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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unnötige RTW Einsätze - was kann man tun?



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Lava
19.04.2009, 16:23
Ist immer wieder toll, wegen was für Lappalien manche Menschen den Rettungsdienst rufen. Scheinbar halten das viele für eine Art Krankenhaustaxi. Gestern gab es bei uns gleich zwei so Eier: einmal ne junge Frau, die sich an einem Glas geschnitten hatte. Die Schnittwunde war ca. 1cm lang! :-wand Fall Nummer zwei: älteres Ehepaar ruft RTW nach Sturz - soweit OK, hatten beide Schmerzen im Bereich Hüfte/Wirbelsäule. Aber dann vergessen sie einen Hausschlüssel mitzunehmen! Als sie dann per Rettungsdienst wieder nachhause gebracht werden sollten, musste erstmal die Polizei (!!!!!) bei den Angehörigen vorbei fahren um dort die Ersatzschlüssel abzuholen. Telefon existiert in dieser Assifamilie nämlich nicht.

Sowas passiert jeden Tag ein Dutzend Mal und ich könnte mich pausenlos darüber aufregen! Aber was kann man tun? Was passiert mir schlimmstenfalls, wenn ich den Transportschein einfach nicht unterschreibe?

GOMER
19.04.2009, 16:26
Wenn Du den Schein nicht unteschreibst suchen sich die Retter einen anderen der unterschreibt, weil sie keinen Bock haben auf Ärger mit ihrer Verwaltung.

Lava
19.04.2009, 16:30
Können sie ja von mir aus tun. Nachts rennen nicht sooo viele Ärzte in unserer Ambulanz rum. Mal im Ernst: wenn ich das unterschreibe, dokumentiere ich damit, dass der Transport medizinisch indiziert war. Das ist er aber bei einer 1cm langen Schnittverletzung einer vollkommen klaren, jungen, kreislaufstabilen Patienten leider nicht!

GOMER
19.04.2009, 16:35
Du hast ne PN.

Feuerblick
19.04.2009, 16:37
Ich wünsche mir schon seit Rettungsdienst-Zeiten, dass man solche Schwachsinnseinsätze einfach als medizinisch nicht-indiziert dem Patienten in Rechnung stellen kann. Also quasi ein Kreuzchen mit "minderschwerer Fall" oder sowas.
Solange das nicht möglich ist (leider führt schon der Versuch zu endlosen rechtlichen Streitereien, wir habens teilweise ausprobiert) solltest du den Schein netterweise unterschreiben. Denn die RTW-Besatzung kann nun wirklich nichts dafür, wenn sie mitten in der Nacht gerufen werden zu solch einem Mist. Und da sie keine Ärzte sind, werden sie den Teufel tun und den Patienten zuhause oder wo auch immer lassen, nur weil sie meinen, der kommt alleine klar. :-nix Also... bitte, bitte weiter unterschreiben und damit einfach nur dokumentieren, dass der Transport STATTGEFUNDEN hat. Der Schein ist Grundlage für jegliche Abrechnung! Sonst bedeutet das nämlich Ärger FÜR die Verwaltung/Abrechnungsabteilung, Schreibkram mit dem Krankenhaus (also auch für dich), Zettelmist... und der Patient bekommt davon so gut wie nichts mit...

Funkel, mit über zwei Jahren Abrechnungserfahrung beim Rettungsdienst

P.S. Aber Taxifahrten nach Hause mit dem RTW (bei Patienten die nach einer Untersuchung NICHTS haben) finden schlichtweg nicht statt! Wieso ist dieses Ehepaar nach Hause gefahren worden? Das zahlt keine Kasse, das ist nicht indiziert und ziemlich dämlich von der Besatzung des RTW!

Sebastian1
19.04.2009, 16:38
Das ist nun einmal die Schattenseite einer flächendeckenden medizinischen Versorgung. Und trotzdem darf man tunlichst beim wählen der 112 keine Hürden aufbauen, a la "Wenn's nix is, dann kostets Geld" oder ähnliches - der Effekt ist dann nämlich, dass Oma Meier und Opa Müller bei Herzinfarkt und Schlaganfall Hemmungen kriegen, weil sie es nicht so genau wissen und dann lieber nicht ihre schmale Rente aufs Spiel setzen.
Ist ********, wenn dann jemand die 112 als Taxi missbraucht, aber den Preis muss man wohl zahlen.

Lava
19.04.2009, 16:41
Ihr habt ja Recht, der Rettungsdienst kann nichts dafür. Neulich ist es bei uns übrigens tatsächlich mal vorgekommen, dass ein RTW in ein Pflegeheim gerufen worde - und sie die Patientin NICHT mitgenommen haben. Die Schwester rief dann ne Stunde später erneut den RTW und die haben die Patientin dann eingepackt. Natürlich hatte die nix Frisches, aber schön, dass wir das nachts gegen 1Uhr in unserer Ambulanz feststellen durften. :-keks

Feuerblick
19.04.2009, 16:45
Das meine ich... bringt absolut nichts.
Und Seb hat schon ganz recht: Diejenigen, die bei Androhung von teuren Abrechnungen aufhören bei Symptomen die 112 anzurufen sie die, die den RTW vermutlich dann wirklich dringend bräuchten. Die Idioten der "Das steht mir zu"-Gesellschaft werden weiter wegen jedem Pups nach einem RTW brüllen. :-nix

Evil
19.04.2009, 16:51
Die Idioten der "Das steht mir zu"-Gesellschaft werden weiter wegen jedem Pups nach einem RTW brüllen. :-nix
Tja, da kann man wirklich nix machen. Allerdings stelle ich in solchen Fällen immer wieder fest, daß man durch eine orange Viggo viel besser Blut abnehmen kann. Eine sorgfältige rektale Untersuchung gehört selbstverständlich auch dazu, und ein Schwenkeinlauf ist in jedem Fall indiziert. Gegebenenfalls braucht man auch schonmal eine arterielle BGA, zumindest bei Dyspnoe.

Muriel
19.04.2009, 16:52
Diese "Das steht mir zu" Gesellschaft geht mir gehörig auf den Senkel. Wenn es von den Idioten etwas weniger gäbe, hätten die Krankenkassen auch Geld für medizinisch sinnvolle Dinge, die nicht nach und nach gestrichen werden müssten, und würden es den Leuten nicht z.B. mit Taxischeinen in den A**** stecken.

Skalpella
19.04.2009, 17:01
Ich dachte immer, die Rettungsleitstelle würde entscheiden, was genau sie dem Patienten nach Hause schickt. Auch die Rettungsleitstelle könnte sagen, fahren Sie selbst ins Krankenhaus. Dies wird sie zum Beispiel bei der jungen Frau, die eine stark blutende Wunde hat, nicht tun. Was, wenn sie kollabiert? Nicht, wegen dem "immensen Blutverlust", sondern wegen der Gesamtsituation. Man tut sich als medizinisch Gebildeter schon ganz schön leicht, zu sagen, was zumutbar ist, oder nicht. Manche Menschen können noch nicht mal die Wunde genauer inspizieren, ohne die Grätsche zu machen.
Problematisch finde ich eher, dass Notaufnahmen immer noch als hausärztliche Grundversorgung missbraucht werden und somit die Wartezeiten für "echte Notfälle" zum Teil unzumutbar lang sind. Wenn man mit dem RTW kommt, ist man wenigstens schon mal "drin".

Lava
19.04.2009, 17:02
Tja, da kann man wirklich nix machen. Allerdings stelle ich in solchen Fällen immer wieder fest, daß man durch eine orange Viggo viel besser Blut abnehmen kann. Eine sorgfältige rektale Untersuchung gehört selbstverständlich auch dazu, und ein Schwenkeinlauf ist in jedem Fall indiziert. Gegebenenfalls braucht man auch schonmal eine arterielle BGA, zumindest bei Dyspnoe.

Du glücklicher Internist! Ich kann höchstens für die Betäubung mal ne grüne Nadel nehmen statt der blauen. Aber das merken die Besoffskis sowieso nicht. Ganz ohne Betäubung nähen ist auch doof, wenn die dann doch bei jedem Stich vom Tisch springen wollen :-(

Lava
19.04.2009, 17:04
Wenn man mit dem RTW kommt, ist man wenigstens schon mal "drin".

*lol* Das stimmt zwar, aber wenn wir den Notfall als nicht kritisch einstufen, werden die wie jeder andere in die Warteliste einsortiert. Oft setzen wir Patienten, die mit dem RTW kommen, auch mal draußen in den Wartebereich, wenn sie dazu in der Lage sind *sfg*

Muriel
19.04.2009, 17:06
@Diana: Das Problem mit dem KV-Dienst sehe ich auch so. Daher finde ich solche Modelle hervorragend, wo der diensthabende KVler in den Räumlichkeiten der Klinik oder im Nebengebäude oder dergleichen arbeitet. D.h. die Patienten kommen nicht in die Notdienstpraxis, von deren Existenz sie im Zweifel nichts wissen oder wissen wollen, sondern gehen, weil es ja so praktisch ist, ins Krankenhaus, werden dort aber nicht vom Krankenhauspersonal behandelt, sondern eben von der KV-Praxis, die dann entscheidet, wer eine Tür weiter geschickt werden muss.

Feuerblick
19.04.2009, 17:07
@medianab: Klar tut die Leitstelle das. Aber wenn die hören "Kommen sie schnell, meine Freundin blutet am Kopf", können die auf die Entfernung nicht wirklich entscheiden, ob der Patient genausogut per PKW ins nächste KH gefahren werden kann. :-nix

Lava
19.04.2009, 17:09
Das wär mal ne klasse Idee. Allerdings funktioniert das leider auch anders herum, sogar noch viel besser: wir kriegen von denen STÄNDIG Patienten zugeschickt. OK, die wollen/können/dürfen nichts Traumatologisches versorgen, aber die könnten sich den Patienten ja wenigstens vorher mal anschauen, bevor sie ihn wegschicken :-keks

dreamchaser
19.04.2009, 17:23
Ich finde es noch schlimmer, wenn ein Arzt der KV vor Ort ist und einen NAW anfordert für einen Patienten, der angeblich Dyspnoe hat. Der Notarzt ist zum Glück gleich wieder weggefahren und hat nen KTW hingeschickt - und der Patient ist dann auch wieder nach Hause gegangen. Trotzdem ein unnötiger NA-Einsatz, der anderweitig vielleicht gebraucht worden wäre.
Wir haben so eine Notdienstpraxis am Wochenende vor dem KH, aber sehr oft kommen doch noch die Magenschmerzen seit 3 Wochen oder Kopfschmerzen bei bekannter Migräne zu uns - und dann dauert das doch gerne mal mindestens 4 Stunden. Und jeder Brustschmerz bekommt natürlich seinen Infarktausschluss. Große Viggo etc. natürlich inclusive.

Skalpella
19.04.2009, 17:32
@medianab: Klar tut die Leitstelle das. Aber wenn die hören "Kommen sie schnell, meine Freundin blutet am Kopf", können die auf die Entfernung nicht wirklich entscheiden, ob der Patient genausogut per PKW ins nächste KH gefahren werden kann. :-nix
Das ist aber genau der Punkt. Medizinisches Fachpersonal kann es nicht entscheiden, aber der Patient soll. Stark blutende Wunden können für Laien sehr eindrucksvoll sein, selbst wenn nix weiter ist.

@Diana: Das Problem mit dem KV-Dienst sehe ich auch so. Daher finde ich solche Modelle hervorragend, wo der diensthabende KVler in den Räumlichkeiten der Klinik oder im Nebengebäude oder dergleichen arbeitet. D.h. die Patienten kommen nicht in die Notdienstpraxis, von deren Existenz sie im Zweifel nichts wissen oder wissen wollen, sondern gehen, weil es ja so praktisch ist, ins Krankenhaus, werden dort aber nicht vom Krankenhauspersonal behandelt, sondern eben von der KV-Praxis, die dann entscheidet, wer eine Tür weiter geschickt werden muss.
Kenn ich auch so. Ist aber bei kritisch kranken Patienten wiederum schlecht. Der Kollege muss den Patienten sehen, tut aber nichts, als einzuweisen.
Im dümmsten Fall sitzt eine Patientin mit miserereartigem Erbrechen bei Bridenileus im Warteraum, bis sie beim Niedergelassenen KVler drankommt (1,5h), der sie keines Blickes würdigt, weil: "Ist ja eh was zum Einweisen" und danach sitzt sie wiederum, mittlerweile wenigstens "drin", um auf den Chirurgen zu warten(weitere 1,5h). Dieser Patientin habe ich gesagt, wenn sie jemals wieder so etwas hat, soll sie unbedingt sofort die Rettungsleitstelle anrufen und sich nicht von ihrer Schwester ins Krankenhaus fahren lassen. Auch aufgrund dieses Vorfalls wurde der Ruf nach einer "Sichtungsschwester" laut. Die Mädels, die damals in der Notaufnahme am Schalter saßen (Sekretärinnen aus dem Schreibbüro) hatten keine Ahnung von schwerkranken Patienten. Beim Liegendtransport musste bei uns wenigstens der niedergelassene Kollege nicht drauf schauen. Wie das im Moment geregelt ist, weiß ich leider nicht. Im doofsten Fall warten wirklich Kranke zu lange auf adäquate Versorgung, wenn sie nicht mal von jemandem gesehen werden, der sich auskennt und den KVler-Schritt überspringt.

Muriel
19.04.2009, 17:40
Es geht doch nichts über ein funktionierendes Triagesystem :-meinung

Skalpella
19.04.2009, 17:46
Es geht doch nichts über ein funktionierendes Triagesystem :-meinung
:-dafür
Kennst jemand eines und kann es beschreiben?