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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 90 Tage Krankenpflegedienst - wer, wann, wo?



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lilapple
18.09.2009, 16:34
Ich denke der beste Arzt is ne gesunde Mischung aus beidem, man darf klar nicht alles so an sich ranlassen (sonst sitzt man bald nur noch beim Therapeuten), aber so arschkalt und ignorant darf man auch nicht sein, solche Ärzte sind nämlich echt das letzte..

Ich denke es ist ganz normal, dass mich der erste Fall in dieser Richtung so mitgenommen hat, bin sowas schließlich gar nich gewohnt. Ich denke auch, dass man sich mit der Zeit an solche Fälle gewöhnt, aber so 100 % abschalten, wenn man nach so ner Geschichte nach Hause geht, ist sicher immer schwer.

cicely
18.09.2009, 23:19
Ja, diese gesunde Mischung muss ich auch noch finden...
Ich habe mir zwar fest vorgenommen, niemals richtig abzustumpfen (sofern mir die Realität nicht irgendwann meinen Idealismus austreibt :-blush), aber als bei mir zum ersten Mal ein Patient gestorben ist, der mir sehr ans Herz gewachsen war, bin ich heimgegangen und hab stundenlang geheult. So sollte es wohl nicht laufen. :-keks

Thema Pflegepraktikum: Ich hab am Montag noch eine einzige Schicht, dann hab ich die 90 Tage auch hinter mich gebracht.
Noch vor ner Woche hab ich diesen Moment herbeigefiebert, jetzt, da er da ist, bin ich fast ein kleines bisschen traurig... aber nur fast. ;-) Die Station, auf der ich den ersten und dritten Monat verbracht habe, war jedenfalls sehr sehr nett, obwohl es eine Innere war, wovon KPP-mäßig ja immer abgeraten wird. War eben ein kleines, familiäres Wald-und-Wiesen-Krankenhaus, wo man relativ schnell ins Team integriert ist...

Fazit ist wohl, dass
- ich medizinisch recht wenig gelernt habe - naja gut, ein paar Assis haben mich hin und wieder mit auf Visite genommen, immer wieder mal was erklärt, mal ein Sono machen lassen, solche Dinge -, dafür aber für mich persönlich (menschlich) ziemlich viel mitgenommen habe, wofür ich echt dankbar bin.

- ich mir meine drei Bescheinigungen durchaus hart erarbeitet habe; es ist einfach so, dass die Arbeit, die niemand machen will, im Zweifelsfall an der Praktikantin hängen bleibt, auch wenn die Schwestern und Pfleger meiner Station echt bemüht waren, mir viel zu zeigen und mich auch viel machen zu lassen. Eine hat mal zu mir gesagt, "Uns tut es ja auch immer ganz leid, dich den ganzen Mist machen zu lassen, wir würden echt gern sagen, los, lauf den ganzen Tag den Ärzten hinterher und lern was, was du brauchen kannst, aber wir brauchen dich hier auf Station, weil du fest als Arbeitskraft eingeplant bist, so dass wir nicht fertig werden, wenn wir dich wegschicken." (Inwiefern das in Ordnung ist, ist die andere Frage, aber daran sind die Pflegekräfte ja nicht schuld.)

- der Pflegeberuf auf die Dauer nichts für mich wäre, aus Gründen, die hier schon öfter genannt wurden (zu viel körperlich anstrengende Arbeit, zu viel Routineaufgaben wie Essen austeilen, für die eine Schwester eigentlich viel zu gut ausgebildet ist, zu wenig Autonomie, weil bei jeder winzigen Entscheidung ein Arzt zustimmen muss,...) Was ich aber echt vermissen werde, ist der intensive Patientenkontakt.

- es natürlich bescheuert ist, drei Monate lang ohne Bezahlung schuften zu müssen, aber da es nunmal so ist, sollte man das Beste draus machen. Und dazu muss man meiner Meinung nach nichtmal krampfhaft versuchen, sich an die Ärzte zu kleben; man kann sich mit seinem Praktikantenstatus auch einfach ein paar Freiheiten nehmen... Ich fand es zum Beispiel immer ganz schön, mich, wenn gerade wenig zu tun war, in ein sympathisches Patientenzimmer zu verziehen und ihnen ein wenig Gesellschaft zu leisten... die freuen sich, wenn sich jemand Zeit nimmt, und sinnvoller als irgendwas zu putzen ist das allemal.

Jedenfalls werde ich froh sein, wenn ich am Montag meine allerletzte Bettpfanne weggetragen habe und das Kapitel Pflegepraktikum hinter mir lassen kann, immerhin habe ich es oft genug verflucht, wenn am Samstag um fünf Uhr morgens der Wecker zur Frühschicht geklingelt hat, aber ich kann auch viele angenehme Erinnerungen mit der Zeit in Verbindung bringen. :-)

heyholetsgo
19.09.2009, 11:31
@ cicely:
Musstest du auch am Wochenende arbeiten?:-notify
Ich hab am Wochenende immer frei gehabt. Musste nur montags bis freitags arbeiten ....

cicely
19.09.2009, 11:52
Jedes zweite Wochenende musste ich arbeiten, ja... hatte dann aber unter der Woche mal frei. Eben wie eine normale Vollzeitkraft.

mirari
19.09.2009, 12:35
Ich hatte ne normale 39 h-Woche mit 7 h-Schichten, davon offiziell 30 min Pause, sprich 6,5 h Arbeitszeit/d, was 6 Arbeitstage/Woche bedeutet. Das sah in der Praxis so aus, dass ich immer 12 Tage durchgearbeitet habe um dann 2 Tage, ein Wochenende, frei zu haben. Überstunden und nicht genommene Pausen wurden nur mit Sympathie und Respekt seitens der Arbeitskollegen honoriert, nicht aber etwa in Form eines "Zeitkontos", so dass ich, wenn es vom Arbeitsaufkommen her vertretbar gewesen wäre, mal früher hätte gehen können/dürfen. Auch die beiden Tage an denen ich wirklich nicht zur Arbeit erscheinen konnte, weil ich 350 km weit entfernt in Hamburg persönlich erscheinen musste um den HAM-Nat abzulegen bzw. mich einzuschreiben, musste ich natürlich hinten dranhängen (obwohl mein fiktives "Zeitkonto" da locker für gereicht hätte).
Der erste Monat auf der Inneren war der reinste Horror, ich durfte quasi nichts außer putzen, putzen, putzen und das Personal, das nur aus Schwestern/-schülerinnen bestand, lieferte sich stets einen manchmal sogar recht unterhaltsamen Zickenkrieg.
Der zweite Monat auf einer unfallchirurgischen Station war dann wesentlich besser. Doch obwohl ich es wohl kaum hätte besser treffen können, finde ich rückblickend immer noch lächerlich, wie wenig ich eigentlich gelernt habe. Die totale "Dummfickarbeit" wie Nachtschränkchen putzen etc. wurde meist sogar an FOS-Praktikanten delegiert, die damit recht zufrieden waren, weil sie den Patientenkontakt nicht so mochten, selbst Blutdruck messen gehen wollten die nicht wirklich. Da blieb für mich natürlich etwas mehr Zeit übrig für die "cooleren" Dinge wie den Durchgang mit Mono-Embolex, "die Insuline machen", Infusionen an-/abhängen, Verbandswechsel, ...
Doch all das Gelernte bzw. die an mich gerichtete Lehre, also quasi der Aufwand, den das Krankenhaus für mich betrieben hat, steht in keinem Verhältnis zu der von mir geleisteten Arbeit:
Nehmen wir zur Rechnung eine 38,5 h-Woche, das sind dann 5,5 h/d. 60 d x 5,5 h/d = 330 abgeleistete Arbeitsstunden (in der Realität sogar ein paar mehr). Die Bezahlung für Ferienjobber und sonstige Aushilfen in dem KH liegt bei 7,5 €/h brutto, sonstige Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber lasse ich aus der Rechnung auch mal raus. 7,5 €/h x 330 h = 2.475€. Für den Preis könnte man eine OK-Schülerin locker 2 Monate lang in Vollzeit damit beschäftigen, mir etwas bei zu bringen. Dass man mir 98 % des Gelernten auch innerhalb von 2 oder 3 Schichten hätte beibringen können, ist dem Großteil der Leser hier klar.
Fazit: Das KPP ist gut gemeint und sicherlich auch sinnig, jedoch nicht in der aktuellen Form, die man nur als Ausbeutung beschreiben kann.

Nichtsdestotrotz möchte ich mich bei den fast immer netten Arbeitskollegen bedanken, die im Regelfall viel Verständnis für meine Situation aufgebracht haben. Auch die Ärzte waren super, wenn wir mal auf einander geprallt sind waren sie nie erklärfaul und haben mich auch einiges machen lassen. Ich habe Gastros/Colos gesehen, bei einer Pleurapunktion assistiert, eine Aortenstenose auskultiert, einmal Blut abgenommen und einen Zugang gelegt, was sicherlich alles nicht selbstverständlich ist, aber auch keine 60 Tage unbezahlte Arbeit in meinen "Ferien" füllt, vor allem wenn man die Zeit gut hätte gebrauchen können, um irgendwo _bezahlt_ arbeiten zu gehen.