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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : SHT nach TÖNNIS LÖW



Recall8
20.05.2009, 01:29
Hallo! Bin dabei mich in der Neurotraumatologie zu belesen und habe nun schon verschiedenste Varianten der Klassifikation der Schädelhirntraumata nach Tönnis/Löw gelesen. Was ist nun richtig?
Zum Einen habe ich in etwa folgende:
Leichtes SHT
1.GradesBewusstlosigkeit < 5 min & Rückbilung < 5d

Mittel- schweres SHT
2.Grades
Bewusstlosigkeit > 5 min – 30 min & Rückbildung < 3 Wochen


Schweres SHT
3.Grades
Bewusstlosigkeit> 30 min & persistierende Störungen> 3 Wochen


Und dann noch ganz andere Werte (aus einem Chirurgie Lehrbuch):

Commotio cerebri

Bewußtlosigkeit max 1 h
Neurologische Ausfälle max 4 Tage

Contusio cerebri
LEICHT
Bewußtlosigkeit 1-24 NeurologischenAusfälle max.< 3 Wochen

SCHWER
Bewußtlosigkeit bis 1 Woche
Neurologische Ausfälle länger > 3 WO

SCHWERST

Bewusstlosigkeit > 1 Woche im Coma (Vitalfunktionen gefährdet)
Neurologische Ausfälle persistieren oft mehrere Wochen

Welche Werte stimmen denn jetzt?

Vielen Dank!:-top

Feuerengelchen
20.05.2009, 11:02
Es gibt tatsächlich unterschiedliche Nomenklaturen/Bezeichnungen, sie werden aber im klinischen Gebrauch durchaus auch nebeneinander verwendet.
Als ich vor knapp 10 Jahren im Rettungsdienst angefangen habe, war die Einteilung nach "commotio/Contusio/Compressio" noch deutlich häufiger als heute.
Es gibt auch noch Varianten nach GCS-Score geordnet, oder nach Offenes/Geschlossenes SHT.

Die alleinige Wahrheit gibt es bei der Einteilung von SHTs aber nicht, genauso wenig wie man zB in jedem Physio-Buch dieselbe Norm-Atemfrequenz findet.

roger rekless
20.05.2009, 12:49
Einteilung nach Commotio, Contusio etc. ist laut den Neurologen und Neurochirurgen bei uns nicht mehr state-of-the-art. Laut denen soll man nur noch die Einteilung der SHT nach den 3 Graden benutzen.

LieberInvasiv
20.05.2009, 13:58
Einteilung nach Commotio, Contusio etc. ist laut den Neurologen und Neurochirurgen bei uns nicht mehr state-of-the-art. Laut denen soll man nur noch die Einteilung der SHT nach den 3 Graden benutzen.

Jup, so habe ich es auch gelernt :-stud

sebi86
20.05.2009, 14:57
Also in der Präklinik ist die Einteilungin commotio, contusio und compressio - wie schon gesagt - nicht verbreitet. Commotio wird lediglich noch für diejenigen Patienten verwendet, die nach einem Sturz/Schlag auf den Kopf kurz bewusstlos waren und/oder die typischen neurologischen bzw. vegetativen Symptome haben, wie beispielsweise Amnesie, Kopfschmerz, Schwindel/Übelkeit.

Ansonsten wird die Einteilung in SHT Grad 1 (GCS 15 - 13), Grad 2 (GCS 12 - 9) und Grad 3 (GCS 8 - 3) verwendet.

Recall8
21.05.2009, 16:34
OK, Danke für die Antworten.

Ich muss also strikt zw. den beiden Nomenklaturen trennen? :
SHT nach GlasgowComaScale (1.-3.Grades)

und auf der anderen Seite die veraltete Nomenkaltur

nach Tönnis / Löw mit contusio / commotio / compressiocerebri)?

So richtig?

WackenDoc
21.05.2009, 20:28
Ich würd die Definition nach Tönnis/Löw lernen. Was du aus dem Chirurgiebuch zitiert hast ist veraltet.

Und die GCS bezieht sich ja nicht ausschließlich auf SHT, sondern quantifierziert die Bewußtseinseinschränkung unabhängig von der Ursache.

Commotio ist (meines Wissens nach) der einzige Begriff, der noch geläufig ist, und eher für die leichten Fälle gebraucht wird. Schädel- Hirn- Trauma hört sich manchmal schon sehr dramatisch an, da ist "Gehirnerschütterung" manchmal besser.

sebi86
22.05.2009, 09:56
Und die GCS bezieht sich ja nicht ausschließlich auf SHT, sondern quantifierziert die Bewußtseinseinschränkung unabhängig von der Ursache.


Das stimmt schon, aber man geht ja bei Patienten mit GCS < 15 nicht immer von einem SHT aus :)
Auf ein SHT lässt sich in 99% der Fälle ja vom Verletzungsmechanismus oder den Verletzungsmustern schließen. Und die GCS dient hier einfach der Einschätzung der Schwere des SHT...

vlsime
22.05.2009, 10:52
Hallo!


Und die GCS bezieht sich ja nicht ausschließlich auf SHT, sondern quantifierziert die Bewußtseinseinschränkung unabhängig von der Ursache.

Soweit ich weiß, ist die Glasgow Coma Scale 1974 von Teasdale und Jennet ausdrücklich zur Evaluierung von Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma entwickelt worden; insbesondere korreliert der GCS-Wert bei SHT wohl auch mit der Prognose, was bei Beußstlosigkeit anderer Ursache bei weitem nicht gilt. Ob es sinnvoll ist, die GCS bei allen Arten von quantitativer Bewußtseinsstörung anzuwenden, nur weil sie so einfach ist, mag dahingestellt bleiben...

Grüße!

WackenDoc
22.05.2009, 11:48
@sebi: Bei der Heranziehung der GCS zur Einschätzung der Schwere des SHT gehe ich mit dir konform, ist schließlich auch einfach anzuwenden. Macht sicher im Alltag Sinn.

Aber bei Einteilung im Sinne von IMPP-mäßig abprüfbarem Wissen würd ich eher die Einteilung nach Tönnis/Löw nehmen.

@vlsime:Ja, die GCS wurde urprünglich dafür entwickelt. Ist heute aber auch wichtig zur Indikationsstellung zur Intubation, vereinfachten Informationsübermittlung und Dokumentation etc. und auch Verlaufskontrolle von quantitativen Bewußtseinsstörungen.

Allerdings gebe ich dir recht,dass gerade die unteren Punktzahlen in der Motorik (Streck-/Beugesynergismen) sich auf Hirnschäden beziehen.