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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : PJ in Kuba



Sizwe
28.01.2009, 07:30
Schon mal an ein Tertial in Kuba gedacht?

Würde es auf jeden Fall empfehlen. Mit einer Kommilitonin zusammen war ich für zwei Monate in Santa Clara. Dort ist (laut Eigenwerbung) neben Havanna die renommierteste Medizinuniversität des Landes und mehrere Hundert internationale Studenten bestätigen das. Aber der Reihe nach...
Mein Wahlfach war die Neurologie und da ich schon die andere Hälfte in Deutschland gemacht hatte, fühlte ich mich ganz gut gerüstet. Es gibt nur eine neurologische Station (für eine Provinz von 800000 Einwohnern) die allerdings sehr gut mit Ärzten ausgestattet ist. D.h. ein Assistent betreut ein 3-6 Bett-Zimmer und das wars. Traumhafte Bedingungen für individuelle Krankenbetreuung. Der Chef und die Oberärzte (alles Profes) waren auch ständig vor Ort. Da Neuro ein konservatives Fach ist, kann man auch im Ausland jetzt nichts so spektakuläres machen, allerdings wurde ich von einem der Profs permanent persönlich betreut. Ich habe die Patienten ausführlich untersucht, bei Visiten vorgestellt und begleitet. Die ganze Zeit über konnte ich flexibel in die Notaufnahme gehen oder Nachtdienste mitmachen. Da Neuro nur so als Unterfach der Inneren gesehen wird , waren bei mir leider nur sehr selten andere Studenten. Allerdings konnte ich an deren Seminare zum Thema und am Neuropatho und Neuroradiounterricht teilnehmen. Interessant waren auch die wöchentlichen Konsulatationen in den Polikliniken die über die Provinz verteilt waren. So kann man seine Untersuchungstechniken verfeinern und nebenbei auch noch ein Kuba kennenlernen, das man als Tourist so nie sehen würde.
Deutlich praktischer war die Chirurgie. Dort sind Studenten fester Bestandteil des Teams, welches einen festen Wochenplan absolviert. Es wird gemeinsam von Notaufnahme über die Station in den OP rotiert. Nachtdienste gibt es einmal pro Woche, so dass man die ganze Zeit über beschäftigt ist. Im OP ist man so eine Art Mischung aus erster Assistenz und OP-Schwester, was den Lernerfolg gegenüber Deutschland deutlich verbessert. Generell ist das System sehr ausbildungsorientiert, so dass der Jüngste am Tisch unter Anleitung operieren soll. Das trifft natürlich nicht auf die Studenten zu, verdeutlicht aber das Klima. Man kann viel nähen und auch auf der Notaufnahme viel praktisch machen.
Gewohnt haben wir auf dem Unigelände, in dem Teil der für zahlende internationale Besucher reserviert ist. Vom Komfort her ist es ok und man kann sich schnell an täglich Hühnchen, Reis und Bohnen gewöhnen. Davon mal abgesehen, ist es unschlagbar, dass dort so viele Studenten aus anderen Ländern sind. Kubas Hilfe zur Selbsthilfe sieht so aus, dass das Land Stipendien an arme Jugendliche aus armen Ländern vergibt. Dementsprechend war wirklich ständig irgendwo eine Party oder auch ein Kulturfest.
Wie auch in anderen Ländern wird man als Westler als ziemlich reicher Mensch angesehen. Die Ärzte haben sich häufig mit mir verglichen und darüber geklagt, dass sie nur 20 US-Dollar im Monat verdienen und woanders mit ihrer Qualifikation schon längst Millionäre wären. Man muss aber immer im Hinterkopf behalten, dass in diesem Lohn schon die Ausbildung, Gesundheitsversorgung und andere Sozialleistungen mitenthalten sind. Das Ausbildungssystem ist besonders in Lateinamerika hoch angesehen und die Lebenserwartung des Landes kann mit Industrieländern mithalten. Das schafft kein anderes Land der Karibik. Ich denke, man sollte einfach so etwas mit in die Beurteilung der Lage einbeziehen und nicht glauben, dass man den Kubanern die Funktionsweise ihrer Gesellschaft erklären sollte :-meinung

Das ganze war mit 2000 USD für zwei Monate schon recht teuer, allerdings sind Unterkunft, Verpflegung und Transport mitinbegriffen. Eine bessere Pauschalreise gibt es nirgendwo sonst.
Prinzipiell war die Bewerbung per e-mail unkompliziert, allerdings hat die kubanische Seite nach einer anfänglichen Zusage monatelang nichts von sich hören lassen. Am Ende hat es dann doch geklappt und um das Visum haben die sich auch gleich mit gekümmert.
Hier die Adresse:

Julio Cesar Borges
Relaciones Internacionales
Instituto Superior Ciencias Medicas, Santa Clara

[email protected]

Telefon 0053-42-271947

Also vergesst die USA, ab zum PJ nach Santa Clara in Kuba!