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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Blutdruckmessung (Riva Rocci)



rashy
06.12.2008, 00:51
Hi leute,
ich beschäftige mich gerade mich porto-cavalen Anastomosen (Ösophagusvarizen) und auf wikipedia steht : "Ist dieser Blutabfluss eingeschränkt (z. B. durch eine Leberzirrhose), entsteht eine portale Hypertension (erhöhter Blutdruck in der Pfortader)".
Nun habe ich mich gefragt, ob das auch bei der Blutdruckmessung passieren kann? Dann müsste man ja wegen der Stauung des Bluts einen höheren systolischen Blutdruck messen als es der Fall wäre? Weiss da einer mehr?
Greetz

Relaxometrie
06.12.2008, 09:31
Bei der portalen Hypertension und bei den portocavalen Anastomosen handelt es sich um Veränderungen, die das venöse System betreffen. Veränderungen im arteriellen System (mit Riva-Rocci misst man ja den arteriellen Blutdruck) dürfte es da nicht direkt geben.
Was meinen die Physiologie-Cracks dazu?

rashy
06.12.2008, 11:53
Hmm stimmt, würde einleuchten.. aber weshalb genau machts im art. system keinen unterschied und im venösen schon?

netfinder
06.12.2008, 12:18
hm, bin jetzt grade mal kein crack, aber wieso sollte es am art. System etwas ändern. Es gibt ja keinen Rückstau und nach Ausbildung der Anastomosen sollte sich somit keine Auswirkung auf das art. System ergeben.

Edit: Frage falsch verstanden....

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06.12.2008, 12:55
Nochmal ein paar Definitionen...
Druck diastol. = Basis-Gefäßdruck bspw. durch Windkesseleffekt der Aorta
Druck systol. = Maximal möglicher Druck den das Herz zu diesem Zeitpunkt aufbaut

Blutdruckmessung nach RR:

Manschette wird aufgeblasen --> Widerstand in art. Gefäßen erhöht sich.
Manschetten-Druck >240 --> Kein Blutstrom mehr (Druck größer als Sys.)
Druckablassen --> Sobald das Herz es gerade so schafft den Widerstand/ "Stauung" zu überwinden, pocht es im Stethoskop und man bestimmt den maximalen Druck den die Puls-/Blutwelle -die heranrauscht- aufbaut. Bildlich gesprochen: Die Pulswelle schwappt gegen einen Deich (Mansch.-Druck) und nur die oberste Gischt (Pochen) kommt in das Hinterland. Die Gischt-Wassertropfen sind die paar Erys die hinter der dem Deich/Stauung noch Häuser nassmachen könnten (Zellen oxygenieren).
Deichhöhe = Wellenhöhe = Meereskraft (Herz).
Druck ablassen bis Pochen weg --> Diastol. Druck = kein Widerstand der größer als Basis-Gefäßwiderstand ist. Unser Deich hat sich auf Meereshöhe gesenkt --> Jede Welle flutet das Hinterland.


Also Zusammenfassend: Bei der Blutdruckmessung misst man eine Pulsamplitude (Welle), wobei Druck-SYS die Spitze der Welle beschreibt und Druck-DIA die Basis. Natürlich ist das Gefäßsystem elastisch und eine Welle per se kein Block, d.h. der Druck im System besteht nicht nur aus Maximum und Minimum - sondern auch aus allen Werten dazwischen. Man bestimmt aber eben nur zwei Werte um die Dynamik der Welle annährend zu beschreiben.
Um auf dein Frage zurück zu kommen: Insofern wäre dein Einwand korrekt, daß der SYS-Wert artifiziell sei, da zur Messung eine Widerstandserhöhung stattfindet. Aber du erhöhst ja nicht den Gesamtwiderstand des Systems, sondern nur lokal an der Stelle wo du misst.
Und er beschreibt keinen Dauerzustand im Gefäßsystem, sondern charakterisiert nur die Spitze der Pulsamplitude (siehe Oben) - um deren Beschreibung es letzlich nur geht!

Zu dem Vergleich:
Einmal andersherum! Die Leberzirrhose ist quasi die Blutdruckmanschette, nur auf Dauer. Hier muß dauernd ein größerer Druck aufgebaut werden, als normal quasi SYS und DIAS sind erhöht in einem Gefäßsystem das dafür nicht ausgelegt ist! Die Gefäße verabschieden sich (Varizen-Blutung). Soweit klar.

Einmal messen/beschreiben wir ein Amplitude durch lokale Widerstandserhöhung (RR) und bei der Zirrhose haben wir ein dauerhaft notwendig erhöhte Amplitude durch unphys. Widerstand im gesamten Pfortadersystem!

Standard-Bild (Pulskurve) (http://www.columbia.edu/~kj3/Dslide6.jpg)

Vielleicht ist es ein wenig klarer geworden - mit dem erklärenden Schreiben hab ich es aber nicht so ;-) Vllt. sagt es ja jmd. noch knapper und treffender...

Gruß LOGO

ehem-user-02-08-2021-1033
06.12.2008, 13:28
Ähmm...
Ja...
Unser Beispiel Patient hat nun einen systolischen Druck von 120mmHg.
Dich interessiert die palpatorische Blutdruckmessung. Deswegen fühlst du den Puls des Patienten an der a. radialis.
Du erzeugst nun mit dem Aufblasen einer geeigneten Manschette auf Herzhöhe am selben Arm des Patienten einen Druck von 140 mmHg.....
Du fühlst keinen Puls mehr...
Erst bei unter 120mmHg fühlst du wieder etwas.

Was passiert in der pulslosen Zeit ?

Arteriell fließt kein Blut mehr unterhalb der Stauung in die Extremität.
Venös fließt kein Blut mehr zurück. Denn der venöse Druck ist deutlich niedriger als der arterielle Druck.
Du hast den Körper einfach kurzfristig um das Blutvolumen X "beraubt".
Das Herz freut sich sogar darüber, dass es weniger arbeiten muss.
Anwendung findet dies beim unblutigen Aderlass, der als eine Erste-Hilfe Maßnahme für Patienten mit z.B. einem massiven Lungenödem beschrieben wird.


Deine porto-cavale Anastomose macht aber etwas anderes.
Für die ganzen Kreislaufsachen gilt das Ohmsche Gesetz:
U = I*R
I =U/R
U ist der Blutdruck
I die Stromstärke des Blutes
R der Strömungswiderstand

Woran hat der Körper Interesse ?

An einer Konstanz der Stromstärke des Blutes. ( "Der Blutfluss" soll gleichmäßig sein.")
Der Strömungswiderstand erhöht sich lokal, folglich muss auch lokal der Druck ansteigen um die selbe Stromstärke (Blutfluss) zu gewährleisten.

Zur Messung des Blutdrucks:
Deine Überlegung resultiert aus einer Folgerung, die auf dem Ohmschen Gesetz basiert.
Das Ohmsche Gesetz gilt aber nur für "Kreisläufe".
In dem Moment, indem du die Manschette abdrückst, nimmst du das Gebiet deiner Beobachtung aus dem Kreislauf heraus.

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06.12.2008, 14:07
In dem Moment, indem du die Manschette abdrückst, nimmst du das Gebiet deiner Beobachtung aus dem Kreislauf heraus.

CAVE: In diesem Moment findet auch keine Beobachtung statt.

Die erste Beobachtung findet statt, wenn Blutdruck leicht über Manschettendruck ist (nährungsweise dann als SYS-Druck angegeben). Du hast also bereits wieder eine Kreislaufsystem und Ohm gilt!
R=Manschettendruck, I=momentaner Herzauswurf geht von quasi null (nicht fühl/hörbar) im Verlauf gegen 1, in seiner ganzen Stärke fühl/hörbar
wenn U=R*1(I).

Der Rest stimmt :-top

rashy
06.12.2008, 20:27
Was passiert in der pulslosen Zeit ?

Arteriell fließt kein Blut mehr unterhalb der Stauung in die Extremität.
Venös fließt kein Blut mehr zurück. Denn der venöse Druck ist deutlich niedriger als der arterielle Druck.
Hmm ich hab mir das eben so vorgestellt, dass immer weiter Blut nachgepumpt wird, das sich vor dem Engpass anstaut .. (Bis sich die Arterie so aufgebläht hat dass sie platzt :-D )
aber dann stimmt das ja nicht ..



Der Strömungswiderstand erhöht sich lokal, folglich muss auch lokal der Druck ansteigen um die selbe Stromstärke (Blutfluss) zu gewährleisten.

Und wer erhöht denn Druck lokal ? das meinst du rein "passiv" oder?

ehem-user-02-08-2021-1033
06.12.2008, 22:38
CAVE: In diesem Moment findet auch keine Beobachtung statt.

Die erste Beobachtung findet statt, wenn Blutdruck leicht über Manschettendruck ist (nährungsweise dann als SYS-Druck angegeben). Du hast also bereits wieder eine Kreislaufsystem und Ohm gilt!
R=Manschettendruck, I=momentaner Herzauswurf geht von quasi null (nicht fühl/hörbar) im Verlauf gegen 1, in seiner ganzen Stärke fühl/hörbar
wenn U=R*1(I).

Der Rest stimmt :-top

Jein, denn der Gefäßwiderstand kurz nach der Eröffnung ist sehr hoch.
Dieses Phänomen nennt man in der Elektrotechnik: Shunt-Widerstand.
Man benutzt einen solchen Shunt-Widerstand um das Gesamtsystem bei der Messung möglichst nicht zu beeinflussen.
Der Fluss ist also niedrig und er wird vernachlässigt.
Eine Messung impliziert immer eine gewisse Fehlertoleranz.Deswegen ist der Effekt in seiner Gesamtheit vernachlässigbar.
Gegen Ende nähert sich der Widerstand dann wieder dem Normwert und das System auch dem Ausgangszustand.
Davon einmal abgesehen haben wir ja unsere Barorezeptoren, die auch die Herzleistung regulieren.
Deswegen hält sich, dass alles die Waage und die Messung hat normalerweise keinen Einfluss auf den Kreislauf.
Außer man geht von einem denervierten Herzen aus, dass dann natürlich aufgrund der Vorlast-Senkung sein HZV ändern würde.
Aber ich behaupte einfach einmal, dass die Änderungen im Blutvolumen innerhalb der Messung in einem vernachlässigbaren Rahmen stattfinden.

@Rashy
Stichworte: Kirchhoffsche Gesetze, Ohmsche Gesetze
Die lokale Druckerhöhung resultiert einfach aus folgender Gegebenheit.
Dein Herz hat einen Ist-Wert, auf den es eingestellt ist. Dein Körper besitzt einen gewissen Grundbedarf an "Durchblutung", sprich dein Herzeitvolumen wird in einem gewissen Maß im Normallfall konstant gehalten. ( Bei Belastung ändert es sich natürlich.)
Nun geht die Leber "kaputt". Das System: Vena portae--> Leber --> VCI ist gestört.
Der Widerstand in der Leber ist erhöht. Sagen wir einmal er nimmt einen sehr großen Wert an.
Nach Kirchhoff gilt:
1/Rgesamt= 1/Rleber + 1/Ranastomosen
Das Blut fließt nun Größtenteils nicht mehr durch die Leber sondern durch die porto cavalen Anastomosen.
Der Widerstand der kranken Leber ist nun sehr hoch.
Die porto cavalen Anastomosen besitzen einen größeren Widerstand als das gesunde "Lebersystem".
Der Blutfluss in deinem Körper soll aber konstant bleiben.
Deswegen steigt hier der Druck an.
U= I*R
I= U/R
I soll konstant bleiben.
So muss viel Blut durch die nicht dafür ausgelegten Anastomosen fließen.
--> hohe Gefahr einer Blutung

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06.12.2008, 23:10
Nimmst du Bezug auf die lokalen Messung oder die Auswirkung auf das Gesamtsystem?

ehem-user-02-08-2021-1033
07.12.2008, 10:27
Wenn du von einem Messfehler ausgehst kann dieser 2 Ursachen haben.
- Deine Messung beeinflusst das Gesamtsystem.
- Dein Messverfahren besitzt einen Fehler und erzeugt falsche Messwerte ohne das Gesamtsystem zu beeinflussen.

Den 2ten Punkt haben wir noch nicht ganz beleuchtet.

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07.12.2008, 12:21
Wenn du von einem Messfehler ausgehst kann dieser 2 Ursachen haben.
- Deine Messung beeinflusst das Gesamtsystem.
- Dein Messverfahren besitzt einen Fehler und erzeugt falsche Messwerte ohne das Gesamtsystem zu beeinflussen.

Den 2ten Punkt haben wir noch nicht ganz beleuchtet.

Beziehst du das auf meine Ausführungen?
Wenn ja - ich ging zu keinem Zeitpunkt von einem Messfehler aus.
Evtl. ist das mißverständlich gewesen.
Die Kompression einer peripheren kleineren Arterie durch die Manschette erhöht ja nicht signifikant die TPR :-)
Ich bemühe mich die ganze Zeit nur das RR-Messprinzip im Vergleich zur portalen Hypertension darzulegen...

Gruß
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rashy
07.12.2008, 12:21
Ok danke Leute, habs kapiert =)