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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zeckenbiss. Blutuntersuchung ab wann??



Ghost Dog
19.06.2009, 09:41
Hi!

Mich hat letztens eine Zecke erwischt.
Wisst ihr, ab wann man eine Blutuntersuchung machen lassen sollte/kann, um Borrelliose nachzuweisen? Hab jetzt ein wenig in die Kristallgoogle geschaut, da kamen aber sehr unterschiedliche Zeitpunkte heraus von "sofort bis 8 Wochen".
Wisst ihr mehr?

Grüße

Summbine
19.06.2009, 11:01
Hallo Ghost Dog,

ich würde den Test nicht sofort machen lassen, da sich die Antikörper gegen den Erreger erst innerhalb von 14 Tagen bis 4 Wochen bilden. Dieser oft angewendete Antikörpertest ist auch nicht unbedingt 100%-tig.

Ich würde demnach als erstes die "Biss"-Stelle über einige Wochen beobachten. Wenn sich um die Stelle ein roter "Hof" gebildet hat und der dann noch größer wird, dann kann dies schon ein Hinweis auf eine mögliche Borreliose-Infektion sein. Oder aber wenn unspezifische Beschwerden, z. B. "grippeähnliche" Beschwerden, auftreten.

Hier ist dies noch um einiges genauer erklärt: http://www.rheuma-online.de/a-z/b/borreliose.html

Autor: Priv. Doz. Dr. med H.E. Langer

Ich würde immer auch an eine mögliche FMSE-Infektion denken.

LG, Summbine

horsedoc
19.06.2009, 11:58
zecke untersuchen lassen-falls aufgehoben

icespeedskatingfan
19.06.2009, 12:23
Wegen der langsamen Serokonversion muss die Diagnose der Borreliose häufig klinisch gestellt werden.
- Bißstelle beobachten (meist initial Papel mit Hyperpigmentation - von dort innerhalb von 1 - 7 Tagen (manchmal bis zu einem Monat!) zetrifugal ausbreitendes Erythem mit zentraler Abblassung, Begleitsymptome (Abgeschlagenheit, Myalgie, Arthralgie, Cephagie u.a.) möglich aber nicht zwingend vorhanden.
Die Neuroborreliose entsteht häufig erst nach 1 - 1,5 Jahren!
Antikörperbestimmung: Wenn hoher Durchseuchungsgrad in Eurer Gegend vorhanden ist kann man 1. BE zum Borreliose-AK sofort und 2. nach 4 - 8 Wochen machen, wobei es bei bis zu 15% der Patienten ein Erythema migrans OHNE Serokonversion gibt.

An FSME im Verbreitungsgebiet denken (haben wir z.B. hier am Niederrhein allerdings nicht)

WackenDoc
19.06.2009, 12:31
@ Ice: Ist es eigentlich sinnvoll bei jedem Zeckenbiss auf Borreliose zu testen? Oder warten bis sich klinische Symptome zeigen?
Ich hab nämlich jetzt erst zwei Patienten gehabt. Aber Bisstelle kleiner als nen Mückenstich. Hab die halt über Borreliose- Symptome aufgeklärt (auch dass es Monate dauern kann) und würde erst testen wenn irgentwelche Symptome dazukommen.

icespeedskatingfan
19.06.2009, 12:36
Bei uns hier ist ein sehr hoher Duchseuchungsgrad und ich habe einige üble Fälle von Neuroborreliose in den letzten Jahren gehabt - deshalb rate ich jedem Patienten auch wenn er asymptomatisch ist zur AK-Testung. Bei völlig unauffälligem Laborbefund ist eine chronische Lyme-Borreliose unwahrscheinlich.

Ghost Dog
21.06.2009, 19:49
Vielen Dank für eure Antworten! :-top

Dann werd ich erstmal weiter beobachten und erst in einigen Wochen zur Blutuntersuchung.

Grüße

Lava
21.06.2009, 20:04
Bei uns hier ist ein sehr hoher Duchseuchungsgrad und ich habe einige üble Fälle von Neuroborreliose in den letzten Jahren gehabt - deshalb rate ich jedem Patienten auch wenn er asymptomatisch ist zur AK-Testung. Bei völlig unauffälligem Laborbefund ist eine chronische Lyme-Borreliose unwahrscheinlich.

Hm. Das hab ich im Infektio Seminar anders gelernt. Der Dozent meinte auch, die Labore würden sehr häufig grenzwertige Titer ausspucken - damit man noch weitere Tests verlangt (Geldmacherei also). Oder es würden viel zu häufig Antibiotika verschrieben. Bisher habe ich jedenfalls den Patienten immer geraten, auf die Einstichstelle und Symptome zu achten, bevor sie gleich zum HA rennen. (Ist übrigens immer wieder toll, nachts um 2Uhr geweckt zu werden, weil jemand ne Zecke an sich entdeckt hat.) Sollte man da großzügiger sein mit der Empfehlung?

Bille11
21.06.2009, 20:20
in hessen wär ich definitiv vorsichtiger... würde vllt auf intensive beobachtung und fsme-impfung beim hausarzt empfehlen.. hier in nds weise ich auf die geringe ansteckungsrate und möglichkeiten bei aufenthalten in anderen gegenden des landes/ausland hin..

icespeedskatingfan
22.06.2009, 16:49
Hm. Das hab ich im Infektio Seminar anders gelernt. Der Dozent meinte auch, die Labore würden sehr häufig grenzwertige Titer ausspucken - damit man noch weitere Tests verlangt (Geldmacherei also). Oder es würden viel zu häufig Antibiotika verschrieben.
Das die Labore grezwertige Titer ausspucken um in den Genuss weiterer Tests zu kommen halte ich für eine Privatmeinung.
Antibiose : bei klinischen Symptomen und/ oder pos. Titer. So eine Neuroborreliose als Spätfolge ist schließlich nicht lustig!

lala
22.06.2009, 16:59
Oft werden Patienten mit wiederholten Titer-Untersuchungen aber auch erst Recht hysterisch gemacht, so dass man immer wieder mehr oder weniger sinnlos wegen Befindlichkeitsstörungen liquorpunktiert....
Habe hierzu letztes Jahr einen sehr guten Beitrag von Prof. Erbguth aus Nürnberg gehört zum Thema "Neuro-Borreliose oder Borrelien-Neurose" - auch im Netz zu finden falls es interessiert:http://www.aekwl.de/fileadmin/akademie/Materialien/2008/Februar_2008/Neurologie/04_Erbguth.pdf

Habe übrigens selber trotz ja doch einiger Jahre neurologischer Tätigkeit bisher extrem selten echte Neuroborreliosen gesehen :-nix

Muriel
22.06.2009, 17:22
Eine Papillitis gehört ja auch zur Neuroborreliose, von daher kommen wir Augenschamanen auch in den Genuss. Ich würde sagen, dass wir doch ca. 10/a mit positiver Borrelienserologie sehen bei uns in der Klinik. Dann fängt immer die lustige Telefoniererei mit den HÄ an, ob sie die Infusionen machen würden, wenn wir sie mitgäben.

lala
22.06.2009, 17:51
Eine Papillitis KANN bei einer Neuroborreliose auftreten (aber nie als einziges Symtom ohne Meningoencephalitis, Bannwarth, Symptome einer Encephalomyelitis usw), aber ja eben auch völlig unabhängig davon oder eben auch als nicht-neurologiosches Stadium II der Borreliose. Wie z.B. Herr Erbguth ja auch zitiert: bei hohem Durchseuchungsgrad von um die 10% würde man auch bei 10% der Cholezystitis-Patienten Borrelien-Titer haben...
Ich kann aus meiner Erfahrung nur berichten, dass gerade dann, wenn AK-Titer im Serum gemacht wurden, uns solche Patienten aus der Augenklinik mit der Frage nach der Neuroborreliose vorgestellt wurden zur LP. Und ich kann mich an KEINEN Patienten erinnern, bei dem dann wirklich ein entzündliches Liquorsyndrom plus intrathekale AK-Produktion als Nachweis einer Neuroborreliose zu finden waren....
Patienten mit Borrelien-TITER habe ich natürlich daher sehr sehr viele gesehen - bevorzugt vorgestellt von Augenärzten, HNO-Ärzten (Facialisparese - auch meist ohne Borrelien im Liquor..) und Hausärzten (meist eben wegen absolut diffuser Beschwerden) :-)
Nichtsdestotrotz würde man solche Patienten natürlich behandeln -aber eben nicht im Sinne einer Therapie der Neuroborreliose sondern der "normalen" Borreliose je nach Stadium.

Feuerblick
22.06.2009, 18:34
Japp, Lala, so kenne ich das auch. Positiver Titer plus Papillitis bedeutet schon Therapie, aber nicht Arbeitsdiagnose "Neuroborreliose". :-nix

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich für mich selbst nicht auf die Idee käme, meinen Borrellien-Titer bestimmen zu lassen, weil ich einen völlig asymptomatischen Zeckenbiß abbekommen habe... :-nix

Lava
22.06.2009, 18:53
Eben. Menschen, die viel im Wald spazieren gehen, haben im Jahr dutzende von Zecken :-nix

WackenDoc
22.06.2009, 19:03
Ich mach das bei mir auch nicht. Naja- wir haben in Nord-NDS auch nicht gerade das große Verbreitungsgebiet, genauso wenig wie für FSME (Aber da bin ich geimpft- genauso wie viele unserer Patienten)
Positive Titer haben wir schon öfter, meist aber bei Gelenksymptomen nach Zeckenbiss. Oft sind die Titer aber auch "kein Fisch kein Fleisch". Ist auch schon vorgekommen, dass die nach Therapie positiv waren, nachdem die vorher grenzwertig waren. Aber häufiger fallen die IgM schön ab.

Allerdings würd ich nen Titer keinem Patienten vorenthalten, der unbedingt einen haben will- das gibt nur Ärger.

pon
22.06.2009, 22:12
Das die Labore grezwertige Titer ausspucken um in den Genuss weiterer Tests zu kommen halte ich für eine Privatmeinung.
Antibiose : bei klinischen Symptomen und/ oder pos. Titer. So eine Neuroborreliose als Spätfolge ist schließlich nicht lustig!
Die Ak-titer-Höhe, gerade die der IgG-AK, ist eindeutig kein Kriterium für eine Antibiose. Angesichts der hohen Durchseuchung in der Bevölkerung ist eine hoher IgG-Titer nach einem Zeckenbiss allenfalls Ausdruck einer Koinzidenz aber nicht einer Konsequenz aus dem Biss.
Ohne klinische Symptomatik (z.B. Erythema migrans) keine routinemäßige AK-Titer-Bestimmung nach einem Zeckenbiss !
Entscheident für die Einleitung einer Antibiose ist die Klinik und keinesfalls alleine der AK-Status.
Diffuse Beschwerden (Müdigkeits-Syndrom) werden patientenseitig und in der Publikumspresse ja gerne in Verbindung mit einer chronischen Borreliose (diagnostiziert über den IgG-Ak-Status) gebracht. Für einen derartigen Zusammenhang gibt es aber keinen Beleg. Hier liegen ja nicht ganz selten Erkrankungen des psychiatrischen Formenkreises zugrunde.

Peter_1
23.06.2009, 13:26
Ja, das Thema Borrelien, sehr beliebt und leider mit vielen Wirrungen behaftet.
Eine gute und wissenschaftl. fundierte Übersicht zum Thema bietet das Nationale Referenzzentrum für Borrelien
(Link: http://www.lgl.bayern.de/gesundheit/nrz_borrelien/lyme.htm).

Inhalt stichworthaft:
-Klinik entscheidet!, ggfs. mit AK Nachweis als zusätzl. Untermauerung, alleiniger AK Nachweis ohne Konsequenz, umgekehrt: bei eindeutiger Klinik im Frühstadium auch Therapie ohne AK Nachweis
-AK Titerkontrolle zur Frage Therapieerfolg nicht zielführend
-Zecke einschicken nicht empfohlen! (weil Nachweis Borrelien in Zecke nicht gleichbedeutend mit Infektion des Patienten), Klinik entscheidend!
-PostLymeSyndrom: umstritten, keine immer wiederkehrenden Antibiotikatherapien indiziert, es sei denn Neuinfektion.