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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mundraub oder Märchen?



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Ehemaliger User 20130505
25.09.2008, 15:00
Cooool ;-)

Einer 35-jährigen Frau aus Neu-Ulm fehlen anscheinend seit einigen Tagen ein paar (ihrer dritten) Zähne. Sie behauptet, ihr Zahnarzt habe ihr zwei Brücken, die er ihr vor einigen Monaten eingesetzt hatte, gewaltsam aus dem Mund entfernt, weil sie ihre 400 Euro Eigenanteil an den Kosten noch nicht bezahlt hätte.

Zitate aus der "Südwestpresse" (http://www.suedwest-aktiv.de/region/swp_neuulm/ulm_und_neu_ulm/3859540/artikel.php?SWAID=65460b36b7da0913d6d910406e29c84c ) vom 25. September 2008:




[.....]
Die Anzeige einer 35-jährigen Frau aus einem Neu-Ulmer Stadtteil ging gestern Vormittag bei der Polizei ein und wenige Stunden später bundesweit über die Nachrichtenticker. Verständlicherweise: Denn falls die darin erhobenen Anschuldigungen gegen einen Neu-Ulmer Zahnarzt stimmen sollten, wäre der Dentist nicht nur seinen Job los, sondern auch seine Freiheit: Auf Raub steht Gefängnis.

Laut Polizeibericht behauptete die Frau gegenüber den Beamten, dass der Zahnarzt am späten Montagabend bei ihr geklingelt habe. Dann sei alles blitzschnell gegangen. Er habe ihr wortlos die Wangen zusammengedrückt, so dass sie den Mund habe öffnen müssen. Im Handumdrehen habe er ihr zwei Brücken aus dem Mund gerissen und sei flugs wieder verschwunden.[....]

... Nachbarn berichten, dass der Anzeigenstellerin seit zwei Tagen mehrere Zähne fehlten. Das sei sogar bei einer flüchtigen Begegnung im Treppenhaus aufgrund der eingefallenen Backen klar zu erkennen gewesen.[......]


Gegen die These von der rabiaten Dentistenattacke aufs Gebiss der 35-Jährigen spricht indes: Kein Nachbar hat etwas von Wortgefechten, Auseinandersetzungen oder gar Schreien mitbekommen. Dass eine derart heftige körperliche Auseinandersetzung im Treppenhaus lautlos vonstatten geht, ist unwahrscheinlich. Erst recht vor dem Hintergrund, dass Brücken - wenn überhaupt - nur mit großem Kraftaufwand aus dem Mund entfernt werden können. Möglich also, dass die offenbar in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen lebende Frau den Zahnersatz "freiwillig" herausgegeben oder sogar versetzt hat, um an Geld zu kommen - und den Arzt hinterher anzeigte.[...]

In einem Internet-Forum, in dem Patienten Ärzte bewerten können, findet sich über den Mann allerdings wenig Schmeichelhaftes: "Sehr wüst", heißt es in einem Eintrag von Anfang September.Sagt mal, Ihr Zahnis, kann man Brücken tatsächlich im Pfandhaus versetzen? :-))

holtman
25.09.2008, 15:28
Sagt mal, Ihr Zahnis, kann man Brücken tatsächlich im Pfandhaus versetzen? :-))
ich vermute, der 'journalist' meinte prothesen - brücken lassen nicht so einfach an der haustüre von hand entfernen ;)

davon abgesehen kann ich mir nicht vorstellen, dass das tatsächlich einer macht. jedem normaldenkendem zahnarzt ist klar, dass ihn das seine approbation kosten wird. wenn einer nicht zahlt, wird das normalerweise eingetrieben ;-)

Ehemaliger User 20130505
25.09.2008, 15:52
Das ist schon eine kaum zu glaubende Geschichte, aber zumindest scheint dieser Zahnarzt am Montagabend tatsächlich in dem Haus gewesen zu sein, in dem diese Patientin wohnt, falls ihre Nachbarin kein Märchen erzählt hat.



:::::Am Montag gegen 21.45 Uhr habe ein Mann bei ihr geklingelt, sagt eine Bewohnerin des vierstöckigen Mietshauses. Als sie ihn gefragt habe, was er denn wolle, habe der nur geantwortet: "Psst, ich bin der Zahnarzt." Sie sei daraufhin die Treppe hinuntergegangen, um sich ein Bild von dem merkwürdigen Besucher zu machen. Sie habe ihn sogar zweifelsfrei identifizieren können. Denn wies der Zufall will: Die Nachbarin war selbst neun Jahre lang Patientin dieses Zahnarztes.:::::Ich bin schon gespannt, ob man mal erfahren wird, wie es tatsächlich war. Die Blätter, die zur "Südwestpresse" gehören, sind eigentlich ganz solide regionale Tageszeitungen.

hennessy
25.09.2008, 16:01
wenns nicht so ernst wäre, müsste man eigentlich darüber lachen.
Ich denke auch, dass mit den "Brücken" Totalprothesen gemeint waren.
Zur Frage der Versetzbarkeit:
Man könnte theoretisch festsitzende metallische Arbeiten entfernen und versetzen, aber:
Zum einen nimmt kein Pfandleihhaus getragene Brücken, weil sich ja Milliarden von Bakterien festgesetzt haben, was auch zu einer erheblichen Geruchsbelästigung führen kann. Man könnte die Brücke höchstens an eine Annahmestelle für Altgold geben. Und die nimmt das Zahngold auch nur dann, wenn überhaupt Edelmetall verwendet wurde. Eine Nichtedelmetall-Brücke ist eigentlich nichts mehr wert und wird artgerecht entsorgt.
Zum zweiten hat der Patient dann erhebliche Schwierigkeiten, weil ja die Zähne nicht mehr geschützt sind und damit sehr empfindlich auf äussere Reize.
Und zum dritten ist die Entfernung von festsitzendem Zahnersatz mitunter extrem schwierig und auch von uns Zahnärzten oftmals nur unter Einsatz von Spezialinstrumentarium durchführbar.

Ehemaliger User 20130505
25.09.2008, 16:13
Ihr müsst mal die Kommentare lesen, die einige der Leser dieses Blättchens (http://www.tz-online.de/de/aktuelles/bayern/artikel_47357.html) gepostet haben. Die meisten äußern Verständnis für diesen Zahnarzt und einige Kommentare sind einfach zum Lachen.


ich vermute, der 'journalist' meinte prothesen - brücken lassen nicht so einfach an der haustüre von hand entfernen ;)Das sagt einer der Leser dort übrigens auch:


... also wenn er die Brücke mit den Fingern einfach lösen und herausnehmen kann, dann war seine Arbeit ganz schöner Pfusch. Brücken werden festzementiert und gehen normalerweise nur mit dem Meissel wieder raus. ich frag mich, warum die Frau nicht einfach fest zugebissen hat, das macht den rabiatesten Zahnarzt fertig.
.. Man könnte die Brücke höchstens an eine Annahmestelle für Altgold geben. Und die nimmt das Zahngold auch nur dann, wenn überhaupt Edelmetall verwendet wurde. Eine Nichtedelmetall-Brücke ist eigentlich nichts mehr wert und wird artgerecht entsorgt.Also: Wenn die Brücke nur Spargold enthält, kann man sie nicht versilbern?

hennessy
25.09.2008, 16:29
....

Also: Wenn die Brücke nur Spargold enthält, kann man sie nicht versilbern?
doch, denn Spargold enthält Palladium. Ein paar Euros bringts dann schon. Aber nicht sehr viel.

Ehemaliger User 20130505
25.09.2008, 16:32
doch, denn Spargold enthält Palladium. Ein paar Euros bringts dann schon. Aber nicht sehr viel.Aha. Danke für die Info.

Gestern gab es übrigens auch noch eine Meldung über eine Gerichtsverhandlung, weil sich eine Patientin als ALG II-Empfängerin eine "Luxussanierung" ihres Gebisses gegönnt hatte und dann ihren Eigenanteil nicht bezahlen konnte:

http://www.suedkurier.de/region/konstanz/art1077,3432758


In kritischen/unsicheren Fällen sollte man als Zahni wohl sicherheitshalber mit einer Factoringfirma zusammenarbeiten.

holtman
25.09.2008, 16:34
In kritischen/unsicheren Fällen sollte man als Zahni wohl sicherheitshalber mit einer Factoringfirma zusammenarbeiten.
oder mit moskau inkasso :-D

hennessy
25.09.2008, 16:37
....

In kritischen/unsicheren Fällen sollte man als Zahni wohl sicherheitshalber mit einer Factoringfirma zusammenarbeiten.
das ist nicht ganz so enfach. Denn die Factoringfirma will ja auch Geld von uns haben. Und zwar einige Prozent des Gesamtumsatzes, nicht nur des zahnärztlichen Honorars. Und da ja die Laborumsätze nur ein durchlaufender Posten sind, ist das schon ein erheblicher Nachteil für die Zahnärzte. Ich weiß nicht, wie es anderen Kollegen geht, aber meine Ausfälle sind so niedrig, dass es sich nicht lohnen würde, eine Factoring-Firma zu bemühen. Ausserdem muss dann jeder Patient unterschreiben, dass seine Daten über die Factoring-Firma laufen, was gerade hier auf dem Land nicht so gerne gesehen wird.

Ehemaliger User 20130505
25.09.2008, 16:46
Ich denke halt, dass es stark vom Einzugsgebiet der Praxis bzw.der Klientel abhängt, wie oft man auf offenen Rechnungen sitzenbleibt.


Ausserdem muss dann jeder Patient unterschreiben, dass seine Daten über die Factoring-Firma laufen, was gerade hier auf dem Land nicht so gerne gesehen wird.Ich würde auch stinksauer reagieren, wenn ich meine Zustimmung zu einer Weitergabe meiner Daten an eine Factoringfirma geben sollte.

hennessy
25.09.2008, 19:00
Ich denke halt, dass es stark vom Einzugsgebiet der Praxis bzw.der Klientel abhängt, wie oft man auf offenen Rechnungen sitzenbleibt.

Ich würde auch stinksauer reagieren, wenn ich meine Zustimmung zu einer Weitergabe meiner Daten an eine Factoringfirma geben sollte.
eben. Aber viele Kollegen wollen einfach ihre Ruhe haben und zahlen dafür einen oft sehr hohen Preis.

netfinder
25.09.2008, 19:12
muss ein zanarzt die fertige Ware ohne Bezahlung herausgeben oder koennte er nicht vielmehr auf den Eingang der zahlung warten?

hennessy
25.09.2008, 19:14
muss ein zanarzt die fertige Ware ohne Bezahlung herausgeben oder koennte er nicht vielmehr auf den Eingang der zahlung warten?
das würde kein Patient mitmachen. Ich weiß auch gar nicht, ob es eine gesetzliche Regelung gibt, die so was vorsieht.

netfinder
25.09.2008, 19:18
haette mich nur mal interessiert. eine anzahlung bei teureren Kronen koennte er sicherlich verlangen, ich meine ich hab im sommer diesen jahren 5 vollkeramikkronen bekommen, der preis ist hoch und der Zahnarz waere ja geradezu verrueckt in diesem Geldbereich keinerlei sicherheiten zu v erlangen...

hennessy
25.09.2008, 19:23
haette mich nur mal interessiert. eine anzahlung bei teureren Kronen koennte er sicherlich verlangen, ich meine ich hab im sommer diesen jahren 5 vollkeramikkronen bekommen, der preis ist hoch und der Zahnarz waere ja geradezu verrueckt in diesem Geldbereich keinerlei sicherheiten zu v erlangen...
das stimmt schon. Ich glaube auch, er hätte das Recht, für die Labortechnische Arbeit einen Vorschuss zu verlangen. Ich hab mich deshalb nicht so sehr dafür interessiert, weil ich damit keinerlei Probleme habe. Die Mundpropaganda ist bei uns so krass, wenn jemand nicht zahlte, das würde sich sofort herumsprechen. Dann könnte sich der Typ nirgendwo mehr blicken lassen. Auch ein Vorteil vom Land.

Ehemaliger User 20130505
26.09.2008, 09:32
Ich vermute, der 'journalist' meinte prothesen - brücken lassen nicht so einfach an der haustüre von hand entfernen ;)Das hat der Journalist inzwischen anscheinend auch mitbekommen. Heute steht dazu in der "Südwestpresse (http://www.suedwest-aktiv.de/region/swp_laichingen/ulm_und_neu_ulm/3861598/artikel.php?SWAID=78341cb4eebdc66f2f151483eb0b9f34 )":


....Technisch gesehen dürfte es kein Problem sein, einer Patientin zwei Prothesen aus dem Mund zu ziehen. Wie Zahnärzte auf unsere Anfrage hin erklärten, ist das bei echten Brücken zwar unmöglich - sie sind in der Regel fest einzementiert. Insbesondere bei zahlungsschwächeren Patienten greife man aber häufig auf so genannte Modellgussprothesen zurück, die nur mit Klammern an den Kronen befestigt werden. Um solche könne es sich gehandelt haben.Der ZA bestreitet übrigens die Tat und behauptet, am Montagabend müsse ein Doppelgänger bei der Patientin gewesen sein:

Zitate aus der "Südwestpresse" vom 26.09.2008:



[....] "Ich bin juristisch bewandert. Ich weiß, dass ich mich strafbar machen würde, wenn ich einem Patienten gegen seinen Willen Prothesen aus dem Mund reißen würde." Mit diesen Sätzen machte der von einer Patientin des "Mundraubs" bezichtigte [....] Zahnarzt gegenüber unserer Zeitung klar, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht zuträfen. Zudem bestreitet er, am Montagabend an der Tür der 35-Jährigen geklingelt zu haben, [.....] Er sei dort nie gewesen. [.....]

Vieles spricht allerdings dafür, dass der Zahnarzt zur "Tatzeit" in dem Mietshaus [...] war. Wie berichtet, hat eine Nachbarin ihn identifiziert; sie war selbst neun Jahre lang seine Patientin und sprach im Treppenhaus sogar kurz mit ihm. "Das kann unmöglich sein", sagte der Zahnarzt gestern. Der Besucher müsse ein Doppelgänger gewesen sein. [...]
oder mit moskau inkasso :-DHmm....:-music


...Nach Aussagen von Nachbarn der 35-Jährigen muss der Zahnarzt schon seit Monaten versucht haben, das ausstehende Geld einzutreiben. Seit Juni hätten Praxismitarbeiter mindestens vier mal bei der Frau geklingelt, hieß es.

hennessy
26.09.2008, 16:16
da wird wieder mal aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Anscheinend ist das Sommerloch immer noch ziemlich ausgebildet.

Ehemaliger User 20130505
26.09.2008, 18:39
Vielleicht, aber die fachliche Seite ist schon interessant.
Was ist denn eine solche Modellgussprothese?


Insbesondere bei zahlungsschwächeren Patienten greife man aber häufig auf so genannte Modellgussprothesen zurück, die nur mit Klammern an den Kronen befestigt werden.

hennessy
26.09.2008, 21:15
Modellgussprothese ist eine Teilprothese, die mittels gegossener Klammern am Restzahnbestand befestigt wird.

Ehemaliger User 20130505
26.09.2008, 21:23
Etwa so (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:Smt040.jpg&filetimestamp=20060524163803)?