PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Insulin erhöht, C-Peptid vermindert (Fallbeispiel)



Seiten : [1] 2

SarahT.
17.01.2009, 04:14
Hi,

folgender Fall: Eine Krankenschwester stellt sich mit Tachykardie, Schweißausbrüchen, Schwindel und rezidivierenden Hypoglykämien vor:

Labor:
Glucose 25 mg/dl (-)
Insulin 80 mg/dl (+)
C-Peptid < 0.2 (-)

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Krankenschwester Diabetikerin sein muss und sich zu viel Insulin gespritzt hat (ob absichtlich oder nicht, sei mal dahin gestellt). Gibt es denn noch weitere Möglichkeiten, die die Laborwerte erklären könnten? Irgendeinen Tumor vielleicht oder ein Syndrom? Kann das in der Schwangerschaft auftreten oder so?
Falls jemandem was einfällt, würde ich mich freuen.

Danke

Zoidberg
17.01.2009, 07:17
Hypoglycaemia facticia

pieks
17.01.2009, 11:38
Insulinom?

http://www.uni-duesseldorf.de/MedFak/insulinoma/mainpage/subpage/pdf/hypo_print.pdf

McBeal
17.01.2009, 11:43
Insulinom?

http://www.uni-duesseldorf.de/MedFak/insulinoma/mainpage/subpage/pdf/hypo_print.pdf

Nein, dabei müsste auch das C-Peptid erhöht sein. M.M. nach und auch nach IMPP-Altfragen hat Zoidberg Recht und es handelt sich um eine Hypoglycaemia factitia. Die Schwester hat sich Insulin gespritzt (erhöht), dadurch ist natürlich die Eigenproduktion erniedrigt (C-Peptid erniedrigt).

LG,
Ally

SarahT.
17.01.2009, 12:08
Danke erst mal, das habe ich mir ja eigentlich auch schon gedacht. Und es gibt wirklich keine andere Möglichkeit, oder? Irgendwas, das wir übersehen oder so?
Und ob das C-Peptid erniedrigt ist, weil sich die Krankenschwester Insulin gespritzt hat oder weil sie Diabetikerin ist und die Insulinproduktion daher sowieso zum Erliegen gekommen ist, können wir ja eigentlich nicht sicher sagen, oder?

John Silver
17.01.2009, 18:36
Weshalb das C-Peptid niedrig ist, ist zunächst zweitrangig. Wichtig ist vor allem die Diskrepanz zwischen der Insulin- und der C-Peptid-Konzentration. Eine solche Diskrepanz kann eigentlich nur durch exogene Insulingaben entstehen. Daraus ergeben sich zwei mögliche Diagnosen: IDDM oder Hypoglycaemia factitia. Wenn in der Frage nichts von einem bekannten DM steht, dann kann man davon ausgehen, daß kein DM vorliegt. Und somit ist die richtige Antwort "Die Frau spritzt sich Insulin, um Hypoglykämien hervorzurufen". Soviel zu einer MC-Frage.

Wenn mal tatsächlich eine solche Patientin vor einem sitzt, ist es auch nicht schwierig. Man muß die gute Frau lediglich fragen, ob sie sich Insulin spritzt. Wenn sie das bestätigt, dann fragt man, weshalb, und schon hat man den Fall gelöst. Wenn sie Insulingaben verneint, hat man den Fall auch schon gelöst.

Relaxometrie
17.01.2009, 20:18
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Krankenschwester Diabetikerin sein muss und sich zu viel Insulin gespritzt hat (ob absichtlich oder nicht, sei mal dahin gestellt).
Deine Annahme ist bei psychisch gesunden Patienten richtig.
Es kann aber auch ein Münchhausensyndrom sein.

Oder -obwohl es jetzt ein wenig abwegig wird :-)) - es ist ein Münchhausen-by-proxy. Dann bekäme die Krankenschwester das Insulin von ihrer Mutter gespritzt. Aber das ist es eher nicht, denn die Mutter ist ja nicht ebenfalls in der Aufnahme erschienen, um das Krankheitsbild ihrer Tochter hochdramatisch darzulegen.

SarahT.
18.01.2009, 01:21
Okay, danke schön! :)
Noch eine Frage: Ich habe jetzt mehrfach gelesen, dass sich Leute Insulin aus "diätetischen Gründen" spritzen... aber von Insulin wird man doch dick, was soll das dann!? Ich gehe mal nicht davon aus, dass jemand absichtlich dick werden will.

John Silver
18.01.2009, 01:48
Das ist einfach: die Leute sind dumm. Die Leute wissen überhaupt nicht, wie Insulin wirkt. Sie spritzen sich und stopfen alles in sich hinein, was ihnen irgendein selbsternannter Experte als neues Wundermittel zum Abnehmen aufschwatzt - Hauptsache, sie müssen nichts tun, um abzunehmen.

zweistein
18.01.2009, 05:56
Ich habe jetzt mehrfach gelesen, dass sich Leute Insulin aus "diätetischen Gründen" spritzen... :-nix
Und wie kommt man aus diätetischen Gründen an das Insulin ran, auch wenn man kein Diabetiker ist? Oder sind das Diabetiker, die Insulin verordnet bekommen, es aber aus diätetischen Gründen absichtlich falsch dosieren?

SarahT.
18.01.2009, 09:27
:-nix
Und wie kommt man aus diätetischen Gründen an das Insulin ran, auch wenn man kein Diabetiker ist? Oder sind das Diabetiker, die Insulin verordnet bekommen, es aber aus diätetischen Gründen absichtlich falsch dosieren?

Ne, das machen wohl vor allem Frauen, die in Heilberufen tätig sind - sprich Krankenschwestern usw.
Oder junge Mädchen, die sich am Insulin der Oma bedienen. :-D

zweistein
18.01.2009, 10:14
Danke, Sarah.

Sachen gibt's....

pieks
19.01.2009, 15:30
Nein, dabei müsste auch das C-Peptid erhöht sein. M.M. nach und auch nach IMPP-Altfragen hat Zoidberg Recht und es handelt sich um eine Hypoglycaemia factitia. Die Schwester hat sich Insulin gespritzt (erhöht), dadurch ist natürlich die Eigenproduktion erniedrigt (C-Peptid erniedrigt).

LG,
Ally


Soviel zum Thema: erst lesen -> dann posten :-blush

Mich hat das Thema Hypoglykämie bei erhöhtem Insulin/erniedrigtem C-Peptid interessiert ...
Bei meiner Recherche bin ich noch auf 2 Erkrankungen gestoßen (Thomas, Labor und Diagnose) .. bevor man der Patientin ein Münchhausen-Syndrom unterstellt:

Bei beiden Erkrankungen ist das Insulin erhöht und das C-Peptid erniedrigt

1. eine sogenannte IgF-bedingte Hypoglykämie
2. Eine Autoimmunerkrankung: die Autoimmun-Insulin-Hypoglykämie, bei der spontan (ohne vorherige Verabreichung von Insulin) Insulin-Antikörper gebildet werden


Worüber ich leider nichts Ausführliches gefunden habe:
Wie sind denn C-Peptid- und Insulinwerte bei der hereditären Fruktose-Intoleranz, die manchmal auch erst im Erwachsenen-Alter symptomatisch werden kann?

Gruß pieks

ehem-user-02-08-2021-1033
19.01.2009, 17:47
Hi,

folgender Fall: Eine Krankenschwester stellt sich mit Tachykardie, Schweißausbrüchen, Schwindel und rezidivierenden Hypoglykämien vor:

Labor:
Glucose 25 mg/dl (-)
Insulin 80 mg/dl (+)
C-Peptid < 0.2 (-)

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Krankenschwester Diabetikerin sein muss und sich zu viel Insulin gespritzt hat (ob absichtlich oder nicht, sei mal dahin gestellt). Gibt es denn noch weitere Möglichkeiten, die die Laborwerte erklären könnten? Irgendeinen Tumor vielleicht oder ein Syndrom? Kann das in der Schwangerschaft auftreten oder so?
Falls jemandem was einfällt, würde ich mich freuen.

Danke

Frage:
Ab welchem Wert wird der hypoglykämische Patient vorgestellt,
weil er aufgrund seines Bewußtseinszustandes nicht mehr in der Lage ist zu kommunizieren ?

So mal rein aus der Praxis heraus...

Oder ist die nachträgliche Differenz zwischen venösem Blut (unterstelle es hier einmal) und Kapillarblut derart groß ?

DanielOliver
20.01.2009, 10:05
Bei beiden Erkrankungen ist das Insulin erhöht und das C-Peptid erniedrigt

1. eine sogenannte IgF-bedingte Hypoglykämie
2. Eine Autoimmunerkrankung: die Autoimmun-Insulin-Hypoglykämie, bei der spontan (ohne vorherige Verabreichung von Insulin) Insulin-Antikörper gebildet werden


Alle Fallbereichte zu 2. die ich gefunden habe bereichten von normalen oder leicht erhähten C-Peptid-Spiegeln.

Und bei 1. ist die Insulinproduktion runterreguliert, oder? Und im präsentierten Fall ist der Insulinspiegel hoch.

Malganz abgesehen davon dass die Anamnese im präsentierten Fall ja schon fast eine schablonenhafte Darstellung der typischen Hypoglykämia factitia ist.

pieks
20.01.2009, 17:03
Nach meiner Literatur ( Thomas, Labor u. Diagnose, 5.Aufl.; S. 155 und 156)

ist bei beiden Erkrankungen der Insulinwert erhöht, der C-Peptid-Wert erniedrigt.

Zitat zur Autoimmunen Insulin-Hypoglykämie (S. 155): ..... Wie bei der Hypoglykämia factitia besteht eine simultane Suppression von C-Peptid und Erhöhung des Insulins.

Bei der IgF bedingten Hypoglykämie ist im Hungerversuch ebenfalls Insulin erhöht und C-Peptid erniedrigt (Tabelle 3.7.6 S. 156)


Bevor man einem Patienten eine "Psycho-Diagnose" angedeihen lässt sollte man - auch seltene - organische Erkrankungen ausgeschlossen haben.
Ich denke nur an den tragischen Fall eines 15 Jährigen, der einige Monate wegen einer "Anorexie" psychotherapeutischbehandelt wurde und sich im dann doch durchgeführten MRT ein Hirntumor zeigte :-(

Gruß pieks

Nemesisthe2nd
20.01.2009, 20:19
@sarahT studierst du in hamburg und hast gerade diagnostik-block?

mir kommt das fallbeispiel irgendwie recht bekannt vor, kam bei uns in klinische chemie. Die richtige diagnose war hypoglykämia factitia...

diese beiden kolibris die es da geben soll, halte ich für falsch...
wann immer der körper selber insulin herstellt und sekretiert wird zwangsläufig auch die gleiche menge c-peptid sezerniert... (da ja das c-peptid proteolytisch aus dem pro-insulin rausgespalten wird... der A-B rest ist dann insulin..)
der körper kann also kein insulin ohne c-peptid machen... also muss das insulin von außen zugeführt sein, wenn kein entsprechendes c-peptid vorhanden ist...
(vielleicht mag es irgendwelche komischen mechanismen geben, warum man es nicht messen kann, bei irgendeiner seltsamen autoimmun-erkrankung, aber prinzipiell muss es da sein...
zB wenn es auto-antikörper gegen das c-peptid gibt, würde das die messung bzw. den elisa beeinflussen, aber das peptid wäre trotzdem da, man kanns nur nicht messen)

pieks
20.01.2009, 22:24
Hallo Nemesisthe2nd

was soll das heißen "diese beiden kolibris die es da geben soll, halte ich für falsch... "? :-))

vielleicht war bei einer IMPP-Frage oder bei einer Klausur eine andere Antwort gefragt ...


Das bedeutet jedoch nicht, dass es diese Erkrankungen nicht gibt :-D


Gruß pieks

Nemesisthe2nd
20.01.2009, 22:36
mag sein dass es diese erkrankungen gibt... ich kenn sie nicht... vielleicht google ich nachher mal...

es kann jedenfalls kein endogenes insulin ohne c-peptid geben... vielleicht ist es irgendwie nicht messbar, aber es muss prinzipiell vorhanden sein...

pro molekül insulin wird auch ein molekül c-peptid sezerniert... (es sei denn das c-peptid wird vorher aus den sekret-granula der beta-zellen gezaubert... aber wie soll das gehen? und vor allem warum?)

Flemingulus
20.01.2009, 22:47
Mit IgF-bedingter Hypoglykämie kann ich grad auch nix anfangen... oder ist da die IGF-II-bedingte Hypoglykämie gemeint? Mein erster Gedanke war jedenfalls... Dang! Jetzt gibts auch noch ein neues Immunglobulin...

Was die Autoimmun-induzierte Hypoglykämie angeht isses da schon so, dass die Auto-Antikörper dazu führen, dass die HWZ von Insulin und Pro-Insulin steigt (weil die das quasi im Blut "halten") und somit eine Diskrepanz zwischen Insulin und freiem C-Peptid auftritt (wenn aber ein Antikörper-basierter C-Peptid-Nachweis geführt wird, könnte in dem auch noch das Pro-Insulin (wo ja die C-Kette noch drin ist) reagieren... dann ist die Diskrepanz evtl. auch nicht gegeben.

Dass bei IGF-II-vermittelten Hypoglykämien ein erhöhtes Insulin nachweisbar sein soll, wäre mir jetzt neu... aber :-nix

Die DD sollte aber anhand des Kontext eingrenzbar sein: Autoimmun-induzierte Hypoglykämie kommt doch prakt. nur bei M. Basedow Patienten, die Carbimazol/Thiamazol behandelt werden, und bei Lupus-Patienten (sind dann meist etwas ältere Herrschaften) bzw. Arthritis/Syst. Sklerose Patienten, die Penicillamin bekommen, vor. Und bei IGF-II-ind. Hypoglykämie sollte der Tumornachweis meistens nicht zu schwer fallen (sind in der Regel ziemliche Oschis).