomen aus?

Nur Nacken bis occipitaler Kopfbereich. (nicht komplett Rücken)

Feuerblick
05.05.2008, 19:43
Bißchen dürftig, würd ich sagen. Was kam denn bei der Punktion raus? Ich meine, aus irgendeinem Grund hat man doch Predni gegeben, oder? Zumindest eine Verdachtsdiagnose sollte also existieren.

Evil
05.05.2008, 19:58
Nicht unbedingt, die idiopathische Facialisparese ist häufig ohne offensichtliche Ursache, und eine Kortikoidbehandlung "ins Blaue" durchaus sinnvoll.

Leitlinie (http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll-na/017-008.htm)

Feuerblick
05.05.2008, 20:01
Die idiopathische Fazialisparese (mir durchaus bekannt, mein lieber Neu-Internist) als solche zeigt aber meines Wissens keine Parästhesien etc.? Und vorangehende Rücken-/Nackenschmerzen wären mir auch neu in diesem Zusammenhang. Außerdem ist "idiopathisch" per se mal eine Ausschlussdiagnose, die nur nach vernünftiger Diagnostik gestellt werden sollte, oder? Wo stecken unsere Neurologen denn schon wieder?

Evil
05.05.2008, 20:30
mir durchaus bekannt, mein lieber Neu-InternistWürde ich niemals anzweifeln (ich will ja kein funkelndes Stirnrunzeln hervorrufen ;-)), wie der Name schon sagt kennt man aber die Ursache nicht, kann also tatsächlich durch eine HWS-Irritation hervorgerufen sein.
Und Du hast natürlich vollkommen recht, eine vernünftige Bildgebung gehört dazu, viele Hausärzte setzen jedoch Kortikoide (nach Ausschluß einer infektiösen Ursache, daher wohl die LP) auch diagnostisch ein... nach dem Motto, wenn's hilft, war's das wohl.

Feuerblick
05.05.2008, 20:32
Die Lady war aber in einer neurologischen Abteilung... und selbst wenn, "idiopathische Fazialisparese" ist auch ne Verdachtsdiagnose... *erbsenzähl*

Evil
05.05.2008, 20:47
Die Lady war aber in einer neurologischen Abteilung... und selbst wenn, "idiopathische Fazialisparese" ist auch ne Verdachtsdiagnose... *erbsenzähl*
Hatte das so verstanden, als hätte der HA die Patientin nur zur LP in die Neuro geschickt ;-)
Und wie ich immer mehr feststelle, ist den meisten HA die genaue Diagnose nicht so sehr wichtig, Hauptsache, dem Patienten geht's besser :-D

Hellequin
05.05.2008, 21:07
Die idiopathische Fazialisparese (mir durchaus bekannt, mein lieber Neu-Internist) als solche zeigt aber meines Wissens keine Parästhesien etc.?
Unspezifische Missempfindungen sind afaik im Zusammenhang mit einer idiopathischen Facialisparese garnicht so selten.

Und die von Smibo beschriebenen Ohrschmerzen würden auch dazu passen.

Also in dem Haus wo ich grade mein Neuro-PJ mache, gehen die Leute mit einer idiopathischen Fazialisparese auch wieder schnell nach Hause. Und wenn es keinen Anhalt für eine andere Ursache gibt, ist es halt reine Abwägungssache ob man weitere Untersuchungen wie Bildgebung etc. macht.

Feuerblick
05.05.2008, 21:25
Unspezifische Missempfindungen sind afaik im Zusammenhang mit einer idiopathischen Facialisparese garnicht so selten.

Und die von Smibo beschriebenen Ohrschmerzen würden auch dazu passen.

Also in dem Haus wo ich grade mein Neuro-PJ mache, gehen die Leute mit einer idiopathischen Fazialisparese auch wieder schnell nach Hause. Und wenn es keinen Anhalt für eine andere Ursache gibt, ist es halt reine Abwägungssache ob man weitere Untersuchungen wie Bildgebung etc. macht.Hmm, okay. Ich kenne es anders, muss ich sagen. Die Ohrenschmerzen muss ich übrigens wohl überlesen haben... :-oopss

Hellequin
05.05.2008, 21:39
Also wegen der Missempfindungen habe ich nochmal mein dickes Neurobuch konsultiert. :-)) Das spricht auch von häufig.

Wer die aktuellen Leitlinien nochmal etwas ausführlicher als die in Evils Link haben möchte, hier (http://www.dgn.org/55.0.html) sind die Empfehlungen der DGN. :-top

Smibo
06.05.2008, 00:17
Habe jetzt den Arztbericht erhalten:

Als Diagnose auf dem Arztbericht stand einfach nur "Fazialisparese peripher ohne Entzündung"

Fachabteilung: Neurolog. Klinik

Danke an alle! Habe der Patientin empfohlen ggf. einen HNOler aufzusuchen

lala
06.05.2008, 19:27
Hallo,
also unspezifische Missempfindungen geben viele Patienten bei Facialisparesen an - warum auch immer (vielleicht "fühlt" es sich einfach merkwürdig an wenn das Gesicht schief steht....?). Wenn man ernsthaft glaubt es könnte noch ein weiterer Hirnnerv betroffen sein sollte man natürlich unbedingt eine Bildgebung machen - ansonsten würde man das aber nicht tun. Die periphere Facialispares ist klinische Diagnose, klar man macht i.d.R. die LP um z.B. eine andere Genese auszuschließen (Z.B. Borreliose), man kann aber auch ganz elegant vorher Neurphysiologie machen (Facialis-MEP, Blinkreflex etc.) und bei entsprechendem Befund auch ganz auf die LP verzichten - kommt eh praktisch nie was bei raus!
Standardtherapie ist immer noch Cortison obwohl es natürlich auch ohne geht (je nach Dauer der Parese ohnehin egal), früher gab man zusätzlich oft Virustatika (v.a. um mögliche HSV-Viren zu erledigen) - darauf wird aber inzwischen eigentlich überall verzichtet....wichtiger: Gesichtsgymnastik und Auge schön feucht halten :-)
@Smibo:
Ich denke Rücken-und Kopfschmerzen sind davon unabhängig zu betrachten - oft suchen Patienten einen Kausalzusammenhang (wieviele haben schon erklärt sie hätten "Zug" gekriegt und seitdem steht der Mundwinkel schief...).
Das halbseitige "Taubheitsgefühl der Zunge ist vlt die Geschmacksstörung die nicht richtig lokalisiert wird, die retroarikulären Schmerzen gehören oft dazu...fehlen noch evt. Hyperakusis und Tränensekretionsstörung...
Und der HNOler wird i.d.R. hier keine große Hilfe leisten können!
LG,
lala - hoffentlich bald endlich so "richtig" Neurologin ;-)

Moorhühnchen
06.05.2008, 21:30
Soweit ich das mitbekommen habe, wird bei "uns" standardmäßig ein CT gemacht... wie ist das bei euch?