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Cancer1
17.08.2008, 12:13
Hallo!
Ich habe mal eine Frage zwecks Nachtdienste aushilfsweise in einem fremden Facharztgebiet. Und zwar wurden wir (Augenärzte) gefragt, ob wir bei den Internisten und Orthopäden aushilfsweise, da unterbesetzt, Nachtdienste, die ...."nicht ohne sind", machen würden. Der Geschäftsleiter und unser Chef würden dies sehr begrüßen.
Meine Frage nun: Ist dies versicherungstechnisch überhaupt abgedeckt? Muss ich das als werdender Augenarzt eigentlich machen? Ich habe außerdem keinerlei klinische Erfahrung mit internistischen Verordnungen von Medikamenten und würde mir, da ich erst im 7 Fachsemester der Augenheilkunde bin, erst recht nicht zutrauen. Was meint ihr dazu?

Gruß Cancer1

Relaxometrie
17.08.2008, 12:54
Gegenfrage:
Würdest Du Dir beim Friseur die Haare schneiden lassen, wenn der vermeintliche Friseur zu Dir sagt, daß er gelernter Gas-/Wasserinstallateur ist, und gerade einen Monat lang im Friseursalon aushilft?

milz
17.08.2008, 13:23
Gegenfrage:
Würdest Du Dir beim Friseur die Haare schneiden lassen, wenn der vermeintliche Friseur zu Dir sagt, daß er gelernter Gas-/Wasserinstallateur ist, und gerade einen Monat lang im Friseursalon aushilft?
Lustigerweise ist das beim hausärztlichen Bereitschaftsdienst so üblich(, wobei da sicher mehr Bagatellfälle dabei sind).

http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=suche&id=60657

Relaxometrie
17.08.2008, 13:30
Lustigerweise ist das beim hausärztlichen Bereitschaftsdienst so üblich(, wobei da sicher mehr Bagatellfälle dabei sind).

Daß im hausärztlichen Notdienst nicht immer optimal ausgebildete Ärzte Dienst haben, ist eine Sache. Aber sie müssen im Zweifel, wenn sie sich völlig überfordert fühlen, "nur" überlegen, ob eine Einweisung ins KH sofort notwendig ist, oder ob die Problemlösung auf den nächsten Tag verschoben werden kann.
Wenn diese unglückliche Kette der falsch ausgebildeten Ärzte dann aber im KH noch weitergeht, wird's kritisch.
Natürlich ist ein fachfremder Arzt im internistischen Nachtdienst besser, als gar kein Arzt. Aber es zeigt, was unser Gesundheitssystem noch zu bieten hat: Krampf, Organisationschaos, Ausbildungsmisere.

pieks
17.08.2008, 13:40
Hi cancer,

ich würde mich weigern - am besten alle Kollegen geschlossen -

Ich sage nur: "Übernahmeverschulden"

Gruß pieks

Ex-PJ
17.08.2008, 14:54
Hallo!
Ich habe mal eine Frage zwecks Nachtdienste aushilfsweise in einem fremden Facharztgebiet. Und zwar wurden wir (Augenärzte) gefragt, ob wir bei den Internisten und Orthopäden aushilfsweise, da unterbesetzt, Nachtdienste, die ...."nicht ohne sind", machen würden. Der Geschäftsleiter und unser Chef würden dies sehr begrüßen.
Meine Frage nun: Ist dies versicherungstechnisch überhaupt abgedeckt? Muss ich das als werdender Augenarzt eigentlich machen? Ich habe außerdem keinerlei klinische Erfahrung mit internistischen Verordnungen von Medikamenten und würde mir, da ich erst im 7 Fachsemester der Augenheilkunde bin, erst recht nicht zutrauen. Was meint ihr dazu?

Gruß Cancer1

Die Dienste kannst Du nicht Übernehmen!!!. Wie willst Du z.B. einen non-Q-wave-Infarkt (ohne typische Hebung im EKG) erkennen. Wenn der Pat. z.B. mit Oberbauchschmerzen kommt, wie willst Du ohne Sono-Kenntnisse sehen / entscheiden können, ob nicht etwa eine Pankreatitis oder ein großes Bauchaortenanurysma die Ursache ist?
Anders ist die Sache wenn Kollgen gefragt werden, die z.B. vor 3 Jahren vor einem Fachrichtungswechsel mal 1 Jahr in der Inneren gearbeitet haben. Das z.B. ginge noch.

Frau Betty Land
17.08.2008, 16:53
Geil !

Zustände wie im tiefsten Urwald.

Medizin in Deutschland eben.

So, jetzt mal der Reihe nach:

* Warum sind die Internisten und Orthopäden "unterbesetzt" (wohl mit Assis) ? (u.a. Probleme mit der Pflege und/oder mit dem Facharztstamm, die im Dienst erfahrungsgemäß nicht besser werden....)

* Sind die Dienste dort NUR mit Assis besetzt oder machen auch Chef- und OÄ Dienste ?

* Wenn Chef- und OÄ weiterhin, wie ich vermute, keine Dienste machen wollen, warum sollen es dann die Knechte aus einem anderen Fach machen ? Sollte nicht üblicherweise die eigene Fachrichtung vorgehen ?
Warum engagieren sie dafür nicht "externe" Internisten und/oder Orthopäden ? Kein Qualitätsbewußtsein ?

* Geht man nach dem Dienst im Hause bzw. diesen Abteilungen nach Hause ? Fällt man damit nach dem Dienst für die eigene Abteilung aus ? Von wann bis wann würden die Fremddienste gehen ?

* Was gibt es für (finanzielle) Anreize, die Dienste zu machen ?

Grundsätzlich kommt es auf Euren Arbeitsvertrag an, aber das "Müssen" beginnt erst ab einer schriftlichen Dienstanweisung seitens der Krankenhausleitung, sonst "muß" überhaupt keiner.

Als werdender Augenarzt ist dies (Dienste in anderen Fächern) vermutlich nicht Teil Eurer Weiterbildungsordnung, oder ?

Versicherungstechnisch abgedeckt ? Hmm, bin kein Jurist, aber grundsätzlich haftet zunächst mal IMMER der Träger der Klinik bei irgendwelchen Fehlern (zivilrechtlich natürlich), strafrechtlich haftet man immer selbst.
Allerdings kann sich der Arbeitgeber dann am Arbeitnehmer schadlos halten und ihn kündigen, klagen, was immer.

Also, auch WENN Druck da sein sollte: "Zwingen" kann man Euch nur über eine schriftliche Dienstanweisung.

Freilich würde ich so etwas NIE ohne folgende Voraussetztungen machen:

*Klare schriftliche Regelung über Dienstbeginn + Dienstende für Euch (, um die fachliche Aufsichtspflicht durch Internisten und Orthopäden eindeutig von der Eures Augenchefs abzugrenzen).

*Klare schriftliche Regelung über Eure notwendigen Pflichten und Kenntnisse für den Dienst (möglichst detailgenau, z.B. bei Blutkonserven etc.) sowie klare Regelung über AUSFÜHRLICHE Einarbeitung praktisch und theoretisch.
Einarbeitung natürlich in NORMALER DIENSTZEIT bzw. in BEZAHLTEN und voll als ARBEITZSZEIT geltenden Mitlauf-Diensten. NIcht in der Freizeit und am Wochenende ! Einarbeitung durch Fach-, Oberärzte, NICHT durch Assistenzärzte !
Genaue Dokumentation dieser Einarbeitung mit gegenseitigen Unterschriften....

*Klare schriftliche Regelung über NICHT zu beherrschende Kenntnisse (sprich: Da MUSS der Hintergrund her...) - da wird es sicherlich amüsant werden....

*Klares schriftliches Bekenntnis der Internisten+Orthopäden, daß der Hintergrund bei EUCH IMMER zu kommen hat, wenn Ihr es wünscht.......

*Klarer Zeitrahmen für diese Regelung (also: Bis Jahresende o.Ä.)

So, wie Du das schilderst, klingt dies nach billiger und rechtlich sowie ökonomisch äußerst bedenklicher (Übernahmeverschulden wurde schon erwähnt, obwohl gerade die jüngste Rechtssprechung die Chefärzte immer mehr in die Pflicht nimmt, weil SIE für die Kenntnisse und Fähigkeiten der diensttuenden Ärzte verantwortlich zeichnen und nicht generell der Assi im Ausbildungsverhältnis oder gar aus einem anderen Fachselbst...) Schnellschußlösung der Oberen Zehntausen, damit eine Ruhe ist.

So einfach ist das aber nicht.

Kenne aus erster Hand (von einem Österreicher, der aus einer großen Inneren in Ostdeutschland - Lehrkrankenhaus ! - wieder in die Heimat davongelaufen ist....) folgende Farce:
In dieser Inneren immer üblerer Personalmangel, daraufhin kommt der machtgierige "Professor" und Chef der Inneren (Ex-Charité, noch Fragen ?) auf die Idee, daß Ärzte etwa aus Nuklearmedizin, Pathologie und Strahlentherapie doch auch internistische Dienste machen sollen, weil die sonst in der Nacht und am WE nichts zu tun hätten.
Er wollte sogar, daß eine strahlentherapeut. OÄ Hauptdienst (!!) in der Notfallaufnahme (nicht wenig los) machen solle. Seine eigenen OÄ waren sich dafür natürlich zu gut......
Bedingungen: Einarbeitung in der eigenen Freizeit ( auch am Wochenende) durch größtenteils nicht-europäische Assistenzärzte, Dienste praktisch nur an den WE und ohne gemeinsame Dienstbesprechung (also: Wenn es den Internisten paßt....).

Fazit: Kein einziger machte "Fremddienste".

Heute besteht diese Innere praktisch nur mehr aus Oberärzten und Assis, deren Deutschkenntisse (Naher Osten..) nicht nur in den Briefen schwer zu wünschen übrig lassen.

Botschaft: Wenn man schon auf komplett fachfremde Assis wegen der Dienste in einem Haus zurückgreifen möchte, scheint WIRKLICH Feuer ma Dach zu sein.
Da sollte man Öl ins Feuer gießen und einfach nicht mitmachen - wo sind etwa die Chirurgen oder ein anderes chirurgisches Fach für die Orthopäden ? Wo sind die Anästhesisten für die Internisten (Vergleich hinkt, aber bitte.....)

Und warum sollen Chef- und OÄ nicht auch mal selber beim sicherlich selbst mitverschuldeten Ärztemangel einspringen ?

Muriel
17.08.2008, 16:55
Ich würde das auch in gar keinem Fall machen (wäre ja sogar mit dem Fach in der gleichen Situation). Andererseits muss man ja mal ehrlich sein, Ex-PJ, und sagen, dass 80% der Anfänger in der Inneren in ihrem ersten Dienst vor genau den gleichen Problemen stehen. Denn nach zwei Wochen Berufus"erfahrung", wenn wie so häufig der erste Dienst alleine im Haus und gerne mal mit ITS-Verantwortung dazu winkt, kann das keiner wirklich.
Wie auch immer, ich mache meine augenheikundlichen Dienste und sonst keine :-meinug

king kola
17.08.2008, 17:07
ich würde mich allein aus dem grund dagegen entscheiden um vorallem den "herrschaften" (leitung, verwaltung, chef) zu zeigen wos langgeht.
ansonsten läuft es nämlich wie es immer läuft...irgendwie! und irgendwie reicht in deutschland leider in vielen fällen.
in der pflege ist es ja schon fast usus, dass keine neuen arbeitsplätze geschaffen werden, solang irgendwer sich breitschlagen lässt einzuspringen oder noch mehr zu arbeiten und die eigene fachabteilung erwartet ja von ihren ärzten meist schon engagement über die vertraglichen bedingungen hinaus. wenn man dann noch einbricht und solche sachen zulässt...wo führt das hin?
und die alternative zu euerm protest wäre, dass in einem dienst mal richtig was passiert und jemand hops geht, denn das ist ja anscheinend einer der wenigen beweggründe, die etwas verändern...leider!

Ösiman
17.08.2008, 17:17
Ein eindeutiges NEIN- (ausser du kennst die Materie (Innere etc..) wirklich, aber so wie das klingt ist das nicht der Fall...

Dreh den Spieß doch einfach mal um... stell dir vor, ein Orthopäde macht bei euch die Augen-Ambulanz- circa so wird dann die Qualität in der Inneren bei den "fachfremden Aushilfen" sein.

Sobald die Leute (Patienten) Wind von der Sache bekommen, bleiben sie eh weg (fahren woanders hin), die Klinik hat dann Ihren (schlechten) Ruf weg- geht früher oder später in die Binsen...

Das einzige, was ihr der Verwaltung beibringen müsst, ist dass sie über Tarif bezahlen oder andere Anreize schaffen müssen, um den Standort attraktiver zu machen- sonst macht die Klinik früher oder später zu.
Als Arzt habt ihr da die wenigsten Probleme einen neuen Job zu finden.

Klingt hart? Hallo, das ist die Wirtschaft (Angebot und Nachfrage), vor einigen Jahren haben wir uns um die Stellen schlagen müssen und allerlei Schlechterstelung gefallen lassen müssen- no more! Nicht umsonst wandern immer noch so viele ins Ausland ab- hier muss sich noch einiges ändern!
:-meinung

Als Leute mit "Helfersyndrom" müssen wir nicht auch noch das Krankenhaus retten, die haben sicher andere Abschreibe-Posten, die unnötig sind. Sonst können wir demnächst noch bei Visite eben mal schnell die Betten machen und Patienten lagern... soweit kommts noch--
:-kotz :-kotz :-kotz :-kotz :-kotz

Feuerblick
17.08.2008, 17:29
Die spinnen wohl? Seid ihr so überbesetzt, dass ihr zu euren eigenen Diensten auch noch Innere-Dienste schieben könnt? Bzw. langweilt ihr euch in euren Diensten derart zu Tode, dass ihr eine zweite Fachrichtung locker "nebenher" bedienen könntet?
Ich vermute mal, dass beide Fragen mit einem klaren "Nein" beantwortet werden können, oder?
Klar, für die Kliniksleitung ist das so viel einfacher: Sie müssen keine neuen Leute einstellen und haben ihre Ruhe. So etwas sollte man nicht unterstützen! Ich hoffe sehr, eure Chefs/OÄ stehen hinter euch und husten den Internisten/Orthopäden was!

LasseReinböng
17.08.2008, 17:46
Schlimm, daß es Chefs gibt, die soetwas auch noch "begrüßen". Ich weiß aber, daß dies bereits in manchen KH Praxis ist, in einem mir bekannten Fall ist es ein FA für Ortho, der neben seiner Praxistätigkeit noch gutbezahlte nächtliche Uro-Dienste in einem Krankenhaus schiebt...ohne vorher in der Uro jemals gearbeitet zu haben. Bis jetzt liefs wohl immer gut.

Außerdem gibt es Kliniken, in denen Innere-Assis Neuro-Dienste schieben. Augen+Innere, diese Kombi geht aber wohl mal gar nicht, finde ich ! :-dagegen

Assistent 3:16
17.08.2008, 17:57
Halte ich für äußert zweifelhaft, ein Augenarzt in einer Fachklinik kann zwar im Dienst immer auf internistische Krankheitsbilder wie akutes Abdomen, Herzinfarkt, Lungenembolie etc. treffen wird dann aber nach Erstversorgung gleich in eine Klinik mit Innere überweisen. Ein angehender Augenarzt kann keine schwierigeren internistischen Fälle selbstständig versorgen, ihm fehlen die diagnostischen Möglichkeiten wie Sono Abdomen, Herzecho, Doppler und Duplex der Gefäße, Gastroskopie und auch die internistische Erfahrung. Bei den Berufsanfängern nach 4 Wochen sieht es leider auch noch meist recht schwach aus was Diagnostik betrifft ,sie arbeiten dafür aber vor allem mit internistischen Krankheitbildern und eine sinvolle Regelung wie Dienste erst nach einem Jahr nach erster Einarbeitung in Diagnostik und fortgeschrittenerer Erfahrung ist wohl leider auf Grund mangelnder Personalbesetzung nicht möglich.

Evil
17.08.2008, 18:21
Aufgabe des Dienstarztes ist es NICHT, die komplette internistische Diagnostik durchzuführen, sondern Notfälle bis zum Eintreffen des fachärztlichen/oberärztlichen Hintergrundes zu versorgen, womit augenärztliche Assistenten teilweise sicher überfordert sind.

Dazu gehören u.a. Abdomensonographie und ACLS, aber wohl kaum Echokardiographie oder Duplexsonographie, wofür bitte? Gastoskopie dagegen ist eindeutig Facharztstandart, das können im Notfall nur Assistenten kurz vor der Facharztprüfung, aber nicht nach 1 Jahr Klinik.

John Silver
17.08.2008, 19:02
Ich würde mich bei so einem Angebot grundsätzlich weigern, und zwar völlig unabhängig davon, ob ich dieses oder jenes machen kann oder nicht. Was kommt denn als nächstes dran? Aushilfsweise mal die Station übernehmen? Aushilfsweise mal in den OP als zweiter Assistent gehen? Habt ihr in eurer Abteilung nicht genug zu tun? Du hast Dich für ein Fachgebiet entschieden, und das ist nun mal Auge, und nicht Innere.

Es wäre sehr sehr dumm, sich auf diese Farce einzulassen, denn dadurch würdet ihr nur eines bewirken: ihr würdet die eigentlichen Verantwortlichen, nämlich die Chefs der Inneren und der Ortho sowie die Geschäftsleitung, aus deren Verantwortung auslösen, indem ihr die Arschkarte für deren Fehler übernähmt. Mit solchen Aktionen schießt man sich nur selbst ins Bein. Die haben es verbockt - die sollen auch dafür die Konsequenzen tragen: die Chefs und OÄ sollen Vordergrund schieben, und die Geschäftsleitung soll dafür die Zeche zahlen. So und nur so macht man es diesen arroganten Menschen klar, daß sie, wenn sie Fehler machen, die Verantwortung nicht einfach wie bisher schön die Hierarchieleiter herunterreichen können.

Grummelchen
17.08.2008, 20:06
Hallo zusammen!

Interessante Diskussion!

Ich arbeite in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und wir haben auch einen fächerübergreifenden Dienst, d.h. im Dienst ist man für seine Abteilung, die Erwachsenenpsychiatrie, die forensische Psychiatrie, die geriatrische Reha und die Neurologie zuständig.

Ich wechsel jetzt dann auf Station und dann geht der ganze "Spass" los.

Ich muss sagen, ich kann dies nicht verantworten. Ich kenn mich in den anderen Gebieten nicht aus, habe noch nie dort gearbeitet, sondern direkt nach dem Studium in der KJP begonnen. Der Chef will's nicht hören, Diskussionen sind nicht möglich und mir gehts dabei echt xxx. Ich habe jetzt schon panische Angst und überlege, die Klinik zu wechseln, bevor ich damit anfange. Dumm nur, dass es mir sonst gefällt und ich gerne bleiben würde.

Wie sieht das ganze denn nun wirklich rechtlich aus?

Denn bei uns wirds wohl keine Änderung geben, so lange es kein Gesetz gibt, das das ganze verbietet.

Würde mich über Antworten freuen.

Danke Grummelchen

Relaxometrie
17.08.2008, 20:11
Wir können ja mal von unserer jeweiligen Klinik aus dem Nähkästchen plaudern, was da so alles durch das Wegrationalisieren der ausreichenende Menge an Arbeitskräften passiert:

Neulich wurde ich auf eine Nachbarstation gerufen, auf der schon seit Monaten nur noch Teilzeitärzte, oder Ärzte der Nachbarstationen vertretungsweise den Laden irgendwie am Laufen halten. Es ist eine "Nachsorgestation" der Suchtabteilung, auf der entaktualisierte Patienten noch mal die Möglichkeit haben, sich zu stabilisieren (vereinfacht ausgedrückt, aber das soll hier im Thread erstmal reichen). Es ist also kaum Akutmedizin, die dort passiert, aber trotzdem haben die Patienten auch Krankheiten, die der Behandlung bedürfen.
Ich wurde also zu einem Patienten gerufen, der sich als akut suizidal herausstellte, so daß ich ihn auf die geschlossene Station der Suchtabteilung verlegt habe. Die rein praktische Verlegung in pflegerischer Begleitung war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Auf der besagten Station war eine einzige Pflegekraft, die von einer anderen Station vertretungsweise abkommandiert worden war, und die Station gar nicht kannte. Sie konnte die Begleitung des Patienten natürlich nicht übernehmen, da die Station sonst völlig ohne Pflegekräfte gewesen wäre. Es dauerte ca. 30 Minuten, bis über die Pflegedienstleitung eine Pflegekraft einer anderen Abteilung kam, um den Transport zu erledigen.

Auf meiner Station werden Opiatabhängige behandelt, die nahezu alle langjährige Haftstrafen hinter sich haben, und durchaus gewaltbereit sind.
Durch die Reduktion der Stellen in der Pflege ist hier nur noch eine Nachtwache vorhanden. Vor wenige Tagen musste diese einzige Nachtwache auf einer anderen Station aushelfen (wo sie mit einer ebenfalls der Station unkundigen Ersatzpflegekraft Dienst schieben musste), so daß unsere Station von der räumlich direkt angeschlossenen Nachbarstation mitversorgt wurde.
Schade, daß der wenige Nächte später erfolgte Einbruch in unseren Medikamentenschrank nicht in dieser Nacht ohne eigene Nachtwache stattgefunden hat. Dann hätte es vielleicht endlich mal eine Änderung in der personellen Besetzung gegeben.

Frau Betty Land
17.08.2008, 20:51
@Grummelchen:

Das ist ja komplett indiskutabel !

Und auch auf die Gefahr hin, hier wieder als arrogant hingestellt werden: Typisch Deutschland !

Ein derartiger Schwachsinn ist in Österreich, ich behaupte auch, in der Schweiz UNMÖGLICH und WAHNWITZ ! Da gibt es wenigstens noch einen Hauch von Anstand.
Und MINDESTENS einen Facharzt in der Klinik vor Ort - ob jetzt Erwachsenen-, oder KiJuPsych.
Schon allein deshalb, weil in Österreich nur 2 (!!) Fachärzte (einer davon im Hintergrund) mittels ihrer unabhängigen Zeugnisse Leute AKUT in der Psych unterbringen dürfen.

In Bayern etwa muß das nicht mal ein Psychiater in Ausbildung sein, geschweige denn ein Facharzt für Psychiatrie......

Aber: Hauptsache BILLIG !

* Machen bei Euch auch die Erwachsenenpsychiater/ Neurologen dementsprechend Dienste in der Kinder- Jugendpsychiatrie ?
Wenn ja: Gute Nacht ! (bzw.: Wie läuft es denn bei Euch mit Unterbringungen in der KiJu ? Muß die nicht etwa unter Facharztstandard erfolgen ?)

* In einer Psychiatrie in Bayern wurde diese Nummer (Dienste unter KiJu-Psychiatern und Erwachsenenpsychiatern aufteilen) auch aus Spargründen erwogen, aber dann abgeblasen.
Grund: Die Kinder- und Jugendpsychiater haben erklärt, daß sie sich fachlich außerstande sehen, über die Unterbringung eines Erwachsenen zu entscheiden und etwa internistische Akutprobleme in der Gerontopsychiatrie genauso wenig wie etwa ein akutes Delir auf der Sucht behandeln können.

Mithin der oberärztliche Hintergrund ständig auf der Matte stehen MÜSSTE.

Zudem hätte dann, da die Erwachsenenpsychiatrie erfahrungsgemäß mehr Arbeit bietet, der Hintergrund der KiJuler auf einmal deren Fälle ansehen und managen müssen.

Man sollte also in der Tat die Klinik wechseln (Neuro auch noch dazu - etwa vielleicht auch noch mit Neuro-Intensiv und /oder Stroke-Unit.......Gott schütze uns vor dieser Klinik !) oder aber komplett auf das og. Verhalten (hält halt der Hintergrund den Kopf hin.......) umschalten.

Rechtlich ist man medizinisch sicherlich nicht verantwortlich, wenn man im Fremdfach nicht grob fahrlässig handelt, rechtzeitig den Hintergrund holt und nachweisbar ist, daß man weder eine vernünftige fachliche Einweisung noch regelm. Kontrollen der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten erhalten hat.

Brenzlig sind allerdings die Unterbrinungen - denn für die hält man in jedem Fall (strafrechtlich) den Kopf VOLL hin, wenn nicht der Hintergrund vor Ort entscheidet.

Und das ist der eigentliche Wahnsinn: Freiheitsentzug und u.U. Zwangsbehandlung, ohne JEDE FACHKENNTNIS !

Unfaßbar ! Klingt ja fast schon nach Schutzhaft.....

Im übrigen kann ich @grummelchen nur raten, sich mein erstes Posting in diesem Thread (alles Mögliche SCHRIFTLICH fixieren lassen..) als Antwort auf den Threadersteller durchzulesen.

Vielleicht hilft das ein wenig.

Oder:WEG aus diesem, im wahren Sinne des Wortes, IRRENHAUS.

@Relaxometrie: Man kann hier einfach nur dokumentieren (Psychiater sollen darin ja Weltmeister sein....) bzw. schriftliche Sachverhaltsdarstellungen an die Vorgesetzten einbringen, um seine "Pflicht" zu tun.

Wenn dann nämlich irgendwann etwas passiert (hoffentlich nicht, aber sicher ist sicher....) liegt bei SCHRIFTLICHEM Nachweis der eigenen Sorgen (wichtig !) eine eindeutige Verletzung der Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers bzw. ein Organisationsversagen vor.Dann haben DIE den Ball !

Daß "Nachsorgestationen" auf der Sucht wohl in erster Linie der Bettenbelegung dienen (in der Psych wird ja noch nach Belegtagen bezahlt...) würde nicht wundern.

Der (sichere) Transfer eines akut Suizidalen ist an sich volle ärztliche Verantwortung, wenngleich man dies in der Tat wahrscheinlich immer in zusätzlicher Begleitung (in diesem Falle der Pflege) machen sollte.
Akut ist es ärztliche Alleinverantwortung, in Güterabwägung auch die letzte Pflegekraft von einer Station abzuziehen, um die Sicherheit des Pat. sicherzustellen ( Was wäre denn bei irgendeinem Alarm oder Notfall in der Nacht irgendwo in der Klinik ? Ist man dann als Arzt alleine, weil die alle ihre Station nicht verlassen dürfen oder wie....?)

Die (potentielle) Gefährlichkeit von Pat. auf Station ist rechtzeitig vom zuständigen OA/FA und der zuständigen Pflegeleitung einzuschätzen und entsprechend (personell) zu würdigen.

DAS ist nicht das ärztliche Problem des Nachtdienstes und wenn da etwas schiefgeht, weil die keine adäquate Pflege haben, ist die Pflegeleitung zu allererst verantwortlich.

Und immer: DOKUMENTIEREN. Was schriftlich fixiert wurde, steht mal da. Und ist im Zweifel hinterher nicht ganz so leicht abzustreiten wie "Mündliches".

Aber diese Schiulderungen machen wirklich Angst vor der Psychiatrie, die ohnehin keinen besonders guten Ruf hat.

Anscheinend gehr man in D wieder zurück in die Urzeiten der Verwahrungpsychiatrie, die mit Recht einen besonders schlechten Ruf (bis in die 80er Jahre in D.......) hatte.

Au weia !

Grummelchen
17.08.2008, 21:08
Hallo "Frau Betty Land".

Ja, ich sehe das ja genauso. Ich kann es nicht verantworten, da ich noch nie in einer Psychiatrie, Neurologie oder Inneren gearbeitet habe. Es interessiert hier nur niemanden und es würde den Chef ja deutlich mehr kosten, einen eigenen Nachtdienst einzurichten. :-nix
Da könnte ich platzen und ich würde diese Dienste auch verweigern, nur bin ich irgendwie die Einzige hier. Allen anderen gefällt das auch nicht, vor allem weil die Erwachsenenpsychiatrie Aufnahmepflicht hat, nachts ständig Polizeiautos und Krankenwägen vor der Tür stehen, dann gibt es internistische Notfälle ohne Ende... Aber meine Kollegen sagen einfach nichts. Sind zwar davor, währenddessen und danach total fertig aber die halten das aus.
Na und die Ärzte von den anderen Fachrichtungen müssen bei uns auch Dienste machen und denen gefällt das auch nicht. Vor allem weil wir eben auch echt kleine Kinder und bald Säuglinge auf Station haben.

Aber es ist eben eine Abmachung aller Kliniken, fächerübergreifende Nachtdienste zu machen.

Ich kann es nicht verantworten, Dienste für alle Fächer zu machen. Nur werde ich dazu gezwungen und kann daran nichts ändern. Und dabei ist es egal, ob ich es verantworten kann und wie es mir geht.

Schade, dass es so etwas gibt...

Frau Betty Land
17.08.2008, 21:23
Schön langsam: Wer zwingt hier wen ?

* Gibt es eine schriftliche Vereinbarung darüber mit Euch bzw. zwischen den entsprechenden Chefärzten und der Klinikleitung ?
Wenn ja - ab damit zum Marburger Bund / Personal-, Betriebsrat, wenn nein: Bingo !

* Habt Ihr Einschulung durch FA/OÄ/CÄ in der NOMALEN DIENSTZEIT in die anderen Fächer, könnt Ihr (natürlich VOLL BEZAHLT und als ARBEITSZEIT angerechnet) bei Diensten MEHRMALS mitgehen ?

* Ich weiß schon, daß es nicht leicht ist, aber im Zweifelsfall einfach WEIGERN und mal abwarten, was die dann machen.
Kann im schlimmsten Falle ein generelles Dienstverbot sein, daß jedoch (wieder: Marburger BUnd bzw. ÄRZTEKAMMER) Deinem Ausbildungsvertrag widerspricht.....
Oder aber eine schriftliche Dienstanweisung, der Du schriftlich gut begründet widersprichst Alles im rechtlichen Rahmen....

* Wenn Du trotzdem mit Diensten beginnst, mußt Du Dich eben maximal "beliebt" machen, indem Du den Hintergrund der anderen Fächer MAXIMAL hereinholst - DIE sind verantwortlich. Und wenn sie sich weigern: Dokumentieren, am nächsten Tag dem jeweiligen Chefarzt schriftlich vorlegen und basta.
Überhaupt: ALLES für Dich möglichst genau dokumentieren, Schreiben, schreiben, schreiben. In die Kurven, ins elektronische System (falls vorhanden), in Deine "Kladde". ALLES. Jeden Telephonanruf vom Personal (wer, wann), von der Polizei, vom oder an den Hintergrund etc. pp.
Wenn dann etwas passiert, muß Dir schon grob fahrlässiges Verhalten nachgewiesen werden.
Und wenn Du dann selbst auf einmal Aufzeichungen hast, kommt nicht mehr das Gedächtnis ins Spiel.

Es ist wirklich nicht überall so.

Noch einmal: CÄ sind heute ganz schön blauäugig, was ihre Verantwortung angeht. Denn die Gerichte nehmen sie immer mehr - Approbation hin oder her - in die Pflicht. Und zwar ganz gehörig !
Aber angenehm ist so ein Gerichtsverfahren für den "armen" Assi dann auch nicht, geschweige den eine mögliche Fristlose und die psychischen Probleme, die man dann bekommt....

Ist ja ein Wahnsinn, wenn Fachfremde Säuglinge (!!) im Notfall behandeln sollen, wenn es Fachpersonal gibt.

Ein Irrwitz. Wie im Dschungel.



:-meinung