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airmaria
11.10.2002, 17:26
Nein, es geht vielleicht verstaubte Kultur verloren, die von den extrem konservativen Leuten (die ihre Daseinsberechtigung darin sehen, daß blos immer alles schön so bleibt wie es ist) vehement durch "elitäres Denken" versucht wird zu erhalten.
Dabei gibt es nachgewiesenermaßen viel bessere Möglichkeiten für unsere grauen Zellchen Information aufzunehmen als Bücher oder Tafelunterricht.

Was ist Kultur?
Das Tanzen um einen Stein?
Das Anbeten der Sonne?
Das Leben in einer Höhle?
...

Und machen wir uns mal nichts vor: die Mozarts und Bachs würden heute bestimmt nicht "Dicke-Backen-Musik" oder "Streichmusik" machen! Nein, sie würden die viel größere Bandbreite moderner Instrumente nutzen!

"Mary" airmaria

Lava
11.10.2002, 17:40
Ich empfinde es als Kultur, wenn man imstande ist Texte zu lesen, sie vielleicht zu verstehen, sich damit auseinanderzusetzen und eine eigene Position dazu zu entwickeln. Das macht man nicht bei jedem Buch, aber lesen hilft sehr wohl diese (geistige) Fähigkeit aufrecht zu erhalten.
Verschiedene Medien nutzen? Sicher! Sag ich auch immer. Und trotzdem ist es doch heutzutage so, dass das insbesondere Fernsehen unsere Bereitschaft sich mit Problemen wirklich zu beschäftigen fast abtötet! Jeder will bloß noch möglichst kurze und einfach Erklärungen haben, die sofort einleuchten. Wozu gibt es schließlich Videos, Grafiken und Animationen? Selber denken ist ja anstrengend! Wir wollen unterhalten werden! :-( Überprüft euch doch mal selber! Erwartet ihr nicht auch genau das von euren Dozenten?

Wo soll das nur hinführen?

machinehead
11.10.2002, 18:00
Gebildet ist, wer Bildung besitzt.

Was ist Bildung? Schwer zu definieren, vielleicht etwas schwammig: sich in der jeweiligen Kultur auszukennen, einen Überblick zu haben, um "mitreden" zu können.


Daraus folgt erstens, das Bildung etwas ist, was von der Gesellschaft definiert ist. Warum gehört Shakespeare zur Bildung, nicht jedoch ein Grundverständnis des Gravitationsgesetztes? Warum schreien die Leute auf, wenn man nichts von Thomas Mann gelesen hat, aber nicht, wenn man nicht weiss, was der Citratzyklus ist? Warum darf ich nicht einen Douglas Adams oder Tolkien interesannter finden? Wer nicht gebildet ist, ist also nicht unbedingt doof, sondern vielleicht einfach selbstbewusst.

Zweitens liegt die Betonung auf dem Überblick über die Dinge, die unsere Kultur beschäftigen und sie bewegen. Niemand kann alles, was zur Bildung gehört, detailliert kennen. In unserer Zeit ist jeder ein Spezialist, aber wer von allem in etwa die Prinzipien versteht, der ist gebildet.

Und diesen Überblick finde ich auch wichtig und hilfreich. Nicht jedoch die willkürliche Schwerpunktsetzung, wo Bildung sich ansiedelt (Wie, Sie kennen kein Bild von Monet?).

Vystup
11.10.2002, 18:03
Ich halte ein bißchen Bildung abseits des Medizinstudiums für sehr sinnvoll. Ich kenne genügend Leute, die ungern auf eine Party mit mehreren anwesenden Medizinstudenten gehen, da für diese leider kaum Gesprächsthemen abseits der Medizin zu existieren scheinen. Nachdem ich diesem Sommer komplett ans Physikum verloren habe, ist mir mal wieder klar geworden, daß ich viel zu viel für dieses Studium aufgegeben habe und daß ich einiges an meinem Lebensstil verändern sollte, um nicht völlig zum Fachidioten zu werden. Ich jedenfalls werde in der nächsten Zeit häufiger mal meine Fachbücher zur Seite legen und die Zeit oder zumindest den Spiegel oder auch hin und wieder ein gutes Buch zu lesen. Mag sein, dass manche unter Medizinern glücklich werden könne, ich persönlich brauche aber ein etwas breiter gestreutes Umfeld.

Lava
11.10.2002, 18:09
All diese Autoren und so weiter sind ja nicht willkürlich ausgewählt. Meistens sind sie eben die absoluten Meister ihres Fachs, haben eine Stilrichtung begründet und/oder nachfolgende Generationen beeinflusst. Ich finde Shakespeare auch nicht sooo prickelnd, aber da Goethe und Gott weiß wer noch voll auf den Typen abgefahren sind, ist er eben wichtig. Lerne deine Wurzeln kennen, heißt das Motto. Kunst ist ja schließlich ein kreativer Ausdruck der eigenen Gefühle, Erlebnisse, Meinungen und eskann nie schaden zu erfahren, wie andere daran gegangen sind.
Übrigens zähle ich Naturwissenschaften genauso zur Bildung! Warum auch nicht? Es wird nur immer schwerer, wirklich einen Überblick behalten zu können.

PS.: Wahre Bildung ist, wenn man genug über Impressionismus weiß um andere Künstler auch gut zu finden. :-))

Rico
12.10.2002, 01:13
Original geschrieben von machinehead
...Wer nicht gebildet ist, ist also nicht unbedingt doof, sondern vielleicht einfach selbstbewusst. Hm, ich habe schon viele gesehen, die ihre nicht vorhandene Bildung als Selbstbewußtsein verkaufen wollten. Das is so ähnlich wie die Leute, die nicht zur Wahl gehen, weil sie behaupten, die Parteien sein ja eh alle gleich und es mache keinen Unterschied wen man jetzt wählt.

Bildung hat vor allem einen Zweck: Das Individuum zu stärken, es unabhängig zu machen von temporären Strömungen und ihm einen Blick für's Ganze zu geben.
Warum gewinnen in den jungen Demokratien weltweit Diktatoren und Extremisten immer wieder soviele Stimmen? Weil es der Bevölkerung an Wissen mangelt, daß derart radikale Konzepte mehr schaden als nützen.
Warum war in beiden deutschen Diktaturen (33-45, 45-89) die Lektüre von Willhelm Tell in der Schule verboten? Damit keiner auf die Idee kommt, die "Message" des Werks von Aufstand gegen die Herrscher und dem Freiheitskampf gegen das herrschende Regime anzuwenden!
Was ist also der benefit vom Lesen? Nicht, daß man bei der Cocktailparty andere Leute mit Monologen über das Versmaß im Faust beeindruckt - das ist was für Germanisten.
Für den otto-normal-Gebildeten ist es wichtig, die Lehre aus dem Buch zu ziehen, mitzunehmen und bei Bedarf anzuwenden. Deshalb wird eben empfohlen/bzw. teilweise sogar erwartet, gewisse Werke gelsen zu haben, um zu zeiegn, daß einem die Themen nicht ganz fremd sind und sich mal mit ihnen beschäftigt zu haben.

luckyblue
13.10.2002, 00:37
Bildung - was das früher war

Früher war bekanntlich alles besser, selbst die Zukunft. Zumindest aber gab es keinen Diskussionsbedarf darüber, was Bildung ist: Ein sakrosankter Kanon verstaubter Folianten, den man intus haben musste, um der King in punkto Bildung zu werden. Primus inter pares, wer sie alle runterbeten konnte: die Bibel-"Aphorismen" und Olymp-Anekdoten. Der Klerus diktierte, was man wissen durfte, was man denken sollte, was man sagen konnte und was man machen musste. Der Vorteil: der Weg vom Pennäler zum universalgelehrten Bildungsguru ein mittelprächtiger Katzensprung. Nachteil: Gefangenschaft in den Kerkermauern der Indoktrination.

Bildung - was das heute ist

Ungeachtet der hochtrabenden Versuche eines mediengeilen Hamburger Professors namens etwa "distinguierter-Wasservogel-itz" (keine Schleichwerbung;-) in einem kommerziellen Forum), mit einem zum Bestseller avanzierten Rundumschlag (inclusive Daumentreffern) das bildungsimmanente Wissen zu kanonisieren; und ungeachtet der gleichkalibrigen jüngsten Anwandlungen eines nicht minder medien- und darüber hinaus altersgeilen Literaturpapstes (ojojoj, antisemitische Tendenzen;-), jetzt in seinem kostspieligen Literatur-Kanon mal endgültig zu sondieren, wessen Oeuvre dem geneigten Leser zwecks mind-shaping anheim zu stellen ist - Bildung kann, wird und darf heute keinem Kanon mehr gehorchen. Wenn Schwanitz die Demarkationslinien zwischen "was man wissen sollte" und "was man nicht wissen sollte" aufzuzeigen versucht, liefert er damit nur Makulatur. Warum? Weil sich Bildung weder in der Selektionierung von Fakten noch im kognitiven Umgang damit erschöpft.
Denn was ist Bildung? Ich verstehe unter Bildung "willkürlich geformtes Bewusstsein", sprich Aufgeklärtheit. Willkürlich deshalb, weil Bewusstsein unwillkürlich in Reaktion auf Umweltreize skizziert (vgl. auch entsprechenden Thread hier im Forum;-) ) und dann willkürlich durch Aneignung von Wissen durchgestylt wird. Aufgeklärtheit hat dabei drei Komponenten: eine geistige, eine seelische und eine körperliche. Streng genommen kann sich also nur derjenige gebildet nennen, der die Kapazitäten aller drei Komponenten bis zum letzten Jota auslastet. Eine Herausforderung: Wer klont sie zuerst - die Reinkarnation von Sloterdyck, Mutter Theresa und Klitschko?;-) Klar, dass diesem Maßstab kein Mensch gerecht werden kann (von uns Medis natürlich mal abgesehen, wir sind ja schließlich Halbgötter); doch auch hier hat der gute alte Königsberger Klopse Kant mal wieder Recht: "Der Weg ist das Ziel" - es geht ja in Sachen Bildung nicht darum, in allen Facetten Spitzenreiter zu sein, sondern darum, überall für sich selbst ein bisschen was vom Rahm abzuschöpfern. Und zwar nicht so sehr um des "Mitredens" willen, sondern erst mal zum Selbstzweck. :-meinung

Bildung - was das soll und was dazu gehören könnte

"cui bono?" (wenn das jetzt drei Jahre nach dem Abi falsch dekliniert ist, bin ich in Sachen Bildung natürlich ganz unten durch;-) Stichwort: Selbstzweck, weil Horizonterweiterung und "selffulfilling". Ein hoher Bildungsstandard in der Bevölkerung hat aber letztendlich auch eine utilitaristische Dimension. Natürlich: Ricos Beispiel trifft es: Politische Aufklärung kommt nicht nur dem Individuum, sondern vor allem auch der Bevölkerung zugute.
Doch was könnte Bildung ausmachen? (Auch unter Berücksichtigung meiner These, dass Bildung nicht kanonisierbar sei.) Zur Bildung gehört alles, was bewusstseinserweiternd ist, im Gegensatz zu technischem Wissen. Über physische Anforderungen im Sinne "körperliche Komponente" will ich mich mal nicht weiter auslassen. Zu meinen Gunsten.;-) In Sachen geistige und seelische Komponenten ist natürlich ein Basiswissen im künstlerisch-literarisch-philosophischen Aufgabenfeld unverzichtbar, halt alles, was vermöge Reflektion zur Horizonterweiterung führt (bewusstseinserweiternde Drogen;-)).
Natürlich hat es in dem Sinne nichts mit Bildung zu tun, zu wissen, in welchem Metrum der Faust geschrieben ist (übrigens vorwiegend vier- bzw. fünfhebiger Jambus, nur nebenbei;-)), doch die Fertigkeit, zwischen Metrum und z. B. Rhythmus zu differenzieren, ermöglicht z. B. das tiefere Verständnis und die Beurteilung literarischer Texte auch insbesondere hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Wirkung - insofern bewusstseinserweiternd.
ÄHnliches gilt in Sachen klassische Musik: Wer grundlegende Kenntnisse in Musikgeschichte, Harmonie-, Rhythmus und Formenlehre sich aneignet, kann Tendenzen verfolgen, die schlechte Musik von guter unterscheiden. Von Mozart bis Dieter Bohlen;-) - bewusstseinserweiternd.
In SAachen Naturwissenschaft: Auch hier können Aspekte - trotz Schwanitz - Bestandteile der Bildung sein, wenn sie zu einem tieferen Verständnis von Mechanismen und Zusammenhängen führen (nicht jede Stufe des Citratcyclus, aber Energiebilanz etc.) - also bedingt bewusstseinserweiternd.

Bildung - wie das geht
Ganz einfach: Nicht bloß schlaue Bücher lesen, sondern darüber reflektieren.

machinehead
13.10.2002, 01:16
Mit meiner These, wer "nicht gebildet" ist, ist vielleicht nicht doof, sondern selbstbewusst, wollte ich natürlich nicht verallgemeinern (man sollte in Punkto ungebildet z.B. auch die dummen Menschen, siehe Privatsendertalkshows, von Fachidioten, siehe diverse Universitätsvorlesungen, unterscheiden), sondern die willkürliche Definition der Bildung anprangern, wie schon luckyblue sagte, nämlich dass Bildung etwas mit Individualität, Reflexion und einem tieferen Verständnis zu tun hat, was durch reine Wissensaufnahme (wie in dem "kanonisierten" Schwanitz-Buch) nicht zu erreichen wäre. Bildung als leichtverdauliches Abstract ist ein Paradoxon.

:-lesen

Lava
13.10.2002, 14:31
Lieber luckyblue: habe ich nicht genau das gesagt? In weniger Worten und mit Sätzen, die nicht so verschachtelt sind wie die Gräber im Tal der Toten? :-)) (Nicht ernst nehmen)

Wie auch immer. Bildung kann man also nicht in drei Worte fassen. Allerdings gibt's ein Projekt der Bochumer Uni, das Wissen obejktiv messen will!! Klingt merkwürdig, ist es auch. Die haben einfach ihren Versuchspersonen lauter Fragen gestellt und je nach dem, wieviele eine Frage richtig beantworten konnten, hat man diese in verschiedene Schwierigkeitsgrade eingeteilt. Und zack! fertig ist der Wissenstest - zu bestellen bei der Bochumer Uni.

Lion
13.10.2002, 15:58
Hi Janine,
gibt es Deinen Link nicht vielleicht noch in einer etwas größeren Version? Kann man doch kaum lesen. :-D

Lava
13.10.2002, 16:06
Wenn ich's kleiner mache, kann man's nicht mehr so gut lesen. Aber ich versuche es mal... aber hey! Das ist Sumo! Das muss halt groß sein. ;-)

airmaria
13.10.2002, 22:43
... warum habe ich nur das Gefühl, nachdem ich einige Tage auf einer äußerst bildenden Veranstaltung war und die verpaßten Artikel reflektiert habe, daß sich einige Leute quälen... sich irgendetwas reinziehen, wozu sie eigentlich überhaupt keine Lust haben... Dinge tun, obwohl sie eigentlich viel sinnvollere Tätigkeiten ausüben könnten...

... nur um dazuzugehören???

Der Beitrag über das Selbstbewußtsein hat auf jegen Fall eine gewisse Realitätsberechtigung, obwohl natürlich die zu krasse Auslegung auch wieder mit Vorsicht zu genießen ist.

"Mary" airmaria

luckyblue
15.10.2002, 15:15
Chère Janine,

schön, dass du mit meinem Beitrag einverstanden bist. :-D Möglicherweise sind mir tatsächlich einige Wiederholungen unterlaufen, da ich keinen Bock hatte, den ganzen 10-seitigen Thread durchzuforsten. Asche über mein Haupt. Es ging mir nur darum, erstens meine Definition von Bildung zu posten und zweitens das begleitende Dilemma darzustellen. Rückblickend wage ich zu behaupten, dass ich dabei zwar alte Aspekte aufgegriffen, aber auch neue beigesteuert habe. Soviel zur meiner Verteidigung.
Die "persuadisierende" Ausuferung meines Beitrags resultiert aus einem langen Abend mit vielen geistreichen Gesprächen und Getränken (v. a. letzteres) ;-)

Amitiés

Froschkönig
15.10.2002, 17:41
@luckyblue : Wenn DU in den persönlichen Einstellungen die Postings pro Seite so auf 20 umstellst, ist der Thread nur noch 2-Seitig lang und Du kannst ihn dann lesen :-D

———

Nochmal zu Mary´s Posting über Bach und Mozart :
Ich glaube, damit hat er absolut recht, was dann angeht ist kultur (und damit die Bildung, denn was anderes ist sie, als kenntnis der Kultur und ihrer geistigen Produkte ?) einem ständigen Fluß unterworfen.
Technik, weltanschauung und vieles andere um uns herum verändert sich, manchmal so langsam, daß man es nur an dem berühmten Problem bemerkt, daß Eltern die Neigungen und Verhaltensweisen ihrer Sprößlinge unverständlich, nervtötend oder gar abstoßend finden.
"Allgemeinbildung" ist ein großes und oft zitiertes Wort, aber was bedeutet es ?
Letztlich empfinden wir alle bestimmte Dinge als allgemeinbildung, auch wenn viele andere das dann nicht wissen, aber umgekehrt ist es ebenso.

Ich glaube, entweder Paracelsus oder Erasmus von Rotterdamm (verdammt, Lücke in Allgemeinbildung !!! :-D) wurde von den Geschichtsbüchern als der letzte "Universalgelehrte" bezeichnet, die Epoche nach ihm enthielt eine solche (im übrigen exponentiell fortschreitende) Wissensexplosion, daß man nur noch Bruchteile weiß (Bestes Beispiel sind doch die aus dem Boden schießenden Facharztzweige).

Sich die Entscheidung anzumaßen, ob ein anderer "richtigen" Bruchstücke kennt, ist manchmal etwas fragwürdig...

hobbes
15.10.2002, 23:48
Ich glaube, entweder Paracelsus oder Erasmus von Rotterdamm (verdammt, Lücke in Allgemeinbildung !!! ) wurde von den Geschichtsbüchern als der letzte "Universalgelehrte" bezeichnet, die Epoche nach ihm enthielt eine solche (im übrigen exponentiell fortschreitende) Wissensexplosion, daß man nur noch Bruchteile weiß (Bestes Beispiel sind doch die aus dem Boden schießenden Facharztzweige).

Diese letzte Aussage von Froschkönig möchte ich sehr unterstützen. In der Geschichte hat die Menge an Wissen stets zugenommen und gleichzeitig die "Universalbildung" immer mehr zugunsten einer spezifischen Fachbildung abgenommen. Dies stellt die "Gelehrten" immer mehr vor das Problem entscheiden zu müssen, wann ihr spezifisches Wissen nicht mehr ausreicht und sie auch einen anders-spezialisierten Kollegen zu Wort kommen lassen müssen.
Von Grösse zeugt daher heute wer seine eigene Unvollkommenheit eingestehen kann.

luckyblue
19.10.2002, 14:53
Soweit ich weiß, hat noch Goethe sich selbst als Universalgelehrter verstanden - die Klassiker jagten ja alle dem Humboldtschen Humanitätsideal hinterher, das den gesellschaftlichen Wert eines Menschen an seinem Bildungsgrad in puncto Wissenschaft und Kultur festmacht. Das war ja letztlich auch das Dilemma des Frankfurter Dichterfürsten: Seine Selbstwahrnehmung als universalistischer Tausendsassa verhinderte schließlich wegweisende Erkenntnisse der Farbenlehre, deren Folgerung aus den diesbezüglichen Überlegungen Goethes möglich gewesen sein sollen - es harperte wohl an der rudimentären Kritikfähigkeit des Geheimrats: Rechthaberei war wohl mehr seine Sache denn wissenschaftlicher Diskurs.

Die Größe, Unwissenheit einzugestehen, wäre also schon zu Goethes Zeiten adäquat gewesen. Wahrscheinlich sowieso schon seit Menschengedenken. Schließlich schwadronierter Sokrates schon: "Scio non scio", und der muss es ja wissen.

Lava
19.10.2002, 18:08
Ich mag das Prinzip der Dan Grade im Judo. Der 12. Dan ist wieder weiß (wie der unterste Kyu Grad), weil man dann einsieht, dass man ewig Schüler sein wird.

Froschkönig
20.10.2002, 18:24
Original geschrieben von luckyblue
Schließlich schwadronierter Sokrates schon: "Scio non scio", und der muss es ja wissen.

Oder, wie der Meister seinerzeit tatsächlich sagte :

"Oída oudèn eidós"

:-))

Lava
20.10.2002, 18:31
"Oída oudèn eidós"

Klugscheißer! :-)) Hat dir Griechisch Spaß gemacht? (Wenn du es denn hattest)

Froschkönig
20.10.2002, 19:03
Ja hatte ich...Spaß ?
Es war..interessant...aber diese irren haben eine Zeit mehr und 12 Partizipien, das kann auf dauer keinen spaß machen ;-)