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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : O2- Gabe bei 100% Sättigung?!



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Rugger
18.10.2002, 19:19
Ok, nachdem ich den ganzen Tag arbeiten war, werde ich jetzt einfach mal gesammelt auf die heutigen Postings antworten (hätte gar nicht gedacht, daß ich soviel Response bekomme... :-top):
- die Gabe von Sauerstoff ist sicherlich nicht schädlich, und wenn sie mittlerweile Standardmaßnahme im Rahmen der Regelkompetenz ist, dann war es in diesem Sinne sicherlich ein Versäumnis unsererseits, der Patientin keinen Sauerstoff zu geben. Andererseits habe ich, wie bereits erwähnt, z.T. auch schon die Erfahrung gemacht, daß die O2- Gabe den Patienten agitieren kann, so daß ich in diesem Fall drauf verzichtet habe.
- das eventuell auch zu erreichende positive psychologische Moment ist allerdings auch nicht von der Hand zu weisen.
- @ Airmaria: die Hyperkapnie bezieht sich doch auf einen zu hohen pCO2 im Blut, oder? Da ist es doch ganz egal, ob die Einatemluft zu 23 oder zu 100% aus Sauerstoff besteht, oder? (Hoffe, ich stehe da gerade nicht voll auf dem Schlauch...) Sauerstoffgabe kann doch, physiologisch gesehen, im Prinzip nie schaden, oder?
- @ Feuerblick: die bestehenden Brustschmerzen, die wohl auch leicht ausgestrahlt haben, sowie eine leichte Übelkeit, waren eigentlich soweit die einzigen Symptome... Haben Eure Docs und RAs das Befürworten der O2- Gabe denn irgendwie begründet? Und was die Flexibilität angeht, dazu kann ich nur sagen: EBEN!
- @ Vystup: klar, der venöse Zugang ist natürlich Standard. Bei uns ist jedoch so, daß die NA- Indikationen relativ weit gestrickt sind und sehr schnell ein NA mitalarmiert wird. Da ist dann meist auch das Legen der Braunüle ärztliche Aufgabe. IV- Zugänge werden bei uns durch das RD- Personal nur relativ selten im Rahmen der Notkompetenz gelegt oder halt wie im von Dir erwähnten Beispiel des nachgeforderten NAs gelegt.

Will jetzt aber nochmals ganz zu Anfang erwähnten physiologischen Argumente zur Diskussion stellen. Kann jemand noch was dazu sagen?

Rugger,
der allen ein schönes Wochenende wünscht!

Jeanne
18.10.2002, 20:34
Die Antwort liegt meiner Meinung nach in der Sauerstoffbindungskurve. Die Sättigung sagt nur wenig über die tatsächliche Oxygenierung des Blutes aus. So kann z.B. der Sauerstoffpartialdruck auf die Hälfte sinken und die Sättigung fällt trotzdem nicht unter 80% ( hängt mit dem sigmoidalen Verlauf der Kurve zusammen). Da eine frühzeitige gute Oxygenierung die Prognose entscheidend verbessert und die Pulsoxymetrie keine sehr verlässliche Aussage über den pO2 macht, ist die Gabe von Sauerstoff auf jeden Fall sinnvoll.

airmaria
18.10.2002, 21:17
Original geschrieben von Rugger
@ Airmaria: die Hyperkapnie bezieht sich doch auf einen zu hohen pCO2 im Blut, oder? Da ist es doch ganz egal, ob die Einatemluft zu 23 oder zu 100% aus Sauerstoff besteht, oder? (Hoffe, ich stehe da gerade nicht voll auf dem Schlauch...) Sauerstoffgabe kann doch, physiologisch gesehen, im Prinzip nie schaden, oder?

Nee!!! Diese Aussage ist äußerts bedenklich! Du kannst einen mit Sauerstoff locker umbringen!!! Lies mal die Kapitel in der Pulmonologie lieber nochmal genauer nach... so von wegen Atemantrieb und Regulation...
Außerdem ist das Zeug zusätzlich bei längerer Gabe auch nicht unbedenklich!

"Mary" airmaria

Froschkönig
18.10.2002, 21:20
@Mary :
Hab jetzt nicht nochmal nachgeschlagen, aber war das nicht so, daß bei leuten, die an hohen pCO2 "gewöhnt sind" (COPD, Asthma) die Physiologische Steuerung nur noch auf den pO2 achtet und man jemanden DANN mit O2 des Atemantriebs berauben kann ?

airmaria
18.10.2002, 21:25
Jau, der Könich hat es!

... denn was macht denn einer, der auf Sauerstoff adaptiert ist, wenn er jede Menge davon bekommt?

Er hört auf zu atmen und das steigende Kohlendioxid stellt keinen Atemanreiz mehr da, weil es das ja inzwischen verlernt hat.
Und dann haben wir ihn auf dem Gewissen!

"Mary" airmaria

Pascal
18.10.2002, 21:28
Adlige ham doch eh kein Gewissen.

Rugger
19.10.2002, 22:00
Mann, Mary, Pulmologie gibbet doch inne Vorklinik nich...! ;-)

R.

DocRob
02.11.2002, 15:29
Hi, Leute, also wir müssen glaube ich zuerst einige Punkte klarstellen.
1. Der Notarzt hat richtig gehandelt.
2. Die periphere O2-Messung ist n i c h t verläßlich. Das hat nicht mit den Kabeln zutun, sondern mit vielfältigen DD die die Färbung des Hb´s ändern oder nicht ändern, da das Gerät nur Farbunterschiede mißt, deshalb euch kein Nagellack usw. kennt ihr ja. Nur eine BGA gibt korrekt Auskunft über die Oxygenierung des Patienten. Ach ja, 100 % Satt. gibt es nicht. Noch ein Messtechnisches Problem,dass aber bekannt ist.
3. Ja, Atemstillstand bei BlueBloatern/COPD ist möglich und muß immer einkalkuliert werden.
4. Dient die Gabe von 100% O2 auch um die Reservekapazität der Pat. mit O2 abzudecken, damit man im Falle einer Verschlechterung der Situation genug Zeit zum Intubieren hat
und und und ..........
5. Hätte ich 4 L/Min. eher für angemessen gehalten.
6. Kurzfristiger O2-Einsatz ist nicht schädlich, s. Bücher der Intensivmedizin.
So könnte ich noch Stunden weitermachen, aber glaubt mir eins, der Mann hat nicht umsonst seinen Notarztschein gemacht.
Bis dann :-top

Feuerblick
03.11.2002, 11:34
Hi Doc Rob,

ich hab ein paar Anmerkungen zu Deinem Beitrag:

1. Keiner hat behauptet, dass der Druide falsch lag. Es ging nur darum, dass die Handlungsweise des RettAss nicht so furchtbar daneben war, dass sie einen Anpfiff gerechtfertigt hätte.
2. Die Fehler sind bekannt, daher sollte man seinen Patienten ja auch mal angucken, ob sein Aussehen zum Pulsoxy-Wert passt (BGA präklinisch ist ja eher nicht möglich :-) ). Dieser Patient war allerdings nicht zyanotisch (CO schliessen wir jetzt einfach mal aus...) und hatte auch subjektiv keine Luftnot. Es gab daher wohl wenig Anlass, an einen ernsthaften Sauerstoffmangel zu denken.
3. Stimmt! Ist aber eine Möglichkeit, die man bei Sauerstoffgabe im Hinterkopf haben sollte, damit man sich nicht allzu sehr wundert, wenn der Patient plötzlich beschliesst, dass Atmen nicht sein muss... ;-)
4. Das wäre zumindest eine gar nicht schlechte Begründung, auch wenn man im vorliegenden Fall sicher nur sehr, sehr weitläufig an solche Komplikationen denken mußte (mir ist noch kein Patient untegekommen, der von leichter AP mit fast keinen Beschwerden innerhalb von Sekunden intubationspflichtig wurde... aber dran denken ist natürlich nie falsch!)
5. Allerdings. O2 in derart homöopatischen Dosierungen wie im vorliegenden Fall kann man eigentlich auch lassen. Unter 4l hätte ich auch nicht angefangen.
6. Stimmt, wenn man weiß, was an Komplikationen evtl. auftreten kann (die Sache mit Asthma und Co. beispielsweise), dann schadet kurzfristige O2-Gabe bestimmt nicht.

Also hat der Doc seinen Fachkundenachweis bestimmt nicht umsonst gemacht und seinem Patienten auch ganz sicher nicht geschadet, aber der Anpfiff an die RTW-Besatzung war auch nicht in diesem Maße gerechtfertigt, denn der "Fehler" (obs einer war, wird die Gelehrten zum Streiten bringen) war nun wirklich nicht soooooooo gravierend...

:-meinung

Gruß Feuerblick

harlekyn
11.07.2003, 09:41
als erstes mal vielen Dank! Als nicht Student war ich eigentlich stolz das ich das mit dem Asthma und dem Atemantriebe gewußt hätte, aber da seit ihr mir ja zuvor gekommen!*grml*
Aber zurück zum Thema!
´
1. Wenn der Patient doch laut PulsOxi und visueller Kontrolle wohl ne Sätigung von ca. 100 % gehabt hat, ist die Gabe von Sauerstoff meiner ansicht nach aus notfallmedizinischer Sicht unnötig! Er hat was er braucht und ich denke man kann auch keine Art von Reserve für den Fall der Intubation anlegen, weil, wo soll die denn sein, wenn er schon bei 100 ist?!

2. Aus Sicht der Vorbeugen, falls es schlimmer wird und man diese Handgriffe(Nasensonde raus, Sauerstoff auf....) dann nicht mehr tun muß, denke ich ist das schon ok. Wenn er wirklich abrauscht hat man die 10 sec. wieder. Aber ob das passiert oder wahrscheinlich ist kann man wohl nur vor Ort einschätzen!

3. Auf jedenfall hat das ganze psychologischen Wert! Man stelle sich vor es ist 3 Uhr Nachts, man steht bei einem Fremden in der Wohnung und wartet auf den NA. Irgendwann sind alle Massnahmen mal gemacht und dann steht man rum und quält sich unter Umständen damit dem Patient ein gespräch auf zudrücken weil die Stille unangenehm ist. Aus dieser Sicht es ist psychologisch wichtig für das RD-Personal weil es was zutun hat und für den Patienten weil er das Gefühl hat die Leute wissen was sie tun :-D und man kümmert sich um mich! Kommt aber auch auf den Patienten an. vielleicht ängstigen ihn die vielen Kabel..(wären mit EKG und Zugang ja schon 7 und das sieht ja schon ziemlich brutal aus!)

Der Möchtegern Student

Rico
11.07.2003, 09:59
Original geschrieben von harlekyn
1. Wenn der Patient doch laut PulsOxi und visueller Kontrolle wohl ne Sätigung von ca. 100 % gehabt hat, ist die Gabe von Sauerstoff meiner ansicht nach aus notfallmedizinischer Sicht unnötig! Er hat was er braucht und ich denke man kann auch keine Art von Reserve für den Fall der Intubation anlegen, weil, wo soll die denn sein, wenn er schon bei 100 ist?! Schonmal was von Präoxygenieren gehört?
Die Reserve legt man da in den Lungen des Patienten an.
Wenn es nämlich (unter der Intubation oder sonstigen Gründen) zum Atemstillstand kommt, dann macht es für den Patienten sehr wohl einen Unterschied, ob in seinen Lungen Raumluft mit 21% Sauerstoff ist, oder 80% Sauerstoff über Maske...
Das heißt, es dauert viermal solange, bis nach Atemstillstand die Sättigung fällt, denn solange kann sich das Blut noch aus den Lungen bedienen...

Sauerstoff auf jeden Fall, v.a. wenn unklar ist, ob eine Intubation vielleicht mal nötig wird.

harlekyn
11.07.2003, 10:54
klar kenn ich das! Aber darunter versteh ich das man einen Patient beutelt und ihn so auf ein hohes Sauerstoffniveau in seiner lunge und seinem Blut zu ereichen! WEis net on man bei 2liter Sauerstoff über Nasensonde schon von ner massgeblichen Präoxygenierung reden kann!
Das würde Sinn machen wenn der Mensch in seinre Lunge bereiche anlegen würde, wo er den sauerstoff beläst und nicht versucht ihn ihn das Blut auf zunehmen! Laut meinen Laienkenntnisse atemet er aber alles was er einatmet auch wieder aus es sei den man hindert ihn (peep). Aber davon war dieser Patient ja noch anscheinden weit weg!
So denk ich mir das mal! Lass mich aber gerne belehren!
Thx schon mal

wieder der möchtegern Student!

Rico
11.07.2003, 12:39
Original geschrieben von harlekyn
Aber darunter versteh ich das man einen Patient beutelt und ihn so auf ein hohes Sauerstoffniveau in seiner lunge und seinem Blut zu ereichen! Das wurde bei uns als Oxygenierung bezeichnet; Präoxygenierung passiert davor, wenn man einfach dem Pat die Maske vor's gesicht hält und 100% Sauerstoff rauskommen läßt.

Original geschrieben von harlekyn
Das würde Sinn machen wenn der Mensch in seinre Lunge bereiche anlegen würde, wo er den sauerstoff beläst und nicht versucht ihn ihn das Blut auf zunehmen! Laut meinen Laienkenntnisse atemet er aber alles was er einatmet auch wieder aus es sei den man hindert ihn (peep). Äh... nein. Der Mensch hat ein Atemzugvolumen in Ruhe von 10ml pro Kilogramm Körpergewicht, also im Schnitt etwa 700-800ml.
In die Lungen befinden sich aber am Ende einer normalen Expiration noch etwa 2,5 Liter. Auch bei maximaler Expiration wird die Lunge nicht vollständig entleert, es bleibt ein Residualvolumen von ca. einem Liter drin.
Das macht ja auch Sinn: Blut fließt ja durch die Lungen nicht nur in der Inspiration, sondern kontinuierlich, es muß also immer Sauerstoff da sein, den es aufnehmen kann.
Mit dem Peep vergroßerst Du das Residualvolumen und stellst mehr Sauerstoff länger zur Verfügung.

Durch die Präoxygenierung stellst Du auch mehr Sauerstoff zur Verfügung - nur weniger eingreifend als mit dem Peep für den Du ja ein annährend geschlossenes System brauchst.

Rico
11.07.2003, 12:58
Hab dieses Bilchen dazu gefunden:
Is einfacher, als das alles auszformulieren

Alles was unterhalb der Obergrenze der funktionellen Residualkapazität ist bleibt bei normaler Atmung in den Lungen zurück (ca. 2,5l).
Auch wenn ich dadrin mit Sauerstoff über die Nasensonde den sauerstoffgehalt um nur 10% auf 31% anhebe, dann hat der Patient in Expiration statt einen halben Liter reinen Sauerstoff einen dreiviertel Liter zur Verfügung und das is doch schonmal was...

sventilator
11.07.2003, 13:16
Hallöle zusammen,

ich bin zwar kein Med-Student oder Arzt sondern nur angehender RS, in meiner Freizeit bin ich aber als First-Responder unterwegs (Ersthelfer-vor-Ort) und da hab ich häufiger mit Notfällen zu tun.

Wir geben bei Notfällen so gut wie immer mindestens 4l/min O2. Wenn der Patient noch mehr braucht, bekommt er auch mehr.

Uns wurde immer gesagt, das 4l/min keinerlei Schaden anrichten sondern immer was bringen und wenn es "nur" für die psyche ist.

Nichts ist schlimmer als ein Notfallpatient bzw. Angehörige die das Gefühl haben das nichts für den Patienten gemacht wird.

Also ich würde dem Patienten die 2-4 l geben.

harlekyn
11.07.2003, 18:15
Erst mal Thx an Rico! Dann lag beimir, vielmerh der fehler in der ausbildung denn uns wurde das mit dem prä und oxygenieren genau anders herum erzählt. aber man lernt ja nie aus!

Die Gefahrn des Sauerstofefs wurde ja in den andren Beiträgen bereits erwähnt. Ganz ohne ist das Zeug bei bestimmten Patientengruppen und auf längere Zeit gesehen net! Aber wenn man die gefährdeten Gruppen kennt und das tut man ja als first-Responder dann macht das ja alles nix.

Leider kenn ich genug Leute aus dem Ortsverein und angehende Sanis, die einem Asthmatiker oder sowas doch glatt alles an Sauerstoffe geben würden was sie haben....oder ihm ne Tüte vors Gesicht halten weil er denkt er würde hyperventilieren!
Ich denk für sowas mach ich mal ein Thread auf....

MfG der möchtegern Student!