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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Agitierte Patienten???



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nicci81
26.01.2009, 11:17
Hi,
bei mir gehts jetzt so langsam mit Nachtdiensten los und ich hab mal ne allgemeine Frage. Wenn die Schwestern anrufen und einem von nem sehr agitierten Patienten berichten (bin auf der unfall und hab meist frisch operierte da) die sich evtl selbst gefährden...was tut ihr da?
Was haltet ihr von 20gtt Atosil plus 5gtt Haldol (das hat mir ein Assi gesagt) und wie sieht das rechtlich mit 5 Punkt Fixation aus, darf ich das so einfach anordnen?
Habt ihr andere gute Tipps mit wenig Nebenwirkungen und gutem Effekt???

Danke schonmal

//stefan
26.01.2009, 11:30
Dipiperon wirkt Wunder!! :-angel

Fixierung ist Freiheitsberaubung. Das musst du vernünftig begründen und innehralb von 24h dem zuständigen Richter melden...

alley_cat75
26.01.2009, 11:33
Durch Fixierung werden die Patienten meist noch wilder. Meine Erfahrung. Ich liebe Atosil oder Dormicum i.v. - dann halten die Patienten die Nacht gut durch.

nicci81
26.01.2009, 11:36
Ich hab son bisal Angst vorm Atolsil weil das ja angeblich ne Menge NW hat (bei Niereninsuff, Herzinsuff etc) habt ihr da Erfahrungen?
und atosil auch iv?
Hatte letztens eine Pat die hat der Schwester die Trp einfach wieder entgegengespuckt...hab dann ne halb Amp Haldol gegeben das war ok aber geht das auch mit Atosil?

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26.01.2009, 11:41
Während meiner Famulaturen bin ich ein Melperon/Eunerpan-Freund geworden :-)

Mangels eigener Erfahrung weiß ich aber jetzt nicht, ob man damit so richtig heftig agitierte Patienten "locker macht" - denke eher nicht. Da müsste man wohl sportlicher ran gehen ;-)

Mal sehen was die Kollegen in Lohn&Brot hier berichten werden...

Relaxometrie
26.01.2009, 11:48
Atosil und/oder Haldol ist schon ok. Musst aber auch das Akineton bereit halten, falls es unter Haldol zu Schlund-/Zungen-/Blickkrämpfen kommt.
Ich habe (derzeit in der Psychiatrie arbeitend) neulich zum 1x einen heftigen Zungenkrampf bei einer psychotischen Patientin gesehen, die ich erstmal mit Haldol abgedeckt hatte. Akineton i.v. beendet das Geschehen schnell.

Bzgl. der Fixierung musst Du die in Eurer Klinik übliche Vorgehensweise erfragen. Bei uns in der Psychiatrie brauchen wir für eine Fixierung nicht nur einen wirklich sehr guten Grund (und Personalmangel beim Pflegepersonal sollte kein Grund sein), sondern auch eine entsprechende Rechtsgrundlage, sprich: PKG (oder auch Betreuungsrecht? Ab nächster Woche arbeite ich endlich auf einer geschlossenen Station, dann werde ich diese Dinge genauer lernen). Wenn ich im Dienst also zu einem völlig austickenden Patienten gerufen werde, der sich bislang freiwillig auf der geschlossenen Station aufgehalten hat, und fixiert wird, muß ich nachträglich noch ein PKG einleiten. Es gibt auch noch § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand), aber von der Benutzung dieses Paragraphen für eine Kurzzeitfixierung ist uns immer abgeraten worden.
Eine Freundin, die in der Anästhesie arbeitet, meinte, daß sie auf der Intenivstation auch ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage bis zu 24h fixieren darf. Informiere Dich also nach den hausinternen Regelungen bei Euch und nutze die Fixierung wirklich nur nach reiflicher Überlegung. Dann sollte es schon passen.

Disharmonic
26.01.2009, 17:29
Eunerpan dauert ne Weile bis es wirkt - akut nicht unbedingt geeignet.
Mit Atosil i.v. haben wir schon schlechte Erfahrungen gemacht. Oral geht immer.
Lieber Haldol i.v.
Dipiperon haben wir selten da.

Mein Tip: 1A Haldol i.v., dazu 5 mg Diazepam i.v.
Falls es anhalten sollte Eunerpan regelmäßig.

Leelaacoo
26.01.2009, 19:57
Zu 1: Wenns ältere Patienten sind und du keine Überwachungsmöglichkeit hast, dann würde ich tatsächlich erst mal mit Melperon einsteigen...ach ja, ein bisschen reden wirkt manchmal auch Wunder. Atosil i.v. (ne halbe Ampulle) hilft auch gut, ich mag auch Distra Mix, gerade in der Geriatrie, allerdings sollten keine pulmonalen Probleme vorliegen, wobei das mit der Verschleimung bei niedrig dosierter oraler Gabe meiner Erfahrung nach kein großes Problem ist. Auf Benzos haben schon einige ältere Herrschaften bei mir GANZ paradox reagiert, also wenns nicht sein muss...ich denke, man sollte sich auch fragen, warum jemand agitiert ist: Schmerzen? (Benzo od. C2)entzug (nicht selten)? Exsikkose? Encephalitis (selten, aber demletzt erst HSV-Encephalitis von Psych bekommen, die "agitiert" war) Ich hab schon Leute mit Dormicum und Propofol-Perfusor sedieren müssen, waren aber meist Entzugsprobleme (natürlich nicht auf Normalstation).

Zu 2: In BaWü (oder zumindest bei uns, hatten demletzt erst Fortbildung) darf man, wenn es ärztlich begründet ist, bis zu 3 tage Fixieren (acuh bettgitter sind Fixierung!), wenn absehbar ist, dass die Fixierung länger benötigt wird, muss man beim Amtsrichter einen Antrag stellen, die schauen sich die Patienten dann auch an (haben Vordrucke hierfür...allerding muss es schon gut begründet sein)...bei wachen patienten sollte man auch möglichst schnell ein psychiatrisches Gutachten erwirken. Wenn der Pat. einverstanden ist (z.B. ältere Dame mit bettgitter als Fallschutz für die Nacht), reicht es, wenn man dies dokumentiert. Trotzdem: so wenig wie möglich, oft schadet es mehr, als dass es hilft.

LG Lee

Grombühlerin
26.01.2009, 20:19
Mit Dormicum wäre ich bei alten Leuten vorsichtig, leider spinnen die dann manchmal umso mehr....

Neben dem schon genannten kann man -vor allem bei frischoperierten, die sicher auch bisschen Schmerzen haben- auch ein Opiat probieren (dipi oder so), macht auch müde und friedlich und sie schlafen schmerzfrei ein!

Leelaacoo
26.01.2009, 20:30
[QUOTE=Grombühlerin]Mit Dormicum wäre ich bei alten Leuten vorsichtig, leider spinnen die dann manchmal umso mehr....
QUOTE]

...oder man muss sie nach 3 mg i.v. für ne halbe Stunde bebeuteln :-D (alles schon da gewesen)

LG Lee

//stefan
26.01.2009, 23:04
Pat. in der Psychiatrie neigen schonmal dazu, einiges gewöhnt zu sein :-( .
Gab da mal einen Junkie, der 200mg Diazepam am Tag bekam... Bei dem biste dann auch erstmal dran mit "vorsichtig randosieren" :-D .

alley_cat75
27.01.2009, 06:02
Angst vorm Atosil, weil das ja angeblich ne Menge NW hat

Wenn Du danach gehst, dürftest Du agitierten (meist älteren) Patienten nichts geben. :-meinung Wir arbeiten sehr viel mit Atosil, hauptsächlich in Tropfenform und bisher habe ich noch nichts nachteiliges erlebt. Es macht sich ausgezeichnet bei agitierten COPDisten - die Leute werden sofort ruhiger und bekommen besser Luft. Schon mit 10 gtt bist Du dabei. Unsere nichtinvasiven Beatmungspatienten haben das alle als Bedarfsmedikation.

nicci81
27.01.2009, 08:52
Wow vielen Dank schonmal für die vielen Antworten.
Da wir meist OP Patienten haben ist der Hauptgrund oft ein typischer Durchgang oder auch Schmerz...

Danke

Christoph_A
27.01.2009, 16:08
Also, liebe ja Haldol und Atosil, sind gute Medis und kann man schön hoch einsteigen-klassische Kombi zwei Ampullen Haldol und 1 Ampulle Atosil. Hab da auch so gut wie nie Schlundkrämpfe oder sonstiges gesehen, auch wenn die Neuorlogen da immer zu Weinen anfangen. Kann Alley nur zustimmen, besonders beim agitierten, dyspnoeischen COPDler wirk Atosil Wunder.
Wenn gar nichts mehr hilft-ab auf die Intensiv und Disoprivan (Propofol) geben, das knockt auch ein Ross aus.
Was die Fixierung angeht-mach das nur in Notfällen, meist machts Patienten nur wütender!

Grombühlerin
27.01.2009, 19:59
[QUOTE=Grombühlerin]Mit Dormicum wäre ich bei alten Leuten vorsichtig, leider spinnen die dann manchmal umso mehr....
QUOTE]

...oder man muss sie nach 3 mg i.v. für ne halbe Stunde bebeuteln :-D (alles schon da gewesen)

LG Lee

Ich hab kürzlich erst nach 2mg (!) Dormicum plus einer Minidosis Opiat bebeutelt.....War aber im OP und von daher nicht so schlimm (d.h. es war alles da und die Patientin lag in einer angenehmen Arbeitshöhe und Polsoxy etc waren auch schon dran...)

Der Ablauf war so: Pat mit Spinaler wird unruhig, Dormicum gegeben, Pat. spinnt noch mehr, Opiat gegeben. Kann nicht unbedingt zu dieser Kombination raten!

agouti_lilac
27.01.2009, 20:49
Hey,

ich hab' mal eine Frage zum Dormicum: wie kann das sein, dass man bei Dormicum bebeuteln muss? Ich hab' gelernt, dass Benzos nicht atemdepressiv wirken und man sich folglich so nicht suizidieren kann... könnten eure beiden Patienten aber schon!

Oder hat das was mit der i.v.-Gabe zu tun? Aber das waren ja wirklich moderate Dosen...

:-notify

Bailo
27.01.2009, 22:31
Ich hab' gelernt, dass Benzos nicht atemdepressiv wirken ...

:-notify

Eieiei, das weiß ja sogar Wikipedia besser.... ;-)

"Benzodiazepinpräparate sind dosisabhängig und je nach Substanz unterschiedlich stark atemdepressiv, d. h. sie dämpfen das Atemzentrum."

wikipedia.de

//stefan
27.01.2009, 22:40
Ich hab' gelernt, dass Benzos nicht atemdepressiv wirken und man sich folglich so nicht suizidieren kann...
:-notify

Autsch! ;-) --> :-lesen


Oder hat das was mit der i.v.-Gabe zu tun? Aber das waren ja wirklich moderate Dosen...


Je älter Patienten sind, desto höher ist das Risiko einer Überdosierung. Da können z.B. auch schonmal 3 oder 4 mg Morphin zu viel sein. Und genauso auch beim Dormicum. Also schon langsam rantitrieren...!

agouti_lilac
27.01.2009, 22:55
Da ich nicht immer mit Wikipedia lerne... nixda mit "autsch" etc. . :-(

In meinem Buch (Intensivkurs Pharma) steht

"...blabla.... daher besteht auch bei Barbituraten die Gefahr der Atemdepression, bei Benzodiazepinen kaum."

desweiteren

"... auch bei Einnahme von der 30-fachen Normaldosis kommt es selten zum Atemstillstand."

:-angel

Käthe, MD
28.01.2009, 08:00
Also mein Anästhesie-OA im PJ meinte immer mit 2,5 mg Drömicum iv hat man noch keinem geschadet, et voilà: er hat Recht! :-))