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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wahl des Studienorts - Auf was kommt es an?



Cheshire Cat
03.06.2009, 13:49
Hallo liebes Forum,

wegen Wartesemestern werde ich mich vermutlich erst nächstes Jahr für ein Medizinstudium bewerben; die Wahl der Studienorte beschäftigt mich aber jetzt schon. Ist es beispielsweise zu empfehlen, eine Uni mit entsprechendem (internationalen) Ruf zu wählen, wenn ich mir bereits Gedanken darüber mache, nach oder während des Studiums ins Ausland zu gehen? Kann man von jeder Uni aus Auslandssemester oder ein PJ im Ausland machen, auch wenn diese nicht unbedingt Kontakte nach außen pflegt? Vom Bekanntheitsgrad ausgehend tauchen immer wieder die Unis Heidelberg und Berlin auf, gleichzeitig aber gerade zu Heidelberg der Hinweis, dass Medizin an der "Eliteuni" eher "subelitär" ausfällt... schlechte Organisation, überholte Studiumsabläufe, etc; der gute Ruf der Uni halte sich somit nur hartnäckig, aber ohne Substanz. Oder spielt es keine Rolle, an welcher noch so unbekannten Uni man seinen Abschluss macht? Hat man trotzdem im Ausland Chancen, wenn man einen guten Abschluss und Eigeninitiative vorweisen kann? (Ich denken speziell an die USA) Im Moment kann ich überhaupt nicht einschätzen, wie sehr bei diesem Studium die Bewertung eines Studenten von Prestige und Renomee bestimmt wird. Ich will diese Art zu denken nicht gutheißen, aber wenn die Wahl der Uni tatsächlich eine bedeutende Rolle spielt, dann muss ich mich als angehende Studentin wohl in der Hinsicht fügen?

Weitere Aspekte, auf die es mir ankäme, sind die Größe der Uni (lieber etwas kleinere Semester) und ein funktionierendes Lehrsystem - sind beispielweise die jüngeren Reformstudiengänge (in Heidelberg z.B. das HeiCuMed) zu empfehlen?

Über eure Meinungen und Informationen würde ich mich sehr freuen. Kann jemand von euch sogar aus eigenen Erfahrungen berichten? Beides wäre auf jeden Fall äußerst hilfreich,

CC

Muriel
03.06.2009, 13:59
Das Wichtigste bei der Wahl des Studienortes ist, ob Dir die Stadt gefällt, alles Andere ist zweeitrangig. Guter Ruf/Schlechter Ruf ist meines Erachtens völliger Humbug und hat wirklich überhaupt keine Bedeutung, erst Recht nicht im Ausland. Wenn Du in die USA willst, zählt eh nur, was Du in deren Staatsexamen hinbekommst, das deutsche Studium interessiert die nicht die Bohne. Schau Dir mögliche Städte an, die Dich interessieren könnten, befrag die Studenten vor Ort, wie zufrieden sie mit den Bedingungen sind, schau, ob vielleicht Freunde auch in die Stadt ziehen wollen und dann entscheide.

Flauta
03.06.2009, 14:09
Muri, wollt ich auch grad schreiben.

Sinnvoll kann es auch sein, sich damit zu beschäftigen, wie die Mietsituation ist, falls Du nicht zu den wenigen glücklichen Menschen gehörst, die sich ein Studium problemlos leisten können.
Wenn Du viele Kilometer fahren musst, um ausserhalb der Stadt ne Bleibe bezahlen zu können, kann der Fahrtweg Stress und hohe Zeitverluste bedeuten und deine Freude an der "international bekannten Uni" schnell trüben.
Da Du ja dann vorhast, mehrer Jahre in dieser Stadt zu bleiben, spielt die Lebensqualität und der Wohlfühlfaktor in der Stadt ne wichtige Rolle.
Da spielen halt viele Faktoren mit, welche Dir dabei am wichtigsten sind, musst Du selbst für Dich herausfinden und dann entscheiden. Und wenn's dann wirklich gar nicht passen sollte, musst Du nen Wechsel versuchen.

Cheshire Cat
03.06.2009, 21:31
Schonmal vielen Dank für eure Antworten; hört sich ganz optimistisch an :-)

Aber ich nehme an, trotzdem gibt es Unis, die insgesamt eine besseren Studiensituation hergeben als andere? Ganz abgesehen von ihrem Ruf, eher was die Ausrüstung, die Professoren, usw. betrifft. Uni-Rankings bin ich eher misstraurisch gegenüber, aber nach diesen schneiden kleine Unis wie in Lübeck ja anscheinend besser ab... Hmm. :\

Ich wohne in Baden-Würtemberg und werde mir auf jeden Fall noch Heidelberg und Tübingen genauer anschauen, für Unis weiter entfernt fehlt leider Zeit und Geld. Deshalb wäre es ganz nützlich, wenn noch einige von ihrem Studienort berichten könnten - Wie zum Beispiel die Lernverhältnisse sind, Niveau, Atmosphäre, etc. und ob es euch natürlich gefällt. In meinem Interesse wären vor allem Berlin, Marburg und Dresden/Leipzig; ich bin aber generell für jede Antwort dankbar!

Lava
03.06.2009, 21:36
Warum nicht Freiburg? ;-)

Strodti
03.06.2009, 21:44
Weil Marburg viel toller ist :-D Und MR ist ja in seiner Liste

Skalpella
03.06.2009, 21:55
Wenn es Dir um die wissenschaftliche Reputation geht, könnte auch die MHH nicht ganz schlecht sein. Wenn Du forschen willst, kannst Du forschen. Auch schon im Studium. Doktorarbeiten gibts wie Sand am Meer. Großes Auslandsprogramm ist auch vorhanden. Viele Arbeitsgruppen kooperieren mit Gruppen im Ausland. Ich finds toll hier. Kann allerdings nichts über den Modellstudiengang sagen, aber soo groß ist der Unterscheid nicht, zum Regelstudiengang.
Wohnen kann auch sehr günstig sein :-)

Neurofreak
03.06.2009, 22:02
Was mir damals sehr geholfen hat ist das CHE Uni-Ranking (link (http://ranking.zeit.de/che10/CHE)). Das gibt einen ausführlichen Einblick in verschiedenste relevante Bereiche sowohl unispezifisch als auch fachspezifisch. Ich hab jetzt den direkten Vergleich dessen, was behauptet wurde mit der realen Situation in Köln und Aachen und habe das allermeiste für zutreffend befunden.
(Wobei ich jetzt gar nicht nachvollziehen kann, warum sich Aachen in der Gesamtsituation von - wenn mich mein Hirn nicht täuscht - letztem Jahr 1,7 auf dieses Jahr 2,4 verschlechtert hat. Im ersten Studienjahr ist eher alles besser geworden als schlechter. Aber ich denke da kommt es immer auf die einzelnen Befragten und die Momentanstimmung an.)

Desweiteren ist, wie du schon bemerkt hast, auch essentiell, ob Regel- oder Modellstudiengang angeboten wird. Wobei sich die Modelle untereinander auch stark unterscheiden. Aber das musst du dann wirklich detailliert einzeln auf den entsprechenden Uniseiten erfassen.

yanmed
03.06.2009, 23:03
Bei mir (Köln) sah es so aus.

1. Die Stadt als solche

2. Aufbau des Studiums
3. pragmatische Dinge (z.b. Lage und Nähe der Institute zueinander)
4. Ruf

Ich kann die Rankingergebnisse nicht nachvollziehen. Alle Dinge die an Köln kritisiert wurden, fallen mir hier eigentlich positiv auf.

Cilo
03.06.2009, 23:12
Weil Marburg viel toller ist :-D Und MR ist ja in seiner Liste

hier muss ich etwas widersprechen, immer schlechtes Wetter - schrecklich bzw. nicht für jeden was, ich war froh, das ich wechseln konnte, bevor ich depressiv wurde

starbase135
03.06.2009, 23:36
@Cheshire Cat: Da ich in den letzten Tagen schon per PN mit Fragen zu Mannheim bombadiert wurde, poste ich hier mal meine Antwort auf die Anfragen.

Vorher noch was zu Leipzig: Ich habe an der Uniklinik 9 Monate Zivi in der Notaufnahme gemacht und kann von der Uni nur abraten. Die Vorklinik ist O.K., aber die Klinik überhaupt nicht gut. Ich habe in der Zeit mit vielen Studenten geredet und begeistert waren wenige von denen.

Mannheim würde ich auf jeden Fall in Erwägung ziehen. Die Fakultät wird im Glanze von Heidelberg, Freiburg und Tübingen oft etwas übersehen, ist aber, was Lehre, Betreuung, Ausstattung, etc. angeht besser und bei der Forschung genauso gut. Das neue CHE-Ranking gibt Mannheim zusammen mit Lübeck als einziger Fakultät im deutschsprachigen Raum Spitzenplatzierungen in 4 von 5 Kategorien.

Der Modellstudiengang MaReCuM ist sehr gut. Vorteile sind natürlich der moduläre Aufbau und die regelmäßig (alle 3 Wochen) stattfindenden Prüfungen. Gut fand ich auch, dass wir Terminologie, Chemie, Physik und einen Teil von Bio im Schnelldurchlauf in den ersten 4 Wochen gemacht haben und dann alles hinter uns hatten. An anderen Unis hat man ja z.T. das erste halbe Jahr nur das ganze Zeug. Es geht auch nicht so hart zu, wie an vielen anderen Unis. Je nachdem, wie man seine Studienzeit gestaltet (Vorlesungen besuchen ja/nein, sehr gute oder nur durchschnittliche Prüfungsergebnisse anstreben), kann man hier sehr entspannt studieren. Zudem wird viel drumherum geboten: kostenlose Sprachkurse (Medical English, Spanish, French und Turkish), Ausflüge in den Mentorengruppen (wir waren z.B. in Körperwelten und haben einen Großteil des Eintrittspreises bezahlt bekommen) und außerdem gibts noch einen super Medizinerchor, der von nem Musikprofessor geleitet wird und ein Medizinerorchester. Vorteil und Nachteil sind die vielen Pflichtveranstaltungen. In den vollgestopften Modulen (z.B. 1. Modul Zellbio + Physio/Biochemie und 2. Modul Bewegungsapparat + Blut) hat man oft 4 Stunden Praktikum oder 2 Seminare hintereinander. Das ist manchmal nervig, aber trägt dazu bei, dass man den Stoff auch wirklich reingehämmert bekommt. Wir haben einige, die vorher an anderen Unis Medizin studiert haben und die meinen, dass es so besser ist, als wie z.B. in München 1 oder 2 Seminare pro Woche zu haben und somit nicht wirklich was zu lernen. Ein Vorteil ist auch noch die sehr gute Ausstattung. Die Seminarräume sind alle super ausgestattet (Projektor, Whiteboard, Flipchart, Klimaanlage), die Hörsäle sind auch auf dem neuesten Stand und die Praktikumsräume (Histologie, Physio und Biochemie) sind überseht mit Projektoren, Plasmabildschirmen, neuen Mikroskopen, Zentrifugen, Laptops etc.
Nachteile sind das Curriculum, bei dem ab und zu natürlich der ein oder andere Testballon losgelassen wird. Jedes Jahr schaut ma halt, was gut klappt und was nicht. Im großen und ganzen war für mich im 3. MaReCuM Jahrgang aber alles gut organisiert. Den fehlenden Präppkurs am Anfang empfinde ich nicht als Nachteil. Unsere Plastinate sind in der Regel schöner und daher besser zum Lernen als von unerfahrenen Studenten zerfledderte Leichen. Präsentationen an Leichen gibt es aber auch und am Ende der Vorklinik wird bei uns auch ein bissl gepräppt.

MaReCuM kann sich locker mit anderen Studiengängen messen. Unsere ersten Physikumsergebnisse waren sehr gut (bei den Gesamtteilnehmern Platz 2 bundesweit nach Heidelberg). Im Vergleich zu Heidelberg und vielen anderen Unis, ist man hier besser betreut und hat ein z.T. deutlich besseres Curriculum. Vor kurzem hat ja auch ein "Lehrkrankenhaus" eröffnet, was dann in der Klinik ne große Rolle spielt. Das hat außer Münster noch keine Fakultät in Deutschland. Vergessen darf man auch nicht den klinischen Abschnitt des Studiums. Die Uniklinik gehört zu den renommiertesten in Deutschland und ist in vielen Bereichen führend (Häma/Onko, Neurologie, Derma, vaskuläre Neurochirurgie, Kinderchirurgie, ECMO...) und ist seit 40 Jahren für eine der besten klinischen Ausbildungen überhaupt bekannt. Auf PJ-Ranking rangiert sie meistens als am besten von PJlern bewertete Uniklinik. Nicht vergessen sollte man die angebotenen Masterstudiengänge während des klinische Abschnitts.

Mannheim als Stadt ist natürlich als Industriestadt nicht so schön, wie München, Hamburg, Leipzig oder Dresden. Aber sie bietet schon sehr viel. Tolle Kneipen und Clubs und viel Kultur. Viele von uns waren vor ein paar Wochen zur Museumsnacht unterwegs und da hat sich das schon gezeigt. Super ist auch das berühmte Nationatheater, bei dem man ausnahmsweise als Student für nur 6.90 in Opern, Theaterstücke, etc. auf sehr guten Plätzen (z.B. 3. Reihe) kann. Den meisten von uns gefällt Mannheim auf jeden Fall sehr gut. Wohnraum ist hier ja auch eher günstig.

Strodti
03.06.2009, 23:37
Hey, ich komm von der Küste. Da wird man nicht so schnell depressiv wenns grau und regnerisch ist :-)

Cheshire Cat
04.06.2009, 00:18
Desweiteren ist, wie du schon bemerkt hast, auch essentiell, ob Regel- oder Modellstudiengang angeboten wird. Wobei sich die Modelle untereinander auch stark unterscheiden. Aber das musst du dann wirklich detailliert einzeln auf den entsprechenden Uniseiten erfassen.

Hmm, verstehe :\ Vielen Dank für den Hinweis.


Ich kann die Rankingergebnisse nicht nachvollziehen. Alle Dinge die an Köln kritisiert wurden, fallen mir hier eigentlich positiv auf.
Ich weiß auch nicht, inwieweit die Rankings wirklich die Universitäten wiederspiegeln - Als Student an einer bestimmten Uni kann man sich sicher ein viel feineres Urteil über den Studiengang erlauben, ganz abgesehen von subjektiven Erfahrungen. Vermutlich sind die Rankings eher "fürs Grobe".


Da ich in den letzten Tagen schon per PN mit Fragen zu Mannheim bombadiert wurde, poste ich hier mal meine Antwort auf die Anfragen.

Vielen Dank für den ausführlichen Post! Eine Frage hätte ich da noch zum Reformstudiengang - Ist es dir je mal so vorgekommen, dass das Studium durch die Umstrukturierung und "Testballons" an Lehrniveau verliert, im Vergleich zum normalen Studium? Oder hattest du in der Hinsicht nie Bedenken?
Achja, fast vergessen: Kennst du den ein oder anderen Medizinstudenten aus Heidelberg? Von dort bräuchte ich nämlich auch noch jemanden zum Mit-Fragen-Bombardieren ;-)

starbase135
04.06.2009, 00:54
Wegen Heidelberg würde ich mal im HD Lokalforum fragen. Die wenigen Heidelberger, die ich kenne, finden's dort O.K., aber eigentlich nicht super. Heidelberg nährt sich wie viele andere Unis mehr von seinem Ruf... .

Das Studium in Mannheim bewegt sich auf hohem Niveau. Die Umstrukturiereungen und Testballons machen es in der Regel eigentlich nur noch besser. Manchmal kann es aber auch nerven. Zum Beispiel war der Jahrgang vor uns schlecht in Biochemie und daraufhin hat man in unserem Jahrgang ne Fragerunde vor jedem Biochemiepraktikum (3 Leute aus ca. 80 werden per Zufall ausgewählt und müssen die Versuche erklären...aber halb so wild...und wenn man nichts weiß, hat das auch keine gravierenden Konsequenzen) eingeführt.

Der Vorteil des Mannheimer Reformstudiengangs ist der moduläre Aufbau und damit die interdisziplinäre Behandlung von Vorklinikinhalten.

Im Modul Herz hatten wir z.B. über 6 Wochen Anatomie, Physiologie, Biochemie, Histologie und klinische Aspekte des Herzens und des Kreislaufsystems. Das Wissen wird im Vergleich zu anderen Studiengängen sehr intensiv vermittelt. Es gibt sehr viele Vorlesungen, überdurchschnittlich viele Seminare (6-7 pro Woche in den "harten" Modulen und 4 bis 5 in den leichteren) und dazu kommen auch ungewöhnlich viele Praktika und Praxiseinheiten.

Toll ist auch die Verknüpfung mit klinischen Inhalten, die es so fast nirgendwo in dieser Form gibt. Nach dem Modul Herz kann man durch die Praktika und Praxiseinheiten z.B. bereits im 2. vorklinischen Semester ein EKG relativ gut auswerten oder eine transkranielle Dopplersonographie durchführen. Wissen wird auch oft an Fallbeispielen angewendet.

Cheshire Cat
04.06.2009, 01:42
Wegen Heidelberg würde ich mal im HD Lokalforum fragen.

Ach Sch... - Die Lokalforen seh ich gerade zum ersten Mal! :-oopss

Dein Beitrag klingt wirklich gar nicht so übel. Mannheim ist auf jeden Fall eine Überlegung wert...

Cilo
04.06.2009, 09:23
Hey, ich komm von der Küste. Da wird man nicht so schnell depressiv wenns grau und regnerisch ist :-)

siehst du, genau das meine ich - Marburg ist nichts für Sonnenkinder