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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gesichtstransplantation



flyingbarbar
28.11.2002, 12:54
Hallo zusammen,

denke dieses Thema passt in die angefangene Reihe....nach "öffentlicher Sektion" und "Klone".

Vielleicht können wir hier genauso gut diskutieren?! Würd mich freuen.....mich interessiert eure Meinung dazu.

Gefunden haben ich diesen Artikel bei www.welt.de

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Britische Ärzte planen Gesichts-Transplantation

London (dpa) - Britische Ärzte wollen im nächsten Jahr erstmals das Gesicht eines Toten auf einen entstellten Patienten übertragen. Peter Butler, ein plastischer Chirurg in London, will sich um eine Genehmigung dafür bemühen. Die Operation könne binnen sechs Monaten stattfinden, sagte er der «Times» und dem «Daily Telegraph» (Donnerstagsausgabe). «Die Frage ist dabei nicht, ob wir es tun können, sondern, ob wir es tun sollten.» Technisch sei eine Gesichtstransplantation auf jeden Fall möglich.

Die geplante Operation erinnert an den Hollywood-Film «Face Off» mit John Travolta und Nicolas Cage. Darin bekommt ein Ermittler das Gesicht eines Kriminellen, damit er eine Bande infiltrieren kann. Nach Angaben von Butler würden für die etwa zehnstündige Operation nur Menschen in Frage kommen, die durch Brandwunden, Unfälle oder Krebs schwer entstellt sind. Sie würden nach der Transplantation nicht genauso aussehen wie der Spender, da sich die Gesichtshaut und die Muskeln, Blutgefäße und Nerven den jeweiligen Knochenstrukturen anpassen würden.

Christine Piff, die Begründerin der Stiftung «Let's Face», die selbst durch eine seltene Art von Krebs entstellt ist, äußerte sich positiv über Butlers Pläne: «Wenn wir andere Organe unseres Körpers spenden können, warum dann nicht auch ein Gesicht?» fragte sie. Die Psychologin Nicola Rumsey dagegen sagte, dass Brandopfer oft schon nach weniger einschneidenden Gesichtsoperationen große Identitätsprobleme hätten. «Außerdem gibt es Bedenken hinsichtlich der Familienmitglieder des Spenders», sagte sie. «Was wäre, wenn die auf der Straße plötzlich jemanden sehen würden, der aussieht wie der verstorbene Angehörige?»



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erschienen am 28.11.2002 um 11:32 Uhr
© WELT.de


...mich würde es erschrecken wenn ich jemaden auf der Straße treffe, der mit dem Gesicht eines toten Bekannten von mir rumläuft. :-(( :-meinung


Grüße flyingbarbar

ehemalige Userin 24092013
28.11.2002, 13:33
...................also, das ist mal etwas, was ich absolut abartig finde, wenn ich das mal so ausdrücken darf.

Wie Du schon sagt flyingbarbar, wenn wenn jemand Bekanntes von mir stirbt und ich fahre irgendwo nach England oder sonstwo hin und sehe jemand anderes mit seinem Gesicht, dann ist es schon mehr als gruselig!

Das Gesicht eines Menschen ist für mich unter anderem eines der Dinge, die einen Menschen ausmacht..............und wenn dieser Mensch dann eben stirbt, dann ist das so, dass seine Einmaligkeit und sein Aussehen.........mit ihm gehen........und auch nie wieder auftauchen sollen - auch wenns weh tut, ihn nie wieder zu sehen.

Andererseits verstehe ich, wenn jemand ein völlig entstelltes Gesicht durch Brandwunden, Krebs oder sonst was hat............und sich wieder nach einem "angenehmen Ausehen" sehnt..............und da ist die Medizin schon so weit denke, ich, dass man mit plastischer Chirurgie ne Menge ändern kann.
Sollte es in irgendeiner Weise nicht mehr so möglich sein, dann ist es eben so.............es gibt auch Grenzen.
Man operiert ja auch nicht ewig an einem unheilbar an Krebs Erkrankten rum, wenn irgendwann Sinn und Unsinn einer solchen Sache ein umgekehrtes Verhältniss bekommen.
Dann sollte es man so lassen, wie es ist.

Ich persönlich würde, wenn mein Gesicht, aus welchen Gründen auch immer, entstellt wäre, auch die Möglichkeiten der plastischen Chirurgie nutzen, um meinem "Jetztzustand" wieder herzustellen..................aber, mein Gesicht gehört mir und ist relativ unantastbar, egal wie es aussieht und es soll durch nichts anderes ersetzt werden! Genauso wenig möchte ich, dass irgendwo plötzlich jemand mit meinem Gesicht rumläuft!



Ein Gesicht ist was einzigartiges.....................genauso wie jeder Mensch was einzigartig besonderes ist.............und das soll so bleiben.................bis in alle Ewigkeit.


Gruss Kaddel

Alles wird gut
28.11.2002, 14:29
Kommt schon! Wir sind doch alle schon mal jemandem begegnet, der/die jemandem super-ähnlich sah, den wir kennen!?

Außerdem wird ja kaum der ganze Schädel verpflanzt, sondern nur die Haut mit Muskeln- auf dem neuen Schädel ergibt das sicher eine komplett neue Erscheinung.
Wie in Face-off oder bei Schweigen der Lämmer sieht das sicher nicht aus!!!

Der Weisse Hai ist eigentlich auch nicht so böse wie im Film...

ehemalige Userin 24092013
28.11.2002, 14:39
..........auch da geb ich Dir recht AWG, aber diese Sache weitergedacht, macht eben angst...............

Gruss Kaddel

flyingbarbar
28.11.2002, 15:08
naja...

@alles wird gut
...ich weiß nicht...auch wenn's nur haut/muskeln/haare sind...das könnte arg "gut" werden.


@kaddel
sicher, bei verletzungen/krebs/etc. ist es sicherlich eine gute möglichkeit, aber wie du schon sagst....die einzigkeit eines menschen ist da ein gaaannnzzzzz großes argument :-meinung


hoffe nur, das wenn man dann bald jemanden trifft der einem so super ähnlich sieht, dass diese person noch lebt!!! :-(( :-D


grüße flyingbarbar *machnunendlichfeierabendnacheinen9stundentag!!!*

luckyblue
28.11.2002, 15:12
Mag sein, dass mir jetzt der eine oder andere geneigte Leser des Sektion-Threads argumentative Beliebigkeit vorwerfen wird. Sei's drum. Eigentlich ist es stringent, weil ich wieder auf der Folie des Utilitarismus (Ziel: Glück der größtmöglichen Individuenzahl durch Taten erreichen) argumentiere.

Ja, ich sage ja zu Gesichtstransplantationen. Weil es ein Gebot der Menschlichkeit ist. Fernziel jeden medizinischen Handelns ist schließlich eine erfolgreiche Re-INtegration des Patienten in seine Umwelt, u. U. neue Umwelt. Und da kann man noch so viel Aufklärungsarbeit leisten - wer nicht einigermaßen appetitlich aussieht, wird ausgegrenzt, mehr noch, grenzt sich selber aus, weil wir alle immer die Rolle letztendlich spielen, die uns die Gesellschaft zuweist. Das lässt sich nicht wegdiskutieren.

Klar, dass eine Gesichtstransplantation aufgrund der Einmaligkeit der Gesichtszüge höchst problematisch ist aus moralischer Sicht und einer Verletzung von Individualrechten gleichkommt. Klar, dass insbesondere für die Angehörigen des Spenders ein Kaleidoskop von Problemen sich herauskristallisiert; man stelle sich nur mal vor, Opas Gesicht im Fernsehen - auf der Anklagebank in einem Mordfall.

Nichtsdestotrotz: Die Möglichkeit, in einem aus plastisch-chirurgischer Sicht hoffnungslosen Fall einem Patienten die vollständige Wiedereingliederung in sein gesellschaftliches Millieu zuermöglichen, wiegt m. E. die psychische Kalamität der Angehörigen vollends auf, sofern eine effiziente psychologische Betreuung sowohl des Empfängers als auch der Spender-Angehörigen gewährleistet ist.

Es ist wohl davon auszugehen, dass auch für den Empfänger samt Umfeld eine Gesichtstransplantation problematisch ist und mit einer Identitätskrise assoziiert ist. Aber - das sind alles sekundäre Probleme, die therapeutisch behebbar sind.

Darüber hinaus muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass eine Gesichtstransplantation nur aus medizinischen Gründen durchgeführt wird, nicht etwa als Jungbrunnen für greise Reiche und nicht als Identitätsschwarzmarkt für eine Klientel, die durch kriminelles oder anderweitig zwielichtiges Treiben einen gesellschaftlichen "Gesichtsverlust" erlitten hat. Das würde in der Sackgasse der Zweiklassenmedizin enden.

cu, luckyblue

ehemalige Userin 24092013
28.11.2002, 15:39
..............also, Dein "Vokabular" ist ja enorm! Es dauert ja schon länger, wenn man sich Deine Texte mal richtig durchliest.............aber um die dann noch zu verstehen, braucht man ja ein Lexikon...........und dann dauerts richtig lange...:-)).........soll keine böse Anmache sein.........vielleicht bin ich auch Worttechnisch nicht so bewandert - egal.

Wie gesagt, ein entstelltes Gesicht mit Hilfe der plastischen Chirurgie wieder herzustellen ist absolut in Ordnung.
Aber eine Gesichtstransplantation muss nicht sein...........es gibt genug andere
Möglichkeiten................Eigenhautverpflanzung .........
therapeutisches Klonen.............u.s.w.

Da muss man sich doch nicht noch an die Gesichter der anderen wagen - egal, ob es nur medizinisch genutzt wird oder nicht.

Und, ich gebe Dir recht, wir spielen eine Rolle, die uns die Gesellschaft vorgibt..........aber wirds nicht mal Zeit.........diesbezüglich Zeichen zu setzen?


Gruss Kaddel

luckyblue
28.11.2002, 16:31
Es sollte ja klar sein, dass eine Gesichtstransplantation nur die Ultima ratio (............letztes Mittel;-)...) sein darf nach einer langen Odyssee durch chirurgische Abteilungen. Man kann halt noch nicht alles durch Eigengewebetransplantation etc. wieder in Ordnung bringen.


wir spielen eine Rolle, die uns die Gesellschaft vorgibt..........aber wirds nicht mal Zeit.........diesbezüglich Zeichen zu setzen?

Schön und gut, nur bringt das dem jeweiligen Patienten letztlich für seinen speziellen Fall herzlich wenig. Man muss Normen und/oder eingebürgerte Verhaltensweisen erst einmal so akzeptieren, wie sie sind. Das ist wie in der Politik: rein in die INsitutionen, und dann vielleicht was verändern. Gegen irgendwelche empfundenen Missstände auf die Barrikaden zu gehen, und sei die Absicht noch so edel, bringt meistens unterm Strich doch eher weniger.

cu, luckyblue

airmaria
30.11.2002, 02:16
Wo ist das Problem dieser Frage? Versetzt Euch doch einfach mal so in diese Situation eines grausam entstellten, als ob Ihr selbst betroffen wäret:
Welche sozialen, integrativen und psychologischen Probleme werden größer sein?
Diejenigen, wenn ich als Monster rumlaufe, oder diejenigen, wenn ich als gleiche Person mit einem anderen Gesicht durch die Welt spaziere?
Die Problematik mit dem Treffen anderer Angehöriger bzw das Abändern des ursprünglichen Gesichts des Toten sind wohl eher vernachlässigbar kleine und einfach lösbare Probleme!

"Mary" airmaria

30.11.2002, 02:19
Seh ich genau so!

chata

luckyblue
30.11.2002, 08:03
In welchem Ausmaß diese Problematik tabuisiert wird, zeigt ganz deutlich die Tatsache, dass Gesichtsversehrte überhaupt keine Lobby haben: Im gesamten deutschsprachigen Raum scheint es nur einen einzigen Verein (und das ist auch nur eine Selbsthilfegruppe) zu geben, der die Interessen dieser Patienten vertritt.

Den Verein namens "Tulpe" findest du hier (http://www.presscom.de/tulpe/gruendung.htm)

Pünktchen
30.11.2002, 13:14
hallo :)

Ich finde es gut das man so etwas machen kann, doch teile ich Kaddels bedenken...irgendwann irgendwo jemanden zu treffen, der einem verstorbenen bekannten ähnlich sieht...

Aber in dem Artikel steht doch, das Haut und Muskel auf die knochenstrukturen transplantiert werden. Meint ihr wirklich das das "fertige" Gesicht dann später genauso aussieht wie das was Spendergesicht? Jeder hat doch einen individuellen gesichtsschädelaufbau... vielleicht könnte man das gesicht ja auch gleichzeitig mit liften lassen :-meinung

Ich glaube so etwas wäre eine gute regelung...denn damit nimmt man auch dem Spender die angst...dann ist das "gesicht" nach dem Ableben auch nur Material...wie Leber Herz Niere Hornhaut...

Individualität sollte auf alle fälle erhalten bleiben...und wenn man die technische möglichkeiten hat sollte man auch versuchen etwas daraus zu machen und nicht, weil irgendjemand damit "böse" sachen machen könnte in der schublade verschließen....:-notify

Auch wenn Bösewichte so etwas a la face off mit dieser Op anstreben könnten, sollte es meiner meinung nach versucht werden...es ist glaub ich eine bereicherung für jeden...

gruß
pünktchen :-)

Feuerblick
01.12.2002, 17:11
Mich würde zu diesem Thema mal interessieren, wie genau das Ganze technisch duchgeführt werden soll. So ganz kann ich mir das noch nicht vorstellen...
Gibt´s Fachlinks zum Thema? Schließlich kann man nur schwer Dinge beurteilen, die man nur aus vagen Berichten kennt...

Feuerblick
*ganzvielefragezeichenüberdemkopf*

hobbes
02.12.2002, 12:56
Ethisch sehe ich bei dieser Art von Transplantation eigentlich keine Probleme. (Das mag erstaunen, ist aber so).
Probleme sehe ich da in technischen Belangen. Ich denke eine plastisch-ästhetische Wiederherstellung mit Eigengewebe dürfte, wenn auch sehr aufwendig, im Langzeiteffekt bessere Resultate, weniger Risiken mit sich bringen. Man beachte hierzu, die Ergebnisse der durchgeführten Handtransplantationen. Auch zu Bedenken gilt es die Abstossung und deren Unterdrückung.

Die psychologische Problematik mit der Identität beurteile ich ähnlich bei konventioneller Wiederherstellung und Transplantation.

Stellt sich noch die Frage, ob sich hier einige Chirurgen profilieren wollen, oder ob es sich wirklich um eine Ultima ratio handelt. Im letztere Fälle hätte ich keine Probleme damit.

luckyblue
02.12.2002, 14:59
Original geschrieben von hobbes
Ich denke eine plastisch-ästhetische Wiederherstellung mit Eigengewebe dürfte, wenn auch sehr aufwendig, im Langzeiteffekt bessere Resultate, weniger Risiken mit sich bringen.

Das lässt sich so generell wohl nicht formulieren. Eigengewebsverpflanzungen sind schließlich bezüglich Gesicht nur mit moderatem Erfolg gekrönt, da ja die mimische Muskulatur nicht ersetzt werden kann, so dass der Gesichtsausdruck immer maskenhaft ausdruckslos bleibt. Nicht gerade das Gelbe vom Ei.

cu, luckyblue

hobbes
05.12.2002, 22:28
Es gibt doch die Möglichkeit der Verwendung von gestielten Myokutanlappen bzw. Muskellappen. Kann damit nicht eine gewisse Mimik erreicht werden? Wie gut ist die Mimik mit einem transplantierten Gesicht? Sicherlich muss auch dieser, wie mit einem Muskellappen, ein grosser Trainingsaufwand vorausgehen.

Was ich sagen wollte, dass ein Gesicht doch arg entstellt sein sollte, um das Risiko einer Transplantation einzugehen. Die transplantierte Hand kann man bei schlechtem Ergebnis, bei Abstossung oder Medikamentenunverträglichkeiten wieder re-amputieren. Aber wie stehts da mit dem Gesicht? Muss da nicht auch etliches noch intaktes Eigengewebe geopfert werden um eine möglichst kosmetisch gute Transplantation des Fremdgesichtes zu erreichen. Die Übergänge von intaktem Eigengewebe und Fremgewebe müssten ja wohl so angelegt werden, dass sie nicht allzu augenfällig (bzw. aufdringlich) sind.

Ich bin nicht gegen die Transplantation...nur einige Gedanken.

Rico
06.12.2002, 13:29
Original geschrieben von hobbes
Was ich sagen wollte, dass ein Gesicht doch arg entstellt sein sollte, um das Risiko einer Transplantation einzugehen. Die transplantierte Hand kann man bei schlechtem Ergebnis, bei Abstossung oder Medikamentenunverträglichkeiten wieder re-amputieren. Aber wie stehts da mit dem Gesicht? Ich denke, man würde retransplantieren - ohne Gesicht kann man den ja nicht rumlaufen lassen und wenn einer Probleme mit einem Nieren- oder Herztransplantat hat und das soweit im Eimer ist, daß man es rausnehmen muß, dann kommt ja auch wieder ein neues rein.
Gibt es echt ne Medikamentenunverträglichkeit bei Immunsupressiva? Was machen denn dann grade die Herz- und Lebertransplantierten?

hobbes
07.12.2002, 17:20
vielleicht nicht eine echte Unverträglichkeit. Die Nebenwirkungen sind jedoch massiv und mitunter kann die Immunsuppression durch erhöhte Infektanfälligkeit, gestörte Abwehr auch die Lebenserwartung verkürzen. Aus diesem Grund hat sich mind. ein Hand-Arm-Transplantierter entschlossen, das Transplantat wieder entfernen zu lassen.
Die Nieren-Lungen-Herz-Leber-Transplantierten müssen durchhalten. Kommt es zur Abstossung bedeutet dies bei einem Nierentransplantierten zurück zur Dialyse, bei einem Herztransplantierten ist es - oft mangels Verfügbarkeit eines Ersatztransplantates - das Todesurteil.