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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Klone von der Krone der Schöpfung - oder Clownerie;-)



luckyblue
28.11.2002, 11:13
Das erste Klon-Kind kommt im Januar, meint der italienische Gynäkologe Severino Antinori; falsch, es gab schon immer welche - mit einer Häufigkeit von 0,4 Prozent -, sage ich. So viele eineiige Zwillinge bevölkern nämlich unseren Planeten, und wenn Bundesministerin Bulmahn ihr Ansinnen, das Klonen von Menschen international zu untersagen, in die Tat umsetzt, sollte ich mich besser warm anziehen - als eineiiger Zwilling bin ich dann wohl vogelfrei, gewissermaßen ein genetischer Outlaw;-)

Den Zeitpunkt hätte man kaum medienwirksamer wählen können: Gerade hat sich die UN-Konvention zum Verbot des Klonens von Menschen in allen Phasen seiner Entwicklung in eine krisensichere Sackgasse manövriert , da ergreifen zynische Klon-Pioniere das Wort. Italiens Reproduktionsmediziner Numero uno Antinori prophezeit drei Klon-Geburten für das kommende Frühjahr, und Boisselier, Leitschaf der Rael-Sekte und Chefin von Clonaid Las Vegas in Personalunion, gießt gleich noch ein bisschen Öl ins Feuer. Antinori habe ja keine Ahnung, nein, nicht drei, nicht vier, sondern sage und schreibe fünf Klon-Geburten stünden in der Warteschleife - und die erste sei noch dieses Jahr fällig. Konkret handele es sich um ein europäisches Paar und je zwei asiatische und US-amerikanische Schwangerschaften.

Da lodert sie wieder auf, die Glut der bioethischen Debatte, da wird sie wieder laut, die altbackene Litanei gegen die Entzauberung des menschlichen Lebens, da sind sie wieder neu, die alten Fragen. Ob denn so was keine Verletzung der Menschenwürde sei, ob das denn mit rechten Dingen zuginge. Und überhaupt. Droht jetzt der Untergang des Abendlandes, die "Menschendämmerung", das Horrorszenario von "Genopolis"? Oder ist das alles Panikmache, irrationaler Nostalgie-Kitsch und weltfremder Defätismus?

Oder wie oder was?

cu, luckyblue

Alles wird gut
28.11.2002, 11:50
Ich finde, Fortpflanzung macht viel zu viel Spaß, als dass die Gefahr bestünde, dass sie vom Klonen abgelöst wird! :-))
... aber müssen es eigentlich immer gleich Kinder sein... :-D

Mal ernsthaft: Therapeutisches Klonen kann ich mir schon als vertretbare Sache vorstellen- von seinen Lieblings-CDs macht man sich doch auch ne Sicherheitskopie!!! (Sorry, war doch nicht so ernsthaft... :-) )

luckyblue
28.11.2002, 13:34
Ich finde, Fortpflanzung macht viel zu viel Spaß, als dass die Gefahr bestünde, dass sie vom Klonen abgelöst wird!

Gerade wir Männer müssen uns doch langsam wirklich Sorgen machen um die Praktikabilität der altbewährten Methodik;-) ... die emanzipierte Frau lässt bei der Samenbank melken, da lässt sich die Zuchtwahl besser treffen. Der größte Favorit ist übrigens der Lebenssaft aus den Lenden junger skandinavischer Hünen - der Wikinger-Cocktail;-)

cu, luckyblue

Sebastian1
28.11.2002, 15:13
Selbst bei den Experten der "Klonierer" - man denke an das Klonschaf Dolly - ist noch übrhauopt nicht erklärbar, warum verschiedenste Krankheiten bei den klonierten Tieren auftreten. In diesem Sinne finde ich das Klonen von Menschen absolut unverantwortlich. (Davon trennen möchte ich allerdings die stammzellenforschung, die ethisch m.E. noch auf einem ganz anderen Level rangiert). unverantwortlich zum jetztigen Zeit- und Wissenspunkt und unverantwortlich gegenüber den daraus entstehenden menschen, denn wer garantiert denn, daß diese nicht genauso krank werden wie auch die klonierten Tiere.

Ein ganz anderes Gebiet, welches sicher (wenn auch vermutlich in nicht allzu naher Zukunft, sprich: innerhalb der nächsten 10 jahre mal so als grobe Schätzung) interessant werden wird, ist m.E. die Möglichkeit der heranzüchtens transgener Tierpopulationen, welche Organe besitzen, die für xenogene Transplantationen auf denmenschen verwendet werden können. Auch das ist sicherlich nicht ethisch unumstritten, aber das die Möglichkeit dazu gegeben werden könnte (wird?), finde ich schon sehr interessant...

Gruß,
Sebastian

luckyblue
28.11.2002, 15:45
(Eigentlich teile ich deinen Standpunkt voll und ganz, aber ich mache hier jetzt trotzdem mal den Advocatus Diaboli, um die Diskussion ein bisschen anzukurbeln;-))


unverantwortlich zum jetztigen Zeit- und Wissenspunkt und unverantwortlich gegenüber den daraus entstehenden menschen, denn wer garantiert denn, daß diese nicht genauso krank werden wie auch die klonierten Tiere.

Nun, sicher ist nur der Tod. Wer garantiert denn den auf herkömmliche Weise gezeugten Wesen, dass sie nicht an einem Gendefekt leiden? Ist denn dieser mehr oder minder kalkulierbarer Unsicherheitsfaktor wirklich ein handfester Grund gegen das Klonen? Was fällt denn schwerer ins Gewicht - die Garantie des Neugeborenen auf ein unbekümmertes LEben oder der Kinderwunsch eines unfruchtbaren Paares?


... heranzüchtens transgener Tierpopulationen, welche Organe besitzen, die für xenogene Transplantationen auf den menschen verwendet werden können.

Bist du denn hier nicht inkonsequent? Wenn du schon dem Klonen von menschlichen Erbgut ablehnend gegenüber stehst, wie kannst du dann im selben Atemzug die Manipulation mit menschlichen Erbgut, die ja wohl VOraussetzung ist für den Gentransfer, gutheißen? Und last but not least: Wie weit darf man bei Tierexperimenten gehen? Gerade wenn man die neueren Forschungen aus der Tierethologie verfolgt, insbesondere das altruistisch ausgeprägte Sozialverhalten von PRimaten berücksichtigt, drängt sich auch die Frage nach der Würde des Tieres auf (die doch kürzlich irgendwie auch im Grundgesetz verankert wurde, wenn ich mich nicht täusche, oder?). Menschenwürde hin oder her - wie weit dürfen wir uns unsere Geschwister aus dem Tierreich untertan machen?

cu, luckyblue

P.S.: Ich gebe zu, dass ich davon keinen blassen Schimmer habe. Aber unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei den Krankheiten geklonter Tiere meistens um verfrühte Alterungserscheinungen handelt (v. a. Rheumatischer Formenkreis), erscheint es mir zweckmäßig, beim Klonen den Erbgut einfach mal ein paar Terminasen beizufügen. Diese Enzyme sind ja bekanntlich in somatischen Zellen nicht vorhanden, woraus ja die zahlenmäßige Begrenztheit von Zellteilungen resultiert, kommen hingegen sowohl in Keim- als auch in Tumorzellen vor. Vermute mal, dass beim Klonen keine Terminasen übertragen werden, da ja das gesamte Erbgut der Eizelle durch das Erbgut einer somatischen Zelle ersetzt wird, die ja keine Terminasen aufweist. Müsste doch eigentlich möglich sein, da mal ein paar Terminasen zuzugeben, oder?

Doc Pepp
28.11.2002, 16:00
Original geschrieben von luckyblue
Nun, sicher ist nur der Tod. Wer garantiert denn den auf herkömmliche Weise gezeugten Wesen, dass sie nicht an einem Gendefekt leiden? Ist denn dieser mehr oder minder kalkulierbarer Unsicherheitsfaktor wirklich ein handfester Grund gegen das Klonen? Was fällt denn schwerer ins Gewicht - die Garantie des Neugeborenen auf ein unbekümmertes LEben oder der Kinderwunsch eines unfruchtbaren Paares?


Den auf herkömmliche Art und Weise gezeugten kann natürlich niemand "Defektfreiheit" garantieren.
Dieser Unsicherheitsfaktor IST jedoch ein Grund gegen das (reproduzierende) Klonen, weil man ihn eben noch nicht kalkulieren kann. Der Kinderwunsch eines Paares bedeutet im Vergleich zur "Garantie des Neugeborenen auf ein unbekümmertes Leben" natürlich einen Sch....dreck! (Aber das hast du ja hoffentlich auch nur geschrieben, um die Diskussion ein bissel aufzuheizen) :-meinung

luckyblue
28.11.2002, 16:25
:-)) :-)) :-))


Der Kinderwunsch eines Paares bedeutet im Vergleich zur "Garantie des Neugeborenen auf ein unbekümmertes Leben" natürlich einen Sch....dreck! (

Erstens: Erklär das mal den Frauen, die seit Jahren erfolglos eine In-vitro-Fertilisation nach der anderen über sich ergehen lassen.

Zweitens: Wenn ein unbekümmertes Leben wirklich so wichtig ist, müsste man dann nicht alle chromosomal erkrankten Feten abtreiben lassen?

cu, diaboliblue;-)

machinehead
28.11.2002, 16:54
Unterschied zwischen Klonen und Zwillingsgeburten: Die Kontrollierbarkeit des Klonens, die Herstellung einer Kopie eines evtl. wesentlich älteren oder sogar schon toten Individuums.

Die Krankheiten geklonter Lebewesen entstehen durch die Akkumulation der DNA-Schäden während der schon stattgefundenen Zellteilungen bzw. von Mutationen durch exogene Noxen. Daher auch die "Alterserscheinungen".

Dem zu klonenden Erbgut Telomerase zu inserieren dürfte die unkontrollierte Teilung der Zellen zur Folge haben, man würde also einen Haufen Krebszellen produzieren.

Ethisch zu bedenken wären: Die medizinische Folgen des Klonens, die überzähligen Embryonen der gescheiterten Klonversuche, die sozialen Belastungen von Klonen. Ich würde sehr strenge Rahmenbedingungen setzen, was das reproduktive Klonen angeht, das therapeutische Klonen lebender (!) Menschen würde ich verbieten, über alles andere (transgene Tiere, Organzüchtungen...) kann man lange diskutieren.

Sebastian1
28.11.2002, 16:55
Gut, lucky, daß du dazugeschrieben hast, mit deinen provokanten Argumentationen die Diskussion antreiben zu wollen. Also, der Reihe nach:
Nun, sicher ist nur der Tod. Wer garantiert denn den auf herkömmliche Weise gezeugten Wesen, dass sie nicht an einem Gendefekt leiden? Ist denn dieser mehr oder minder kalkulierbarer Unsicherheitsfaktor wirklich ein handfester Grund gegen das Klonen? Was fällt denn schwerer ins Gewicht - die Garantie des Neugeborenen auf ein unbekümmertes Leben oder der Kinderwunsch eines unfruchtbaren Paares? [/quoteMeiner Meinung nach ist ein unvergleichbar höheres Risiko, welches sich nicht genau determinieren läßt und schon gar nicht in den ursachen erforscht ist, genau dafür ein Grund. Natürlich garantiert auch niemand für die Gesundheit eines herkömmlich gezeugten Kindes - aber bewusst das Risiko schwerer Erkrankungen und eines frühzeitigen Todes eines klonierten Menschen in kauf zu nehmen, um sich den egoistischen Kinderwunsch zu erfüllen (ja, das IST hart - ich kann paare sehr gut verstehen, daß diese sich sehnlichst ein kind wünschen, aber da ist auch noch der Weg der Adoption!) halte ich für nicht vertretbar gegenüber diesem Kind. Und man kann es schliesslich vorher nicht fragen.[quote]Bist du denn hier nicht inkonsequent? Wenn du schon dem Klonen von menschlichen Erbgut ablehnend gegenüber stehst, wie kannst du dann im selben Atemzug die Manipulation mit menschlichen Erbgut, die ja wohl VOraussetzung ist für den Gentransfer, gutheißen? Und last but not least: Wie weit darf man bei Tierexperimenten gehen? Gerade wenn man die neueren Forschungen aus der Tierethologie verfolgt, insbesondere das altruistisch ausgeprägte Sozialverhalten von PRimaten berücksichtigt, drängt sich auch die Frage nach der Würde des Tieres auf (die doch kürzlich irgendwie auch im Grundgesetz verankert wurde, wenn ich mich nicht täusche, oder?). Menschenwürde hin oder her - wie weit dürfen wir uns unsere Geschwister aus dem Tierreich untertan machen? Ich schrieb ja bereits, daß auch hier sicherlich eine ethische Diskussion notwenig sein würde. Allerdings ging es mir in meiner Diskussion nicht um die Unantastbarkeit menschlichen Erbgutes, sondern um einen verantwortungsbewussten Umgang damit. Und solange wie Mastbetriebe haben und täglich Schweine und Rinder en masse zum Verzehr gekeult werden (auch ich bin Fleischesser) habe ich ehrlich gesagt kaum Verständnis für die Tatsache, daß man zur Rettung menschlichen Lebens nicht solche transgenen Zuchttiere "erschaffen" sollte. (Jau, ich denk mal, für die Aussage bekomm ich erstmal einen auf den Deckel, aber das ist auch okay ;-) )
beim Klonen den Erbgut einfach mal ein paar Terminasen beizufügen. Diese Enzyme sind ja bekanntlich in somatischen Zellen nicht vorhanden, woraus ja die zahlenmäßige Begrenztheit von Zellteilungen resultiert, kommen hingegen sowohl in Keim- als auch in Tumorzellen vor. Vermute mal, dass beim Klonen keine Terminasen übertragen werden, da ja das gesamte Erbgut der Eizelle durch das Erbgut einer somatischen Zelle ersetzt wird, die ja keine Terminasen aufweist. Müsste doch eigentlich möglich sein, da mal ein paar Terminasen zuzugeben, oder?Hmmm, die Keimentwicklung schreitet ja beim geklonten Wesen soweit ich weiß erstmal normal voran, ansonsten erhielte man sicher keine lebensfähigen Tiere oder Menschen. Das "hinzufügen" von Telomerasen (ich glaub, so heissen die Enzyme, die du meinst) ist m.E. nicht so einfach 8auch, wenn ich davon nicht wirklich Ahnung habe), da ja deren Expression geregelt an- und ausgeschaltet werden muss. Dafür scheinen lediglich die Stammzellen vorgesehen zu sein - was passiert denn, wenn man diese enzyme auf einmal einfach permanent aktiviert? Tumorzellen haben diese Eigenschaft ja auch, wie du bereits schreibst. Und ob das evtl. fehlgesteuerte Verhalten der Telomerasen alleinige Ursache oder überhaupt Ursache sein könnte, dafür fehlt mir schlicht die Kompetenz, dies zu beantworten. Ich halte es allerdings nach meinem Wissensstand für unwahrscheinlich. Das tut aber in der Diskussion auch nichts zur Sache, denn der status idem ist nunmal, daß wir bisher nicht wissen, warum diese Erkrankungen in den klonierten Populationen auftreten. Aber wir wissen, daß sie mit stark überproportionaler Häufigkeit auftreten. Damit bleibt für mch die unverantwortlichkeit - auch des therapeutischen Klonens - gegeben.
Erstens: Erklär das mal den Frauen, die seit Jahren erfolglos eine In-vitro-Fertilisation nach der anderen über sich ergehen lassen. Wie oben bereits gesagt: egoistischer (wenn auch verständlicher!) Wunsch. Den kann man aber nicht dem "geplanten" Leben überordnen.
Zweitens: Wenn ein unbekümmertes Leben wirklich so wichtig ist, müsste man dann nicht alle chromosomal erkrankten Feten abtreiben lassen? Das gab es schon mal....und man nannte es "Euthanasie". Das Argument ist mir schon zu provokant, lucky, und ich kann mir kaum vorstellen, daß du es ernsthaft anbringen wolltest. Absolut indiskutabel. Aber ich denke, da gehen wir ohnehin d'accord.

Gruß,
Sebastian

luckyblue
28.11.2002, 17:56
Halte die Züchtung transgener Tiere zwecks Xenotransplantation (wäre das überhaupt noch die richtige Nomenklatur?) letztendlich auch für vertretbar. Ist zwar Ausdruck menschlicher Überheblichkeit, aber irgendwo muss man halt Prioritäten setzen. Außerdem, wie du schon anführst, betrachten wir sie ja ohnehin schon als Nutztiere, als Ressourcen, da wären Moralpredigten eigentlich ziemlich verlogen.

Meine Skepsis vor dem reproduktiven Klonen war eigentlich immer größer als die Bedenken hinsichtlich des therapeutischen Klonens. Klar, da gibt es die Frage nach dem Verbleib der Embryonen nachher. Andererseits ist das doch bei vielen Leiden ein Silberstreif am Horizont: Diabetes mellitus, degenerative Erkrankungen etc.

Macht ihr bewertungsmäßig einen Unterschied, ob es sich um embryonale oder somatische Stammzellen handelt?

Alles wird gut
28.11.2002, 20:26
Original geschrieben von Sebastian1
Das gab es schon mal....und man nannte es "Euthanasie". Das Argument ist mir schon zu provokant, lucky, und ich kann mir kaum vorstellen, daß du es ernsthaft anbringen wolltest. Absolut indiskutabel. Aber ich denke, da gehen wir ohnehin d'accord.

Gruß,
Sebastian

Das stimmt so nicht, in der NS-Zeit wurden unter dem Deckmantel "Euthanasie" weniger Feten abgetrieben als behinderte (häufig erwachsene) Menschen ermordet.
Ein Kind abzutreiben, das einen schwerwiegenden Gendefekt hat ist evtl. sogar ein Akt der Humanität!:-meinung (das gibt jetzt wieder jede Menge Zitate...)

Auf alle Fälle wäre das Klonen, wenn's denn mal fehlerfrei funtioniert, das definitive Ende der Evolution des Menschen!
...und der entzieht sich jetzt schon viel zu sehr diesem Gesetz...

luckyblue
28.11.2002, 21:12
Ein Kind abzutreiben, das einen schwerwiegenden Gendefekt hat ist evtl. sogar ein Akt der Humanität!

Auf die Gefahr, dass ich mich zum Buhmann mache und hier des Forums wegen Unmenschlichkeit und Euthanasie-Glorifizierung verwiesen werde: So ganz falsch liegst du mit deiner These nicht. In der Absicht, behinderten Menschen Lebensqualität innerhalb der Grenzen ihres Handlungsspielraumes zu ermöglichen, gilt es nicht zuletzt zu berücksichtigen, ob eine adäquate Betreuung nach Ableben der Eltern gewährleistet werden kann. Dass dies öfter auf eine trostlose Unterbringung in einem Heim hinausläuft, dürfte nicht gerade zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen - aus unserer Sicht.

Andererseits: Das Verständnis von Lebensqualität richtet sich nach den Umständen, und der Überlebenswille kaschiert viele objektive Mängel. Alles eine Sache der Gewöhnung. Ähnliche Beobachtungen kann man auch bei schwer unfallgeschädigten Patienten treffen, deren körperliche Versehrtheit uns glauben macht, dass hier ein "lebenswertes" Leben (ich denke, das Wort kann man verwenden, ohne gleich in die Nazi-Euthanasie-Ecke gedrängt zu werden) uns unmöglich erscheint; und nach einem halben Jahr Rehabilitation erleben wir bei diesen Patienten ein mentales Potential, das seinesgleichen sucht.

Wenn man einen Mukoviszidose-Patienten fragt, ob er lieber nie geboren worden wäre, wird er einem zu 99 % Prozent immer mit einem kategorischen Nein antworten. Auch behinderte Menschen hängen am Leben, genießen es.

Und eine Mutter in spe, die vor die Entscheidung gestellt wird, ob sie ein Down-Syndrom-Baby abtreiben lassen oder austragen soll, wird sich tendenziell immer für Letzteres entscheiden, auch gegen den Rat der Ärzte.

Das Leben ist halt so vielfältig, dass es auch noch schöne Seiten hat für den, der die Welt nicht sehen, sie nicht auf eigenen Füßen durchschreiten oder mit seinem Geist nicht vollends begreifen kann. Daher ist die Abtreibung chromosomal-defekter Feten ein ganz, ganz heißes Eisen.

Vielleicht sollten wir unsere Bemühungen auf diesem Feld eher in den Ausbau einer adäquaten Betreuung und Föderung behinderter Menschen investieren. Mehr Miteinander, weniger Wegsperren.

Aber das führt jetzt echt vom Thema ab;-)

cu, luckyblue

luckyblue
28.11.2002, 21:32
Auf alle Fälle wäre das Klonen, wenn's denn mal fehlerfrei funtioniert, das definitive Ende der Evolution des Menschen!

Ist das Ende der Evolution nicht heute schon faktisch erreicht? Ist nicht die kulturelle Revolution auf der Überholspur an der Evolutions-Schnecke vorbeigerauscht? Es findet doch de facto heute keine Selektion mehr statt, nicht mal nach intellektuellem Potential, weil - auch wenn unser schönes Vaterland gerade mal wieder durch die roten Zahlen schippert - doch letztendlich das Überleben jedes einzeln gewährleistet ist, so dass die Darwinsche Tauglichkeit vom Alpha-Typen sich nicht mehr vom Omega-Typen positiv abheben kann, eher im Gegenteil, weil sich in sozial ärmeren Schichten auch einige übers Kindergeld ihr Einkommen aufzustocken suchen (oha, ein böser, böser Satz;-)).

****************

"Ja, es muss eine Zeit der Vollendung kommen, wo alles hinstürzt in einer ewigen Harmonie" (so oder so ähnlich - mit Betonung auf ähnlich - gelesen bei Karoline von Günderode)

Für den Fall, dass erst das Klonen das Ende der Evolution einläutet: Dann schwänden infolge der Nivellierung aller Unterschiede auch alle WErtvorstellungen. Wenn alle gleich doof sind, muss niemand auf irgendwen Rücksicht nehmen. Die Dichotomie von gut und schlecht - vorbei, vergessen, vergangen. Und wenn die Werte futsch sind, verschwindet auch die Menschenwürde hinter den sieben Hügeln. "Menschendämmerung", oder?

cu, luckyblue

Froschkönig
29.11.2002, 16:36
Original geschrieben von luckyblue

Für den Fall, dass erst das Klonen das Ende der Evolution einläutet: Dann schwänden infolge der Nivellierung aller Unterschiede auch alle WErtvorstellungen. Wenn alle gleich doof sind, muss niemand auf irgendwen Rücksicht nehmen. Die Dichotomie von gut und schlecht - vorbei, vergessen, vergangen. Und wenn die Werte futsch sind, verschwindet auch die Menschenwürde hinter den sieben Hügeln. "Menschendämmerung", oder?

cu, luckyblue

Naja, diese Darstellung geht dann wohl doch zu weit...
Immerhin sind nicht alle unsere Wertvorstellungen, Vorlieben und Charakterzüge nur auf gene zurückzuführen. Selbst wenn es auf der Welt nur noch 6 Milliarden gleiche Klone gäbe, gut und böse gäbe es mit Sicherheit auch noch !

Allerdings wäre die Verbrechensbekämpfung immens schwierig
(Wir haben da zwar Fingerabdrücke gefunden, aber naja... :-D)

luckyblue
29.11.2002, 21:39
Wertvorstellungen resultieren doch letztendlich aus einem "gruppendynamischen" Prozess, weil innerhalb einer Gruppe individuelle und kollektive Bedürfnisse miteinander kollidieren. Wertvorstellungen sind folglich sowohl Produkt eines sozialen Gruppenzusammenschlusses als auch Gebrauchsanleitung (um nicht zu sagen "survival scout") für die Funktionsfähigkeit dieser Gruppe/Population/Zivilisation.

Die Frage ist: Warum kommt es überhaupt zum Gruppenzusammenschluss, wenn dieser Prozess doch der freien Entfaltung persönlicher Ziele (die sich natürlich auch erst im Dialog mit kollektiven Interessen entwickeln, aber das ist ein anderes Thema) im Wege steht?

Letztendlich beruht jeder Gruppenzusammenschluss auf der ERkenntnis, gemeinsam besser gewappnet zu sein fürs Überleben: Die Männer jagen den Sonntagsbraten, die Frauen jeten das Unkraut etc., die Harten kämpfen im Garten, doch die Zarten mischen die Karten, jeder hat seinen Platz. Ein Gruppenzusammenschluss kanalisiert mittels Bündelung unterschiedlicher EIgenschaften das zielgerechte FOrtkommen der Mehrheit.
Als Nebenprodukt fällt im Laufe der Zeit von Generation zu Generation auch eine Art NÄchstenliebe ab (via Über-Ich, Ich-Ideal usw.) und damit die Dichotomie von gut und böse.

Warum kann Klonen auf lange Sicht zum Verlust der Werte führen?

Ganz einfach deshalb, weil eine Art Klon-Kompetenz-Team für jeden Arbeitsbereich einen adäquaten Klon bereitstellen könnte, unter Umständen unter Zuhilfenahme genmanipulativer Maßnahmen. Wenn aber jeder entsprechend seinen persönlichen Bedürfnissen eingesetzt wird, schwinden die Konflikte zwischen individuellen und kollektiven Zielen, so dass das INdividuum lediglich unter Bezugnahme auf das "Es" im Freud'schen Sinne tätig wird, da sich ein Über-Ich gar nicht erst entwickelt aufgrund mangelnder erlebter Begrenzungen des eigenen Handelns. Wenn es kein Über-Ich gibt, gibt es auch keine WErtvorstellungen und damit auch keine Dichotomie von gut und böse, denn die Natur ist wertfrei und kennt nur den Unterschied von Vor- und Nachteil.

Wenn es dann noch Wertvorstellungen gäbe, so nur bei jenem elitären "Klon-Kompetenz-TEam", nicht aber beim "Otto-Normal-Klon".

Klingt vielleicht ein bisschen nach Science-Fiction, ist aber letztlich nicht unmöglich, nicht mal unwahrscheinlich, wenn auch Zukunftsmusik.

cu, luckyblue

hobbes
02.12.2002, 16:55
Interessanter thread

Ich würde mal dafür plädieren, das therapeutische ganz klar vom reproduktiven Klonen zu trennen. Beim einen entstehen tatsächlich Individuen, es findet eine potentielle Veränderung der Gesellschaft, ja gar der Menschheit statt.
Beim therapeutischen Klonen hingegen, ändert sich eigentlich diesbezüglich nichts. Es ist schlicht ein neuer aproach in der Forschung, ein neues therapeutisches Konzept. Dessen Start erfolgt wohl mit embryonalen Zellen, wodurch ein ethisches Konfliktpotential gegeben ist. Mit später somatischen Zellen therapeutisch aktiv zu werden, dem kann aber nicht mit nachvollziehbaren Argumenten entgegen getreten werden. Es sei religiös begründet, auf eine solche Diskussion werde ich aber sicherlich nie eintreten.
Da auch die embryonalen Zellen zwar durchaus Leben darstellen und dazu determiniert sind Individuen zu werden, könnte deren Verwendung als unethisch bezeichnet werden. Allerdings sollte man sich doch vergegenwärtigen, dass es sich dabei noch nicht um Individuen handelt, dass für diese ohnehin keine Verwendung mehr vorgesehen ist und dass sie ohnehin anfallen. Die Verwendung (gemäss luckyblue's utilisatorischen Konzeptes) ist m.E. ethisch vertretbar.

Beim reproduktiven Klonen ist die Ausgangslage eine andere. Der Klon hat mindestens genetisch keine eigenständige Persönlichkeit mehr, er ist die Kopie eines anderen, er ist nicht mehr einzigartig, wie wir anderen (mit Ausnahme der besagten Zwillinge). Cloning in grosser Menge würde unsere Gesellschaft brutal und nachhaltig umwälzen. Sie wäre dann, über sehr lange Zeit, auch der sicherliche Untergang der Menschheit, bzw. die Beschleunigung desselben. Dies wegen der Ausschaltung der Evolution. Genetische Fehler potenzieren sich im immer gleichen genetischen Pool. Wer dieses Cloning dennoch befürwortet, dem empfehle ich die Lektüre von Aldous Huxley's Brave New World.

hobbes
02.12.2002, 16:56
Noch einen Satz zur Abtreibung Behinderter: Ich denke nicht, dass diese verwerflich ist. Oder wozu macht man all die vorgeburtlichen Untersuchungen? Einzig abzulehnen, ware der Zwang zur Abtreibung.
Bedenken sollte man hier, dass die Aufrechterhaltung des Lebens chromosomal geschädigter ebenso künstlich ist, wie dessen Abtreibung.

Interessant ist noch der Punkt der ungewollten Kinderlosigkeit: Es ist interessant festzustellen, wie sehr unsere Geburtenrate zurückgeht, die freiwillige Kinderlosigkeit zum Mode-Trend einer desorientierten und verunsicherten Gesellschaft wird und gleichzeitig die ungewollte Kinderlosigkeit mit immer dramatischeren Mitteln "bekämpft" wird. Ich stelle hier eine Diskrepanz fest.

luckyblue
02.12.2002, 18:03
Also, m. E. ist die gewählte Kinderlosigkeit an sich noch kein Symptom für die Dekadenz unserer in der Tat wohl ziemlich "desorientierten und verunsicherten Gesellschaft". Im Gegenteil, unter Berücksichtigung des derzeitigen soziokulturellen Klimas will es schon reiflich überlegt sein, Kinder in die Welt zu setzen, sowohl aus elterlicher als auch aus kindlicher Sicht. Klar, die Familie bleibt die Keimzelle der GEsellschaft, aber im Einzelfall ist durchaus zu prüfen, ob nicht vermöge der beruflichen Qualifikation und Position ein höherer kultureller Beitrag für die Gesellschaft geleistet werden kann, als das möglich wäre bei Räumung des beruflichen Feldes zugunsten Kindererziehung. Kinder zu produzieren, damit später auch ja genug Steuerzahler rekrutiert werden können, ist ja nicht so der Hit. Wenn schon Kinder, dann richtig. Und dass zwecks effizienter Kindererziehung ein gewaltiger Zeitaufwand einzukalkulieren ist, der letztendlich eigentlich ein Elternteil zur Aufgabe des Berufes zwingt, dürfte gerade vor dem HIntergrund von PISA klar sein. Da sich Frauen aber heute nicht mehr so mir nichts, dir nichts aus dem Beruf zurück an den Herd drängen lassen, was ja auch gut so ist *schleim*, zumal sie oft hohe berufliche Qualifikationen nachweisen können, kann eine freiwillige Kinderlosigkeit heute durchaus auch von Verantwortungsbewusstsein zeugen und sollte nicht gleich als Desorientierung stigmatisiert werden.

Und Diskrepanz hin oder her: freiwillige Kinderlosigkeit und radikal bekämpfte Kinderlosigkeit - sind das nicht die zwei unterschiedlichen Seiten derselben Medaille? Letztlich geht's doch in beiden Fällen um die Selbstverwirklichung (vorzugsweise der Frauen), oder?

cu, luckyblue

Froschkönig
02.12.2002, 18:12
Das Problem liegt ja gerade bei der Kinderdebatte darin, daß sich Frauen ihr Recht auf jeden Beruf und auf Selbstverwirklichung hart erkämpft haben...und dann plötzlich schwanger sein (was ja schlecht vermeidbar ist) wäre noch ok, aber so ein Würmchen will ja auch aufge- und erzogen werden. Hier haben wir dann das Problem, daß sich Frauen dafür nicht grundsätzlich abstempeln lassen wollen und Männer andererseits nicht bereit dazu sind, etwas zu tun, was nicht "ihr Ding" ist.

hobbes
02.12.2002, 18:25
..womit die letzten 2 postings die Existenz eines manifesten gesellschaftlichen Problems zum Thema Kinder belegt haben. Der Zustand ist eigentlich doch alarmierend! Dass nur wenig qualifizierte Frauen (welche ihren Beruf lieber aufgeben) Kinder haben zu lassen, ist keine gute Lösung.
Ich erwähne gleich, dass ich auch keine einfache Lösung parat habe und nichts von wegen "Frauen zurück an den Herd" gesagt haben will.