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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Oberarzt-Anwesenheit



Relaxometrie
08.05.2008, 22:58
Noch arbeite ich auf der Station für Opiatabhängige in einer psychiatrisch-neurologischen Klinik. Über den Sinn bzw. eher Unsinn der Bemühungen des Opiatentzug könnte man mal in einem anderen Thread diskutieren, jetzt geht es aber mir erstmal um ein anderes Thema:

Der Oberarzt der Station kommt einmal pro Woche, nämlich zur "Oberarztvisite", für die er aber auch nur wenig Zeit mitbringt. Wir haben 16 Patienten auf der Station, davon visitiert der Oberarzt ungefähr die Hälfte bis zwei Drittel.
An den restlichen Tagen lässt er sich nie blicken und ich bin an vielen Tagen ärztlicherseits alleine auf der Station.
Einerseits gestalten sich die Opiatentzüge immer ähnlich, und die Patientenversorgung ist rein somatisch-medizinisch gesehen nicht so kompliziert.
Trotzdem ergeben sich für mich, als noch nicht allzu lange in der Psychiatrie arbeitendes Wesen, einige Fragen, die ich nicht immer alleine klären will. Auch wenn ich die Station, zusammen mit Hilfe des sehr erfahrenen Pflegepersonals, schmeißen könnte, finde ich, daß der Oberarzt einen Teil zu meiner Ausbildung beitragen müsste.
Wieviel Kontakt habt Ihr zu Euren Oberärzten? Wieviel lernt Ihr von ihnen?
Ein weiterer Aspekt der Angelegenheit: hat nicht jeder Patient im Krankenhaus das Recht darauf, innerhalb von 24 Stunden von einem Facharzt gesehen zu werden?

Thomas24
09.05.2008, 00:02
Noch arbeite ich auf der Station für Opiatabhängige in einer psychiatrisch-neurologischen Klinik. Über den Sinn bzw. eher Unsinn der Bemühungen des Opiatentzug könnte man mal in einem anderen Thread diskutieren, jetzt geht es aber mir erstmal um ein anderes Thema:

Der Oberarzt der Station kommt einmal pro Woche, nämlich zur "Oberarztvisite", für die er aber auch nur wenig Zeit mitbringt. Wir haben 16 Patienten auf der Station, davon visitiert der Oberarzt ungefähr die Hälfte bis zwei Drittel.
An den restlichen Tagen lässt er sich nie blicken und ich bin an vielen Tagen ärztlicherseits alleine auf der Station.
Einerseits gestalten sich die Opiatentzüge immer ähnlich, und die Patientenversorgung ist rein somatisch-medizinisch gesehen nicht so kompliziert.
Trotzdem ergeben sich für mich, als noch nicht allzu lange in der Psychiatrie arbeitendes Wesen, einige Fragen, die ich nicht immer alleine klären will. Auch wenn ich die Station, zusammen mit Hilfe des sehr erfahrenen Pflegepersonals, schmeißen könnte, finde ich, daß der Oberarzt einen Teil zu meiner Ausbildung beitragen müsste.
Wieviel Kontakt habt Ihr zu Euren Oberärzten? Wieviel lernt Ihr von ihnen?
Ein weiterer Aspekt der Angelegenheit: hat nicht jeder Patient im Krankenhaus das Recht darauf, innerhalb von 24 Stunden von einem Facharzt gesehen zu werden?

Ich sehe meine Oberärzte andauernd, aber das ist auch den Besonderheiten des Fachs geschuldet, wo es oft auf subtile Veränderungen und Nuancen ankommt, die dem Anfänger manchmal nicht so offensichtlich ins Auge springen (haha, was für ein Wortspiel) :-D

Nein, mal im Ernst- bei uns geht im regulären Betrieb kein Patient aus der Klinik, der nicht mindestens Fach- bis oberärztlich gesehen worden ist. Es sei, denn er/ Sie hat keine Lust mehr zu warten (was ein anderes Thema ist).

Ob ein Patient einen rechtlichen Anspruch darauf hat einen FA innerhalb von 24 Stunden zu sehen, würde ich einmal bezweifeln. Es gibt einen sogenannten "Facharztstandard". Das bedeutet aber nicht, dass der Patient von einem Facharzt untersucht oder behandelt wird (wie denn auch bei der derzeitigen Abwanderung aus der Medizin bzw. aus Deutschland?), sondern das der behandelnde (Nicht FA) Arzt mit derselben Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vorgeht, die man von einem FA erwarten würde.

Das du so lange alleine gelassen wirst, fände ich an deiner Stelle auch nicht besonders befriedigend :-???

Kackbratze
09.05.2008, 05:33
Mein OA zeigt sich vielleicht 1-2x pro Woche auf Station und macht selten OA-Visite (der Chef geht schon 2x pro Woche die gesamte Station durch).
Wenn ich Fragen hab, kann ich ihn jederzeit anpiepen und bekommen eine Antwort auf meine Frage. Im Zweifelsfall kommt er dann auch auf Station und begutachtet den Pat.

Im Endeffekt bin ich mit der Lösung sehr zufrieden, dadurch kann man selbstständig arbeiten und hat doch immer jemanden im Hintergrund, der einem weiterholft, wenn etwas nicht klappt ode man Fragen hat.

Nur weil ein OA 2x WOche die Station durchgeht, heisst das nicht, dass man einen Lerneffekt davon hat...

Frau Betty Land
09.05.2008, 06:02
Wie man so hört, soll das in Psychiatrien nicht ungewöhnlich sein.......ist meist Faulheit und /oder Unfähigkeit von sogenannten Fachärzten geschuldet. Interessiert sie einfach nicht mehr.

Kenne ein Beispiel, wo ein OA, der offenkundig nicht nur fachlich schwer in der Psychiatrie (!!) überfordert ist, am meisten Stationen von allen (3) führt, um ständig die Ausrede parat zu haben, wegen der "Überlastung" seinen Aufgaben nicht oder nicht adäquat nachgehen zu können. Hat aber auch die faulsten und fachlich schwächsten FÄ im Haus....

Ausbildung: Zuständig ist eigentlich der Chefarzt, hier also schriftlich bei ihm reklamieren.

"Facharztstandard": Dieser ist weniger wichtig als die Aufsichtspflicht des Facharztes (OA) in seiner Organisationseinheit. Wenn der also meint, er müsse nicht, ist es sein Problem, wenn etwas passiert, da er sich nicht regelmäßig vom Funktionieren des Medizinischen bei einem Assi (Nicht-FA) "überzeugt" hat.

Kenne Psychiatrien, wo auch im Suchtbereich JEDE Neuaufnahme noch am Aufnahmetag vom FA (OA) gesehen werden muß und in der Regel auch 1x/Woche so visitiert wird. In der Regel, nicht bei Problemfällen etc..

Lösung des Problems: Versetzung an andere Station/Gespräch mit CA unter Androhung der Kündigung, daß es SO nicht weitergehen kann.

Oder aber:Ständig und penetrant Anrufe bzw. Emails beim OA, daß man dies und jenes nicht könne, nicht verstehe usw. beim OA. Keine offenen Fragen, sondern IMMER nur mit der Alternative Ja/Nein.

Falls dieser nicht reagiert, dokumentieren. Dann ist man schon mal rechtlich abgesichert.
Dann betreibt der OA entweder selber die Versetzung des "unfähigen" Assis oder er kann nicht anders, als zu kommen.

Meist ändert sich aber wohl nichts - also: Rechtzeitig nach Alternativen umsehen (der OA dürfte schon seinen Ruf weghaben).



:-dance

Relaxometrie
09.05.2008, 13:34
Kenne Psychiatrien, wo auch im Suchtbereich JEDE Neuaufnahme noch am Aufnahmetag vom FA (OA) gesehen werden muß und in der Regel auch 1x/Woche so visitiert wird.
Auf der Station, auf der ich die ersten 4 Monate meiner Berufstätigkeit verbracht habe, nämlich der geschlossenen Aufnahmestation der Suchtabteilung, hat der Oberarzt sich tatsächlich jeden Patienten sehr bald angesehen, meist am Tag der Aufnahme.
Ich weiß aber nicht, ob er es getan hat, weil es eigentlich so sein muß, oder weil er insgesamt ein wenig zwnaghaft ist.
Auf jeden Fall konnte ich diesem Oberarzt immer sehr leicht Fragen stellen, weil es oft auf Station anwesend war, und auch auskunftsfreudig ist. Er hat einen auch immer wieder mit fachlichen Informationen in Papierform versorgt.

Mein jetziger Oberarzt ist zwar freundlich, scheint aber an der Stationsarbeit und an der Assistentenausbildung sehr wenig Interesse zu haben. Das einzige, was er mal gesagt hat, ist, daß er in der Assistentenausbildung eine andere Schiene fährt, als der andere Oberarzt. Naja, klingt ja erstmal ok. Aber diese andere Schiene ist bisher identisch mit: "ich mache gar nichts" :-((
Oh..ich darf nicht vergessen: er hat mir ein angeblich seeeehr gutes Lehrbuch empfohlen. Nur leider gibt es das nicht mehr im Buchhandel, und mitgebracht (wie angekündigt) hat der OA es auch noch nicht.

Der Chef lässt sich übrigens nie blicken. Auf meiner ersten Station habe ich ihn in 4 Monaten 2x gesehen: einmal hat er einen Privatpatienten besucht und einmal hat er tatsächlich eine Chefvisite für alle Patienten abgehalten.
In meiner derzeitigen Wirkungsstätte war der Chef bisher (seit 2 Monaten) noch nie.
Die Ausbildungsleistung des Chefs ist also NULL :-keks

Frau Betty Land
09.05.2008, 14:18
Naja, dann ist die Konsequenz wohl klar - Dein jetziger OA ist ein Hochstapler, der ein Uralt-Lehrbuch empfiehlt, von dem er selber keine Ahnung haben dürfte. Ein Blender. Klassisch Psychiatrie eben.

Und wenn Dein Chef nicht an WB interessiert ist - weg da ! In der Psychiatrie gibt es genügend Möglichkeiten, sich bessere Stellen aufzutun. :-top

Relaxometrie
12.05.2008, 09:22
Und wenn Dein Chef nicht an WB interessiert ist - weg da ! In der Psychiatrie gibt es genügend Möglichkeiten, sich bessere Stellen aufzutun. :-top
Ich bin auf der Suche :-)
Es muß bei mir nicht unbedingt die Psychiatrie sein, es gibt genug andere Fächer, die mich interessieren.
Ob ich allerdings evtl. doch den FA für Psychiatrie mache, möchte ich nicht anhand der Erfahrungen in der Suchtmedizin festmachen, sondern noch die Allgemeinpsychiatrie testen.

Persephone
12.05.2008, 20:04
Wir haben auch nen sog. Facharztstandard, und so muß jeder Patient innerhalb von 24h von einem FA gesehen werden und die Anordnungen kontrolliert werden. Damit wenigstens die Richtung stimmt ;-) . Bin aber auch auf der Inneren. 1x pro Woche OA- und 1x pro Woche CA-Visite. Ist beides recht gut und meinen OA darf ich nerven wann immer ich will. Wenns grad ungünstig ist, dann ruf ich später halt wieder an. Auch die anderen OÄ sind immer ansprechbar und auskunftsbereit. Also ist der Lerneffekt von denen rel. hoch und ich vollauf zufrieden (was den Teil angeht) :-top

dreamchaser
13.05.2008, 20:03
Bin seit 4,5 Monaten in der Inneren, bei uns kommt der OA jeden Tag auf Station, um mindestens die kritischen Fäle durchzusprechen, meist aber, um alle Patienten anhand der Kurve durchzusprechen. OA-Visite findet einigermassen regelmäßig wöchentlich statt, nur eben nicht immer ausführlich. Chef kommt unregelmäßiger, aber auch relativ oft.
Ich finde es nur gut, dass unser OA kommt. Die Indikation zum Herzkatheter zu stellen liegt eben nicht (nur) bei mir, gerade bei atypischen Beschwerden.

Clara
14.05.2008, 20:26
Arbeite seit knapp 9 Monaten in der Psychiatrie, vorher PJ Wahlfach Psychiatrie an einem anderen Haus ,ich wollte nie was anderes machen und bin auch jetzt mit fast allem rundherum zufrieden. Ich sehe meine Oberärztin täglich, wenn es mal nicht klappt telefonieren wir und klären, ob es etwas Wichtiges gibt. Sie lässt mir viel Entscheidungsfreiheit und fördert ganz bewusst eigenständiges Handeln und Denken. Der Chef kommt einmal im Monat zur Visite, abgesehen davon dass er noch ziemlich jung und etwas unerfahren ist, fördert er all jene die was können und bereit sind, dafür auch etwas zu tun. Das heisst regelmäßige interne und externe Fortbildungen, wir fahren abwechselnd auf Kongresse etc. Sind ein kleines Haus, akademisches Lehrkrankenhaus mit sehr lockerem Team und durchweg freundlichen und hilfsbereiten Oberärzten und Assistenten. Ich habe im PJ entsetzlich ignorante Internisten und Chirurgen kennengelernt, Oberärzte erlebt die nie da waren und die wenige Male die sie es waren, mit unangemessener Kritik aufwarteten, Stoffgruppen von Medikamenten verwechselten und auf ihrer Meinung beharrten etc. und gleichzeitig unfähig waren andere Fachgebiete anzuerkennen, da ja keiner je so schwer gearbeitet hatte wie sie selbst... Die Menschen richten sich irgendwann alle in ihren Situationen ein, wie sehr dabei Interesse und Engagement nachlassen hängt vom individuellen Anspruch ab und weniger von der Fachrichtung die man gewählt hat.

apple
14.05.2008, 20:42
Bin jetzt auf der 3. Station in der Psychiatrie, überall war es so, dass der OA sich die Neuaufnahmen noch am gleichen Tag angeschaut hat und das Procedere festgelegt wurde. Auf der Akutstation war der OA auch zwischendrin öfters da und hat mit schwierigen Patienten bzw. auch Angehörigen geredet. OA-Visite überall 1 Mal/ Woche und CA-Visite ca. 1 Mal/ Monat, da CA 7 Stationen hat und die Patienten ja eh meist etwas länger da sind. Auf meiner aktuellen Station hat meine OÄ eine Art Zwischenstellung zwischen Assi und OA, sie ist OÄ, ist aber immer auf Station und teilt sich mit mir die Patienten, Fragen stellen jederzeit möglich :-top Es gibt jedoch auch OÄ, die noch viel mit Forschung, Lehre u.a. zu tun haben, solange sie sich die neuen Patienten anschaun und erreichbar sind bei Fragen, find ich das aber auch o.k. Hab es bisher zum Glück auch noch nicht anders erlebt.