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Triality
13.09.2008, 15:45
Hallo,

vielleicht eine etwas triviale Frage, aber ich komm einfach nicht drauf. Überall liest man selbstverständlich ohne große Erklärung von der "Laktatazidose", als scheint hier etwas a priori vorausgesetzt. Nur: Wo wird überhaupt das Proton freigesetzt welches für diese Azidose verantwortlich ist? :-((

Bei anaerober Glykolyse ensteht ja aus Glucose neben den 2 ATPs, 2 Pyruvat und 2 NADH + H+. Die zwei Wasserstoffatome werden bei anaerober Glykolyse wieder auf die C=O Gruppe des Pyruvats übertragen (es entsteht Laktat mit einer H-C-OH Gruppe). Nach dieser Logik müssten doch eigentlich gar keine Protonen frei werden?
Oder hat es mit der Carboxylgruppe zu tun, weil diese irgendwann deprotoniert wird? Aber in welchem Schritt der Glykolyse passiert das (in meinen Lehrbüchern steht irgendwie nirgendwo konkret das eins frei wird)? Pyruvat an sich ist ja schon deprotoniert und kann so keine Protonen mehr freigeben.. :-nix

Hoffe mir kann jemand auf die Sprünge helfen :-keks

/T

EzRyder
13.09.2008, 16:08
Lactat liegt bei physiologischem pH(7,4) dissoziiert vor, daher also die Protonen der Lactatazidose.

Phosphoglycerat liegt ja auch dissoziiert vor, hier wird bei der aeroben Glycolyse allerdings das Protn bei der Decarboxylierung von Isocitrat wieder verbraucht.
Gruß :-stud

Triality
13.09.2008, 16:18
Lactat liegt bei physiologischem pH(7,4) dissoziiert vor, daher also die Protonen der Lactatazidose.


Du sagst das genau so selbstverständlich, wie es in den Büchern steht. Ich finde das ist es nicht.

Wo dissoziiert das Proton des Laktats im verlauf von Glykolyse (anaerob) bis Laktat-Dehydrogenase-Reaktion (LDH-Reaktion) ab? So wie ich das sehe, wird das Proton auf welches du Bezug nimmst in der Glyncerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase-Reaktion (GAPDH-Reaktion) auf NADH + H+ übertragen, welches dann später von der LDH wieder auf Laktat übertragen wird (wie oben beschrieben).
Somit müsste doch Laktat eine Azidose eigentlich eher abpuffern anstatt bewirken?


:-nix

EzRyder
13.09.2008, 16:37
Es gibt einen Denkfehler:
Lactat nimmt zwar bei der Umwandlung aus Pyruvat 2 H+ auf, ist aber selbst Protonendonator und liegt dann dissoziiert vor. Kleinere Mengen von Lactat können im Organismus oxidativ abgebaut werden.
Besteht jedoch Sauerstoffmangel kann das Pyruvat nicht mehr umgesetzt werden, da in Folge ja die oxidative Phosphorylierung stillsteht. Es sammelt sich also vermehrt Pyruvat an, dann durch LDH zu Lactat und somit kommt es zur Protonenbelastung die beim Ablauf der Oxidativen Phosphorylierung nicht entsteht da das Pyruvat verstoffwechselt und die anfallenden Protonen oxidiert werden. Jetzt klarer?

Triality
13.09.2008, 16:43
Es gibt einen Denkfehler:
Lactat nimmt zwar bei der Umwandlung aus Pyruvat 2 H+ auf, ist aber selbst Protonendonator und liegt dann dissoziiert vor.

Ja, aber ich glaube der liegt bei dir:

Pyruvat kommt ja schon dissoziiert aus der Glykolyse heraus (und ist das Substrat der LDH) und die 2 Protonen werden ja nicht auf die C1 Carboxylgruppe des Pyruvats übertragen sondern auf die C2 Carbonylgruppe (C=O) sodass daraus eine Hydroxylgruppe mit einem Wasserstoff wird (H-C-OH). Und meines Wissens dissoziiert da ohne geeigneten proteinogenen Katalysator nichts einfach so ab. Oder nicht? Trotzdem danke für die Hilfe :-winky

Hier ein Bild:

http://www.biochem.arizona.edu/classes/bioc462/462b/graphics/LDH-Lehn4un1417-p538.jpg

EzRyder
13.09.2008, 16:58
Nein.
Es liegt die Carboxylgruppe dissoziiert vor! Die C2 Verbindung ist natürlich stabil.
Pyruvat würde wenn es nicht durch die LDH umgesetzt würde bei O2-Mangel genauso zur hier fiktiven Pyruvatazidose führen.
:-winky

Triality
13.09.2008, 17:05
Nein.
Es liegt die Carboxylgruppe dissoziiert vor!
:-winky

Das hab ich doch oben gesagt! Siehe Bild bzw. Lehrbuch: Pyruvat (liegt bereits dissoziiert vor) wird zu Laktat (ist immer noch disoziiert) :-))

Das Problem bleibt das gleiche: Damit könnte man ja die Azidose nur erklären wenn vorher irgendwo von Pyruvat ein Proton abdisoziiert (das tut es) und nirgendwo gebunden wird, also als freies Proton den pH-Wert erniedrigt. Aber wie oben schon mehrfach erwähnt: Ich sage es wird gebunden, in Form der Pyruvat C2 H-C-OH Gruppe. Verstehst du mein Dilemma nicht? :-nix

PS: Siehe hier (http://de.wikibooks.org/wiki/Biochemie_und_Pathobiochemie:_Glycolyse) bei den Formelumsätzen, Teil 2. Es entsteht NADH+H+ (Tabelle oben) und durch die LDH wird NADH+H+ wieder verbraucht (Tabelle unten). Netto Freies Proton: 0

Nemesisthe2nd
13.09.2008, 17:15
EzRyder wollte ausdrücken dass die menge wesentlich ist...

solange alles aerob abläuft sammelt sich kaum pyruvat an, weil es gleich weiterverstoffwechselt wird... deshalb sinkt der pH nicht ab...

wenn aber kein sauerstoff da ist, sammeln sich pyruvat an das dann zu laktat umgewandelt wird... es geht um die menge an vorhandenen pyruvat bzw. laktat... und die steigt eben an bei sauerstoffmangel...

EzRyder
13.09.2008, 17:22
Genau

Triality
13.09.2008, 17:32
Mhh, ja so seh ich das ja eigentlich auch.
Aber ist es richtig zu sagen: Ein Anstieg der Laktatkonzentration ist nicht für die Azidose verantwortlich (weil dieses ja Protonen in sich aufnimmt, also als Puffer wirkt) und der kausale Zusammenhang zwischen Azidose und Laktatanstieg (also, dass Lakat eine Azidose bewirkt) nicht besteht, sondern vielmehr ein indirekter ist (also bei Arbeit mehr Glykolyse --> mehr Laktat --> aber nicht mehr Protonen durch das entstehende Laktat)?

Anders ausgedrückt: Die direkt durch anaerobe Glykolyse verursachte Azidose entsteht erst, wenn die entstehenden Protonen nicht mehr genügend als Laktat gebunden werden können (z.B. bei zunehmendem Laktat, welches sich als Produkt der LDH negativ auf die weitere Umsetzung des Substrates Pyruvat auswirkt) (richtig?).

Falls obiges richtig ist müsste die Aussage (Zitat wikipedia) "Laktazidose ist ein Anstieg des Laktatwertes im Blut und gleichzeitig ein Abfall des Blut-pH-Wertes, da der die Milchsäure ausgleichende Blutpuffer diese Mengen nicht mehr kompensieren kann." eigentlich genau genommen falsch sein. Es entsteht ja keine Milchsäure, sondern Laktat und dieses kann nicht dissoziieren... Solche und ähnliche Aussagen (selbst in großen Lehrbüchern) verwirren micht halt so sehr, deshalb dieser Thread...

papiertiger
13.09.2008, 19:44
Nein.

Wikipedia hat in dem Fall recht, es entsteht sehr wohl Milchsäure und nicht nur ihr Anion (Laktat). Manche Schemata, die man so in Büchern/im Netz findet sind dahingehend etwas verwirrend ;-)

Damit ergibt das Ganze dann auch wieder Sinn, bzw. es ist auch klar, wie bei Überproduktion von Milchsäure (Gewebehypoxie -> anaerobe Glykolyse, viel Milchsäure als Endprodukt) eine Azidose entsteht - Milchsäure wird im wässrigen Milieu (Blut!) zu Laktat und Oxoniumion, ab einer bestimmten Konzentration ist der Puffer mit den Oxoniumionen überlastet - also: Azidose durch Letztere, und ein Laktat-Anstieg, der der Laktatazidose ihren Namen gibt.


Das in der Ausgangsfrage gesuchte Proton steckt also in der Milchsäure (CH3–CHOH–COOH). Im Laktat (CH3-HCOH-COO−) dann nicht mehr.

Triality
13.09.2008, 20:17
Ich würde dir ja so gerne glauben, dann wäre das Problem gegessen, aber: Hast du irgend eine Quelle dafür? In meinen Büchern (gr. Löffler und Duale Reihe) entsteht Laktat in der LDH-Reaktion, dadurch bedingt, dass das Reaktionsprodukt der Glykolyse und gleichzeitig Substrat der LDH Pyruvat und nicht Benztraubensäure ist. Halte beide obigen genannten für seriöse Werke und auch auf Biochemie-Instituts-Seite im Netz findet sich diese Information.

Tut mir leid, dass ich da so störrisch bin, aber ich möchte die Dinge gerne irgendwie verstehen..

coron
13.09.2008, 20:20
Hmm. Ich dachte, Laktat puffert nicht bei physiologischen pH-Werten. pKs von Milchsäure ist 3,86. Bei pH 7,4 ist Milchsäure fast vollständig dissoziiert, also nimmt Laktat auch (fast) keine Protonen auf. Der optimale Pufferbereich wäre ja bei pH 2,8-4,8.

Aber ich habe noch eine Idee: pKs von Brenztraubensäure (Pyruvat) ist etwa 4,5. Das heißt: Milchsäure dissoziiert stärker als Brenztraubensäure, oder andersherum: Laktat nimmt Protonen weniger gern auf als Pyruvat. Der Unterschied in den resultierenden H+-Konzentrationen beträgt immerhin fast eine Zehnerpotenz.

Eine 1 M Brenztraubensäure-/Pyruvatlösung hätte pH 4,5, eine 1 M Milchsäure-/Laktatlösung dagegen pH 3,86!

Stimmt das soweit? Könnte der Unterschied der Dissoziationskonstanten reichen, die Laktatazidose zu erklären?

Monty
14.09.2008, 11:08
Leute, ihr macht es euch aber schwierig:
1. Der pKs von Glucose ist so um 7, Glucose reagiert neutral.
2. Der pKs von Milchsäure ist deutlich darunter, das Zeug ist also sauer.

Jetzt wird - unabhängig von irgendwelchen Stoffwechselprozessen darum - Glucuose stochastisch in Milchsäure überführt, nach der Grundschulgleichung für die Milchsäuregärung:

C6H12O6 ----> 2 CH3-CH(OH)-COOH ----> 2 CH3-CH(OH)-COO- + 2 H+

Es wird also eine neutral reagierende Verbindung in eine sauer reagierende letztlich über einige enzymatische Schritte überführt. Daher entsteht eine Azidose, deren Ausmaß wiederum mit dem Lactatspiegel korreliert ist.

Wenn ferner die hier genannten pKs-Werte für Milchsäure von um 4 stimmen, dann kann man sich auch überlegen, dass das Zeug nahezu vollständig dissoziiert vorliegt (so etwa 1000mal mehr Lactat als Milchsäure), so dass pro Mol Glucose etwa 2 Mol Protonen in der anaeroben Glykolyse erzeugt werden, genug für eine Azidose würde ich meinen.

(Übrigens ist das auch so ganz logisch, wenn man überlegt, dass in der Glykolyse Oxidationen an Hydroxyl- und Carbonylgruppen durchgeführt werden und dabei logischerweise saure Carboxylgruppen entstehen.)

coron
14.09.2008, 12:10
Es wird also eine neutral reagierende Verbindung in eine sauer reagierende letztlich über einige enzymatische Schritte überführt. Daher entsteht eine Azidose, deren Ausmaß wiederum mit dem Lactatspiegel korreliert ist.
Das ist völlig richtig, ist aber nicht das Problem.

Die Frage war: Warum gibt es einen Unterschied zwischen anaerober (Glukose -> Milchsäure -> Azidose) und aerober Glykolyse (Glukose -> Brenztraubensäure -> keine Azidose)?

Grundschulwissen reicht da leider nicht aus. :-)

Triality
14.09.2008, 12:46
Glucuose stochastisch in Milchsäure

Nein, in Laktat! Schau einmal in ein Biochemiebuch (z.B. Löffler S.360) :)


Das ist völlig richtig, ist aber nicht das Problem.

Die Frage war: Warum gibt es einen Unterschied zwischen anaerober (Glukose -> Milchsäure -> Azidose) und aerober Glykolyse (Glukose -> Brenztraubensäure -> keine Azidose)?

Grundschulwissen reicht da leider nicht aus. :-)

Ganz genau! Danke coron :-wow Nirgendwo im Verlauf der anaeroben Glykolyse (von Glucose) bis zu Pyruvat und dann zu Laktat wird meines Wissens ein Proton frei, welches nicht in einer späteren Reaktion wieder fixiert wird (s.o. schon mehrfach geschrieben). Nochmal: Das einzig freie Proton wird im Laktat wieder fixiert (H-C-OH Gruppe).

Bitte, bevor der nächste gleich wieder laut aufschreit und sein Milchsäurewissen hervorkramt, schaut doch einmal in ein gängiges Biochemiebuch und verfolgt die Formelumsetzungen von Glucose ->-> Pyruvat -> Laktat. Wer dort ein freies nicht später fixiertes Proton findet ist mein Held :-))

Monty
14.09.2008, 13:05
Ach so, na wenn das so klar ist, dann sollte das auch kein Problem darstellen:

C6H12O6 + 6 O2 ---> 6 CO2 + 6 H2O ---> 6 HCO3- + 6 H+

Das ist die Bilanzformel der aeroben Glykolyse. Zwischenprodukte spielen keine Rolle, da das ganze stöchiometrisch ausgeglichen ist.

Dies würde tatsächlich zwar mehr Protonen erzeugen (H2CO3 dissoziiert zu etwa 90%, macht pro Mol Glucose über 5 mol Protonen), da es aber aerob abläuft puffert das desoxygenierte Hb das meiste davon, so dass im Endeffekt weniger Protonen frei werden, idealisiert also:

C6H12O6 + 6 Hb-O2 ---> 6 CO2 + 6 H2O + 6 Hb ---> 6 HCO3- + 6 Hb-H+

Diese Pufferung steht bei der anaeroben Glykolyse nicht zur Verfügung, da keine Hb-Äquivalente desoxygeniert werden und zur Pufferung zur Verfügung stehen, so dass netto freie Protonen entstehen, die irgendwie anders gepuffert werden müssen.

Monty
14.09.2008, 13:13
Nein, in Laktat! Schau einmal in ein Biochemiebuch (z.B. Löffler S.360) :)


Nein, in Milchsäure, welche bestenfalls zu Laktat und ein Proton dissoziiert oder bereits dissoziiert erzeugt wird. Selbst die Biochemiker schaffen es nicht das Gesetz von der Erhaltung der Masse außer Kraft zu setzen.
(Statt "stochastisch" meinte ich übrigens "stöchiometrisch".)

Triality
14.09.2008, 13:18
Ja richtig, aber ich glaub wir reden aneinander vorbei :)
Mein eigentliches Problem war zu klären, ob das in der anaeroben Glykolyse entstehende Laktat für die freiwerdenden Protonen verantwortlich ist, so wie es mit dem Begriff "Laktatazidose" immer suggeriert wird.
Und nochmal, ich kann einfach keinen Anhaltspunkt für diese behauptung finden. Wie schon oben gesagt, das pro 1 Pyruvat entstehende Proton wird im Laktat fixiert. Also kann doch Laktat die Azidose nicht hervorrufen, es muss also irgendein anderer Prozess sein (bedingt durch die Aktivitätszunahme).

Glucose + 2 NAD+ + 2 ADP + 2 Pi --> 2 Pyruvat + 2 NADH+H+ + 2 ATP

2 Pyruvat + 2 NADH+H+ -> 2 Laktat + 2 NAD+

Netto Proton: 0

Triality
14.09.2008, 13:20
Nein, in Milchsäure, welche bestenfalls zu Laktat und ein Proton dissoziiert oder bereits dissoziiert erzeugt wird. Selbst die Biochemiker schaffen es nicht das Gesetz von der Erhaltung der Masse außer Kraft zu setzen.
(Statt "stochastisch" meinte ich übrigens "stöchiometrisch".)

Also ist das, was im großen Löffler, Duale Reihe Biochemie und anderen steht, falsch? Fällt mir irgendwie schwer zu glauben, dass so ein wichtiger Stoffwechselweg immer noch in der 8. Auflage eines Buches falsch dargestellt wird...