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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was bedeutet für euch Stress?



Anita_P
15.08.2008, 20:12
Hallo zusammen,

für eine wissenschaftliche Studie suche ich nach verschiedenen persönlichen Definitionen für "Stress".

Würdet ihr mir eure Vorstellung von Stress mitteilen, in Bezug auf euer bisher verlaufenes Leben? (nicht nur in Bezug auf das Studium) Gerne auch als PN.

Danke euch!

Muriel
15.08.2008, 20:18
Stress macht mir weniger die Menge an Arbeit als die Fülle an unterschiedlichen Baustellen, die sich leider häufig nicht gut koordinieren lassen. Also wenn drei verschiedene Stellen etwas von einem wollen, jede meint, sie sei die wichtigste und somit immer jemand unzufrieden ist, weil man ja nur mit dem Falschen anfangen kann. Zudem entsteht Stress für mich dann, wenn Verzögerungen in meinem Arbeitsablauf entstehen an Stellen, die ich nicht beeinflussen kann (Kollege kommt nicht, Zuarbeit funktioniert nicht etc.)
Nein, die Quantität alleine macht noch lange keinen Stress für mich, es sind wirklich mehr die Umstände.

Nemesisthe2nd
15.08.2008, 20:24
das sehe ich genau wie muriel... :-meinung

Relaxometrie
15.08.2008, 20:33
Ich kann Muriel zu 100% zustimmen!!!

Wir haben in unserer psychiatrischen Klinik ein Dienstsystem, in dem abteilungsübergreifend (sprich: drei allgemeinpsychiatrische Abteilungen, Geronto, Sucht) jeden Tag zwei Assistenten Spätdienst machen. Einer ist für die Aufnahme, der andere für SÄMTLICHE Stationen (ca. 20) zuständig.
Der Dienst, in dem man für die Stationen zuständig ist, ist grauenhaft, weil man sich den Ar$ch abarbeiten kann, und trotzdem immer wieder Unverständnis dafür erntet, daß man nicht SOFORT kommen kann. Auf meiner Liste der Dinge, die ich in einem solchen Dienst abarbeiten muß, stehen oft 10 Dinge gleichzeitig, die ich natürlich nach Dringlichkeit sortiere. Fußpilz und Angehörigengespräche haben da selbstverständlich allerniedrigste Priorität. Konsilergebnisse von Patienten, die nach Kopfschuß in suizidaler Absicht vom Chirurgen zurückkommen und aktuelle Laborwerte haben da Vorrang.
Wenn ich die wirklich wichtigen Dinge mal irgendwann abgearbeitet bekommen habe, und theoretisch Zeit für Angehörige/Fußpilz wäre, bereitet es mir (leider noch) Streß, wenn ich mit 3-5 Stunden Wartezeit ankomme und schon vorher weiß, daß ich aufgrund der langen Wartezeit vorwurfsvoll empfangen werde.

Muriel
15.08.2008, 20:39
Wenn ich die wirklich wichtigen Dinge mal irgendwann abgearbeitet bekommen habe, und theoretisch Zeit für Angehörige/Fußpilz wäre, bereitet es mir (leider noch) Streß, wenn ich mit 3-5 Stunden Wartezeit ankomme und schon vorher weiß, daß ich aufgrund der langen Wartezeit vorwurfsvoll empfangen werde.
Japp! Das entspricht in etwa den ungeduldigen Patienten in der Ambulanz, die nur noch fix und fertig voruntersucht, mit aller Diagnostik bestens ausgestattet auf die OA-Abnahme warten, gerne auch mal drei Stunden, je nach OA-Aufkommen. Mein Lieblingssatz: "Frau Doktor, Sie ham misch do nit verjesse?!" :-wand

hennessy
16.08.2008, 11:02
ein subjektives Gefühl sowohl körperlichen, geistigen und seelischen Unwohlseins ist für mich Dysstress.
Eustress wäre z.B.: das Wartezimmer voller Patienten und ich lass die Turbine glühen, renne wie ein Scheibenwischer von einem Behandlungsraum in den anderen und wieder zurück, setz mich dann aber abends mit meinen Mädels zusammen und wir sagen: "Geiler Tag heute, nicht?!"

Hoppla-Daisy
16.08.2008, 11:24
Wenn ich dem an mich selbst gestellten Anspruch und meinen Aufgaben/Pflichten nicht gerecht werden kann. Somit bleibt eine allgemeine Unzufriedenheit oder ein schlechtes Gewissen einer anderen Sache gegenüber und das ständige Gefühl, hinterher hechten zu müssen. Und wenn das noch über mehrere Tage oder gar Wochen so abgeht, fühl ich mich einfach nur BÄH und müde und leer.

ehemalige Userin 24092013
16.08.2008, 16:26
Ich denke für mich Stress in etwa das, was Muriel beschreibt.
Auf meiner Station kann es krachen bis die Wände wackeln, so lang es gerechtfertigt ist und auch jede Menge echter Indikationen dafür da sind - da vergesse ich dann das Trinken und Essen und find das auch noch gut.

Wenn aber einige Mühlen zu langsam mahlen, man einfach nur blöd begründet "weil ich das so will" und man nachher, wenn dann tatsächlich die Luft brennt, von anderen Diensten auch noch"unwichtiges" Zeugs erledigen soll, weils jetzt das "Wichtigste überhaupt ist" ...aber Wochen vorher ging auch nix vorran - das ist für mich ein gewaltiger emotionaler Stress.

So lange Dinge vorwärts gehen, alles läuft und auch noch möglichst schnell passiert, ist alles gut :-).

Flauta
16.08.2008, 17:43
Dystress: Überfordert zu sein, einer Sache nicht gewachsen zu sein, aber trotzdem alleine durchmüssen, gekoppelt mit Zeitmangel und Druck durch höhere Instanzen (z.B. Chef, Eltern, Kollegen....).
Aber auch das Gefühl, die Arbeit (kann auch eine zwingende Tätigkeit zu Hause sein) zwar bewältigen zu können, dazu aber zu viele andere, entspannende oder geliebte Tätigkeit auslassen zu müssen.
Mangelne Freiheit, das Gefühl, dass eine unangenehme arbeitsreiche Zeit (mit Zeitdruck) scheinbar kein Ende nimmt und eine unüberwundbar scheinende Hürde als Abschluss wartet (Prüfung, öffentlicher Auftritt aller Art, Bewertungssituationen aller Art, die über eine gelungene Stressphase entscheiden).
Zustand grossser Überwindung einhergehend mit Verlust der innerlichen Freiheit und Rückzugsmöglichkeiten.....

Anita_P
16.08.2008, 19:02
HI!
Danke für eure Antworten :-top da kann ich was mit anfangen!
LG
Anita

synosoph
18.08.2008, 13:38
Stress kann auch durch das Gegenteil ausgelöst werden: Unterforderung. Die Resilienz nimmt immer mehr ab, bis der Mensch schließlich kleinsten Drucksituationen ausweicht. Unser modernes Gesundheits- und Sozialsystem kann diese Tendenz durchaus fördern. Der Mensch muss gefordert und in Verantwortung für sich und seine Umwelt gehalten werden, ansonsten verlernt er durch falsche Hilfe die Fähigkeit zur Selbsthilfe.

Zu wenig Stress kann genauso krank machen wie zuviel Stress.

art3
18.08.2008, 14:42
Stress kann auch durch das Gegenteil ausgelöst werden: Unterforderung. Die Resilienz nimmt immer mehr ab, bis der Mensch schließlich kleinsten Drucksituationen ausweicht.
Zu wenig Stress kann genauso krank machen wie zuviel Stress.

ich möchte da ganz klar zustimmen!

altalena
18.08.2008, 17:36
Wenn mich Sachen - privater oder beruflicher Natur - beschäftigen und zwar so, dass ich ständig darüber nachdenken muss und nicht die Gedanken daran abschalten kann, dann ist das für ich enormer Stress. Denn das wirkt sich auf mein Verhalten, auch ggü. meiner Umgebung, aus und ich setze mich einfach so unter Druck, dass ich ganz anstrengend werde.....
Ansonsten kann ich meinen Vorredern zustimmen: Eustress ist ein vollgepackter Arbeitstag auf Station, wo's aber einfach mal glatt läuft.... und Dysstress hängt ganz eng mit Anforderungen zusammen, die ich an mich selber stelle und auch unbedingt erreichen möchte..... so wie ich zB seit Tagen innerlich gestresst bin, weil ich am Freitag dieses Schei$$-Examen nicht "einfach nur so" bestehen will.... :-((

Lava
18.08.2008, 19:19
Interessante Frage. Ich würde mal behaupten, ich habe bisher in meinem Leben wenig Stress gehabt. Weder die Klausuren noch das Physikum oder das Hex hab ich wirklich als Stress empfunden. Ich denke das kommt daher, da ich diese Dinge immer sehr souverän bewältigen konnte und nie befürchten musste, es nicht schaffen zu können. Stress empfinde ich dann, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es will. Wenn ich das Gefühl habe, etwas nicht im Griff zu haben. Das bringt Unzufriedenheit und Unsicherheit, man wird gereizt - Stress eben.

Medikopf
19.08.2008, 09:49
Stress habe ich vor allem dann, wenn ein wichtiges und für mein weiteres Leben entscheidendes Ereignis bevorsteht.
- Abi, Ersatzdienst, Bewerbung fürs Studium, Wohnungssuche etc. War alles sehr stressig, weil vom Ergebnis einiges abhing.

Dabei gings mir gar nicht so um die Arbeitsbelastung. Ich hab während des Ersatzdienstes ca. 2 Monate fast jede Woche 100 Stunden gearbeitet, auch bis spät in die Nacht. Obwohl ich Migräne/ Kopfschmerzpatient bin (zum Glück nur selten/ leicht), hatte ich nicht eine einzige Attacke in der Zeit. Lag auch am regelmäßigen Essen/ Trinken und Spaß an der Arbeit.

Aber auch wenn ich nicht weiß wo ich mit den zu erledigenden Dingen anfangen soll bekomme ich Stress.

Ein sehr interessantes Thema, finde ich gut.