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Stalagmit
10.06.2008, 15:53
Hallo,

ich bin Student im 6 Semester und tendiere, was das Interesse angeht, sehr stark in Richtung Psychiatrie. Zu meiner Überraschung (und Freude) habe ich zuletzt in einer Studie zum Thema Arbeitszeiten gelesen, dass diese in der Psychiatrie wohl im Vergleich zu anderen Disziplinen am angenehmsten sein sollen - was mich zusätzlich bekräftigt.
Nun habe ich schon einige Zeit hier im Forum vebracht und nach diesem Thema alles durchforstet - habe die Fragen, die mich interessiere, aber immer nur so halb oder nicht ausreichend intensiv beantwortet gefunden - deshalb dieser Thread.

Mich interessiert, wie ihr - Ärzte in der Psychiatrie (Assistenzarzt oder auch FA) - selbst eure Situation (oder die eines Kollegen, der Psychiater ist) einschätzt.. Habt ihr Spaß an eurer Arbeit? Wie ist das Klima? Vorallem aber: Wie sind die Arbeitszeiten? Bleibt genug Freizeit um ausgeglichen zu sein?
Ich muss dazu sagen, dass ich sicherlich kein Arzt werden will, der mit seinem Beruf verheiratet ist (es muss keine riesen Uni-Karriere sein ;)). Es gibt neben der Medizin einige andere Sachen, die mich auch sehr (vielleicht noch mehr) interessieren (aber leider muss man ja auch einen Arbeitsplatz finden ;)) und die ich Hobby-mäßig ausleben will. D.h. defacto: nicht immer erst nachts nach Hause kommen, nicht ständig an Wochenenden arbeiten.

Im Forum findet man ja zu meist irgendwie negative Sichtweisen.. ich muss sagen, dass ein paar Ärzte, die ich "real" fragen konnte, durchaus auch positives verlauten ließen (ausgefallene Hobbys wie Astrophysik, Paläontologie, etc.).

Ich bin für jede Antwort sehr dankbar!!
Vielen Dank!

MfG,
Stalagmit

jemand
10.06.2008, 16:14
Darf man das so verstehen, dass Du die nächsten 20,30 oder 40 Jahre die ruhige Kugel schieben möchtest?

Vielleicht wäre es angebracht sich bei so einer Entscheidung auch mit Inhalten auseinanderzusetzen?

Stalagmit
10.06.2008, 16:25
Ist also jeder, der ein wenig Freizeit haben will und auch andere Interessen hat, ein "Gammler", ja? Oder hast du nur das Wort "Interesse" in meinem Beitrag überlesen? Meiner Meinung nach muss man kein Burnout-Wrack sein, um ein guter Arzt zu sein - im Gegenteil. Aber bitte zurück zum Thema...

MfG,
Stalagmit

Clara
10.06.2008, 19:57
Erstmal@ " Jemand" : Nicht so hart sein, nicht jeder hat die gleichen Ansprüche und Vorstellungen. Gerade in der Medizin finden sich eine Unmenge an Narzissten, die alle in der Falle sitzen wenn es darum geht für besonders hart erbrachte Leistungen, besonders viel Beifall zu ernten ( zu wollen). Ich denke, leben und leben lassen.

Und jetzt @ Stalagmit : Ich arbeite in der Psychiatrie und habe eigentlich vordergründig nicht an die Arbeitszeiten gedacht, als ich mich für diese Fachrichtung entschieden habe. Die von " Jemand" so genannten Inhalte, waren mir persönlich sehr wichtig und haben dazu geführt, dass ich mich in vielerlei Hinsicht mit diesem Fach auseinandergesetzt habe. Die Arbeitszeiten hängen, denke ich, von der Größe des Hauses und den umliegenden Gegebenheiten ab. Ich habe selten wirklich viele Überstunden zu machen, dafür ist die Arbeit auf eine besondere Weise beanspruchend. Man darf sich da keine Illusionen machen : Wenn man ein guter Psychiater werden will ( meine Meinung) muss man nicht nur unendlich zuhören können, sondern es auch wollen. Es reicht nicht, mal eben den psychopathologischen Befund zu dokumentieren. Der ist, in sich genommen, sowieso schon eine Herausforderung wenn man es richtig machen will. Außerdem können die Dienste sehr anstrengend werden, unberechenbare Patienten und zusätzlich die ganze Sozialarbeit, sowieso die Auseinandersetzung mit Ämtern etc. machen den Alltag nicht immer einfach.

Um es konkret zu machen: ich arbeite durchschnittlich von 8 bis 5, habe 3-4 Dienste im Monat, einen jungen dynamischen Chef, der einen permanent auf Fortbildungen schickt und einen fördern möchte. Von den Diensten fällt mindestens einer aufs Wochenende, wir betreuen die KJPP dazu noch mit. Also Freizeit bleibt bei alledem noch, das Klima ist auch sehr angenehm und ich möchte tatsächlich nichts anderes mehr machen. Wenn Du die Psychotherapieausbildung machst, kannst Du noch mehr Zeit einplanen die dabei drauf geht, also solltest Du rechtzeitig damit anfangen.

Bei alledem : die Psychiatrie ist kein Ort für besonders ruhiges Arbeiten. Aber ich glaube, man kann sich dort durchaus verschiedene Interessen und Lebensbereiche vereinen. Abgesehen davon, sind einige der dort arbeitenden Ärzte tatsächlich totale Freaks, mich eingeschlossen :-)) Aber dazu machen ich jetzt keine Ausführungen mehr :-))

Stalagmit
10.06.2008, 20:14
Hallo Clara,

vielen Dank für deine Antwort - klingt doch sehr angenehm das Ganze :)

Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Mich interessiert die Psychiatrie nicht primär wegen der Arbeitszeiten, sondern aus fachlicher Sicht (und das schon seit langem). Dass die Zeiten hier erträglicher sein sollen (weiß ich erst seit kurzem) als in vielen anderen Bereichen ist, wie ich schon geschrieben habe, nur eine weitere schöne Bestätigung, dass ich meinem Interesse in diesem Fall nachgehen sollte.
Dass neben der Arbeit Freizeit absolut wichtig ist und zur Ausgeglichenheit notwendig ist, muss ich einer Psychiaterin ja nicht erzählen ;) Mir ist der Punkt nunmal auch sehr wichtig. Man sagt zwar immer, die Zeit der Universalgelehrten sei vorbei - aber hey - wäre doch super, wenn man zumindest ein bisschen weiter gefächerte Interessen auch ausleben kann und nicht nur mit dem Job und der Lebenserhaltung beschäftigt ist ;)

Vielen Dank!!

MfG,
Stalagmit

lala
10.06.2008, 20:50
Hallo Stalagmit,
ich finde deine Einstellung völlig ok. So schön der Arztberuf sein kann - es muss auch ein Leben daneben geben und da sind Freizeit und Familie enorm wichtig!
Ich selber habe einige Jahre Erfahrung in Neurologie und Psychiatrie. Verglichen zur (Akut-)Neuro ist selbst die Akutpsychiatrie (geschlossen allgemein) arbeistzeittechnisch ruhiger ;-)
Wie immer kommt es auf Haus (klein, Uni, Reha), Team und persönlcihe Einstellung an was man draus macht. Vermutlich kann man auch in anderen Fächern Glück haben und regelmäßige Arbeitszeiten haben - in der Psychiatrie stehen die Bedingungen aber m.E. insgesamt sehr günstig hierfür. Und das kann ich nach 2 Kliniken (einmal großes Landeskrankenhaus-geschlossene Aufnahme und einmal Uniklinik) glaube ich doch ganz gut einschätzen ;-)
Psychotherapie "nebenbei" kostet natürlich zusätzlich Zeit-je nach Haus aber vlt auch teilweise während der Arbeitszeit möglich! Aber sicher auch auf Kosten der Freizeit (WE).
Ich jedenfalls sehe das inzwischen ganz ähnlich wie Du - ich mag meinen Beruf,habe ganz gerne auch mal Action auf der Notaufnahme gehabt, inzwischen weiß ich aber die geregelten Arbeitszeiten der Psychiarie sehr zu schätzen
:-party
Probiers aus und famulier ein bißchen in der Psychiatrie,
LG,
lala

Stalagmit
10.06.2008, 21:10
Hey lala,

die Famulatur in der Psychiatrie ist schon fest eingeplant für die nächsten Semesterferien :)

Vielen Dank auch für deine Auskünfte!!

MfG,
Stalagmit

Clara
10.06.2008, 21:36
Na dann, viel Spaß! :-)

Lg, Clara

rogerM
11.06.2008, 16:19
ich habe mich auch für das fach psychiatrie entschieden, aus mehreren gründen. thema freizeit steht bei mir auch ganz oben und im direkten pj vergleich kann ich sagen, dass es mit abstand am besten abschneidet. ausserdem ist die psychiatrie fachlich ein überschaubares fach und lässt dennoch die möglichkeit zur subspezialisierung offen, wie zb suchterkrankungen. dazu kommt, dass durch die langen liegezeiten eine intensive arzt-patienten-beziehung entsteht, die so in anderen fächern nicht da war.

grüsse roger

Stalagmit
11.06.2008, 21:19
Vielen Dank auch für deine Auskünfte, roger! :-top

Stalagmit
29.06.2008, 17:20
Ho,

ist zwar schon ein wenig her mit dem letzten Beitrag zu den Arbeitszeiten der Psychiatrie - aber wollte mal euch (lala und roger) mal fragen, wieviele Dienste ihr so pro Monat habt und wie oft ihr freie Wochenenden habt.

@lala: Scheinst ja durchaus mit den Arbeitszeiten sehr zufrieden zu sein :) - ich dachte Unikliniken und große Landeskliniken wären Arbeitszeitmäßig am anstrengendsten.

Meine Berwerbung zur Famulatur ist raus... wenn alles klappt werde ich in den Ferien in einer regionalen Klinik hier arbeiten :)

MfG u vielen Dank,
Stalagmit

Gelbes Monster
30.06.2008, 07:33
Hallo,

Mich interessiert, wie ihr - Ärzte in der Psychiatrie (Assistenzarzt oder auch FA) - selbst eure Situation (oder die eines Kollegen, der Psychiater ist) einschätzt.. Habt ihr Spaß an eurer Arbeit?
Also, ich bin jetzt im dritten WB-Jahr und seit dem Examen in zwei Kliniken beschäftigt. Erste war ein großes psychiatrisches Landeskrankenhaus, zweite und aktuelle ist eine der größten Kliniken bundesweit mit einer abteilung für Psychiatrie. Stationen bisher: Geschlossene Akutstation, Gerontopsychiatrie, allgemeinpsych. Tagesklinik und jetzt wieder gschlossene Akutstation. Ja, Spaß macht alles irgendwo...


Wie ist das Klima? Vorallem aber: Wie sind die Arbeitszeiten? Bleibt genug Freizeit um ausgeglichen zu sein?
Vielen Dank!

MfG,
Stalagmit

Klima in der ersten Klinik war sehr angenehm und kollegial bei (zu) wenigen Assistenten. Insbesondere sehr gutes Verhältnis zu den OÄ. In der neuen Klinik finden sich eine Masse von Assistenzärzten, teilweise in der Ausbildung zur Psychiatrie, großteils aber auch Neuros, die ihr psychiatrisches Jahr in der Abteilung machen. Klima hier eher kühl, distanziert, insbesondere zu OÄ.
Arbeitszeiten stark wechselnd, insgesamt entspannt, am besten in der Tagesklinik (man kann praktisch immer um 16:30 gehen), Dienste in der ersten Klinik 3-6 (24h)/Monat, in der aktuellen 1-max.2 (12 oder 16h). Fazit: Verglichen mit anderen Fachrichtungen bleibt sicher noch am ehesten genug Freizeit, um ausgeglichen zu sein...
:-winky

Stalagmit
30.06.2008, 14:53
Vielen Dank auch für deine ausführliche Antwort :-top

Habe heute meine Zusage zur Famulatur bekommen - bald kann's also losgehen!

MfG,
Stalagmit

Ickekrinzzz
12.08.2008, 08:39
Hallo Stalagmit,

ich habe mit großem Interesse deinen Beitrag gelesen und auch die Antworten der Anderen. Seid ich mein Studium begonnen habe, interessiere ich mich für die Psychiatrie und auhc mein Wahltertial im PJ werde ich in der Psychiatrie machen, neben drei Famulaturen (unter anderem auch im Maßregelvollzug und auf den verschiedensten Stationen-akut, Depressionsstation, Gemischt Station, Geronto...) schreibe ich meine Doktorarbeit in der Psy und ich werde immer wieder bestätigt, dass es genau das ist was ich will. Auch wenn cih mit diesem Wunsch bei meinen Kommilitonen und auch in meinem privaten Umfeld immer wieder Verwunderung ernte.
Die Freizeit steht für mich nciht unbedingt im Vordergrund, es ist ein nettes Zubrot, würde ich mal sagen. Ich wollte schon immer Ärztin werden, ganz klassisch von Schwarzwaldklinik :-)) geprägt, weil ich den Menschen helfen wollte, viel über sie erfahren wollte und auch mit manchmal wenigen Worten helfen kann, dann habe ich das Pflegepraktikum in der Inneren gemacht und dachte- Mist, du hast ja kaum Patientenkontakt, du siehst die Patienten zur Aufnahme und zur Visite und wenn du Pech hast um den Totenschein auszustellen. Man hat kaum Zeit sich wirklich mit den Menschen auseinander zu setzen und ich bekam schon gleich im ersten Semester das Gefühl ich hätte das falsche angefangen zu studieren bis zum Psy Praktikum. Da konnte ich mal das als ärztliche Tätigkeit machen, was ihr immer gewünscht habe und ich fand es toll, manchmal mit wenigen Worten oder gezielten Fragen, den Menschen helfen zu können. Natürlich gab es auch Situationen mit unberechenbaren Patienten, die so einfach nicht zu händeln waren, aber es war schön zu sehen, dass wenn man sich um die Patienten bemühte, wie sie zunehmend aus der Depression kamen oder ihre Psychosen ablegten...
Ich glaube man muss um als Psychiater nicht selbst sein eigener Patient zu werden auch eine gehörige Portion Humor haben und man muss bedingungslos tolerant sein (besonders in der Maßregel) man muss bereit sein, alle Facetten des Menschseins zu akzeptieren und nciht zu verurteilen, denn nirgendwo sonst werden dir diese geboten wie in der Psychiatrie.
Und man muss Allrounder sein, wie unser Prof. immer zu sagen pflegte, du musst aus allen Gebiten der Medizin was wissen und auch ein großes Allgemeinwissen haben und wissen was aktuell vorgeht. Universalgelehrter ist vielleicht ein wenig hoch gegriffen, aber nahe dran :-)
Hat denn deine Famu schon begonnen, wie ist es denn?

LG

Antracis
13.08.2008, 15:12
Also, ich hab mich auch nach 2 Famulaturen und PJ in der Psychiatrie für das Fach entschieden. Und es stimmt sicher, dass man gute Chancen hat, eine Stelle mit akzeptablen Arbeitszeiten und wenig Diensten zu finden. Sicher bessere, als in den meisten operativen Fächern, Ausnahmen bestätigen die Regel.

Letztlich muß das Fach aber einfach zu einem passen, denke ich. Radiologen schauen vor allem Bilder an, Chirurgen stehen am Tisch und Psychiater quatschen den ganzen Tag. Soweit vereinfacht, aber letztlich trift es den Kern. Basis der psychiatrischen Arbeit ist das Gespräch, sowohl mit Patienten, wie auch untereinander im Team. Das sollte man also gerne machen und es sollte einem liegen. Geborene Einzelkämpfer haben da Probleme.
Weiterhin erachte ich Empathie einfach für eine fundamentale Voraussetzung. Jeder Psychiater ist mal von einem Patienten genervt, aber prinzipiell muß einfach die Bereitschaft da sein, sich in den Leidensdruck des Patienten einzufühlen und Ihn zu verstehen, wie schwer das auch ab und zu sein mag. Im Chirurgietertial waren mir eigentlich die "psychiatrischen" Patienten, zu denen nie einer ins Zimmer wollte, die liebsten. Manchmal wunderten sich auch einige, das ich da ganz gut mit denen klar kam...aber man muß sich dann vielleicht doch mehr, als 30 Sekunden Zeit nehmen...:-angel (O.K., auf der Chirurgi gelten andere Gesetze zwecks anderer Aufgaben, dennoch...)

Und dann ist es halt auch einfach eine persönliche Empfindung: Zu sehen, wie hinter der "Fassade" einer schweren Depression oder einer Psychose langsam wieder die eigentliche Persönlichkeit hervortritt, fand ich bisher immer viel faszinierender, als beispielsweise eine Aortenaneurysma-OP oder ein Patient mir gut eingestelltem Bluthochdruck. Und ich kann mir halt auch vorstellen, dass ich in 20 Jahren immer noch mal einen interessanten Psychotiker kennenlerne, während bei Diabetikern mein Bedarf gedeckt ist.
Ein leidenschaftlicher Endokrinologe wird das natürlich anders sehen. :-))
Aber das ist ja das schöne, dass die Medizin so vielseitig ist.
Allerdings finde ich das auch schön: Psychiatrie ist halt doch auch ein interdisziplinäres Fach. Man kann sich an vielen Punkten in anderen Fächern zumindest Grundlagen schaffen - und dies ganz entspannt tun, weil viele Kollegen eh auf einen herabschauen und schon erstaunt sind, wenn man weiß, was ein Bluthochdruck ist... :-D

Gruß
Anti

Frau Betty Land
13.08.2008, 15:43
Das Problem in der Psychiatrie scheint nur zu sein:

* Zunehmender Ärztemangel (wie überall) - das es sich aber bei den wenigsten um ein wirkliches "Traumfach" handelt, scheint der Ärztemangel sich da (auch in Bayern oder Ba-Wü) um einiges rasanter als in der Somatik zu entwickeln.
Fallzahlen nehmen zu, Behandlungsdauern ab. Immer mehr (im engeren Sinn) nicht-psychiatrische Fälle zur Versorgung (z.B. Unterkunft für einen Streithansel während Ehekrise etc.....).
Hoher Ärztedurchlauf, vielfach noch Oberärzte "Alter Schule".

* Vielfach Schutzhaftfunktion (kein Scherz !) für die Polizei (sogenannte "Unterbringung"), damit sie unbürokratisch (für sie) unangenehme Zeitgenossen kurzfristig aus dem Verkehr ziehen kann, ohne sie formal verhaften zu müssen. Polizei hat ja bekanntlich auch immer weniger Personal........Und man belegt wieder ein Bett....

* Zunehmender Personalabbau in der Fachpflege, was die wenigen Ärzte umso mehr belastet

* Immer mehr Bürokratie (Dokumentation bis zum Umfallen...), auch, weil deutl. mehr geklagt wird als früher. Natürlich keine Entlastung durch Doku-Assis in den meisten Kliniken.

* Fachärzte werden aus Spargründen in vielen Kliniken nur mehr ungerne übernommen, lieber stellt man "billige" Assistenzärzte (zunehmend aus Osteuropa) ein

* Immer weniger Geld für die Psychiatrie. Die Großen Reformzeiten sind vorbei, die Psychiatrien müssen zunehmend um jeden Cent fürs Überleben (nicht für die Butter aufs Brot !) kämpfen, Bettenbelegung um jeden Preis, ellenlange Begründungen den KK gegenüber. Ökonomischer Druck ist enorm !

* Man wird wohl in den nächsten Jahren auch um einen Bettenabbau (viel zu viel vollstationär, viel zu wenig ambulant) nicht herumkommen. Und zwar um einen drastischen !

* Kaum interessante Neuerungen in Pharmakotherapie oder anderen Therapieverfahren, Psychotherapieausbildung in vielen Kliniken eine Katastrophe

* Oft hochkompliziertes Verhältnis mit manch einem Somatiker, der alles Unangenehme sofort in die Psychiatrie abschieben will und da auch ausgewachsene Lügen nicht scheut. Psychiater müssen ja immer ein Bett frei haben !

* Unattraktive Niederlassungsmöglichkeiten.

Ein Bekannter ist sofort als Jungfacharzt ins europäische Ausland (Pharmaindustrie) abgewandert, eine Bekannte in die Schweiz gegangen, um ihren Facharzt abzuschließen.

Man soll vielleicht nicht alles so rosig sehen.

apple
13.08.2008, 15:45
Leider sind einige Punkte sehr zutreffend !!! :-?

Frau Betty Land
13.08.2008, 16:21
Ach ja, und eins nicht vergessen: Wenn es kaum noch Ärzte in vielen Psychiatrischen Kliniken gibt, dann kann man sich die Qualität der "Weiterbildung" auch ausmalen.

Hier gilt in der Tat: Unikliniken sind noch einigermaßen (auch hinsichtlich der Forbildungsveranstaltungen) "gut" besetzt, in der Peripherie aber herrscht da vielfach schon erhebliche Ödnis...... :-kotz

Antracis
13.08.2008, 21:51
Man soll vielleicht nicht alles so rosig sehen.

Man sollte aber auch nicht alles so schwarz sehen. Letztlich trifft das alles mehr oder weniger auf alle Fachrichtungen zu. Die Psychiatrie ist sicher nicht besser oder schlechter, als andere Fachbereiche. Aber wenn man dazu passt, kanns schon nett werden. Zumindest sind mir auch schon eine Menge nicht bodenlos frustrierter Ärzte begegnet.
Die Stellenlage lässt einem immerhin einen gewissen Spielraum in der Auswahl der Kliniken. Und das sich periphere Häuser mit ordentlichen Arbeits- und auch Ausbildungsbedingungen finden, dürfte außer Frage stehen.

Nur, wer erwartet, dass er in dem Fach das vermeintliche Schlaraffenland des Ärzteuniversums vorfindet, macht sich natürlich was vor.

Generell bin ich aber halt eher auch optimistisch veranlagt und mir geht diese ganze Schwarzmalerei etwas auf den Drops. Zumindest hab ich (auch in anderen Fachbereichen) schon genug Möglichkeiten erlebt, dass es auch anders geht. Insofern hat man das auch etwas selbst in der Hand.

Gruß
Anti

lala
14.08.2008, 08:53
Man sollte aber auch nicht alles so schwarz sehen. Zumindest sind mir auch schon eine Menge nicht bodenlos frustrierter Ärzte begegnet.
Insofern hat man das auch etwas selbst in der Hand.

:-top
Sehe ich auch so. Ich habe nun auch mehrere Psychiatrien kennen gelernt, kenne Durchsatz auf Akutstation und Überstunden natürlich auch - bin aber NICHT gefrustet! Der Durchsatz ist immer noch um Welten niedriger als anderswo (außer Reha vlt) und die Dienstbelastung im Normalfall auch! ...das OA/FA-Problem gibt es in anderen Fächern genauso, genauso die Bürokratie.
Ich habe deutlich bessere Weiterbildung als in meinem "Erstfach" (Neuro) erlebt und eigentlich nie Probleme mit somatisch tätigen Kollegen gehabt.
Und da es so viele suchende Kliniken gibt: man muss ja nicht bei der erstbesten bleiben ;-)

LG,
lala
(mit ihrer Zweitwahl sehr zufrieden inzwischen)