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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gruppe A, Tag2, Frage 31, X-chromosomal rezessiv



Retrovirus
17.10.2008, 12:18
Hi Leute,

Bei der Frage nach dem Norrie-Syndrom (Gruppe A, Tag2, Frage 31) bin ich nicht davon überzeugt, daß Antwort E tatsächlich richtig ist.
Zwar ist es wahrscheinlich, daß das Risiko für das Kind nicht erhöht ist, aber die Frage zielt nicht darauf ab, sondern es soll den Eltern eine wirklich sichere Auskunft gegeben werden - keine Wahrscheinlichkeitsauskunft.
Da die Mutter theoretisch Trägerin eines rezessiven Allels sein kann, müßte sie darauf durchaus getestet werden. Und das ist durch eine molekulargenetische Untersuchung aus irgendwelchen Zellen der Frau (praktisch am ehesten aus kernhältigen peripheren Blutleukozyten) leicht mittels PCR machbar - ohne irgendwelche Risken für das Kind. Nur dann, wenn dieser Test negativ ausfällt, kann man eine fundierte sichere Auskunft geben.
Die allgemeine Angabe im Text, daß die Familie der Frau anamnestisch unauffällig wäre, reicht für die Schlußfolgerung in Antwort E eigentlich nicht aus. Demnach wäre also Antwort C die richtige.

Selbst wenn das IMPP Antwort E als richtig rechnet, wäre das eigentlich ein strittiger Punkt. Was meint Ihr ?
Gruss,
das Retrovirus :-)

hypnose-kroete.de
17.10.2008, 12:22
Falls es sich um einen Hirnknoten handelt, hatten wir während der Prüfung genau den selben :-party

Franco1848
17.10.2008, 12:27
Tja Retrovirus..

da haben wir wohl die gleichen Gedanken gehabt... habe auch C genommen.

und echt viel Zeit verplämpert an der Frage....

jojo3
17.10.2008, 12:45
genau das dachte ich mir auch! Vor allem da es in der Angabe hieß: "um den Eltern die Sorgen zu nehmen"
Da kann man doch dir Frau testen (ob es von der GKV gezahlt wird, wurde ja nicht gefragt), dann wissen die Eltern Bescheid und sind beruhigt. Darum ging es ja in der Frage!
BIN FÜR C!

lara162
17.10.2008, 12:51
Da in der Familie der Mutter bisher keine Krankheitsfälle aufgetreten sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie trotzdem Genträgerin ist äußerst gering. Daher entspricht das Risiko der äußerst geringen Wahrscheinlichkeit der unvorbelasteten Normalbevölkerung.

Ich denke, dass ihr da schlechte Karten in Bezug auf Herausnahme der Frage habt, aber probieren kann man es natürlich immer!

Dr. Sziget
17.10.2008, 12:54
darüberhinaus heisst es eindeutig "seltenes Syndrom".... und so ein Test muss ja auch wirklich eine Begründung haben..sonst muesste man ja jede Mutter testen, die Angst hat, dass ihr Kind in irgendeiner Form erkrankt sein könnte .... und daskann ja nicht der Sinn einer genetischen Beratung sein.... oder ??

Liebe Grüße

Dr. Sziget

Retrovirus
17.10.2008, 13:32
Hi Lara,

Das ist genau der Punkt.
Für das Ausbrechen der Krankheit gibt es zwei Bedingungen:
Männlich sein und das defekte Allel abbekommen haben.
Wenn es in der Familie der Frau (von der wir ja nichts wissen außer einer vagen Angabe - und die vermutlich nur bis zur Grosselterngeneration) immer nur Frauen / Schwestern gegeben hat, ist die Krankheit auch nie ausgebrochen. In der Regel können sich Leute immer nur maximal bis zur Grosselterngeneration zurückerinnern (bzw. an "Geschichten").
Selbst wenn die Krankheit "selten" ist (wie definiert Ihr denn "selten" ?) - es geht hier um eine verläßliche Auskunft für die Eltern.
Ich fände es von ärztlicher Seite absolut überheblich, wenn man mit dem Argument "die Krankheit ist eh selten" die nachvollziebare Angst der Eltern vom Tisch wischt. Besser ist es, die PCR an der Mutter einfach zu machen (bzw. von einem Referenzzentrum durchführen zu lassen), dann weiß man es definitiv. Es ist deren Wunsch, es zu wissen. Das sollte man nicht vergessen.
Wie gesagt - es ist nicht unwahrscheinlich sondern MÖGLICH, daß sie Trägerin ist.

Überzeugt ? ;-)
Gruss vom Retrovirus.

Dr. Sziget
17.10.2008, 13:39
die Möglichkeit dass das Kind krank ist, ist doch so hoch wie in der Normalbevölkerung. Das der Mann 2 kranke Brüder hat ist traurig und macht seine Sorgen verständlich aber da er gesund ist, ist es wirklich unwahrscheinlich, dass er ein mutiertes X-Chromosom weitergibt. Darüberhinaus weiss man noch nicht mal ob das Kind ein Junge oder Mädchen wird - das wäre doch die erste wichtige Untersuchung.

Sonst müsste man ja alle werdenden Eltern, die Angst vor einer Erkrankung des Kindes haben humangenetisch testen (weil sie vielleicht mal was von Erbkrankheiten gelesen haben) und das kann ja - wie schon erwähnt - echt nicht der Sinn der Übung sein....

Liebe Grüße

Dr. Sziget

lara162
17.10.2008, 13:42
Nein, ehrlich gesagt bin ich nicht überzeugt, da dann jedes Paar, das begründete oder unbegründete Ängste vor einer genetischen Krankheit hat, aus hypothetischen Gründen (unzuverlässige Anamnese, letzen beiden Generationen nur Frauen usw.) einer genetischen Analyse unterzogen werden könnte/müsste, was im Endeffekt wenig praktikabel wäre.

Ist aber nur meine Meinung in Bezug auf Anerkennung eurer Einwände gegenüber dem IMPP. Versuchenwürde ich es an eurer Stelle auf jeden Fall. Ich habe ja auch so mein Kandidaten (Fragen), bei denen ich Einwände einsenden werde. Muss man dann schauen, was draus wird. Daher: viel Glück! :-winky

Kriebelmücke
17.10.2008, 13:48
Welche "Items" will denn das IMPP mit einer solchen Frage prüfen? Eigentlich doch nur, ob man nen x-chr-rezessiven Erbgang nachvollziehen kann. Warum dann wieder so ein Wischi-Waschi-Lari-Fari? Warum nicht einfach eine Frage, ob das Kind krank sein kann oder nicht?

Habs auch "richtig" gekreuzt, aber auch ewig gegerübelt. Mit etwas Pech sagen die hinterher: Ätsch, aber eine Testung wäre doch aus psychologischen Gründen nicht schlecht. Lässt sich natürlich auch vertreten, wenn man es gut begründet. Echt ätzend.

Retrovirus
17.10.2008, 13:50
Hi Dr. Sziget,

Um ihn geht es ja nicht. Er kann die Mutation ohnehin nicht weitergeben, weil er sie nicht trägt (es sei denn, es wäre eine spontane Neumutation in der Keimbahn von ihm aufgetreten, was nun in der Tat recht unwahrscheinlich ist).
Von ihr können wir nicht einmal sagen, ob ihr Risiko, die Deletion zu tragen, tatsächlich dem der Normalbevölkerung entspricht- weil wir zu wenige Informationen haben. Wäre da gestanden: die Mutter hat zwei gesunde Brüder, sie hatte drei Onkel, die alle gesund waren, etc., - dann könnte man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie tatsächlich der "Normal"bevölkerung entspricht. Insofern war das IMPP einfach hier zu unexakt.
Und, wie gesagt - in einer realen Situation würde ich die Familienanamnese genauer betreiben, eine Sonographie des Kindes machen, und dann, falls es ein Junge wird und die Familienanamnese zu unsicher ist, die molekularbiologische Analyse durchführen lassen.
Dazu muß man ja auch sagen, daß die Untersuchung rein vom Material und vom Aufwand her, de facto nichts kostet. Die Kosten werden woanders verursacht.....
Grüße von einem
Retrovirus

Dr. Sziget
17.10.2008, 13:56
Hi Retro,
da aber im letzten Satz der Fallbeschreibung steht, dass die Anamnese unauffällig ist, habe ich mich darauf verlassen, dass da einfach ein junger aufstrebender humangenetisch versierter Arzt / Ärztin, der / die noch nicht vom IMPP Frust depressiv und arbeitsunwillig geworden ist eine anständige Anamnese durchgeführt hat, bei der nichts auffälliges zu errorieren war.

Und wenn man es sicher ausschliessen wollen würde, müsste man ja das Kind testen, denn ne Spontanmutation kann ja (wie unwahrscheinlich auch immer) durchaus auch denkbar sein, wenn man alle Alternativen miteinberechnen möchte...

Liebe Grüße

Dr. Sziget

Retrovirus
17.10.2008, 14:06
Nein, ehrlich gesagt bin ich nicht überzeugt, da dann jedes Paar, das begründete oder unbegründete Ängste vor einer genetischen Krankheit hat, aus hypothetischen Gründen (unzuverlässige Anamnese, letzen beiden Generationen nur Frauen usw.) einer genetischen Analyse unterzogen werden könnte/müsste, was im Endeffekt wenig praktikabel wäre.

Ist aber nur meine Meinung in Bezug auf Anerkennung eurer Einwände gegenüber dem IMPP. Versuchenwürde ich es an eurer Stelle auf jeden Fall. Ich habe ja auch so mein Kandidaten (Fragen), bei denen ich Einwände einsenden werde. Muss man dann schauen, was draus wird. Daher: viel Glück! :-winky

Hi Lara,
Unbegründet ist die Angst der Eltern nicht. Es ist einfach wichtig Fakten und Wahrscheinlichkeiten im eigenen Kopf voneinander zu trennen. Das nämlich ist häufig genau der Grund, warum die Leute Medizinern so wenig vertrauen. Es wird nicht selten eine Behauptung aufgestellt, die man so 100%ig eigentlich gar nicht vertreten kann. Dazu gabs in der "Süddeutschen" von gestern übrigens einen ziemlich guten Artikel (zum Thema Autorität, Glaube und Wissen in der Medizin). "Machen Sie sich keine Sorgen" ginge in dem Fall also eigentlich nicht. Wenn die Eltern mit einer Wahrscheinlichkeitssaussage tatsächlich zufrieden wären, dann wäre es OK.
Die Frage muß eigentlich umgedreht werden - was, wenn man den Eltern sagt, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchen und die Mutter gibt doch ein X-Chromosom mit einer kleinen Deletion an einen Sohn weiter, nur, weil man den (billigen und unaufwendigen) Test nicht gemacht hat ? Welcher Spruch fällt einem dann zur Rechtfertigung ein ?
Aber reden wir nicht so viel über solche Details (die Diskussion gehört woanders hin) - ich denke einfach, daß das IMPP hier zu ungenau war.

Ich wünsche Dir jedenfalls viel Glück für Deine Einwände !!!

Lieben Gruß vom
Retrovirus

Retrovirus
17.10.2008, 14:11
Hi Retro,
da aber im letzten Satz der Fallbeschreibung steht, dass die Anamnese unauffällig ist, habe ich mich darauf verlassen, dass da einfach ein junger aufstrebender humangenetisch versierter Arzt / Ärztin, der / die noch nicht vom IMPP Frust depressiv und arbeitsunwillig geworden ist eine anständige Anamnese durchgeführt hat, bei der nichts auffälliges zu errorieren war.

Und wenn man es sicher ausschliessen wollen würde, müsste man ja das Kind testen, denn ne Spontanmutation kann ja (wie unwahrscheinlich auch immer) durchaus auch denkbar sein, wenn man alle Alternativen miteinberechnen möchte...

Liebe Grüße

Dr. Sziget

Hi Dr. Sziget,

Das Kind braucht man nicht mehr zu testen (wenns ein Junge ist), denn dann wäre es ohnehin schon zu spät, leider. Die Anamnese mag ja gut durchgeführt worden sein (also kein(e) frustrierter PJ-ler(in) oder überarbeitete(r) Stationsarzt/ärztin), aber es fehlen uns eben die Informationen zur Zusammensetzung der Familie (männchen/weibchen, gesundheit). Bei den beiden Möglichkeiten des IMPP, die in die engere Auswahl gekommen wären (E oder C,) wäre das durchaus wichtige Information gewesen.

Herzlichen Gruß aus Hannover,
Das Retrovirus.