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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gynäkologie: Einahmeschema der Antibabypille nach WHO



Alfons111
04.11.2008, 21:13
Ich habe einige Verständnisprobleme in Bezug auf die Begründung von Anwendungshinweisen die für die Einnahme der Antibabypille (Kombinationspräparat) gegeben werden.

Die WHO gibt an, dass Frauen, die mit der Menstruation die Pilleneinnahme beginnen, sofort die volle Schutzwirkung genießen. Wird später als nach fünf Blutungstagen oder nach Ende der Blutungen mit der Einnahme begonnen, ist erst nach 7 Tagen die Schutzwirkung gegeben. Wie genau lässt sich die Frist von 7 Tagen begründen? Wie viele Pilleneinahmen sind überhaupt nötig, bis derjenige Hormonspiegel erreich ist, sodass eine Ovulation unterdrückt wird? Wie viele Einnahmen sind nötig, bis die restlichen Schutzmechanismen ihre Wirkung entfalten? Ich vermutete, dass die 7 Tage auch so gewählt sind, dass ein möglicher Eisprung zu Beginn der Einnahmephase berücksichtigt wird.

Beim Vergessen einer Pille hängt der Einfluss auf den Empfängnisschutz ja beim 21/7 Einnahmeschema von der jeweiligen Woche ab. Während in der ersten Woche ein Vergessen dazu führt, dass erst nach 7 Tagen wieder ein wirkungsvoller Schutz gegeben ist, wird nach Aussagen der WHO bei einem Vergessen in der zweiten und dritten Woche die Schutzwirkung nicht beeinflusst. Wie ist das zu begründen? Eigentlich wird bei korrekter Einnahme der Pille ja bereits die Reifung von Eiern in den Eierstöcken verhindert. Wieso bewirkt aber dann ein kurzzeitiger Abfall des Hormonspiegels durch das Vergessen einer Pille in der ersten Woche direkt einen Eisprung? Das dauert doch im regulären Zyklus etwa 14 Tage.

Es wäre sehr nett, wenn jemand mir mit meinen Fragen behilflich sein könnte. Es macht mit nämlich Probleme, einfach Richtlinien auswendig zu lernen, ohne zu verstehen, warum sie so sind, wie sie sind.

Nemesisthe2nd
04.11.2008, 22:33
"Ich vermutete, dass die 7 Tage auch so gewählt sind, dass ein möglicher Eisprung zu Beginn der Einnahmephase berücksichtigt wird. "

Nein... darum soll Frau ja beim Beginn der Menstruation mit der einnahme beginnen... denn zu dem zeitpunkt kann schlecht ein eisprung stattfinden..

Alfons111
04.11.2008, 23:17
Die WHO sagt aber doch, dass bei einem beliebigen Beginn die Sicherheit nach 7 Einnahmen gegeben ist. Da kann es ja dann schon sein, dass ein Eisprung in dem Intervall liegt. Wird die Einnahme mit der Menstruation begonnen ist der Schutz ja sofort gegeben.

Keenacat
05.11.2008, 14:05
aaalso... was die pille macht ist ja im endeffekt die unterdrückung der gnrh-sekretion. das tut sie auch brav vom ersten tag an. wenn ich allerdings irgendwann im zyklus damit anfange, kann es sein, dass die erste pilleneinnahme zu spät kommt, um den eisprung noch zu verhindern (dh. die hormonkaskade hat schon vorher begonnen). daher die 7-tage-frist: um ganz sicher zu gehen, dass kein befruchtungsfähiges ei mehr da ist. am ersten tag der mens kann das nicht passieren, daher ist der schutz da sofort gegeben.

bezüglich vergessen:
bevor ich hier was erkläre möchte ich drauf hinweisen, dass bei dem schema die vergessene pille immer nachgenommen werden muss, auch wenn frau dann eventuell zwei zur gleichen zeit einnimmt.
und nochwas: das was du meinst ist das in deutschland allgemein anerkannte schema. die who-vorschriften sind noch laxer. die halten ein vergessen von einer pille (mit anschließendem nachnehmen) für grundsätzlich unproblematisch, sind allerdings auch besonders darauf bedacht, die anweisungen so einfach wie möglich bei maximalem nutzen zu halten, weil die sich auch an menschen mit extrem geringem bildungsstand richten.

For 30–35 µg ethinylestradiol pills:
Missed 1 or 2 active (hormonal) pills or if she starts a pack 1 or 2 days late
* She should take an active (hormonal) pill as soon as possible and then continue taking pills daily, 1 each day.
* She does not need any additional contraceptive protection.
aber wir gehen hier mal von dem schema aus, was du meinst.
der knackpunkt sind die sieben tage pause. anfürsich wäre es kein thema, mal eine pille zu vergessen - wäre nicht die pillenpause. in der pillenpause sinkt der hormonspiegel, den die pille aufrecht erhält und der die gnrh-sekretion hemmt. damit der nicht zu weit sinkt, darf die pause maximal 7 tage dauern, dann muss unbedingt wieder angefangen werden. wenn die pille dann direkt wieder vergessen wird, kann der hormonpegel zu tief sinken und die gnrh-sekretion einen eisprung einleiten. dann hat man dasselbe problem wie am beginn der einnahme und geht deshalb auf nummer sicher - sieben tage zusätzlicher schutz.
in der zweiten woche ist ein vergessen kein ding, der hormonspiegel fällt da einfach nicht tief genug ab.
in der dritten woche sollte man schon mehr vorkehrungen treffen. entweder, frau lässt die pause dann ausfallen oder sie beginnt die pause am tag der vergessenen pille. das dient dazu, auch hier die pause strikt sieben tage kurz zu halten, um den hormonpegel zu sichern.

wenn man die pause weglässt (die medizinisch unnötig ist), braucht man sich um sowas garkeinen kopf zu machen. dann ist man im prinzip die ganze zeit "in der zweiten woche" (abgesehen von der allerersten woche und den wochen rund um eine eventuelle pause irgendwann).

Alfons111
05.11.2008, 14:39
Wie du das erklärt hast, klingt alles schon wieder viel verständlicher. Das mit den WHO Richtlinien hatte ich wohl durcheinander gebracht. Ich möchte aber noch eine weitere Verständnisfrage stellen.

Die "Pille danach" enthält ja die selben Inhaltsstoffe wie die Kombinationspräparate, nur in höherer Konzentration. Um aber postkoital eine Empfängnis zu verhindern, muss sie ja die GNRH-Sekretion für mindestens 4 Tage unterdrücken, da solange eventuelle Samenzellen überleben könnten. Nun sagen die Richtlinien, dass erst zur nächsten Monatsblutung die reguläre Pille wieder wirkt. Wie ist das zu erklären? Warum gilt hier die Regel mit den 7 Tagen nicht? Ich hätte jetzt eigentlich vermutet, dass die Pille ganz normal nach 7 Tagen wieder ihren Schutz entfaltet. Eigentlich dürfte der Hormonspiegel ja gar nicht abfallen, wenn im Anschluss an die Pille danach mit der Einnahme der regulären Pille begonnen/damit fortgesetzt wird. Wo liegt hier mein Denkfehler?

Keenacat
05.11.2008, 14:57
Nun sagen die Richtlinien, dass erst zur nächsten Monatsblutung die reguläre Pille wieder wirkt. Wie ist das zu erklären? Warum gilt hier die Regel mit den 7 Tagen nicht? Ich hätte jetzt eigentlich vermutet, dass die Pille ganz normal nach 7 Tagen wieder ihren Schutz entfaltet. Eigentlich dürfte der Hormonspiegel ja gar nicht abfallen, wenn im Anschluss an die Pille danach mit der Einnahme der regulären Pille begonnen/damit fortgesetzt wird. Wo liegt hier mein Denkfehler?
:-lesen
eine solche richtlinie ist mir nicht bekannt. wo ist denn das her? vielleicht hast du was missverstanden. es wird immer betont, dass die pille danach nicht bis zur nächsten mens schützt (nicht jede/r kommt auf diese idee, daher muss man es immer dazu sagen). aber man kann natürlich ganz normal mit der pille weiterverhüten, zb. wenn frau die pille in der ersten woche vergessen hat, danach ungeschützten sex hatte und sich die pille danach besorgt hat, ist sie nach ablauf der besagten sieben tage ja von der normalen pille her wieder geschützt.

wahrscheinlich stammt das noch aus der zeit als man dachte, dass bei einer vergessenen pille der schutz für den ganzen restlichen blister weg ist.
:-winky


edit: ich hab jetzt mal ein wenig rumgegoogelt, aber meines erachtens ist diese empfehlung wirklich darauf zurückzuführen, dass man an ein pillenversagen für den ganzen zyklus glaubte. wer es besser weiß, möge mir bitte widersprechen - ich bin sehr interessiert an dieser art information!!

Keenacat
05.11.2008, 14:58
achja, nochwas:
die pille danach ist üblicherweise ein reines gestagenpräparat, ohne estrogenkomponente! die inhaltsstoffe sind also nicht die gleichen wie bei einer mikropille.

Pherenike
05.11.2008, 15:07
Mittlerweile ist die Pille danach kein Kombipräparat mehr, sondern nur noch gestagenhaltig.

Ich denke der Hinweis, dass kein Schutz bis zum nächsten Zyklus besteht, ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, weil vllt. einfach keine Studien vorliegen.

Es findet sich zum Beispiel in der Gebrauchsinfo von unofem

Keenacat
05.11.2008, 15:14
hab grad das hier gefunden:

Weitere Verhütung nach der Einnahme der neuen Pille danach

Für den Rest des Zyklus sind zusätzliche Verhütungsmaßnahmen dringend zu empfehlen. Gut geeignet sind Barrieremethoden wie z.B. Kondome, ein Scheidendiaphragma und/oder Spermizide. Nehmen Sie zur Verhütung üblicherweise die Pille, so sollten Sie die angebrochene Packung wie gewohnt aufbrauchen, um den Monatszyklus nicht zu stören. Bis zur nächsten Menstruation müssen Sie aber zusätzliche Verhütungsmittel anwenden, weil der Hormonhaushalt durch die Einnahme von Levonorgestrel durcheinander geraten kann und damit der Empfängnisschutz nicht mehr gewährleistet ist.
ist von bayer: http://www.die-pille-danach.com/
das ist ja wirklich verflixt. da gibt es allerdings keinen hinweis, wie die darauf kommen. welcher art soll dieses hormondurcheinander denn sein?


edit: ich hab nachher ein seminar bei nem pharmakologen, den hau ich mal an. vllt weiß der was. auch wenn mein derzeitiger eindruck ist, dass darüber völlige uneinigkeit herrscht.

Simone_th
07.11.2008, 22:58
Mittlerweile ist die Pille danach kein Kombipräparat mehr, sondern nur noch gestagenhaltig.

Ich denke der Hinweis, dass kein Schutz bis zum nächsten Zyklus besteht, ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, weil vllt. einfach keine Studien vorliegen.

Es findet sich zum Beispiel in der Gebrauchsinfo von unofem

Sollte, wie in letzter Zeit wiederholt betont wird, die Pille danach keinerlei nidationshemmende Wirkung haben, dann wäre es sogar die Diskussion wert, ob es nicht sinnvoller ist, sie als "Pille davor" zu verwenden - damit würde man das Risiko ausschliessen, dass zwischen dem Geschlechtsverkehr und der Einnahme der Pille der Eisprung stattgefunden hat, die Sicherheit wäre höher... Natürlich nicht durchsetzbar in der Praxis, weil es sich zu einer normalen Verhütung entwickeln würde. Aber der genaue Wirkungsmechanismus scheint immer noch ziemlich obskur zu sein, weshalb ich es immer noch nicht geschafft habe, mir ein bild zu machen, was für oder gegen das yuzpe-schema spricht.

Alfons111
13.11.2008, 12:13
@Keenacat
Hatte das Gespräch noch etwas ergeben? Noch eine Frage zu den WHO Richtlinien. Diese sprechen ja davon, dass Frauen bei Ersteinnahme der Pille auch dann am ersten Einnahmetag geschützt sind, wenn sie an einem der ersten 5 Menstruationstage genommen wird. Kann nicht auch schon nach 5 Tagen die Hormkaskade aufgebaut sein?

Keenacat
13.11.2008, 19:17
der dozent war sich selbst unsicher. hab auch nicht grad sein fachgebiet erwischt. ;-)

zu der menstruationsregel: kann schon sein. ist aber angesichts des weiblichen zyklusverlaufs extrem unwahrscheinlich und falls tatsächlich ein befruchtetes ei entstehen sollte, steht diesem ei nicht wirklich die optimale schleimhautbeschaffenheit zur verfügung.

Alfons111
14.11.2008, 12:07
Was mich bei der ganzen Geschichte ein wenig beunruhigt ist, dass es teilweise einfach unterschiedliche Empfehlungen gibt. Was soll man da letztendlich dem Patienten raten? Ich habe bei einer Famulatur in einer gynäkologischen Praxis zum Beispiel mitbekommen, wie der Arzt einer jungen Patientin, die zum ersten Mal die Antibabypille nehmen wollte, und sich am fünften Tag ihrer Blutungen befand, sagte, sie wäre bei Einnahme am selben Tag direkt geschützt. Jetzt passt diese Aussage zwar zu den WHO Richtlinien, zur Packungsbeilage und anderen Richtlinien hingegen nicht. Woran hält man sich in einem solchen Fall, denn selbst mit solch kleinen Beratungen übernimmt der man als Arzt ja eine große Verantwortung.

Keenacat
14.11.2008, 15:36
ich persönlich halte mich an die richtlinien des bfarm, die zb. auch von pro familia genutzt werden. das wär auch das, was ich weiterempfehle.
(ich arbeite bei "mit sicherheit verliebt" mit --> Klick... (http://bvmd.de/arbeit/scora/) )
allerdings finde ich es gerechtfertigt, wenn man bei einem mädel, wo der fehler schon passiert ist (pille schon vergessen, zu spät zum nachnehmen oder garnicht nachgenommen worden etc.), anhand der who-richtlinien sagt, dass sie sich keine großen sorgen machen braucht.

Alfons111
14.11.2008, 16:36
Darf ich fragen, wo sich die Richtlinien auf der Bfarm Webseite wiederfinden? Habe gesucht, aber nichts gefunden. Die WHO hat ja ein großes .pdf zu dem Thema auf ihrer Seite stehen.

Keenacat
14.11.2008, 17:54
ich hab auch nur das wort der profa dafür. :-))
das sagt profamilia (http://www.profamilia.de/article/show/10153.html)
allerdings hab ich auch schwer den eindruck, dass die bfarm kein öffentlich zugängliches vollständiges archiv auf ihrer seite führt.

Alfons111
19.11.2008, 16:00
Ich muss das Thema nocheinmal nach vorne hole, weil mir ein Punkt zur Ausgangsfrage noch nicht ganz klar ist.

Nehmen wir an, eine Frau nimmt die Pille korrekt ein. Sie vergisst jedoch nach ihrer letzten Pause die fünfte und sechste Pille. Danach nimmt sie die Pille wieder korrekt ein. Nach den Richtlinien von Profamila wäre sie jetzt einem Schwangerschaftsrisiko ausgesetzt.

Nun ist es aber doch so, dass selbst während der Pause der Spiegel der synthetische Gestagene und Estrogene so hoch ist, dass die Sekretion von GnRH durch den Hypothalamus unterdrückt, die Hypophyse also auch nicht zur Ausschüttung der Gonadotropine LH und FSH angeregt wird. Damit kann dann doch während der Zeit vor dem Vergessen der zwei Pillen kein Folikel herangereift sein, weil selbiger Prozess erst durch FSH angeregt wird. Fällt durch das Vergessen der Pille der Hormonspiegel unter einen bestimmten Wert, müsste die Hypophyse ja wieder aufgrund von GnRH Sekretion zum Ausschütten von FSH angeregt werden. Dadurch würde aber doch dann ersteinmal die Reifung von Primärfolikeln beginnen. Erst etwa zwei Wochen später wäre der natürlich Estrogengehalt so hoch, dass die Hypophyse LH ausschüttet und es somit zum Eisprung kommt. Bis dahin ist aber doch längst der Hormonspiegel durch die synthetischen Gestagene und Estrogene wieder so angestiegen, dass keine GnRH Sekretion mehr stattfindet, die Folikel also gar nicht mehr weiterreifen oder gar springen können, weil kein FSH oder LH mehr ausgeschüttet wird. Warum besteht aber nun ein Schwangerschaftsrisiko? Wenn man aber annehmen würde, dass die durch das Vergessen ausgelöste Hormonkaskade sich durch die wieder aufgenommene Pilleneinnahme nicht mehr aufhälten lässt, einfach weil schon genug LH und FSH ausgeschüttet würde, erscheint die Siebentagefrist nicht sinnvoll, denn dann würden die Eireifung und der Eisprung ja ganz normale 14 Tage dauern und das Schwangerschaftsrisiko bestünde erst dann, wenn die Frau wieder als geschützt gilt. Natürlich hat die Pille nicht nur die Ovulationshemmung als Wirkung. Würde man sich aber nach dem Vergessen allein auf die anderen Wirkmechanismen verlassen, macht die Siebentagefrist wieder kaum Sinn, weil ja die Minipille, die ja eigentlich die Sekundärwirkungen der Mikropille als Primärwirkung besitzt, laut WHO nur 2 Tage am Stück genommen werden muss, um wieder als sicher zu gelten. Wo liegt mein Denkfehler?