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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Arbeitszeiten/ Arbeitsbelastung/ Opt-Out-Regelung



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newmed
07.02.2009, 08:16
Wie mein Name schon sagt, bin ich ein Neuling :-) und informiere mich über das was mich nun sehr bald erwarten wird.
Es fällt auf, dass zwar nach dem Vertrag des MB 42h in der Woche die Regel sein sollten und selbst der Gesetzesgeber möchte mit einer max. Arbeitszeit von 48h in der Woche seine Schützlinge vor Überarbeitung bewahren. Schon etwas frech finde ich dagegen die ,,Opt-Out-Regelung". Nach meinem Verständnis ein freiwilliger Verzicht auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In dem Fall wohl die Ärzte.
Was wird wohl passieren, wenn ich bei der Vertragsunterzeichnung die Opt-Out-Regelung nicht unterschreibe? Ich nehme an, dass ich bereits innerhalb der Probezeit gekündigt werde bzw. spätestens nach den ersten zwei Jahren das Haus verlassen darf. Wie sehr ihr das?

Wieviele Stunden arbeitet eigentlich ihr im jeweiligen Fachgebiet und bekommt ihr die Mehrstunden lückenlos vergüdet bzw. bekommt ihr dadurch mehr Urlaub? Ich habe von Assistenzärzten erfahren, dass man 56-60h in der Woche arbeiten muss.

John Silver
07.02.2009, 16:44
Unterschreibe die Opt-out-Regelung auf keinen Fall. Diese Regelung hat nur einen Zweck: die Verwaltung zieht damit ihren Hals aus der Schlinge, und steckt stattdessen Deinen hinein. Überlastete Ärzte machen häufiger Fehler, das ist mittlerweile selbst dem dümmsten Verwalter klar. Wenn die Überlastung auf eine Unterbesetzung zurückzuführen ist, liegt die Verantwortung letztlich bei der Verwaltung. Wenn also etwas passiert, und die Überlastung des Personals infolge der Unterbesetzung als Ursache erkannt wird, wird die Verwaltung in den Hintern getreten. Wenn Du aber Opt-out unterschreibst, dann wird der Tritt in den Hintern auf Dich umgeleitet, denn Du gibst der Verwaltung eine carte blanche und eine hervorragende Rechtfertigung, keine neuen Ärzte einzustellen, indem Du auf Deine durch das Arbeitszeitschutzgesetz garantierten Rechte verzichtest.

Heutzutage müssen insbesondere Assistenzärzte ihre Eier wiederentdecken. Vera*scht wird nur der, der sich vera*schen läßt. Wenn eine Klinik wert darauf legt, Dich zu vera*schen, dann solltest Du keinen Wert darauf legen, in einer solchen Klinik zu arbeiten.

newmed
07.02.2009, 16:50
nun es ist eben etwas schwierig. ich habe ein angebot in der chirurgie bekommen und würde das eben gerne wahr nehmen.

es ist aber doch so, dass eben 6 monate probezeit besteht. der erste vertrag gilt dann zwei jahre und erst dann erhält man einen unbefristeten. ich denke, wenn ich die opt-out-regelung nicht unterschreibe kann ich schon in der probezeit aber spätestens nach den zwei jahren den ,,schreibtisch räumen". was für möglichkeiten hat man als berufsanfänger?

Kathibaby
07.02.2009, 16:59
nun es ist eben etwas schwierig. ich habe ein angebot in der chirurgie bekommen und würde das eben gerne wahr nehmen.

es ist aber doch so, dass eben 6 monate probezeit besteht. der erste vertrag gilt dann zwei jahre und erst dann erhält man einen unbefristeten. ich denke, wenn ich die opt-out-regelung nicht unterschreibe kann ich schon in der probezeit aber spätestens nach den zwei jahren den ,,schreibtisch räumen". was für möglichkeiten hat man als berufsanfänger?
Kannst die Opt-Out Regelung ja normalerweise auch schriftlich widerrufen, so nach 6 Monaten und einem Tag z.B. :-D .

newmed
07.02.2009, 17:11
habt ihr denn keine unterschreiben müssen? nach dem tvä gilt zwar die 42h/woche, aber ich habe den eindruck, dass der nirgends eingehalten wird und überstunden gemacht werden. ohne opt-out wären keine 60h wochen möglich, oder?

Feuerblick
07.02.2009, 17:19
Doch, möglich schon, aber die Verwaltung und der jeweilige Chef bewegen sich auf sehr dünnem Eis in diesem Fall :-nix
Du musst diese Erklärung nicht unterschreiben. Ob es Folgen haben wird oder nicht, das wird sich zeigen. Ich würde dir raten, dass du erstmal nicht unterschreibst und abwartest, was passiert. Sollte es dann deine absolute Traumstelle sein, kannst du es dir ja noch überlegen ;-)
Ich habe bei meiner momentanen Stelle nach zwei Wochen Bedenkzeit die Opt/Out unterschrieben. Dazu muss ich aber sagen, dass ich nicht gerade Überstunden en masse schiebe und dass wir nach 22 Stunden Dienst direkt nach Hause gehen dürfen. Insofern kann man damit gut leben. :-nix Einstellungen haben trotz dieser Regelung auch stattgefunden.
Bei einer chirurgischen Stelle hätte ich mir das mit der Unterschrift zugegebenermaßen dreimal überlegt. :-D

Der Praktikant
07.02.2009, 17:22
Was ich als Auch-Jetzt-Anfänger nicht verstehe:

Was habe ich persönlich von der opt-out Regelung, wenn ich sie unterschreibe. Ich würde nämlich jetzt auch wie John Silver opt-out niemals unterschreiben. Fang in der Uni-Hölle an und warte eigentlich nur noch darauf, daß mir sowas serviert wird.

John Silver
07.02.2009, 20:41
Von der opt-out-Regelung profitiert ausschließlich der Arbeitgeber, soviel muß jedem klar sein. Ansonsten sind alle erwachsene Menschen und können Entscheidungen selbständig treffen. Nur wenn man sich bückt und schön Vaseline schmiert, darf man sich nicht wundern, plötzlich... ihr wißt schon.

Im Übrigen halte ich es für sehr unwahrscheinlich, daß ein Chef, der halbwegs bei gesundem Verstand ist, den Vertrag eines Assistenten nicht verlängern wird, der sich gut macht und eben nur kein opt-out unterschrieben hat.

McBeal
07.02.2009, 20:47
Mal so eine Frage -"merke" ich, wenn ich diese Regelung unterschreibe? Ich meine nämlich, so etwas nicht unterschrieben zu haben. Nur meinen normalen Vertrag. Scheint ja sehr üblich zu sein sowas und ich frage mich, ob ich da was übersehen habe oder echt nicht sowas habe. :-)

LG,
Ally

Feuerblick
07.02.2009, 20:48
Du merkst es, denn es ist als Nebenabrede ein zusätzliches Blatt. :-)

McBeal
07.02.2009, 20:55
Du merkst es, denn es ist als Nebenabrede ein zusätzliches Blatt. :-)
Juchu, dann bin ich wohl drumherum gekommen. :-) Sehr schön!! Noch ein Vorteil an diesem Haus (neben guter Bezahlung und wenigen Überstunden).

LG,
Ally

John Silver
07.02.2009, 20:55
Die opt-out-Regelung kann nicht als Teil des Vetrags verkauft werden. Man muß diese gesondert unterschreiben. Zur Sicherheit solltest Du aber Deinen Vertrag lesen, bevor Du unterschreibst :-))

McBeal
07.02.2009, 20:57
Die opt-out-Regelung kann nicht als Teil des Vetrags verkauft werden. Man muß diese gesondert unterschreiben. Zur Sicherheit solltest Du aber Deinen Vertrag lesen, bevor Du unterschreibst :-))
Im Vertrag stand nichts davon. Ich war mir nur nicht sicher, ob mir da irgendwas untergeschoben wurde, ohne dass das Wort "opt-out-Regelung" gefallen ist. In meinem Vertrag steht ganz klar 42h-Woche.

LG,
Ally

alley_cat75
08.02.2009, 06:35
Um als Neuling die kommenden 6 Monate ruhiger schlafen zu können, würde ich die Regelung zunächst unterschreiben. Man kann sie jederzeit widerrufen. Perspektivisch sollte man sich sehr gut überlegen, ob man in so einem Haus tatsächlich weiterarbeiten möchte. So eine Klinik verdient mit uns Geld und erwirbt durch gewissenhafte ärztliche Arbeit einen guten Ruf. Es ist schlicht daneben, müde und Fehler machende Ärzte in Kauf zu nehmen. :-dagegen

skriehma
08.02.2009, 11:44
um mal einiges gesundes juristisches halbwissen zum besten zu geben:
(gehen wir mal von einer geregelten arbeitszeitdokumentation aus) ;)

ohne opt-out hast du eine 42h-woche regulär.
lt. arbeitszeitgesetz darfst du im jahresdurchschnitt 48h/woche arbeiten, also 26 Überstunden pro Monat machen. Mehr DARFST du eigentlich nicht arbeiten. es gibt verschiedene regelungen welche monate in den 12-monatsdurchschnitt reinspielen...zB ob eine woche urlaub oder 3... (wir gehen immer noch davon aus jede geleistete überstunde wird auch dokumentiert)

also kann man dir auch nur 26 überstunden pro monat maximal auszahlen...FZA mindert natürlich den jahresdurchschnitt.
wenn also an einem haus überstunden in FZA ausgeglichen werden, bedarf es eigentlich keiner opt-out regelung

anders wenn du die überstunden ausgezahlt haben möchtest (zB weil in deinem haus nicht genug personal vorhanden ist um den mitarbeitern zusätzliche 4 wochen fza im jahr zu geben...oder du einfach mehr geld zur verfügung haben willst und mit weniger freizeit auskommst)
es gibt zumindest im TVÄ die möglichkeit die mögliche wochenarbeitszeit zu erhöhen...allerdings nur im rahmen von bereitschaftsdiensten...36 oder 48h stundendienste wird es aber dennoch nicht geben, da man nach allerhöchstens 24 stunden arbeit (also auch 8 stunden vollarbeit plus 16h bereitschaftsdienst) nach hause gehen muss...(steht irgendwo/wie im arbeitszeitgesetz und auch im TVÄ zB)

du kannst also pro monat 26 reguläre überstunden machen plus 26 bereitschaftsdienstüberstunden (faktorisiert mit dem jeweiligen bereitschaftsdienstsatz...zB. 95%), bis zu zB 54h/Woche arbeitszeit (§7 abs. 5 TVÄ zB) bzw eben was die jeweilige opt-out regelung vorsieht (also zB 42 BD-Stunden zusätzlich pro monat)
natürlich könnte man auch nur bereitschaftsdienstüberstunden machen bzw alles zwischen diesen beiden "überstundenarten" aufsplitten.

man sollte bedenken, dass alleine ein samstag 24h-BD plus 22,8 Stunden sind, da man ja keinen FZA nimmt am sonntag. ein freitag kann zB 14,725 plus-stunden sein. man kommt also auch so recht schnell an entsprechende grenzen, wenn nicht zusätzlicher FZA genommen wird...

das gehalt wohlgemerkt ist immer auf die 42 stunden (TVÄ) ausgerichtet...Überstunden werden gemäß tarifvertrag mit zB 115% vergütet

aus meiner perspektive (uni. große abteilung, viele BD) muss ich sagen, dass wenn ich so mit bekannten/freunden vergleiche die in der wirtschaft arbeiten (bwl, dipl.ings), dass die pro woche auch so um die 50+ stunden arbeiten.
wenn ich jetzt mein gehalt inkl überstundenauszahlung mit deren vergleiche so komme ich eigentlich wirklich gut weg im vergleich wenn ich grundgehalt und ausbezahlte überstunden addiere


(bitte jetzt keine anmerkungen hinsichtlich vergleich von verantwortung, stress und so...mir macht mein job enorm spass und ich könnte nicht 10 stunden am tag am schreibtisch hocken)

jeder sollte selber entscheiden, ob er eine solche regelung unterschreibt, oder lieber mehr freizeit genießt.

die "politischen" auswirkungen so etwas nicht zu unterschreiben, lasse ich mal großzügig weg...

newmed
08.02.2009, 12:22
Danke für die Informationen. Ich habe nun mehr erfahren, als einfaches ,,googeln" :-)

Der Assistenzvertreter hatte beschrieben, dass 56h in der Woche gearbeitet wird. Ein Opt/out vereinbart wird und Überstunden nicht bezahlt werden. Man ,,versucht" sie durch FZA auszugleichen.
Naja.....dann halt nicht

Feuerblick
08.02.2009, 12:24
Der Assistenzvertreter hatte beschrieben, dass 56h in der Woche gearbeitet wird. Ein Opt/out vereinbart wird und Überstunden nicht bezahlt werden. Man ,,versucht" sie durch FZA auszugleichen.
Naja.....dann halt nichtDas wäre für mich eher der Grund, diese Stelle nicht anzutreten. Heisst nämlich nichts anderes, als dass du für lau Überstunden schieben sollst... :-nix

John Silver
08.02.2009, 12:25
Es gibt eine bestimmte Menge an Arbeit zu erledigen, und dafür steht eine bestimmte Anzahl an Assistenzärzten bereit. Wenn es unbesetzte Assistenten-Stellen gibt, verteilt sich die Arbeit entprechend auf eine geringere Anzahl an Assistenten, was die wöchentliche Arbeitszeit jedes Assistenten erhöht.

Wenn man die opt-out-Regelung nicht akzeptiert, die Überstunden gut dokumentiert und in schöner Regelmäßigkeit Überlastungsanzeigen bei der Verwaltung stellt, liegt die Verantwortung bei der Verwaltung. Im Übrigen muß die Verwaltung alle Überstunden bezahlen oder durch Freizeit ausgleichen lassen, auch wenn die zulässige Höchstarbeitszeit im Jahresdurchschnitt überschritten wird. Der Versuch, illegale Überstunden durch Verweigerung der Dokumentation unter den Tisch fallen zu lassen, ist rechtswidrig.

Wenn man die opt-out-Regelung akzeptiert, befreit man die Verwaltung von dieser Verantwortung, indem man diese Verantwortung selbst übernimmt.

Letztlich ist es so: um anständige Arbeitsbedingungen zu haben, darf man die opt-out-Regelung nicht unterschreiben, denn nur dann hat die Verwaltung einen Grund, sich zu bewegen und entweder Leute einzustellen oder Vorgänge zu optimieren. Wenn man also schon die opt-out-Regelung akzeptiert, dann sollte man zumindest einen entprechenden Gegenwert verlangen; z.B. sollte man im Gegenzug eine Erhöhung des Grundgehalts verlangen. Wer einfach so die opt-out-Regelung unterschreibt, nur um etwas mehr Sicherheit zu haben, daß man die Probezeit übersteht, ist einfach nur dumm. In der heutigen Situation ist man kaum noch darauf angewiesen, jede Kröte zu schlucken, nur um ja die Stelle nicht zu verlieren. Stellen gibt es wie Sand am Meer, in jeder Fachrichtung und Region. Nur wenige Leute, die aus irgendwelchen Gründen in ihrer Stellenauswahl stark eingeschränkt sind, können als Ausnahme betrachtet werden. Alle anderen, die sich lieber f*cken lassen, weil sie nicht den Mut haben, für ihre Interessen und Wünsche einzustehen, sind selbst schuld. Denn warum sollten Verwaltungen etwas verbessern, wenn sie immer wieder genug Angsthasen finden, die sich einreden lassen, sie seien nichts wert?

Feuerblick
08.02.2009, 12:29
Tja, dein Traum von "alle Fachrichtungen in jeder Region" ist leider nur ein Traum. Es gibt durchaus Fachrichtungen, in denen man eben nicht überall unterkommen kann, wenn einem der Sinn danach steht. :-nix
Letztlich bedeutet für mich die Opt/Out-Regelung überhaupt nur Papierkram. Nichts weiter. Hat halt auch Vorteile, in einer Fachrichtung zu arbeiten, in der man wenig Überstunden schiebt und sogar die noch ganz flexibel abfeiern kann, weil genügend Leute in den letzten Monaten eingestellt wurden. Nicht immer ist alles nur schwarz oder nur weiss.
Wenn mir aber von vornherein gesagt würde, ich müsse Opt/Out akzeptieren, Überstunden würden aber nicht bezahlt und FZA ist nicht möglich, weil zu schlechte Besetzung, dann wäre Opt/Out nicht der Grund, warum ich akut das Weite suchen würde... :-D

John Silver
08.02.2009, 12:34
Okay, das mit allen Fachrichtungen in allen Regionen ist überspitzt formuliert, gebe ich zu.

Es ist letztlich egal, worauf man sich einschießt: ob opt-out, keine Überstundenbezahlung, oder fehlender Freizeitausgleich. In der Einschätzung stimmen wir überein: Jeder halbwegs konkurrenzfähige Bewerber sollte eine solche Stelle links liegen lassen.