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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sofortmaßnahmen bei Spannungspneu?



sweetashoney
22.07.2009, 11:41
Hallo,

hab gerade Anä-klausur geschrieben und eine Frage beschäftigt mich immernoch. Hab zwar schon versucht im I-net zu recherchieren, aber was Brauchbares konnte ich dazu leider nicht finden (auch nicht bei doccheck).
Also, die Frage lautet so in etwa: Sie kommen als Notarzt zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein 25-Jähriger Mann einen Spannungspneumothorax aufweist. Welche weitere Maßnahme würden Sie ergreifen:

a) Sofortige Punktion mit einem Katheter am M(irgendwas...)-Ort (oder so ähnlich, hatte ich noch nie gehört) zur Entlastung
b) Sofortige Punktion mit Anlage einer Bülau-Drainage unter sterilen Bedingungen am P(irgendwas)-Ort(?)

Das waren die einzigen Antworten, die Sinn gemacht haben.
Habe eher zu Antwort b tendiert, da es ja nicht so super ist, wenn Keime o.Ä. mit der Nadel ins Körperinnere kommen. Andererseits war ich mir nicht sicher, ob man nur in der Klinik eine Drainage anlegt oder aber ob das auch in der Notfallmedizin so ist?

Vielen Dank schonmal für Eure Antworten!!! (hab leider auch kein Skript, in dem ich nachschauen kann, weil Notfallmedizin eigentlich erst im 9.Semester ist)

vlsime
22.07.2009, 12:43
Hallo!


Also, die Frage lautet so in etwa: Sie kommen als Notarzt zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein 25-Jähriger Mann einen Spannungspneumothorax aufweist. Welche weitere Maßnahme würden Sie ergreifen:

a) Sofortige Punktion mit einem Katheter am M(irgendwas...)-Ort (oder so ähnlich, hatte ich noch nie gehört) zur Entlastung
b) Sofortige Punktion mit Anlage einer Bülau-Drainage unter sterilen Bedingungen am P(irgendwas)-Ort(?)

Die korrekte Antwort ist wohl in diesem Fall a), dahinter verbirgt sich die "Entlastungspunktion nach Monaldi", die als Erstmaßnahme beim Spannungspneumothorax indiziert ist.

Grüße!

Coxy-Baby
22.07.2009, 12:46
Wenn derjenige nenSpannunspneu hat ist er evtl schon tot, eh man in der Klinik
ist. Ansonsten würde ich sagen Bülau-Drainage + Heimlich-Ventil (auch gerne selbstgebaut)
siehe auch Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Spannungspneu

sweetashoney
22.07.2009, 12:52
Die korrekte Antwort ist wohl in diesem Fall a), dahinter verbirgt sich die "Entlastungspunktion nach Monaldi", die als Erstmaßnahme beim Spannungspneumothorax indiziert ist.


genau, Monaldi war damit gemeint ;) Dankeschön an euch beide! (echt komische Frage, oder?)

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22.07.2009, 13:35
Ich finde die Frage nicht komisch...
Im Zweifelsfall legt man so ne Drainage auf Verdacht - sonst kann die Veranstaltung sehr schnell zuende sein :-)

//stefan
22.07.2009, 14:50
Durch die Punktion (am schnellsten per G14 Vygo) stabilisiere ich erstmal die Hämodynamik und kann dann später immer noch "im RTW in Ruhe" eine definitive Versorgung (Thx-Drain) durchführen...

Daher a)

LieberInvasiv
22.07.2009, 15:06
Üblicherweise reicht präklinisch die notfallmäßige Entlastung im 2. ICR mediaclaviculär (Monaldi) mit einer G14/Thoraxkanüle.
Eine Drainage wird in Deutschland zwar noch sehr häufig (in Relation zum Pneu) präklinisch gelegt, ist aber mit einer sehr hohen Komplikationsrate verbunden (50% Fehllage präklinisch).
Daher, am besten schnell entlasten (schnell ist wichtig, denn Spannungspneu macht bekanntermaßen hämodynamisch Probleme.. und eine ThxDrainage mal so schnell - und richtig - legen, dass können wohl nur die wenigsten) und ab in die Klinik. Denn nur hier kann der Patient definitiv versorgt werden (nen Spannungspneu hat man schließlich nicht ohne Grund).
Lange Transportwege sind ggf. eine Indikation doch zur Drainage zu greifen.
Laut Fortbildung am Wochenende sind auch Hubschraubertransporte und der beatmete Patient kein Grund zur routinemäßigen Drainageanlage. Auch hier reicht bei einem Spannungspneu normalerweise die Entlastungspunktion.
Von Heimlichventilen wird übrigens mittlerweile präklinisch abgeraten. Denn sobald da etwas Blut (gerne aus der Drainage) o.ä. dran kommt verklebt das Ventil und es besteht erneut die Gefahr eines Spannungspneus.

alive
22.07.2009, 18:11
Eine Drainage wird in Deutschland zwar noch sehr häufig (in Relation zum Pneu) präklinisch gelegt, ist aber mit einer sehr hohen Komplikationsrate verbunden (50% Fehllage präklinisch).
Wusste gar nicht, dass es da Daten zu gibt. Klingt interessant. Hast du ne Quelle parat?


Von Heimlichventilen wird übrigens mittlerweile präklinisch abgeraten. Denn sobald da etwas Blut (gerne aus der Drainage) o.ä. dran kommt verklebt das Ventil und es besteht erneut die Gefahr eines Spannungspneus.
Das wiederum glaube ich nicht so ohne weiteres. Die Heimlich-Ventile die ich kenne haben die Lippenmembran in einem durchsichtigen Gehäuse. Da würde man schon sehen wenn da Blut reinfließt (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7b/Heimlich-ventil-foto.jpg).

sweetashoney
22.07.2009, 18:48
So, nachdem mehrere die Frage nicht beantworten konnten, haben wir eine Email geschrieben. Als Antwort haben wir erhalten, dass die Punktion nach Monaldi richtig wäre.

Tausend Dank für eure Antworten!

LieberInvasiv
22.07.2009, 20:00
Wusste gar nicht, dass es da Daten zu gibt. Klingt interessant. Hast du ne Quelle parat?

Also, z.B.
Etoch SW, Bar-natan MF, Miller FB, et al: Tube thoracostomy: factors related to complications, Arch Surg 130:155, 1995
David DP, Pettit K, Rum CD, et al: The safety and effiacy of prehospital needle and tube thoracostomy by aeromedical personnel, Prehosp Emerg Care 9:191, 2005

Zusammengefasst hab ich das ganze aus "Präklinisches Traumamanagement/Das PHTLS Konzept", NAEMT, Elsevier, 2009.

Die 50% stammen von einer PHTLS Fortbildung vom Wochenende und da von Dr. J. Brokmann/UK Aachen.. werd ihm mal ne Mail schreiben und nach seinen Quellen/Studien fragen.



Das wiederum glaube ich nicht so ohne weiteres. Die Heimlich-Ventile die ich kenne haben die Lippenmembran in einem durchsichtigen Gehäuse. Da würde man schon sehen wenn da Blut reinfließt (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7b/Heimlich-ventil-foto.jpg).

Durchsichtiges Gehäuse in allen ehren, aber Du glaubst gar nicht welcher Stresslevel erreicht wird wenn bei einem Patienten eine ThxDrainage gelegt werden muss.. weder für uns, noch für die NAs ein alltägliches Manöver.
Hinzu kommt das es in einem RTW/RTH nicht so übersichtlich und aufgeräumt ist wie in der Klinik und vor allem viel lauter. Viele Faktoren die also dazu führen können das Fehler und Komplikationen übersehen oder zumindest erst später erkannt werden. (es ist übrigens nur sehr wenig Blut/seröse Flüssigkeit notwendig, also nicht unbedingt einfach zu erkennen)

DeSeal
26.07.2009, 06:27
Um mich meinen Vorschreibern anzuschließen, die Monaldi-Punktion im 2. ICR medioclavicular ist die korrekte Sofortmaßnahme mittels einer orangen ( G 14) Braunüle... Provisorisch desinfiziert werden sollte natürlich schon, aber absolut steriles arbeiten wird wohl kaum möglich sein.

Je nach Einsatzlage (Notarzt noch auf Anfahrt) würd ich diese Maßnahme auch als Rettungsassistent (der ich nunmal bin) durchführen, da sich die Hämodynamik innerhalb kürzester Zeit dermaßen verschlechtert, dass das ComeOut für den Patienten quasi null ist.

Und wie immer gilt im Rettungsdienst der Leitspruch:

"Lieber ein septischer Patient als eine aseptische Leiche..." ;-)

//stefan
26.07.2009, 16:29
Ein Spannungspneu ist bei Spontanatmung übrigens ungewöhnlich... (Zitat eines FA für ANästhesie/Notazrt)

LieberInvasiv
26.07.2009, 17:56
Ein Spannungspneu ist bei Spontanatmung übrigens ungewöhnlich... (Zitat eines FA für ANästhesie/Notazrt)

Naja, ein Spannungspneu ist an sich ja schon selten.
Wenn man sich aber mal Fallzahlen aus den diversen Kriegsgebieten ansieht, dann scheint er allerdings auch bei Spontanatmung gar nicht sooo ungewöhnlich zu sein..
Von der Entwicklung her denke ich aber das es nur logisch ist wenn ein beatmeter Patient "schneller" einen Spannungspneu bekommt.
Schnell ist denke ich hier tatsächlich in Zeit zu messen, da meist mit größeren Volumina gearbeitet wird - zwangsweise, mit nem Pneu atmete es sich ja nicht so gut - und die Pleurahöle daher schneller voll ist.

Hypnos
26.07.2009, 19:05
Ein Spannungspneu ist bei Spontanatmung übrigens ungewöhnlich... (Zitat eines FA für ANästhesie/Notazrt)

Quatsch. (Zitat eines FA für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Notarzt)

//stefan
27.07.2009, 14:13
Kannst du konkretiesieren, warum das Quatsch ist? Bin ja auch eher an Fakten interessiert, als an "pauschalisierten" Aussagen...

Danke :-winky

Hypnos
27.07.2009, 16:49
Weil es insbesondere bei Stichverletzungen häufig zum sog. Ventilmechanismus kommt: Inspiratorisch wird Luft in den Pleuraspalt eingesogen, der allerdings expiratorisch durch Gewebsfetzen bedingt nicht mehr aus dem Pleuraspalt entweichen kann. Richtig ist allerdings, daß eine invasive Beatmung bei Lungenparenchymverletzungen einen Spannungspneu aggravieren kann...

Hope that helps,

Hypnos