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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medizinische Hilfe im Flugzeug/Schiff/Zug etc.



-schnitzel-
26.05.2008, 18:12
Morgen!

Erstmal ein herzliches Servus eines Forenneulings aus München.
Sehr schönes Forum, hält auch für nicht-Mediziner wie mich eine Menge guter Antworten bereit! Weiter so! :-party

Nun zu meiner Eigentlichen Frage:

Habt ihr als Medizinstudenten oder Ärzte schonmal an Bord eines Flugzeuges, Schiffes, Zuges o.Ä ärztlich Hilfe/ Soforthilfe leisten müssen, und wie ist das abgelaufen, bzw. was war die Erkrankung des Patienten und evtl. der Ablauf eurer Erstmaßnahmen?

Danke im Vorraus!

Lorenz

Tombow
28.05.2008, 11:48
Habt ihr als Medizinstudenten oder Ärzte schonmal an Bord eines Flugzeuges, Schiffes, Zuges o.Ä ärztlich Hilfe/ Soforthilfe leisten müssen
Mit Vorsicht zu genießen. Mir zum Glück nie passiert. Die Rechtslage bzgl. Verpflichtung zur Hilfeleistung und Haftbarkeit ist besonders bei Flügen alles andere als klar. Wie es aussieht gilt bei Flugzeugen (obwohl sie bei Landungen auf ausländischen Flughäfen Exterritorialität genießen) die Rechtsprechung des jeweiligen Landes, dessen Luftraum überflogen wird. Über Deutschland wäre es klar, über US-Luftraum auch (Good Samaritan Law), aber in anderen Ländern könnte man sich sogar unter Umständen mit sowas strafbar machen.

Bei Schiffen dürfte wohl die Rechtsprechung des jeweiligen Landes gelten, unter dessen Flagge der Schiff registriert ist (und das ist beiweitem nicht das Land des Heimathafens und des Besitzers, sondern Liberia, Panama, Belize oder sonstige noch exotischere Länder). Ganz anders sieht es mit Hilfeleistungen zu anderen Schiffen oder Schiffsbrüchigen, hier gelten entweder die Gesetze des jeweiligen Landes (in Territorialgewässern) oder internationales Seerecht (in Neutralgewässern). Da müßte man schon da nachschlagen, wie es mit der Verpflichtung zur Hilfeleistung und Haftbarkeit aussieht.

Auch wenn der gesunde Menschenverstand eine Hilfeleistung befehlen würde, die Rechtsprechung kann davon um Welten abweichen.

tonexxx
28.05.2008, 17:36
Auch wenn der gesunde Menschenverstand eine Hilfeleistung befehlen würde, die Rechtsprechung kann davon um Welten abweichen.

Hä, checke ich jetzt grad gar nicht. Mir persönlich ist kein Gesetz irgendwo auf der Welt bekannt, dass Hilfeleistung per se unter Strafe stellt.

Gefährlich kann nur die Art und Weise der Hilfeleistung sein, wenn z. B. der Medizinstudent seine Kompetenz überschreitet und Medikamente verabreicht oder aber Kosten durch eine Zwischenlandung entstehen.

Moorhühnchen
29.05.2008, 19:40
Ich war schon zweimal in einer solchen Situation.

Einmal auf dem Heimweg von der Uni im Zug kam die Durchsage "Wenn sich ein Arzt oder medizinisch geschultes Personal an Bord befindet, bitte in den ersten Wagen kommen..."
War nach einem guten Tag hochmotiviert und bin hin, war aber unspektakulär: der Lokführer hatte einfach zu wenig getrunken und in seinem Glaskabuff war's ziemlich heiß, da hat er schlappgemacht. Er saß also im ersten Wagen, jemand hielt schon die Beine hoch, von dem ich nicht wußte, was er für 'ne Funktion hat - ich wollte mich vor einem eventuellen erfahrenen "Kollegen" nicht blamieren und hielt mich dezent zurück, fühlte mal den Puls (tachykard, wer hätt's gedacht) und bleib einfach in der Nähe bis der RTW kam.......

Dann beim Heimflug vom Sommerurlaub, ähnliche Durchsage. Ich war mit einer Kommilitonin unterwegs und wir flogen gerade durchs Dunkel der Nacht, waren schon halb eingepennt - plötzlich schauten wir uns hellwach an..... und warteten erstmal ein paar Sekunden, ob sich was tut - wir hatten Glück und es kam ein nach "Kardiologe" aussehender älterer Herr durch die Reihen mit einem Köfferchen in der Hand. Da keine weitere Durchsage mehr kam, versuchten wir weiterzupennen. Später hatten wir noch die Idee, den "Helfer" am Flughafen zu fragen, welche Fachrichtung er macht - ich hätte "Kardio" getippt, meine Freundin "Gyn"... wir werden es nie erfahren. :-oopss

Im Zug denke ich, würd ich immer wieder hingehen. Aber im Flugzeug, das war eine echt blöde Situation und wir waren beide seeeehr froh, daß jemand anderes da war!!!

Die Niere
05.06.2008, 15:48
Hab es schon zweimal im Flugzeug erlebt, aber das war niemals ein wirklich grosses Problem. Anders sah es da bereits bei einem Freund von mir aus, der ganz klar vom Personal nach einer Entscheidung Zwischenlandung Ja oder Nein gedrängt wurde. Es hätte gut nen MI sein können, der es schlussendlich nicht war, zwischengelandet sind sie trotzdem. Es gab keine Probleme...aber auch kein Dankeschön der Fluggesellschaft (kenene auch jemanden, der 4 Freiflüge erhalten hat).

Aber ich wäre auch vorsichtig beim Hilfeleisten auch wenn mich mein Verantwortungsbewusstsein wohl eher zum Hingehen zwingen würde.

gruesse, die niere

Lava
05.06.2008, 16:27
Aber ich wäre auch vorsichtig beim Hilfeleisten auch wenn mich mein Verantwortungsbewusstsein wohl eher zum Hingehen zwingen würde.


Hm, aber es ist ja ein bisschen die Frage, ob man nicht was tun MUSS? Wenn die rausfinden, dass du Arzt bist.... ist man dann nicht noch viel ärmer dran?

Evil
05.06.2008, 19:53
Wer soll das während des Fluges rauskriegen? Und danach, warum soll im Nachhinein sich wer die Mühe machen?

Aber es kommt natürlich blöd, wenn man vor der hübschen Dunkelhaarigen auf dem Nebensitz mit seinem coolen Arztstatus angibt, im entscheidenden Moment dann jedoch auf einmal ganz leise ist :-))

Die Niere
06.06.2008, 13:55
Man muss mir erstmal beweisen, dass ich nicht geschlafen habe ;-)

Aber wahrscheinlich ist das schlechte Gewissen dann doch grösser...

gruesse, die niere

Rugger
06.06.2008, 19:40
Ich verstehe nicht, warum so viele Ärzte ganz offensichtlich ein Problem damit haben im akuten Notfall erste (ärztliche) Hilfe zu leisten. Notfallmedizin ist eigentlich nicht schwer, studiert haben wir alle und wenn man dennoch unsicher ist, sollte man sich vielleicht wenigstens mit ein paar Basisleitlinien auseinandersetzen.
Denn: in eine Notfallsituation kann man auch in der Klinik immer kommen und wenn sich dann leise verkrümmelt (und dabei beobachtet wird) oder nicht weiß, was zu tun ist, dann sieht es richtig blöd aus.

R.

Evil
06.06.2008, 21:18
Notfallmedizin ist eigentlich nicht schwer.Da spricht der erfahrene Notfallmediziner ;-)
Ernsthaft, es ging hier allein um haftungsrechtliche Probleme, und da weiß ich z.B. halt nicht, wie das in diversen exotischen Ländern ausschaut.

GOMER
07.06.2008, 13:10
Zum Thema Flugzeug:
Die Lufthansa ermutigt an Bord befindliche Ärzte ausdrücklich sich im Notfall zu melden, bzw. sich bereits vorher zu registrieren, damit im Falle eines Falles das Personal aktiv auf einen zugehen kann. Die Lufthansa übernimmt die Haftung für die ärztlichen Maßnahmen an Bord. Hintergrund dürfte sein, daß man, für den Fall, daß sich kein med. Personal an Bord befindet eine Zwischenlandung in Kauf nimmt (die sich evtl. später als nicht erfoderlich heruasstellen könnte), welche erhebliche Kosten für die Fluggesellschaft bedeutet.

http://www.lufthansa.com/online/portal/lh/de/info_and_services/partner?nodeid=1907333&l=de&cid=18002

spazz
07.06.2008, 14:01
Mein Thema!
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Menschen nur dann kollabieren, akute Brustschmerzen bekommen oder sich meilenweit in die Hand scheiden, wenn ICH an Bord bin - ich liebe Zugfahren!
Ist mir schon mehrfach passiert, in der Regionalbahn wie im ICE. Meistens saß ich irgendwie in der Nähe. Die Frage, ob ich handle oder nicht, stellt sich für mich da gar nicht. Ich bin Kinderkrankenschwester (und Erstsemester, hihi...), zur Hilfeleistung verpflichtet (BGB § 323c) und außerdem schaltet sich bei mir auch sofort der Notfall-Autopilot ein. Die Abläufe, die man gelernt hat, laufen dann einfach.
Das Gute an den Langstrecken: meistens sind Ärzte auf dem Weg zum Kongress im ICE, da kommt dann schnell ein interdisziplinäres Team in Wagen 32 zustande... ;)

Dass ich über oder in fremdem Hoheitsgebiet aufpassen muss, war mir jetzt ehrlich gesagt gar nicht klar. Heißt das, die Fluggesellschft kann einen verklagen, wenn man eine Zwischenlandung entschieden hat und es dann gar nicht erforderlich war? Oder meint ihr, dass der Patient oder die Angehörigen einen verklagen, wenn man beim Reanimieren ne Rippe gebrochen hat?

tonexxx
10.06.2008, 12:20
... zur Hilfeleistung verpflichtet (BGB § 323c)...

Dass ich über oder in fremdem Hoheitsgebiet aufpassen muss, war mir jetzt ehrlich gesagt gar nicht klar. Heißt das, die Fluggesellschft kann einen verklagen, wenn man eine Zwischenlandung entschieden hat und es dann gar nicht erforderlich war? Oder meint ihr, dass der Patient oder die Angehörigen einen verklagen, wenn man beim Reanimieren ne Rippe gebrochen hat?

Zum einen muss ich ganz kurz klugscheissen: der Paragraph stimmt, das Gesetzbuch nicht. Unterlassene Hilfeleistung ist ein Straftatbestand und findet sich also im Strafgesetzbuch (StGB).

Und man hört tatsächlich von Fluggesellschaften, die versuchen, sich die erheblichen Kosten einer Zwischenlandung wiederzuholen. M. E. sicherlich nicht, wenn durchaus gut eine ernste Erkrankung vorliegen
könnte, wie in Nieres Beispiel mit dem möglichen Myokardinfarkt. Aber möglicherweise, wenn man dem Flugkapitän weißmacht, dass die oberflächliche Schnittwunde am Arm auf dem Flug von Köln nicht bis zur planmäßigen Landung in Zürich warten kann.

jemand
10.06.2008, 14:40
So 'ne ähnliche Diskussion gab's hier schonmal... (http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/showthread.php?t=35505&page=1&pp=5)

spazz
10.06.2008, 23:42
Zum einen muss ich ganz kurz klugscheissen: der Paragraph stimmt, das Gesetzbuch nicht. Unterlassene Hilfeleistung ist ein Straftatbestand und findet sich also im Strafgesetzbuch (StGB).

Jajajajaja! Stimmt, haste recht! Ist StGB.. (grummel). :-bee
Ich finde die Deutsche Bahn könnte mir mal nen Sandwich spendieren - gemütliche Standfahrten am Rhein sind zwar auch nett, aber leider etwas zeitintensiv...