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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Operation ohne Zustimmung des Patienten



Ehemaliger User 05022011
26.11.2008, 15:54
hier mal eine Frage an euch erfahrene Praktiker - wann darf man einen Patienten z.B. nach einem Autounfall auch ohne seine Zustimmung operieren, gibt es dafür genaue gesetzliche Vorschriften oder ist es immer eine Ermessenssache des Arztes

Harry78
26.11.2008, 16:00
Bin zwar ein unerfahrener Praktiker, aber ich glaube in dem Fall wäre die OP eine Notfallindikation, also liegt ein rechtfertigender Notstand vor und man geht von der Einwilligung des Patienten aus, da er ja gerade nicht geschäftsfähig ist.

Hypnos
26.11.2008, 16:02
Wenn der Patient oder nahe Angehörige im Rahmen der Akutsituation (i.e. vitale Indikation) nicht zu befragen sind, hat sich der Arzt nach dem "mutmasslichen Willen" des Patienten zu richten - und der besagt in aller Regel die Zustimmung zu lebensnotwendigen OP's.

Oder, um es für Chirurgen zu erklären: :-))
Je elektiver der Eingriff, desto invasiver die Aufklärung.

Grüße,

Hypnos

donsimon
26.11.2008, 16:04
Juristische Infos zum Thema findest Du z.B. hier http://www.th-h.de/infos/jura/einwilligung.php :).


MfG, Simon

Rugger
26.11.2008, 16:48
Oder, um es für Chirurgen zu erklären: :-))
Je elektiver der Eingriff, desto invasiver die Aufklärung.Das wird ein Chirurg nicht verstehen:
- Satz mit Komma,
- acht Wörter am Stück,
- zwei Fremdwörter.

*SCNR*

R.

Ehemaliger User 05022011
26.11.2008, 16:49
Herzlichen Dank !

eine Frage habe ich noch :

betrifft das nur lebensrettende OP oder dürfen bei Einwilligungsfähigkeit auch Eingriffe durchgeführt werden, die medizinisch notwendg sind, bei denen man aber warten könnte, um z.B. den bewusstlosen Patienten später bzgl. seiner Einwilligung zu fragen, wenn er wieder bei Bewusstsein ist

little_lunatic
26.11.2008, 16:54
da mag ich doch den aktuellen Fall von Hannah Jones in die Runde werfen. Ein 13jähriges Mädchen das eine herztransplantation ablehnt. Letztlich wurde ihr Wunsch auch akzeptiert.

Ehemaliger User 05022011
26.11.2008, 17:01
Das wird ein Chirurg nicht verstehen:
- Satz mit Komma,
- acht Wörter am Stück,
- zwei Fremdwörter.

*SCNR*

R.

naja nicht nur Chirurgen verstehen es nicht, ich gebe zu, ich auch nicht, muss erst mal nachschauen was elektiv heißt - naja so lernt man wenigstens immer dazu

THawk
26.11.2008, 17:04
naja nicht nur Chirurgen verstehen es nicht, ich gebe zu, ich auch nicht, muss erst mal nachschauen was elektiv heißt - naja so lernt man wenigstens immer dazu
Ich hoffe einfach mal, dass für die Chirurgen _nicht_ das Problem im Wort "elektiv" gelegen hätte :-D

on-topic: Das gilt primär nur für lebensrettende Operationen, bzw. halt Operationen, die direkt durchgeführt werden müssen. Für alles weitere ist dann der Patient zu befragen - oder wenn das nicht möglich ist gehts im Betreuungsverfahren weiter. Es wird dann ein Betreuer für die relevanten Fragen eingerichtet (also für uns zutreffend: die Betreuung in medizinischen Fragen). Und der muss dann - im mutmaßlichen Sinne des Patienten - in den Eingriff einwilligen.

Ehemaliger User 05022011
26.11.2008, 18:04
Ich hoffe einfach mal, dass für die Chirurgen _nicht_ das Problem im Wort "elektiv" gelegen hätte :-D

on-topic: Das gilt primär nur für lebensrettende Operationen, bzw. halt Operationen, die direkt durchgeführt werden müssen. Für alles weitere ist dann der Patient zu befragen - oder wenn das nicht möglich ist gehts im Betreuungsverfahren weiter. Es wird dann ein Betreuer für die relevanten Fragen eingerichtet (also für uns zutreffend: die Betreuung in medizinischen Fragen). Und der muss dann - im mutmaßlichen Sinne des Patienten - in den Eingriff einwilligen.


hab dazu jetzt folgendes gefunden:

"Damit wird jedoch lediglich der Bereich, in dem ärztliches Handeln ohne Einwilligung des Patienten überhaupt gerechtfertigt sein kann, über die Fälle akuter Lebensbedrohung hin aus auf jene Fälle ausgedehnt, in denen ein hohes gesundheitliches Risiko auch noch durch eine spätere, den Patienten aber gesundheitlich zusätzlich belastende Operation abgewendet werden kann. Dagegen wird nicht in Frage gestellt, daß eine mutmaßliche Einwilligung als Rechtfertigungsgrund nur dann in Betracht kommt, wenn ohne einen - sofort oder später - erfolgenden Eingriff eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Patienten besteht. "

THawk
26.11.2008, 18:20
Klingt ja ganz interessant, aber leider ist es für mich nicht verständlich, weil das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen ist. Würde mich über eine Quelle freuen (die du bei Zitaten hier im Forum eh immer angeben musst, vgl. Foren-Regeln).

Ehemaliger User 05022011
26.11.2008, 18:45
Klingt ja ganz interessant, aber leider ist es für mich nicht verständlich, weil das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen ist. Würde mich über eine Quelle freuen (die du bei Zitaten hier im Forum eh immer angeben musst, vgl. Foren-Regeln).

du hast Recht, es ist etwas aus einem anderen Zusammenhang gerissen, hab es ais einem Urteil wo eine Ärztin wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt wurde, weil sie nach einem Kaiserschnitt die Patientin sterilisiert hat - hier der link :

http://www.servat.unibe.ch/law/dfr/bs045219.html

ich denke aber schon , dass aus dem Zitat trotzdem deutlich wurde, dass ohne Einwilligung auch operiert werden darf bzw. eine OP weiter gehen darf, all das wozu die Zustimmung des Patienten vorlag, wenn eine spätere Operation mit einem hohen gesundheitlichen Risiko für den Patienten verbunden wäre - also nicht nur allein und ausschließlich wenn Lebensgefahr für den Patienten besteht

Linda.1001
26.11.2008, 18:56
Die Gynäkologin ist doch verurteilt worde. Meiner Meinung nach zu Recht, es steht ja wohl kaum in Ihrer Kompetenz über die weitere Familienplanung der Patientin zu entscheiden, Risse im Uterus hin oder her, der Eingriff war nicht akut notwendig und hätte deswegen auch später durchgeführt werden können...meiner Meinung nach...

THawk
26.11.2008, 18:59
Okay, in dem Link ist es verständlich. Wobei du dabei erwähnen solltest, dass das Urteil in dem speziellen Fall den zu Ungunsten der Ärzte ausgefallen ist, da die Risiken eben nicht hinreichend hoch eingeschätzt wurden.

Insgesamt ist das natürlich ein heißes Eisen - ich hatte allerdings auch deine erste Frage nicht ganz richtig verstanden. Man sollte es sich trotzdem schön überlegen eine OP über den Aufklärungsrahmen hinaus auszuweiten. Bzw. man sollte entsprechen ausführlich aufklären.
Und wenn Aufklärung nicht möglich ist, aber die Operation angeraten ist (z.B. bei ITS-Patienten) -> Betreuungsverfahren.

Kackbratze
26.11.2008, 19:11
THawk bringt es auf den Punkt. Über eine Notoperation diskutiert keiner, je elektiver der Eingriff wird, desto mehr wird darüber gesprochen und auch entsprechend die Einwilligung eingeholt.
Sei es vom Vormundschaftsgericht, den Angehörigen, oder dem Patienten selber.

Was gerne von Anästhesisten oder auch Internisten vergessen wird: es gibt auch in anderen Fachdisziplinen Engriffe für die eine Einwilligung notwendig ist...schonmal was von Herzkatheter oder vielleicht Thoraxdrainagenanlage auf ITS gehört?

Ehemaliger User 05022011
26.11.2008, 19:13
Okay, in dem Link ist es verständlich. Wobei du dabei erwähnen solltest, dass das Urteil in dem speziellen Fall den zu Ungunsten der Ärzte ausgefallen ist

hab doch geschrieben, dass sie verurteilt wurde


Insgesamt ist das natürlich ein heißes Eisen - ich hatte allerdings auch deine erste Frage nicht ganz richtig verstanden. Man sollte es sich trotzdem schön überlegen eine OP über den Aufklärungsrahmen hinaus auszuweiten. Bzw. man sollte entsprechen ausführlich aufklären.
Und wenn Aufklärung nicht möglich ist, aber die Operation angeraten ist (z.B. bei ITS-Patienten) -> Betreuungsverfahren.

ja ich denke auch das an diesem Fall doch sehr deutlich wird, dass man sehr vorsichtig sein sollte, immer dann wenn keine Einwilligung des Patienten vorliegt - aber das der Wille des Patienten so viel zählt ist ja auch richtig

Die Niere
26.11.2008, 19:19
Gleiches gilt für Gastro, Colo oder das Anhängen eines Ec's...

gruesse, die chirurgische niere

Hypnos
27.11.2008, 09:04
Was gerne von Anästhesisten oder auch Internisten vergessen wird: es gibt auch in anderen Fachdisziplinen Engriffe für die eine Einwilligung notwendig ist...schonmal was von Thoraxdrainagenanlage auf ITS gehört?

a) wird das nicht von mir vergessen
b) lege ich die selbst
c) stellt sich die Frage, ob es auf einer Intensivstation praktikabel erscheint, für jeden Eingriff eine eigene Aufklärung einzuholen...genannt seien da:
art. Punktion
ZVK-Anlage
Pleurapunktion
DK-Anlage
etc...
Wenn Du da für jeden einzelnen Eingriff eine Aufklärung haben willst, bist Du
mit Angehörigengesprächen so beschäftigt, daß Du zu nix anderem mehr kommst :-meinung

Gruß,
Hypnos

Leelaacoo
01.12.2008, 13:53
Zumindest fragen und infomieren wir den Pat. auf der ITS (oder Angehörige/Betreuer) über ZVK/Pleurapunktion/Drainagen u.ä., erklärens und sagen, dass es medizinisch notwendig ist. Seis auch nur telefonisch, wird dann in der Akte vermerkt. Für alles diese Vordrucke zu nutzen dürfte zwar im Fall einer Auseinandersetzung sinnvoll sein, ist aber, wie Hypnos schon sagte, einfach nicht praktikabel und angesichts der Menge an Eingriffen bei manch einem Patienten auch für die Angehörigen echt belastend und verwirrend. Aber da ich auch schon mal bei einem ZVK einen Pneu gestochen habe, bin ich da jetzt auch vorsichtiger geworden. Und arterielle Punktionen bei COPDlern aufzuklären...da bräuchten wir nen eigenen Arzt für..;-)

Also auch die Internisten klären auf (sogar für die Radiologen mit, wir müssen jedes MRT und KM-CT selbst aufklären, obwohl wirs garnicht machen...find ich irgendwie fragwürdig...na ja...)

LG Lee