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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Krank melden?



Alfons111
23.07.2008, 18:19
Ich wollte mal eine Frage an die Assistenzärzte unter Euch stellen. Meldet ihr Euch krank, wenn ihr Fieber, Grippe, Mandelentzündung o.ä. habt, oder geht ihr trotzdem arbeiten? Wie schaut das aus, wenn dann ein Kollege für Euch einen Dienst übernehmen muss, wird das kollegial gehandhabt, oder wird das eher unfreundlich aufgenommen?

Ich war ein wenig geschockt, als ich in von einigen Amerikanischen AÄ in der Chirurgie hörte, dass sich insbesondere unter den Chirurgen dort prinzipiell nicht krank gemeldet wird. Wer es doch tut, wird dann als nicht teamfähiges "Weichei" abgestempelt, insbesondere wenn dann ein anderer den Dienst übernehmen muss. Das geht wohl teilweise soweit, dass Ärzte mit hohem Fieber zum Dienst kommen und halt mit angestöpselter Infusion ihre Runden drehen. Auch in anderen Disziplinen wird das Krankmelden dort wohl aber sehr ungern gesehen. Krankheitstage werden entweder direkt vom
Urlaub abgezogen oder es gibt nur wenig freie Krankheitstage (z.B. 5).

Wie wird das in Deutschland gehandhabt?

Feuerblick
23.07.2008, 18:26
Wenn ich krank bin, dann melde ich mich krank und basta. Mit hohem Fieber oder nach durch:-kotzer Nacht auf dem Zahnfleisch kriechend ist man für seine Kollegen ja nun auch kein Gewinn. Ich kenne es bisher nur so, dass freundlich-kollegial der Dienst von Kollegen dann übernommen wird (man wird ja nicht zwingend nur an Dienst-Tagen krank) und man im Ausgleich diesem Kollegen später einen Dienst abnimmt. Geläster oder diese "Weichei"-Sprüche habe ich bisher noch nicht gehört und wenn mir irgendwer mit einem solchen Schwachfug käme, könnte es wohl sein, dass ich meine gute Erziehung vergesse und dem ein paar Takte erzähle. :-wow Warum glaubt die Welt eigentlich, dass man als Arzt quasi NUR NOCH für die Menschheit lebt und eigene Interessen incl. der eigenen Gesundheit gefälligst hintenan zu stellen hat???

Ösiman
23.07.2008, 19:05
Stimmt, wer KRANK ist, ist krank. Basta.
Was soll das bringen, wenn ich mich zu den Patienten schleppe und die noch ggfs. anstecke??
OK, wenn jeder weiss, das gestern eine Feier war und das rumoren im Bauch noch da ist- dann gehe ich erst recht arbeiten- wenn es aber GAR nicht geht, dann kann man ja Absprachen mit den Kollegen treffen.
Ich denke auch das ist im Allgemeinen der Knackpunkt, je besser die Assis sich verstehen (und zusammenhalten) desto eher sind die im "Falle des Falles" bereit die Mehrarbeit, die durch den Ausfall anfällt zu übernehmen.
:-meinung :-meinung :-meinung

John Silver
23.07.2008, 20:46
Wenn man krank ist, sollte man zuhause bleiben. Insbesondere infektiöse Erkrankungen sollte man nicht in die Klinik schleppen. In Deutschland ist die Sache nicht so schlimm wie im Amiland, u.a. wegen anderer Dienstpläne.

alley_cat75
23.07.2008, 20:53
Wenn man krank ist, sollte man zuhause bleiben.

:-meinung :-meinung :-meinung Bis vor 3 Monaten dachte ich noch das Gegenteil und hielt zu Hause bleibende Kollegen für besagte Weicheier. :-blush Bis ich dann selbst mit Grippe und 40°C Fieber zur Arbeit gekommen bin. Spitzen Idee, Hirnschwund, Angeberin dachten sich meine Kollegen und fanden das alles andere als cool. Ich habe meinen Genesungsprozess nur unnötig in die Länge gezogen und meinen Kollegen unnötig mehr Arbeit bereitet. :-dagegen Fazit: s. o. Wenn man krank ist, ist man krank. Lieber 2-3 Tage zu Hause bleiben und sich rasch erholen, als tagelang anderen im Weg zu stehen. Vom Chef eine Standpauke über die eigene Unvernünftigkeit zu bekommen und damit an fachlicher Glaubwürdigkeit zu verlieren, ist einfach uncool. :-meinung

Alfons111
23.07.2008, 20:59
@JohnSilver
Wie unterscheiden sich die Dienstpläne im Vergleich D vs. USA, dass da solch eine Diskrepanz in der Einstellung zu Krankheitsausfällen entsteht?

Evil
24.07.2008, 18:38
In Deutschland ist die Sache nicht so schlimm wie im Amiland, u.a. wegen anderer Dienstpläne.
Wow, in D ist mal was besser als bei den Amis? :-))

John Silver
24.07.2008, 19:57
Wow, in D ist mal was besser als bei den Amis? :-))

Ja, in der Tat :-)) Ich bin ja kein blinder Ami-Lover, wie manche. Im Amiland gibt es auch Probleme.

In Sachen Krankmeldung haben die Amis schlicht deswegen ein Problem, weil die Assi-Decke noch ein ganzes Stück dünner ist, als in den meisten deutschen Kliniken; u.a. deswegen, weil Assis meistens auf mehrere Kliniken verteilt sind. Daher werden die Dienste eben auf wesentlich weniger Schultern verteilt, was automatisch dazu führt, daß eine Krankmeldung die sowieso schon nicht gerade mit Freizeit gesegneten Kollegen noch tiefer reinreißt. Das gilt aber nur für Fachrichtungen mit hohem Arbeitspensum, wie Chirurgie, Innere, Pädiatrie etc. Dermatologen oder EM-Leute können das lockerer sehen.

Außerdem sind die Einkünfte der Chirurgen im Amiland so gut wie in allen Kliniken so aufgebaut, daß sie sozusagen essen, was sie jagen und erlegen. Wenn man sich krank meldet, jagt man nicht, und dementsprechend klingelt die Kasse auch nicht.

Und nicht zuletzt sind die Amis vor dem althergebrachten Problem, das auch in Deutschland leider nach wie vor sehr präsent ist, nicht gefeit: Geschlagene Kinder werden zu schlagenden Eltern. Die Attendings von heute waren die Residents von gestern, die wie Dreck behandelt wurden, es entsprechend nicht anders kennen, und deswegen nicht selten dazu neigen, ihre Residents nun wiederum wie Dreck zu behandeln.

Wobei man wiederum sagen muß, daß die Sache sich seit der Einführung der max-80-Stunden-Woche deutlich gebessert hat. Beispielsweise haben immer mehr Kliniken das Night-float-System, bei dem ein Resident immer abends und nachts arbeitet. ******* für den, der gerade dran ist, aber toll für die anderen, weil dadurch meistens Nachtdienste überflüssig werden, oder es zumindest nicht so tragisch wird, wenn mal einer krank ist. Und viele Programme haben mittlerweile auch bis zu 42 bezahlte Krankheitstage pro Jahr in die Verträge aufgenommen.

pieks
24.07.2008, 20:13
Na .. also ganz so einfach ist das mit dem Krankmelden in D auch nicht...

Vielleicht wird so direkt zum "Krankgemeldeten" gesagt: "Bleib nur zu Hause ist o.K.".

Aber "hintenrum" und unterschwellig wird man u.U schon entsprechend "dumm angemacht" .... Und "bei uns" ist die Personaldecke so dünn, dass Kollegen u.U. Doppelschichten machen müssen, wenn einer ausfällt oder einer der OÄs muss "Vordergrund machen" ... und wie glücklich die darüber dann sind dürfte klar sein ... :-))


Ich bin sehr wohl schon häufiger ziemlich krank zur Arbeit gegangen -- sogar trotz gelbem Schein, den ich zu Hause auf dem Tisch liegen ließ :-blush ----
(wobei ich nichts Ansteckendes hatte) ....

Gedankt wirds einem aber auch nicht .. aber ich befürchte ich lerne es nicht mehr .... :-kotz

Gruß pieks

John Silver
24.07.2008, 22:05
Tja, das ist einfach eine Lektion, die jeder für sich lernen muß (oder es auch lassen): Das ist Ausbeutung in Reinkultur. Du bist nicht daran schuld, daß die Personaldecke zu dünn ist. Das ist die Schuld des Chefs und des Managements. Und ich persönlich sehe einfach keinen Sinn darin, sich ausbeuten zu lassen, nur weil diese Personen zu blöd sind, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Sie finden keine Leute - sie müssen dafür auch die Konsequenzen tragen, und nicht Du. Oder hast Du schon mal gesehen, daß ein Personalchef sich krank zur Arbeit schleppt? Der Punkt ist, daß man, sofern man die Krankmeldung "vergißt" und krank zur Arbeit geht, den eigentlich für das Problem Verantwortlichen die Sache zu leicht macht, denn nicht sie tragen die Konsequenzen ihrer Unfähigkeit, sondern Du. Das ist leider eine grundsätzliche Unsitte: Wenn es ein Problem gibt, dann wird, anstatt nach einer Lösung zu suchen, einfach die Konsequenz auf die Assistenten abgewälzt, und die sollen zusehen, wie sie zurechtkommen. Solange wir da mitmachen und es stillschweigend hinnehmen, daß wir ausgebeutet werden, wird sich nichts ändern; denn Änderungen passieren erst dann, wenn die eigentlichen Verantwortlichen merken, daß es um ihren Arsch geht.

pieks
24.07.2008, 22:37
He John Silver,

das Schlimme ist ja: mir ist das alles klar was Du da ausführst!! :-kotz
Ich bin schon lange genug im "Job" .....

Mal sehen, vielleicht schaffe ich es ja bei "nächsten Mal"?
(aber so recht glaube ich selbst nicht dran! :-blush )

Gruß pieks

John Silver
24.07.2008, 23:06
Ich weiß. Problematisch wird es erfahrungsgemäß dann, wenn es darum geht, für die eigenen Überzeugungen einzustehen. Problematisch vor allem deswegen, weil die meisten Assistenten ihre eigenen Feinde sind. Die meisten ziehen die Ausbeutung vor, meistens aus Angst und mangelndem Selbstbewußtsein. Und dann wird es auch für die blöd, die Rückgrat beweisen, denn diejenigen, die sich lieber beugen, fallen denen, die es nicht tun, dann sofort in den Rücken. Das ist nicht nur bei der Krankmeldung so, das ist bei allen Problemen so. Bloß empfinde ich es immer als ziemlich nervig, wenn die Leute dasitzen und sich gegenseitig ausheulen; aber wenn man sagt, Leute, jetzt jammert doch nicht bloß immer herum, steht auf und beweist mal Rückgrat, dann wird sofort die ewige "Ja, aber..."-Leier angestimmt, und es finden sich immer Gründe, zu kneifen. Und dann wird gekniffen, und danach weitergejammert. :-kotz

Alfons111
25.07.2008, 11:32
@John Silver
Beziehst du die 42 Krankheitstage auf Amerikanische Residency Programme?
Hättest du da mal Beispielprogramme? Hatte nämlich beim Durchstöbern verschiedener Programme eher das Gefühl, dass eine einstellige Zahl von bezahlten "sick days" dort schon als Werbung verstanden wird.

John Silver
25.07.2008, 17:21
Du brauchst lediglich auf FREIDA-Seite zu gehen und einzelne Programme durchzusehen, die Dich interessieren. Wenn ich mich recht entsinne, bietet Yale Surgery 42 Tage. Gibt aber noch Programme mit 7 Tagen. Man muß sich ja dort nicht bewerben :)