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Madrugada
27.01.2009, 11:47
Tag zusammen,

ich habe mich hier angemeldet, da ich auf Erfahrungen und Hinweise zu meinem "Problem" hoffe.
Ich bin jetzt im 2. klinischen Semester, Halbzeit sozusagen. Ich war mir schon vor Beginn des Studiums nicht sicher, ob ich mit den Erwartungen, die an mich gestellt werden, dem Druck, und auch mit den Patienten bzw. invasiven Techniken am Patienten würde umgehen können.
Mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher, dass ich zwar sehr gut mit Menschen umgehen kann (das Feedback hab ich auch häufig bekommen), aber für den klinischen Alltag nicht geschaffen bin.
Zur Zeit ist mal wieder Klausurenphase und ich kann mich einfach nicht motivieren, zu lernen, weil ich keine Ahnung hab, welchem Zweck mein Studium noch dienen soll, wenn ich nicht Ärztin werden will. Und dann fällt es mir umso schwerer, den ohnehin schon großen Druck und die Unmengen an Inhalt auf die leichte Schulter zu nehmen (ganz abgesehen davon, dass es sich mit brennendem Interesse einfach besser lernt). Mir ist es schon recht schwer gefallen, mich durchs Physikum zu quälen und ich zweifle häufig daran, ob ich den "langen Atem" hab, um bis zum Stex durchzuhalten. In letzter Zeit häufen sich meine gesundheitlichen Probleme und ich bin oft traurig über die entbehrungsreiche Zeit, die ich erlebe - eigentlich war ich immer ein fröhlicher, kommunikativer und unternehmungslustiger Mensch, aber jetzt habe ich kaum noch Zeit für "die schönen Dinge im Leben" (und ich weiß nicht, ob sich das jemals wieder ändern wird oder bei anderen Studiengängen/Ausbildungen soviel anders ist).
Ich bin mir gerade nicht mehr so sicher, ob ichs noch bis zum zwölften Semester durchziehen soll, um dann zu versuchen, in der Forschung oder im Gesundheitswesen -andere Alternativen fallen mir im Augenblick nicht ein- unterzukommen, oder ob ich doch noch einen anderen Weg einschlagen soll.

Hat jemand Erfahrungen mit solchen Fragestellungen oder war selbst mal in meiner Situation?
Kennt jemand von Euch Studiengänge, für die ich mir möglichst viele Scheine meines Studiums anerkennen lassen kann und mit denen ich dann etwas schneller einen Abschluss habe? Oder Ausbildungen, auf die ich später mal aufbauen könnte?

Ich freu mich auf Eure Antworten!

alley_cat75
27.01.2009, 12:14
Hallo Madrugaga, was Du hier schreibst, hat so sicher jeder Medizinstudent schon erlebt. Keine Lust mehr, Arzt zu werden; Motivationsschwieirgkeiten; Versagensängste und und und. Die wirklich schwierigste Hürde hast Du geschafft, nämlich das Physikum. Ab jetzt wird es leichter, weil wesentlich praxisnäher. Natürlich sollte man sicher abwägen, ob Arzt tatsächlich der Traumjob für einen ist. Ist er das nicht mehr, nach reifen Überlegungen, darf man durchaus den Mut haben und sich für einen anderen Weg entscheiden. Seinen Platz im Leben erst später zu finden, ist keine Schande.
Das schöne an der Medizin ist jedoch, dass man vielfältig einsetzbar ist. Deine Fähigkeit, gut mit Menschen umzugehen, solltest Du nutzen. Vielleicht wäre eine ruhigere Fachrichtung etwas für Dich, weniger Klinik, mehr Diagnostik? Oder ab mit Dir in die Forschung!
Wenn Du so unten bist, wie wäre ein Auslandssemester für Dich und/oder ein Freisemester im Ausland, um die ersten Famulaturen zu absolvieren. So könntest Du wieder Kraft und Mut tanken für die restlichen Semester. Nicht aufgeben. Ein Tief zu haben, ist wirklich normal. Man muss lernen, damit umzugehen.

Hoppla-Daisy
27.01.2009, 12:17
Das hat Alley sehr schön geschrieben :-)

Und ich stimme in allen Punkten überein (und hatte auch schon solche Phasen.... auch in der Klinik.... äh ja, derzeit wieder)

Es gibt so viele schöne Möglichkeiten für Mediziner, in allen möglichen Richtungen. Nicht direkt die Flinte ins Korn werfen, das wär echt zu schade.

Flemingulus
27.01.2009, 12:20
Offenbar hast Du im Moment noch keine klare konkurrierende Studien/Ausbildungsmöglichkeit zur Medizin vor Augen - oder doch?

Zu den Stichwörtern "gut mit Menschen umgehen können" & "positives Feedback"... da wird häufig Freundlichkeit mit Professionalität verwechselt. Gut mit Menschen umgehen können, fordert neben Einfühlungsvermögen und der Fähigkeit zum Perspektivwechsel auch Charakteristika wie Entscheidungsfreudigkeit, Konsequenz und Führungsstärke. Hast Du die auch? Freundlichkeit hinwiederum würde ich stärker in der Freizeit ausleben und nicht zu sehr im Beruf (obwohl da natürlich eine gewisse Mindestverbindlichkeit net schaden kann ;-) ).

Was ist mit nicht-organisch-invasiven Fächern aus dem P-Bereich?

Oder "weiche" Fächer wie Derma (no offense @test... man kann natürlich auch in Derma "richtige" Medizin machen :-)) )?

EDIT: Achso... was die Forschung angeht... da man in dem Bereich keine "Kundschaft" (i.e. Patienten oder wenigstens Patientenmaterial) vorgesetzt bekommt, die man "abarbeiten" muss, ist da die Selbstmotivation der entscheidende Faktors für den Spaß an der Freud... insofern fahren erfahrungsgemäß Leute eher schlecht, die per Negativselektion in die Forschung gehen... sollte einem schon ganz schön viel Spaß machen, sonst wirds mühsam.

... und ich hoffe, ich komm grad nicht zu kritisch rüber... hab eben einen ganz schlechten Kaffee getrunken, da bin ich immer etwas grantlig ;-)

pieks
27.01.2009, 12:35
Hallo Madrugada,

meine Vorschreiber haben ja schon gesagt, dass wohl schon viele Med.-Studenten und auch Ärzte immer wieder Phasen in Studium/Beruf erlebt haben, in denen sie Zweifel an ihren eigenen Fähigkeiten und auch der Berufswahl hatten .. ich auch ....

Die Angst ob ich mit den Erwartungen, die an mich gestellt werden, dem Druck, und auch mit den Patienten bzw. invasiven Techniken am Patienten würde umgehen können. kennen sicher viele Kollegen.

Auch die Wahl des Faches spielt eine große Rolle ... nicht jeder, der Medizin studiert, kann/muss später im "emergency room" arbeiten.
Arzt ≠ Arzt .. es gibt so viele verschiedene Nischen ....

Wie wäre es, wenn Du z.B. eine Famulatur/Famulaturen (vielleicht in 2 ganz verschiedenen Gebieten) machst, um das/Dich auszuprobieren und auch um festzustellen, dass es so viele verschiedene Arzt"typen" wie Persönlichkeiten gibt ..

Gruß pieks

Cosma
27.01.2009, 14:33
Hallo,


ich würde es auf jeden Fall fertig machen !

Laß Dir doch einfach etwas mehr Zeit, wenn das finanziell geht, und mach mal ein bisschen langsamer - ich kenne mittlerweile so viele die aus verschiedenen Gründen nicht volles Pensum machen.

Die Möglichkeiten, die Du danach hast sind einfach enorm, Du kannst Unterrichten, zu Krankenkassen, Ämtern, Verlägen gehen, einen Aufbaustudiengang hinlegen, im Dekanat arbeiten, freiberuflich arbeiten, in den psychiatrischen Bereich gehen (wenn Invasives eher nicht gewollt ist) oder DANN einfach nochmal von vorne Anfangen.

Cosma

Ehemaliger User 05022011
27.01.2009, 19:15
HI Madrugada, acuh ich denke, jetzt auf alle Fälle noch nicht alles hinschmeißen, dafür hast du schon zu viel investiert und es muss damals ja einen Grund gegeben haben, warum du Medizin für dich gewählt hast. Zur Not nimm wirklich erst mal eine Auszeit, vielleicht sieht danach alles wieder anders aus.

Die fachlichen Ratschläge habe ich mit Interesse gelesen.
Flemingulus du schreibst:


Was ist mit nicht-organisch-invasiven Fächern aus dem P-Bereich?

und du ally:

Vielleicht wäre eine ruhigere Fachrichtung etwas für Dich, weniger Klinik, mehr Diagnostik?
Könntet ihr bitte etwas genauer schreiben, was das z.B. jeweils für Fächer sind, die ihr damit meint. Da hat man nämlich am Anfang der Klinik noch gar keine richtige Vorstellung von.
( ich meine: sind immer so Begriffe,"ruhigere Fachrichtung", "nicht-organ-invasive Fächer" -wie z.B. auch "kleines operatives Fach" ist z.B. HNO, weiß ich jetzt zufällig, aber vor ein paar Wochen wusste ich das auch noch nicht, was man sich z.B. darunter genau vorstellen muss)

Wär also nett, wenn ihr es etwas genauer erklären könntet.

Flemingulus
27.01.2009, 19:23
P-Bereich => Erwachsenen-Psychiatrie bzw. Kinder- & Jugendpsychiatrie :-)

Wobei "ruhig" triffts da nicht unbedingt ;-) ... aber ist halt ein Bereich, wo schnibbelige (die Arbeit im Patienten i. e. S.) oder interventionelle (mit langen flexiblen Schläuchelchen nebst aus solchen herausschauenden Gerätschaften im Patienten herumfriemeln) Techniken eher unterrepräsentiert sind. :-)

roger rekless
27.01.2009, 19:40
weniger Klinik, mehr Diagnostik => diagnostische Radiologie, Nuklearmedizin, Labormedizin, Pathologie

pieks
27.01.2009, 19:44
weniger Klinik, mehr Diagnostik => diagnostische Radiologie, Nuklearmedizin, Labormedizin, Pathologie

wobei Radiologie durchaus ein invasives Fach ist

Ehemaliger User 05022011
27.01.2009, 19:49
Danke ! :-top

roger rekless
27.01.2009, 21:38
wobei Radiologie durchaus ein invasives Fach ist

Darum schrieb ich diagnostische und nicht interventionelle Radiologie. Und jaaa mir is klar dass man auch in der Radiologie zur Diagnostik mal irgendwoe reinpiekst ;)

Madrugada
28.01.2009, 08:09
Vielen Dank für die Antworten!

Ich habe gestern nochmal lange überlegt und denke, dass ich es mir nienienie verzeihen würde, wenn ich jetzt alles in den Wind schieße.
Ich werde mich jetzt mal gezielt nach Praktika in den Randbereichen der Medizin schauen, denn da gibt es schon Bereiche, in denen ich vielleicht einen Platz für mich finden könnte (wie Forschung abläuft bekomme ich zumindest schonmal bei meinem HiWi-Job mit :-) ).
Über Psychiatrie habe ich übrigens auch schon oft nachgedacht - ursprünglich wollte ich Psychologie studieren und habe mich dann nach etlichen Ratschlägen doch für Medizin entschieden (was, weighing the pros and cons, die richtige Entscheidung war). Ich habe mich bisher noch nicht an eine Famulatur in der Psychiatrie "herangetraut", weil ich denke, dass man eine sehr stabile Persönlichkeit für dieses Fach braucht - und das trifft momentan einfach nicht auf mich zu.
Und über die anderen Fächer kann ich noch so wenig sagen - bei mir gehts erst nächstes Semester mit den wirklich klinischen Fächern los (bisher hatte ich nur Pharma, Mibi, Klinische Che...) - da ist dann wohl auch eine Famulatur der Königsweg :-)

Danke und viele Grüße,
M

THawk
28.01.2009, 09:40
Hallo madrugada.
Schön, dass du nicht gleich alles hinschmeißen willst. Den Schritt kanst du immernoch gehen wenn du dir sicherer bist.

Um dir noch eine weitere Alternative aufzuzeigen: Medizinjournalismus. In den Fachverlagen kann man als Mediziner auch gut arbeiten. Vielleicht könnte das ja auch was für dich sein...

Ich wünsch dir alles gute,
Lars

christie
28.01.2009, 10:47
bei mir gehts erst nächstes Semester mit den wirklich klinischen Fächern los (bisher hatte ich nur Pharma, Mibi, Klinische Che...)
M

genau diese Tatsache ist bei mir derzeit auch die Ursache für ein Motivationstief. Während der Vorklinik dachte ich immer, nach dem Physikum käme ENDLICH die Klinik..damit man wieder weiß, wofür man eigentlich so hart studiert. Dann kam das 1. Klinische und es ging fast genauso weiter wie in der Vorklinik: Pathovorlesungen (eine bessere Histovorlsungen), MiBivorlsungen, Epidemiologiekurs (fast dasselbe wie in Psycho in der VK), Ethik (kam auch schonmal in Soziologie dran) und dann Pharma, was eigentlich nur die Erweiterung von Physio und Biochemie ist....gnaaaaa :-((

Kein Wunder, dass einem nach dem Lernmarathon in der VOrklinik der Sinn fürs Studieren fehlt.
Der einzige Bezug zur Klinik war bei uns der wöchtenliche U-Kurs. Und wenn der gut gelaufen war, hatte man anschließend wiedet total Bock aufs Studium.

Hez
28.01.2009, 12:02
Ich habe genau das durchgemacht, was du beschrieben hast. Und es fing nach dem Physikum an und hörte bis nach dem PJ nicht auf. :-))
Jeder sagte immer, dass es nach dem Physikum besser und leichter wird. Mir dagegen hat das Grundstudium mehr Spaß gemacht und ich verlor im klinischen Abschnitt jede Motivation. Jede Famulatur war mehr oder weniger schlimm (hatte nur eine gute) und ich fragte mich, wie ich je das PJ überstehen soll.
Seit Jahren weiß ich, dass ich in keine Klinik gehe und dass der Patientenkontakt nichts für mich ist. Ich möchte in keine (lebenden) Menschen reinstechen, mich nicht mit Ihnen auseinander setzen, keine Ultraschall machen, keine Aufklären ausüben. Aber Aufgeben kam für mich nicht in Frage und am Ende war das PJ sogar ganz nett, weil man seinen Horizont extrem erweitert.
Mein Plan ist nun, dass ich in die Patho gehe (habe eine Stelle zugesagt bekommen) und wenn mir das auch nicht mehr zusagen sollte, studiere ich noch Wissenschaftsjournalismus oder Medizininformatik.
Wenn das alles nix ist, mache ich eine Kneipe auf. ;-)

Überleg dir, was deine Alternative zum Studium wäre. Und denk auch daran, dass man trotz allem extrem viel lernt und sich sehr weiterentwickelt durch dieses Studium. Es geht irgendwann vorbei, glaub mir. Auch nach JAHREN DER VERZWEIFLUNG!!! :-)) hihi

Alles Gute!

Ehemaliger User 05022011
28.01.2009, 12:24
Der einzige Bezug zur Klinik war bei uns der wöchtenliche U-Kurs. Und wenn der gut gelaufen war, hatte man anschließend wiedet total Bock aufs Studium.

ich mach auch gerade den U-Kurs, läuft bei uns aber zusammenhängend zwei Wochen - ist echt toll, endlich fängt es mit der "Praxis" im Studium an, aber wie gesagt leider nur zwei Wochen lang - ich genieße das jetzt einfach mal schön ( naja zugegeben, nach dem hier was von JAHRELANGER VERZWEIFELUNG steht, bekommt man fast ein schlechtes Gewissen), um dann wieder Kraft für die Paukerei zu haben

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28.01.2009, 13:15
Über Psychiatrie habe ich übrigens auch schon oft nachgedacht - ursprünglich wollte ich Psychologie studieren und habe mich dann nach etlichen Ratschlägen doch für Medizin entschieden (was, weighing the pros and cons, die richtige Entscheidung war). Ich habe mich bisher noch nicht an eine Famulatur in der Psychiatrie "herangetraut", weil ich denke, dass man eine sehr stabile Persönlichkeit für dieses Fach braucht - und das trifft momentan einfach nicht auf mich zu.

Psychiatrie habe ich bisher als tendenziell amüsant und lustig empfunden - keineswegs als belastend!
Wenn mir Frau Müller erzählt, daß sie mir "diese" Frage nicht beantworten kann, weil ihre strenge Großmutter mit im Raum sitzt und alles überwacht was sie sagt, dann ist die Herausforderung ernst zu bleiben...

Einfach ein bißchen Distanz haben:
Die = Arme Würstchen, du nicht!
Deren Probleme sind nicht Deine.
Denen tut die Nadel weh - nicht dir.

Man kann sich auch einreden, daß man "instabil" und sensibel ist, bis man es glaubt (Self-Fulfilling Prophecy...). Will sagen:
Wenn es dich motiviert/du Bock drauf hast, mach doch dort ne Famulatur!
Famulaturen sind eh super Motivatoren (Kleines Haus, übersichtlicher Bereich, Basics, nette Betreuung suchen --> glücklich sein) :-top

Zweifeln tut jeder mal :-)

Hau rein!

alley_cat75
28.01.2009, 14:06
Nur mal am Rande: klar, gibt es Leute, für die Medizin bzw. Arzt sein nichts ist und die das erst nach 6 Jahren Studium merken. Finde ich wie schon gesagt gar nicht schlimm. Ist dies der Fall, so muss man sich einfach vor Augen halten, dass ein abgeschlossenes Medizinstudium schlicht eine grundsolide Berufsausbildung ist, mit der man nie arbeitslos sein wird. Eine ehemalige Kommillitonin von mir studiert gerade Theaterwissenschaften. Ja, warum eigentlich nicht. Sollte sie scheitern, hat sie einen krisensicheren Job in der Hinterhand.

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28.01.2009, 14:16
Nur mal am Rande: klar, gibt es Leute, für die Medizin bzw. Arzt sein nichts ist und die das erst nach 6 Jahren Studium merken. Finde ich wie schon gesagt gar nicht schlimm. Ist dies der Fall, so muss man sich einfach vor Augen halten, dass ein abgeschlossenes Medizinstudium schlicht eine grundsolide Berufsausbildung ist...
:-meinung