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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Magnesium



teletubs
28.07.2009, 21:36
Hiho!

Wieso nimmt man eigentlich nicht Magnesium höher dosiert zum Abführen/"Stuhlweichmachen"? Nebeneffekt: durch das noch aufgenommene Mg bekommt man keine Krämpfe. :-blush

Geht das? Ein Patient hat bei uns Mg-Mangel, muss hochdosiert Mg nehmen und natürlich Durchfall bekommen.

Ginge doch, oder? :-nix

Eilika
28.07.2009, 21:42
Also hier wird das regelmässig eingesetzt, Magnesiumhydrochlorid glaub ich heisst das dann... Esslöffelweise zur Stuhlregulierung.

John Silver
28.07.2009, 22:36
Jep, bei uns bekommt praktisch jeder Patient, der eine Dickdarm-Teilresektion hinter sich hat und keine Grunderkrankungen wie M. Crohn aufweist, routinemäßig direkt postoperativ Magnesium hochdosiert. Die Wirksamkeit ist auch in Studien belegt, bin aber zu faul zum Suchen :-) Wenn der Patient halbwegs ordentlich abführt, wird Magnesium wieder abgesetzt.

Evil
29.07.2009, 12:20
Hiho!

Wieso nimmt man eigentlich nicht Magnesium höher dosiert zum Abführen/"Stuhlweichmachen"? Nebeneffekt: durch das noch aufgenommene Mg bekommt man keine Krämpfe. :-blush

Geht das? Ein Patient hat bei uns Mg-Mangel, muss hochdosiert Mg nehmen und natürlich Durchfall bekommen.

Ginge doch, oder? :-nix
Weil die Pharmafirmen an Wirkstoffen wie Macrogol mehr verdienen ;-)

Flemingulus
29.07.2009, 14:31
Der Klassiker ist Bitter- oder Epsomsalz, Magnesiumsulfat. Nachteile: der deutsche Name ist Programm, also nichts für Feinschmecker und außerdem erfolgt die Entleerung häufig recht explosiv. Weder Patient noch Pflegepersonal sind dann von dem Endresultat sonderlich begeistert.

Und warum hat Euer Patient einen Magnesiummangel?

ehemalige Userin 24092013
29.07.2009, 18:37
Ist das sowas wie Glaubersalz?

Flemingulus
29.07.2009, 19:12
Ist das sowas wie Glaubersalz?

So ähnlich. :-) Glaubersalz ist Natriumsulfat und Bittersalz ist Magnesiumsulfat (Merke: MAG-en-BITTER). Sulfat wird aus dem GI-Trakt schlecht resorbiert und bindet auf diese Weise Wasser im Darmlumen, was den Stuhl dünnflüssiger macht. Magnesium wird ebenfalls schlecht resorbiert (weshalb die Therapie des obigen Hypomagnesiämikers ein mühsames Geschäft ist) und hat damit einen ähnlichen Effekt wie das Sulfat. Zusätzlich scheint Magnesium noch einen positiven Effekt auf die Peristaltik auszuüben, indem es u. a. die Prostaglandinfreisetzung von Enterozyten (?) fördert. Das was doch resorbiert wird, wirkt dann wieder aus obstipater Sicht eher störend, weil eine HypERmagnesiämie durch Glattmuskelrelaxierende Effekte eher die Darmpassage verlängert. Aber zuviel Magnesium will man eh nicht haben, deshalb ist Bittersalz bei Niereninsuffizienten kontraindiziert (erhöhte Gefahr einer Hypermagnesiämie). Demgegenüber ist Glaubersalz ungünstig bei Hypertonikern und Herzinsuffizienten wg. der Natriumproblematik.

John Silver
29.07.2009, 19:52
Magnesium muß nicht bitter schmecken - es gibt auch Kapseln.

Man sollte überlegen, welches Problem der Patient hat, bevor man eine Therapie wählt. Verzögerte Stuhlentleerung und Stuhlverhalt können verschiedene Ursachen haben, und Magnesium ist nicht bei jedem Problem Therapie der Wahl. So vermeidet man auch explosionsartige Entleerung und andere unschöne Dinge.

teletubs
29.07.2009, 20:45
Pat. trinkt leidenschaftlich gern einen über den Durst! :-)) Ich frag mich nur, wie sinnvoll es ist, es so hochdosiert zu geben, wenn er eh Durchfall hat und es dann ja so kaum resorbiert wird? :-nix

Flemingulus
29.07.2009, 21:08
Pat. trinkt leidenschaftlich gern einen über den Durst! :-)) Ich frag mich nur, wie sinnvoll es ist, es so hochdosiert zu geben, wenn er eh Durchfall hat und es dann ja so kaum resorbiert wird? :-nix

Dann geschehn dem die Wadenkrämpfe grad recht! Naja und sonst... Ihr werdet ihm ja wahrscheinlich kein MagnesiumSULFAT geben, insofern dürfte die abführende Wirkung nicht ganz so drastisch sein. Aber in dem Fall hilft viel tatsächlich nicht unbedingt viel... die Dosis sollte möglichst unterhalb der Durchfallschwelle sein. :-)

teletubs
29.07.2009, 21:26
Nein...ist Magnesium-L-aspartat-hydrochlorid-trihydrat.

Schnatti
30.07.2009, 22:04
Moin,

ich bin eigentlich recht froh darüber, dass an unserem Haus Magnesium zum Abführen inzwischen irgendwo weit verbannt wurde - verfolge aber dennoch interessiert eure Thematik - mich würde nun folgendes interessieren.


Aber in dem Fall hilft viel tatsächlich nicht unbedingt viel... die Dosis sollte möglichst unterhalb der Durchfallschwelle sein. :-)

Durchfallschwelle? Hochdosiert?
Von was für Magnesium-Dosen reden wir hier?

~200mg Tagesbedarf sind mir noch ein Begriff, von sonstigen Dosen habe ich aber keinen Schimmer. Höchstens noch dem Shot bei Torsades-des-Pointes.

Also - wie hoch dosiert ihr tatsächlich und wo ist die konkrete Evidenz dafür wenn es tatsächlich eine gibt?

Gruß,
Schnatti

Espressa
31.07.2009, 14:52
Also als ich zuletzt beim Sport immer öfter Zehenkrämpfe hatte hab ich mir auch so ein nettes nach Blutorange schmeckendes in Lutschtabletten gepresstes Substitutionspräparat angeschafft, da wird als Tagesdosis 300 mg empfohlen. (Und das ist, wie ich aus Erfahrung berichten kann, definitiv unterhalb der "Durchfallschwelle" ;-) )

Da es hier aber so schlaue Köpfe gibt die die ganzen Mechanismen so toll erklären; wie funktionieren eigentlich die "Abführtees"?

Pherenike
17.08.2009, 16:09
Die "Abführtees" enthalten Anthranoide aus Sennesblättern, Rhabarberwurzel, Aloe, Faulbaum...

Die zählen zu den hydragog und antiresorptiv wirkenden Laxantien (hemmen die Na/K-ATPase der Enterocyten und verstärken die Sekretion von Chlorid).

Sie stehen aber immer mal wieder im Verdacht cancerogen zu sein.

Zum Magnesium: der Tagesbedarf liegt so bei 300-350mg bei einem Erwachsenen lt. DGE

Flemingulus
17.08.2009, 17:21
~200mg Tagesbedarf sind mir noch ein Begriff, von sonstigen Dosen habe ich aber keinen Schimmer. Höchstens noch dem Shot bei Torsades-des-Pointes.

Also - wie hoch dosiert ihr tatsächlich und wo ist die konkrete Evidenz dafür wenn es tatsächlich eine gibt?


Hab gar nicht gelesen, dass hier die Diskussion noch weiterging :-)

Also: praktische Erfahrungen hab ich mit Magnesium keine. Aber die Literatur sagt, dass - wenn wir mal von Magnesiumsulfat-Heptahydrat ausgehen - 10 g peroral in 200 ml Wasser als noch relativ milde Abführdosis realistisch sind. Drastische Abführmaßnahmen würden 20-30 g p.o. in 500 ml Wasser vorsehen. Dabei entsprechen 10 g MgSO4-Hepathydrat etwa 1 g Mg2+ oder 40 mmol Mg2+.

Bei der Substitution reden wir - wie Pherenike und Espressa schon gesagt haben - von einem per os Tagesbedarf von 300 mg Mg2+; wenn man das in Form von MgSO4-7 H2O zu sich nehmen wollte, müsste man also etwa 3 g davon schlucken. Da aber nicht nur Magnesium selbst eine abführende Wirkung hat, sondern auch das Sulfat, wäre es - wie bereits angedeuet - zur Substitution nicht klug, das in Form von MgSO4 durchzuführen; da bieten sich eher MgCitrat oder -Aspartat an. Und um sich nun 300 mg Mg2+ z. B. in Form von MgCitrat zuzuführen, müsste man davon knapp 2 g zu sich nehmen.

Und wir reden hier immer nur von der oralen Einnahme, bei der nur ein rel. kleiner Teil resorbiert wird. Wenn man eine Tachyarrthytmie mit MgSO4-7 H2O i.v. behandelt, werden - je nach Indikation - 1-2 g laaaangsam infunidert, entsprechend einem Gegenwert von 100-200 mg reinem Mg2+.