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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Röntgen des Schädels?



Jeannychen
29.05.2009, 14:59
Ich hätte mal dazu eine Frage:

ich habe PJ-Wahlfach Radiologie gemach und haben wir dort eingetrichtert bekommen, dass nach heutigen Standard wird der Schädel nicht mehr geröntgt (in 2 Ebenen), sondern eher sofort ein CCT gefahren wird. (Natürlich meine nicht nicht die NNH- oder Kiefer-Aufnahmen).

Habe sogar erzählt bekommen (von Radiologen), dass heute diese Aufnahme sogar als Körperverletzung eingestuft wird...

Jetzt lerne ich für die mündliche Prüfung und lese ich (und das nicht im ersten Buch), dass man bei SHT Röntgenaufnahme des Schädels in 2 Ebenen anordnen muss.

:-???:-???Was ist jetzt wirklich die Wahrheit? Was macht ihr in diesen Situation? Wie ist das in dem wirklichen Leben? Was sagen diejenigen dazu, die in diesem Bereich arbeiten? :-???:-???

Danke für Eure Antworten schon im Voraus!

Lg. Jeannychen

pieks
29.05.2009, 15:07
Hallo Jeannychen,

alte Diskussion + altes Problem ..

Wir Kinderärzte halten eine Röntgenaufnahme des Schädels für obsolet.
Häufig sind darin Schädelnähte und auch Gefäße nicht wirklich gut von Frakturen zu differenzieren.

Bei V.a. Fraktur (z.B. bei fluktuierendem Hämatom) wird initial ein Sono über dem Hämatom gemacht, wenn möglich auch ein Schädelsono (bei noch offener Fontanelle) oder/und eine transversale Sono des Schädels.

Bei entsprechender Klinik folgt ggf. dann ein CT des Schädels.

Die Unfallchirurgen unserer Klinik machen weiterhin Schädelsonos wenn das Kind (leider) über die ZNA "läuft" ..

Gruß pieks

WackenDoc
29.05.2009, 15:08
Die FRage ist: Wie alt sind denn die Bücher? Und wer hat die verzapft? (Kenn da so ein Chirurgiebuch, das von einem Allgemeinchirurgen geschrieben wurde. Den Teil über Notfallmedizin kann man getrost in die Tonne kloppen.

ICh hab 8 Monate in einer Notaufnahme gearbeitet plus 6 Monate Chirurgie incl CvD- Dienste. Bei nem SHT wurde ein CCT gemacht und nicht konventionell geröngt. (Spezielle Fragestellungen ausgenommen).

Ich glaub bei nem Röntgen Schädel in zwei Ebenen in dem Zusammenhang hätten mich die Radiologen gefragt ob ich noch ganz dicht bin.

icespeedskatingfan
29.05.2009, 15:09
die meisten Aufnahmen lassen sich ohnehin höchstens als Piratenflagge verwenden...:-)
siehe Vorredner

WackenDoc
29.05.2009, 15:18
Zumal mir das konventionelle Röntgen keinerlei brauchbare Informationen bringt. Dislozierte Frakturen findet man auch ohne Röntgen, und nicht dislozierte werden nach meinem Wissensstand eh nicht weiter therapiert.
Bei nem SHT braucht man eh nen CCT um Blutungen etc. auszuschließen und Frakturen sieht man da auch.

Jeannychen
29.05.2009, 15:18
Danke Euch!

Ihr habt bestätigt, dass ich die richtige Meinung habe. Ich würde auch eher ein CCT anordnen als Schädel-Röntgen in 2 Ebenen. Natürlich sind die spezielle Fragestellungen ausgenommen.


Die FRage ist: Wie alt sind denn die Bücher? Und wer hat die verzapft? (Kenn da so ein Chirurgiebuch, das von einem Allgemeinchirurgen geschrieben wurde. Den Teil über Notfallmedizin kann man getrost in die Tonne kloppen.
...
Ich glaub bei nem Röntgen Schädel in zwei Ebenen in dem Zusammenhang hätten mich die Radiologen gefragt ob ich noch ganz dicht bin.

Das Buch (speziell das ich gerade lese) ist vom Juni 2006...
...und das glaube ich auch!!:-)):-)):-))

Lg.
Jeannychen

Lava
29.05.2009, 15:30
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, da das unterschiedlich ist von Haus zu Haus. Wo ich PJ gemacht habe, wurde kein Schädel geröngt. Wo ich jetzt arbeite, röntgen wir nichts so oft wie den Schädel. Jede poplige BEULE bekommt nen Schädel in 2 Ebenen. Das will unser Chef so. die Radiologen meckern auch immer wieder und schreien "Körperverletzung" aber aus all den Schlachten der Vergangenheit ging unser Chef als Sieger hervor mit dem Argument, dass WIR den Patienten behandeln und nicht der Radiologe. Unser Chef meint, und da hat er sogar recht, dass es Frakturen gibt, die man im CCT nicht sieht, sehr wohl aber im Röntgen. Das kommt vielleicht einmal alle 2 Monate vor, aber es kommt vor. :-nix

WackenDoc
29.05.2009, 15:34
Aber was für eine Konsequenz hat das Finden einer solchen Fraktur?

Lava
29.05.2009, 15:35
Sicherung der Diagnose (nicht unwichtig bei Arbeitsunfällen). Und wenn der Patient ne Platzwunde drüber hat, ist es formal ne offene Fraktur und bekommt ne Single Shot Antibiose. Aber darüber hinaus hat das wenig Konsequenz (sofern keine Liquorrhoe oder intracranielle Blutung vorliegt), da hast du recht.

hauinsfeld
29.05.2009, 16:04
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, da das unterschiedlich ist von Haus zu Haus. Wo ich PJ gemacht habe, wurde kein Schädel geröngt. Wo ich jetzt arbeite, röntgen wir nichts so oft wie den Schädel. Jede poplige BEULE bekommt nen Schädel in 2 Ebenen. Das will unser Chef so. die Radiologen meckern auch immer wieder und schreien "Körperverletzung" aber aus all den Schlachten der Vergangenheit ging unser Chef als Sieger hervor mit dem Argument, dass WIR den Patienten behandeln und nicht der Radiologe. Unser Chef meint, und da hat er sogar recht, dass es Frakturen gibt, die man im CCT nicht sieht, sehr wohl aber im Röntgen. Das kommt vielleicht einmal alle 2 Monate vor, aber es kommt vor. :-nix


So einen Fall möchte ich mal an einem Beispiel sehen. Wenn das alles zwei Monate bei euch vorkommt, möchte ich Dich bitten, Bilder zu besorgen und hier zu zeigen.

Dass man vielleicht auf einer 6 mm Schicht eine Fissur übersehen kann, die bei günstiger Projektion evtl. im Schädel in 2 Ebenen zu sehen ist, kann kein Argument für Schädelröntgen in 2 Ebenen nach dem Gießkannenprinzip sein, sondern höchstens für Rekonstruktion dünnerer Schichten im CT, eine Klinik vorausgesetzt.


Und solange der anfordernde Arzt keine Fachkunde besitzt, stellt der Radiologe die rechtfertigende Indikation.

S. 69ff:

http://www.ssk.de/pub/volltext/h51.pdf

SarahT.
30.05.2009, 12:39
Mir wurde auch beigebracht, dass man eine konventionelle Röntgenbildaufnahme des Schädels in der Regel nicht mehr macht --> CT.

Jeannychen
30.05.2009, 13:15
Und solange der anfordernde Arzt keine Fachkunde besitzt, stellt der Radiologe die rechtfertigende Indikation.

S. 69ff:

http://www.ssk.de/pub/volltext/h51.pdf


Habe ich auch so gelernt.
Danke für das Link! Habe kurz reingeschaut - super! :-top

Lg. Jeannychen

John Silver
30.05.2009, 15:45
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, da das unterschiedlich ist von Haus zu Haus. Wo ich PJ gemacht habe, wurde kein Schädel geröngt. Wo ich jetzt arbeite, röntgen wir nichts so oft wie den Schädel. Jede poplige BEULE bekommt nen Schädel in 2 Ebenen. Das will unser Chef so. die Radiologen meckern auch immer wieder und schreien "Körperverletzung" aber aus all den Schlachten der Vergangenheit ging unser Chef als Sieger hervor mit dem Argument, dass WIR den Patienten behandeln und nicht der Radiologe. Unser Chef meint, und da hat er sogar recht, dass es Frakturen gibt, die man im CCT nicht sieht, sehr wohl aber im Röntgen. Das kommt vielleicht einmal alle 2 Monate vor, aber es kommt vor. :-nix

Ja, eine solche Argumentation habe ich schon mehrfach von unfallchirurgischen Kollegen gehört, halte sie aber dennoch für unsinnig. Wenn man tatsächlich eine Fraktur vermutet, die im CCT nicht zu sehen ist, dann kann man noch immer eine Zielaufnahme fahren (wenn ich ehrlich bin, fällt es mir außerordentlich schwer, zu glauben, daß solche Frakturen auch nur 1x jährlich auftauchen, geschweige denn "alle 2 Wochen". Das sind absolute Kolibris). Frakturen sind in den allermeisten Fällen weniger interessant; denn wenn ein Patient mit SHT behandelt werden muß, dann ist die Fraktur sicher eher Nebensache, weil SHT-Patienten nicht an Frakturen sterben, sondern an Blutungen, die man im konventionellen Rö nicht sieht.

Melon_Man
30.05.2009, 23:17
meine These:

alter Chef = Schädel in 2 Ebenen

Lava
31.05.2009, 00:52
Hihi, kann sein. Aber was soll man machen?