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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Angeborene Herzfehler



jilain
10.08.2009, 09:54
Hallo allerseits,

ich sitze nun schon seit Monaten im Rahmen meines Praktikums als noch-nicht-Medizinstudent an der Aufgabe herauszufinden, wie hoch der sozial-medizinsche Nachsorgebedarf für herzkranke Kinder ist.

Ich habe mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln die "wichtigsten" Herzfehler beschrieben, wobei sich schon hier meist die schwierigkeit zeigte, dass die Symptome nicht immer beschrieben werden - also die Auswirkungen des Herzfehlers (neben einem Haufen anderer Fragen).

Soviel einleitend.

Nun bin ich soweit, dass ich die Herzfehler nach ICF klassifizieren soll (für die Krankenkassen). Neben der Tatsache, dass die ICF herztechnisch irgendwie ziemlich beschränkt ist (find ich), meine Fragen:

Führen Shunts zu erhöhten Blutdruck und dies wiederum zu niedrigeren Puls?

Warum kommt es nach Herz-OPs (Norwood, Dilatationen / Reperatur von Stenosen etc.) zu Wassereinlagerungen im Körper?

Warum sind operierte Herzkinder anfälliger für Infekte (sind sie das?)?

Was kann noch so alles schief gehen nach OPs am Kinderherz? Mit welchen Sachen müssen sich die Eltern rumschlagen?


Ich würde mich freuen, wenn mir vielleicht jemand ein paar der Fragen kurz beantworten kann :-)

Wenn ich alles fertig geschrieben habe, wird natürlich alles von einem Kardiologen gegen gelesen. Ich möchte das ganze bis dahin so ausführlich und fehlerfrei wie möglich schreiben.

Liebe Grüße!

John Silver
10.08.2009, 21:37
Jetzt mal ehrlich: was ist das für ein Praktikum? Als Chef einer versicherungsmathematischen Abteilung??

BetterCallSaul
10.08.2009, 22:50
Das gleiche habe ich mich auch grad gefragt. Man nehme ein Embryologiebuch zur Hand und ne Menge Zeit.

dantheg
11.08.2009, 00:02
Kinderkardiochirurgie ist ein komplexes Thema, so viel im Voraus...



Führen Shunts zu erhöhten Blutdruck und dies wiederum zu niedrigeren Puls?


Es gibt verschiedene Formen von Shunts (links->recht, rechts->links). Je nach Größe und Ausprägung können sie zu einem Anstieg des Druckes führen, müssen aber nicht. Ein erhöhter Blutdruck führt nicht per se zu einem niedrigeren Puls.



Warum kommt es nach Herz-OPs (Norwood, Dilatationen / Reperatur von Stenosen etc.) zu Wassereinlagerungen im Körper?


Wassereinlagerungen gehören zum Endstadium vieler Herzerkrankungen und beruhen unter anderem auf Druckerhöhungen in den verschiedenen Kreisläufen. Nicht immer kommt es zu Wassereinlagerungen nach OPs, aber du musst verstehen dass der Norwood bei *wirklich* kranken Kindern angewandt wird, also Kinder die ohne OP sterben würden.



Warum sind operierte Herzkinder anfälliger für Infekte (sind sie das?)?


Vorschädigungen am Herzen prädisponieren zu einem gewissen Anteil für Infekte (ich denke hierbei an Endokarditiden) aber eine generelle Aussage dass alle operierte Herzkinder anfällig für Infekte sind kann man so nicht treffen.



Was kann noch so alles schief gehen nach OPs am Kinderherz? Mit welchen Sachen müssen sich die Eltern rumschlagen?


Naja ... ganz dumm gesagt, die Kinder wachen nach der OP halt manchmal nicht auf. Unter anderem. Viele der Herzerkrankungen die eine OP nötig haben sind halt keine Wehwehchen sondern wirklich ernste Erkrankungen die eine ernstzunehmende Mortalität mit sich bringen.

jilain
11.08.2009, 07:05
Jetzt mal ehrlich: was ist das für ein Praktikum? Als Chef einer versicherungsmathematischen Abteilung??

Für den Wunsch nach Standardisierung durch die Kassen kann weder ich noch mein Chef was.


Das gleiche habe ich mich auch grad gefragt. Man nehme ein Embryologiebuch zur Hand und ne Menge Zeit.

Ich habe mir bereits ein Embryologiebuch zur Hand genommen und damit bereits einige Zeit verbracht. Aber da einiges nunmal fächerübergreifend ist (ja ich habe auch ein Physiologiebuch!) habe ich es gewagt ein paar Fragen zu stellen...


Kinderkardiochirurgie ist ein komplexes Thema, so viel im Voraus...



Es gibt verschiedene Formen von Shunts (links->recht, rechts->links). Je nach Größe und Ausprägung können sie zu einem Anstieg des Druckes führen, müssen aber nicht. Ein erhöhter Blutdruck führt nicht per se zu einem niedrigeren Puls.

Danke für deine Antwort! Ja, dass es komplex ist weiß ich ja. Und das es verschiedene Shunts gibt, weiß ich auch. Ich wollte mich nur nochmal versichern, dass richtig verstanden zu haben.




Wassereinlagerungen gehören zum Endstadium vieler Herzerkrankungen und beruhen unter anderem auf Druckerhöhungen in den verschiedenen Kreisläufen. Nicht immer kommt es zu Wassereinlagerungen nach OPs, aber du musst verstehen dass der Norwood bei *wirklich* kranken Kindern angewandt wird, also Kinder die ohne OP sterben würden.

Hmmm, aber warum führen Druckerhöhungen zu Wassereinlagerungen?
Edit: Also wenn ich das jetzt richtig gelesen habe, ganz laienhaft gesprochen: durch den erhöhten Druck in den Gefäßen, wird sozusagen was aus den Gefäßen durch die Wände nach draußen gedrückt was dann zu Ödemen führt?

Und das Norwood bei *wirklich* kranken Kindern angewendet wird, weiß ich auch (z.B. HLHS) ;-) (ich schreib nur, was ich weiß, damit klar wird, dass ich nicht ganz hinterm Mond lebe, was angeborene Herzfehler betrifft ;) )




Vorschädigungen am Herzen prädisponieren zu einem gewissen Anteil für Infekte (ich denke hierbei an Endokarditiden) aber eine generelle Aussage dass alle operierte Herzkinder anfällig für Infekte sind kann man so nicht treffen.

Hm okay, hatte mir neben besagten (und anderen) Büchern auch jede Menge Elternberichte durchgelesen, und viele berichteten von erhöhter Anfälligkeit für Infekte der Atemwege usw. Was ja irgendwie auch einleuchtet, weil Herz und Lunge ja schon ein wenig was miteinander zu tun haben ;)

Ich bezog mich mit der Frage also nicht auf das Risiko der Endokarditis.




Naja ... ganz dumm gesagt, die Kinder wachen nach der OP halt manchmal nicht auf. Unter anderem. Viele der Herzerkrankungen die eine OP nötig haben sind halt keine Wehwehchen sondern wirklich ernste Erkrankungen die eine ernstzunehmende Mortalität mit sich bringen.

Ja. Ich meinte sozusagen, wenn sie aufgewacht sind, was passieren kann, oder was häufiger vorkommt. Aber das kann man sicher pauschal nicht sagen. Manche benötigen Sonden wegen der Trinkschwäche, andere einen Monitor wegen der Sauerstoffversorgung...

Gilt das mit dem möglichen erhöhten Blutdruck auch für PDAs? Gerade bei diesem Fehler kann ich irgendwie nichts handfestes an Symptomen heraus finden. Als ich in der Kinderherzambulanz war, waren "leider" (man möge dies nicht falsch verstehen) auch kaum korrigierte schwerere Herzfehler dabei...

Danke für deine Antwort :-)

Alcyon
11.08.2009, 13:13
Ich habe mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln die "wichtigsten" Herzfehler beschrieben, wobei sich schon hier meist die schwierigkeit zeigte, dass die Symptome nicht immer beschrieben werden - also die Auswirkungen des Herzfehlers (neben einem Haufen anderer Fragen).


Die Symptome welcher Krankheiten wurden denn nicht beschrieben? Da kann man dir doch sicher weiterhelfen.

Im Übrigen hätten, glaube ich, nicht viele Leute genug Durchhaltevermögen, um sich als Laie in diese komplexe Thematik einzuarbeiten. Ich bin mir daher sicher, dass das Medizinstudium (nächstes Jahr?) dir sehr viel Spaß machen wird.

dantheg
11.08.2009, 17:45
Hm okay, hatte mir neben besagten (und anderen) Büchern auch jede Menge Elternberichte durchgelesen, und viele berichteten von erhöhter Anfälligkeit für Infekte der Atemwege usw. Was ja irgendwie auch einleuchtet, weil Herz und Lunge ja schon ein wenig was miteinander zu tun haben ;)

Ja. Ich meinte sozusagen, wenn sie aufgewacht sind, was passieren kann, oder was häufiger vorkommt. Aber das kann man sicher pauschal nicht sagen. Manche benötigen Sonden wegen der Trinkschwäche, andere einen Monitor wegen der Sauerstoffversorgung...


Infektanfälligkeit ist eher unspezifisch, vor allem wenn du deine Information aus Elternberichten hast. Du musst aber bedenken dass diese Kinder teilweise nicht nur ein krankes Herz sondern vielleicht auch andere Erkrankungen haben. Insofern, ganz laienhaft gesagt, ganz gesund sind die Kleinen nicht. Fast allen Kinder mit zyanotischen Herzfehlern wird man zunächst die Sättigung monitoren.



Gilt das mit dem möglichen erhöhten Blutdruck auch für PDAs? Gerade bei diesem Fehler kann ich irgendwie nichts handfestes an Symptomen heraus finden. Als ich in der Kinderherzambulanz war, waren "leider" (man möge dies nicht falsch verstehen) auch kaum korrigierte schwerere Herzfehler dabei...


Das mit dem Blutdruck gilt sehr wohl für PDAs allerdings ist das Problem mit dem Druck eher im kleinen Kreislauf zu sehen - man hat ja zunächst einen links rechts Shunt der sich im Laufe der Zeit zu einem rechts links Shunt entwickeln kann (Eisenmenger Komplex). Diese Shuntumkehr ist im Prinzip die "Endstrecke" vieler angeborenen Herzkrankheiten und ist besonders schlimm da schwierig zu therapieren. Anfängliche Symptome eines PDAs sind (wie meiner Meinung nach eh alles in der Tiermedizin ... ich meine Pädiatrie) unspezifisch - Trinkschwäche, Atemnot, failure to thrive. PDA Kinder haben allerdings einen sehr typischen Auskultationsbefund...

Neurofreak
11.08.2009, 18:56
Spontane Gedanken zur Infektanfälligkeit:
- Ist die nicht bei Beatmung (d.h. nach OP) sowieso erhöht?
- Die Kinder müssen bestimmt häufig ins Krankenhaus, zur Kontrolle oder für Behandlungen -- da schwirrt doch jede Menge Keime rum.
- Herzfehler vertragen sich schlecht mit Laufen und Herumtollen. Vielleicht fehlt den Kindern auch der intensive Kontakt mit der Außenwelt und damit die Abhärtung des Immunsystems.
- Und noch ganz abwegig: Mal angenommen, der Herzfehler ist so schwer, dass das Kind sofort nach der Geburt auf die Intensiv kommt und mit Fertigpräparaten ernährt wird, fehlt da nicht die "Grundimmunisierung" durch die erste Muttermilch?

- Auch möglich: Die Eltern sind natürlich ständig besorgt und beobachten die Kinder besonders. Vielleicht fällt denen ein Infekt stärker auf als Eltern von gesunden Kindern.

jilain
11.08.2009, 19:50
Die Symptome welcher Krankheiten wurden denn nicht beschrieben? Da kann man dir doch sicher weiterhelfen.

Im Übrigen hätten, glaube ich, nicht viele Leute genug Durchhaltevermögen, um sich als Laie in diese komplexe Thematik einzuarbeiten. Ich bin mir daher sicher, dass das Medizinstudium (nächstes Jahr?) dir sehr viel Spaß machen wird.

Danke erstmal für deine aufbauenden Worte :-) Leider wird das mit dem Medizinstudium erst in ein paar Jahren was (hoffentlich), bis dahin Krankenpflegeausbildung und "echtes" Abi nachholen... *seufz*

Nochmal kurz zu allem:

Ich arbeite im beta Institut, die wiederum sozusagen "für" die Bunten Kreise und die Krankenkassen. Die Bunten Kreise sind Nachsorgeeinrichtungen für chronisch kranke Kids. Und sozial-medizinische Nachsorge soll eben auch für Herzkinder geleistet werden (und auch durch die Kassen bezahlt werden, deshalb brauchen die eine Grundlage, deshalb meine Ausarbeitungen und deshalb ICF). Die Nachsorge wird nach dem Klinikaufenthalt geleistet. D.h. ich kämpfe mit Folgendem:

Darlegung der Auswirkungen der Vitien (ohne Korrektur), Darlegung der Therapiemöglichkeiten, und Darlegung warum die Familien nach dem Klinikaufenthalt/nach OPs Unterstützung brauchen. Und da ist der Knackpunkt. Denn ich las nur Infos zu den Fehlern und wie sie therapiert werden, und danach ist sozusagen alles "heile" (jetzt mal grob formuliert). Mir fehlen folgende Infos:

Größere VSDs sind noch relativ gut zu argumentieren mit Trinkschwäche und eingeschränkter Belastbarkeit etc. eh es operiert wird (oder via Katheter verschlossen wird). Beim ASD wirds schon schwieriger, deshalb nach meinem aktuellen Wissensstand scheinbar kein Fall für die Nachsorge?

So, die Transposition der großen Gefäße: Bis zur OP werden Ductus und Foramen ovale offen gehalten um zumindest Mischblut zur Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. Kommen die Kinder dann erstmal nach Hause ehe dann die Switch-OP gemacht wird? Und direkt nach der OP, wenn sie entlassen werden, womit sind die Eltern belastet?

Ich hatte mich glaube ich ungünstig ausgedrückt, Symptome sind wichtig, werden teilweise geschrieben und fehlen mir ausführlicher für: Fallot-Tetralogie, TGA (blöde Frage: Aber was ist denn nun genau die Folge mangelnder Sauerstoffversorgung? Klar kann ich's mir irgendwie kombinieren, aber wenn es da was handfestes gibt als Folge...?!) . Aber zum postoperativen Verlauf (VSD, AVSD, Fallot, Atresien, Stenosen, Norwood 1, 2 ) finde ich irgendwie nichts so recht. Nur dass vieles dann als "herzgesund" gehandhabt wird. Teilweise noch Endokarditisprophylaxe.

Bei den "ganz großen" Sachen z.B. Herzklappenprobleme/Austausch weiß ich in etwas, was die Schwierigkeiten auch danach sind und auf was die Familien achten müssen (z.B. Marcumar).

Beim HLHS bin ich jetzt auch schon weiter gekommen, dank dantheg :-stud

Aber ich glaube mein Anliegen geht glaube ich doch etwas zu weit für diesen Rahmen... :-blush


(...) Fast allen Kinder mit zyanotischen Herzfehlern wird man zunächst die Sättigung monitoren.

*notiert* Danke!




Das mit dem Blutdruck gilt sehr wohl für PDAs allerdings ist das Problem mit dem Druck eher im kleinen Kreislauf zu sehen - man hat ja zunächst einen links rechts Shunt der sich im Laufe der Zeit zu einem rechts links Shunt entwickeln kann (Eisenmenger Komplex). Diese Shuntumkehr ist im Prinzip die "Endstrecke" vieler angeborenen Herzkrankheiten und ist besonders schlimm da schwierig zu therapieren. Anfängliche Symptome eines PDAs sind (wie meiner Meinung nach eh alles in der Tiermedizin ... ich meine Pädiatrie) unspezifisch - Trinkschwäche, Atemnot, failure to thrive. PDA Kinder haben allerdings einen sehr typischen Auskultationsbefund...

Danke!!!

Wie siehts bei denen nach einer Intervention aus?


Spontane Gedanken zur Infektanfälligkeit:
- Ist die nicht bei Beatmung (d.h. nach OP) sowieso erhöht?
- Die Kinder müssen bestimmt häufig ins Krankenhaus, zur Kontrolle oder für Behandlungen -- da schwirrt doch jede Menge Keime rum.
- Herzfehler vertragen sich schlecht mit Laufen und Herumtollen. Vielleicht fehlt den Kindern auch der intensive Kontakt mit der Außenwelt und damit die Abhärtung des Immunsystems.
- Und noch ganz abwegig: Mal angenommen, der Herzfehler ist so schwer, dass das Kind sofort nach der Geburt auf die Intensiv kommt und mit Fertigpräparaten ernährt wird, fehlt da nicht die "Grundimmunisierung" durch die erste Muttermilch?

- Auch möglich: Die Eltern sind natürlich ständig besorgt und beobachten die Kinder besonders. Vielleicht fällt denen ein Infekt stärker auf als Eltern von gesunden Kindern.

Danke!!!! So ganzheitlich habe ich das noch gar nicht betrachtet. *notiert*

Ich danke euch! Ich bin echt schon 5 Schritte weiter gekommen :-stud

jilain
12.08.2009, 09:10
Hallo,

habe da noch eine Frage:

Ist generell nach jeder Herz-OP eine Endokarditis-Prophylaxe für 6 Monate indiziert?

Das es da neue Empfehlungen gibt, weiß ich. Aber direkt nach OP?

LG

papiertiger
12.08.2009, 10:01
sechsmonatige Endokarditis-Prophylaxe nach OP ist immer dann indiziert, wenn in irgendeiner Form Fremdmaterial zum Einsatz gekommen ist (Patch, Klappenersatz..). Auch nach den neueren Empfehlungen, soweit mir bekannt ;)

jilain
12.08.2009, 12:40
sechsmonatige Endokarditis-Prophylaxe nach OP ist immer dann indiziert, wenn in irgendeiner Form Fremdmaterial zum Einsatz gekommen ist (Patch, Klappenersatz..). Auch nach den neueren Empfehlungen, soweit mir bekannt ;)

Alles klar, danke dir! Das ist der Nachteil, wenn einem der Kardiologie nur 10 Jahre alte Bücher in die Hand drückt. Da sind gewisse Dinge logischerweise nicht auf dem neusten Stand.

Andererseits kommt bei OPs ja immer Fremdmaterial zum Einsatz ^^ Das nur als philosophischen Einwurf ;-)

Kikki
12.08.2009, 16:11
Andererseits kommt bei OPs ja immer Fremdmaterial zum Einsatz ^^ Das nur als philosophischen Einwurf ;-)

Na klar werden bei OPs immer Fremdmaterialien verwendet, aber der Unterschied ist, dass sie bei Klappenersatz etc. im Körper BLEIBEN.

Aber mal Grundsätzlich: Ein Kardiologe, der einem medizinischen Laien (der Du ja zu mindestens vorher warst/bist) solche Aufgabe überträgt und Dir dann nicht mal aktuelles Material zur Verfügung stellt, tickt doch nicht mehr ganz richtig!:-meinung
Versteh das bitte nicht falsch: Deine Mühe und Geduld ist sehr lobenswert und für kaum Vorkenntnisse bist Du extrem gut ins Thema eingestiegen, aber bitte lass Dich nicht so ausnutzen!!!

jilain
12.08.2009, 18:59
Na klar werden bei OPs immer Fremdmaterialien verwendet, aber der Unterschied ist, dass sie bei Klappenersatz etc. im Körper BLEIBEN.

Aber mal Grundsätzlich: Ein Kardiologe, der einem medizinischen Laien (der Du ja zu mindestens vorher warst/bist) solche Aufgabe überträgt und Dir dann nicht mal aktuelles Material zur Verfügung stellt, tickt doch nicht mehr ganz richtig!:-meinung
Versteh das bitte nicht falsch: Deine Mühe und Geduld ist sehr lobenswert und für kaum Vorkenntnisse bist Du extrem gut ins Thema eingestiegen, aber bitte lass Dich nicht so ausnutzen!!!

Hey,

danke für deine Worte! Mit Ausnutzen hat das wenig zu tun. Es ist ja im Rahmen meines Praktikums! Und der Kardiologe hat mir die Aufgabe auch nicht gegeben sondern mein Chef und ich machs ja gern :-) Der Kardiologe hat mir freundlicherweise Bücher aus seinem Privatbestand geliehen. Da er selbst schon einige Jahre älter ist *g* erklärt sich das Alter der Bücher ;-)

Er selbst hat mir in der Kinderherzambulanz auch viel erklärt, und ich habe sogar einen ASD ganz allein beim Farbdoppler erkannt :-stud Aber auch nur, weil sich der Dr. viel Zeit zum Erklären genommen hat. Leider ging er Anfang des Jahres in Rente, weshalb er mir jetzt als Ansprechperson fehlt.

Ich meinte das mit dem Fremdmaterial auch nicht allzu ernst :-)

Liebe Grüße!

dantheg
13.08.2009, 01:31
Ich arbeite im beta Institut, die wiederum sozusagen "für" die Bunten Kreise und die Krankenkassen. Die Bunten Kreise sind Nachsorgeeinrichtungen für chronisch kranke Kids. Und sozial-medizinische Nachsorge soll eben auch für Herzkinder geleistet werden (und auch durch die Kassen bezahlt werden, deshalb brauchen die eine Grundlage, deshalb meine Ausarbeitungen und deshalb ICF). Die Nachsorge wird nach dem Klinikaufenthalt geleistet. D.h. ich kämpfe mit Folgendem:


Naja, was verstehst du denn unter Nachsorge? Jeder halbwegs gute Kinderarzt sollte dieser Aufgabe gewachsen sein. Und viele Kinder werden durch die Kinderchirurgen in regelmäßigen Abständen gesehen sodass auch hier eine Nachsorge gewährleistet ist...

jilain
13.08.2009, 21:33
Naja, was verstehst du denn unter Nachsorge? Jeder halbwegs gute Kinderarzt sollte dieser Aufgabe gewachsen sein. Und viele Kinder werden durch die Kinderchirurgen in regelmäßigen Abständen gesehen sodass auch hier eine Nachsorge gewährleistet ist...

Hallo,

es würde jetzt zu weit gehen, das ausführlich zu erklären, denke ich. Es geht nicht um die rein medizinische Nachsorge sondern eben auch um die soziale bzw. zum Teil psychologische Nachsorge. Wer kümmert sich um die Eltern die erfahren, dass ihr Neugeborenes schwer krank ist? Wer unterstützt sie bei der Vernetzung mit diversen Einrichtungen? Wer kommt zu den Familien nach Hause und gibt Tipps zur Versorgung des Kindes? Das beta Institut hat es geschafft so etwas zu einer Regelleistung der Kassen zu machen (für Frühchen, Kids mit Mukoviszidose, Asthma, Diabetes, Neurodermitis usw.).

Hier findest du Infos zu den Bunten Kreisen: http://www.bunter-kreis.de/ :-)


LG!

Inalapril
16.08.2009, 19:07
Ich arbeite im beta Institut, die wiederum sozusagen "für" die Bunten Kreise und die Krankenkassen. Die Bunten Kreise sind Nachsorgeeinrichtungen für chronisch kranke Kids. Und sozial-medizinische Nachsorge soll eben auch für Herzkinder geleistet werden (und auch durch die Kassen bezahlt werden, deshalb brauchen die eine Grundlage, deshalb meine Ausarbeitungen und deshalb ICF).
Hallo du, ich finde dein Engagement auch sehr lobenswert :-)
Magst du vielleicht kurz sagen, was dieses beta-Institut ist?! Und ICF?!



Die Nachsorge wird nach dem Klinikaufenthalt geleistet. D.h. ich kämpfe mit Folgendem:

Darlegung der Auswirkungen der Vitien (ohne Korrektur), Darlegung der Therapiemöglichkeiten, und Darlegung warum die Familien nach dem Klinikaufenthalt/nach OPs Unterstützung brauchen. Und da ist der Knackpunkt. Denn ich las nur Infos zu den Fehlern und wie sie therapiert werden, und danach ist sozusagen alles "heile" (jetzt mal grob formuliert).

Mmmmh, was meinst du mit Auswirkungen ohne Korrektur? Meinst du, bis die Kinder operiert/ kathetert werden, oder was passieren würden, wenn sie nicht behandelt werden?

Warum die Familien nach Klinikaufenthalt/ OPs Unterstützung brauchen. Das ist doch nicht nur "hart medizinisch" gemeint, oder? Stell dir mal vor, ein Kind aus Dortmund wird in Bad Oeynhausen behandelt, oder eines aus irgendwo-Hinterbayern in München. Kommt Papa mit? Nein, aber Mama (meistens). Was ist mit Geschwistern (wo und von wem werden sie versorgt)? Eltern fehlen bei Arbeit, müssen evtl. für ein Ronald McDonald Haus bezahlen, für Fahrten, etc. pp. Dann ist das Kind im KH - für ein Kind immer eine üble Situation, egal wie toll die Pflege ist und die med. Behandlung.
Wenn OP (= immer auch Intensivaufenhalt), womöglich auch verlängerte Beatmung (= verlängerte Sedierung) --> ein Durchgangssyndrom oder auch einfach "nur" Entzug von den ganzen Mittelchen ist dann fast normal. Psychisch schwierig (fürs Kind, aber auch für die Familie).
Körperlich natürlich auch.
Schmerzen nach OP --> Fehlhaltung, motorische Rückschritte, psychisch "angeknackst" (Angst...), ... generell ist ein (langer) KH-Aufenhalt für Kinder immer schwer. Die Kinder machen z.T. richtige Rückschritte --> Einschnitt in Entwicklung!


Dann die Frage (bei allem, was nicht korrigiert werden kann): Wie entwickelt sich mein Kind? Normal? Bleibt es zurück? Kann es das aufholen? Wie? Brauch man dazu Physiotherapie, Ergo, Logo, integrativer KiGa oder Förderplatz, ... ...

Kennst du FOR? (familienorientierte Reha, und womit die Notwendigkeit argumentiert wird).
Ansonsten informier dich z.B. beim BVHK (--> Internet oder ruf an, die schicken dir auch alles mögliche zu, denke ich). Oder rede mit betroffenen Eltern, Kinder-KS, ...



Größere VSDs sind noch relativ gut zu argumentieren mit Trinkschwäche und eingeschränkter Belastbarkeit etc. eh es operiert wird (oder via Katheter verschlossen wird). Beim ASD wirds schon schwieriger, deshalb nach meinem aktuellen Wissensstand scheinbar kein Fall für die Nachsorge?

Eigentlich wird ein (sofern nicht riesiger) ASD erst ein Problem nach vielen Jahren, evtl. sogar erst im Erwachsenenalter. Wenn im Kindesalter verschlossen --> dann ist man wirklich herzgesund!



So, die Transposition der großen Gefäße: Bis zur OP werden Ductus und Foramen ovale offen gehalten um zumindest Mischblut zur Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. Kommen die Kinder dann erstmal nach Hause ehe dann die Switch-OP gemacht wird? Und direkt nach der OP, wenn sie entlassen werden, womit sind die Eltern belastet?

Switch wird meist mit paar Tagen durchgeführt. Es sei denn, das Kind ist nicht stabil zu kriegen. Dann bleibt es auf Intensiv.
Belastung nach OP, s.o.
Wenn "nur" eine TGA vorliegt, und die OP gut geklappt hat (bes. Koronarien), dann sind die Kinder auch herzgesund. (Aber erstmal muss OP etc. verarbeitet werden). Das dauert auch ne Zeit.



Ich hatte mich glaube ich ungünstig ausgedrückt, Symptome sind wichtig, werden teilweise geschrieben und fehlen mir ausführlicher für: Fallot-Tetralogie, TGA (blöde Frage: Aber was ist denn nun genau die Folge mangelnder Sauerstoffversorgung? Klar kann ich's mir irgendwie kombinieren, aber wenn es da was handfestes gibt als Folge...?!) . Aber zum postoperativen Verlauf (VSD, AVSD, Fallot, Atresien, Stenosen, Norwood 1, 2 ) finde ich irgendwie nichts so recht. Nur dass vieles dann als "herzgesund" gehandhabt wird. Teilweise noch Endokarditisprophylaxe.

Aaaaaalso... Hypoxie (Sauerstoffmangel) z.B. bei Fallot --> fürs Hirn nicht unbedingt gut (wobei die das gewöhnt sind und sich mit der Sättigung durchaus normal entwickeln).
Bedeutet immer auch Polyglobulie = dickes Blut --> Gefahr von Thromben.
Bei Fallot speziell hypoxämische Anfälle "blue spells", die nicht nur bedrohlich anmuten, sondern es auch sind, weil dann für kurze Zeit mal die Lungendurchblutung komplett "abgeklemmt" ist. Sind nicht unbedingt häufig (kann jetzt keine Zahlen nennen).

Und was Norwood oder generell Fontan'ler (also alles mit "single ventricle" also univentrikuläre Zirkulation angeht), da ist NIX herzgesund. Denn die Lungendurchblutung erfolg passiv. Die erreichen nie die Leistungsfähigkeit herzgesunder Kinder. Und haben Risiken für ne Menge Folge"schäden" --> Rhythmusstörungen, Thromben/ Embolien, Versagen des Systemventrikels (bei HLHS) und generell Herzinsuffizienz, Stenosen im OP-Gebiet, und dann noch so Sachen wie PLE (Eiweißverlustsyndrom).

Und auch oft eine "Entwicklungsverzögerung"!
Entwicklungsverzögerung kann heißen, langsameres Erreichen von Meilensteinen wie Krabbeln, Laufen, Sprechen, aber auch sprachliche Entwicklung. Dann sowas wie soziale Probleme.
Später Probleme in der Schule und sozial --> nicht nur "intellektueller" Art (Herzkinder sind oft sehr gut in der Schule), sondern eher sowas wie Außenseiter (Narbe!), können nicht so gut mit anderen Kindern (die nicht auf die Art um ihr Leben kämpfen mussten), machen kein (oder schlechter) Sport, etc. pp.
bei den Eltern --> Überbehütung, schwierigeres Loslassen, ...

Ach so, und Infektanfälligkeit: Doch doch, bei Kindern mit L-R-Shunt. Die haben häufiger Bronchitiden und so! Und wenn man "nicht ganz gesund" ist, ist man tatsächlich anfälliger. Nach OP eigentlich sowieso, gilt ja auch für Erwachsene. Schwächung des Immunsystems und so.

Das war jetzt glaub ich viel und unübersichtlich. Kannst gerne nachfragen, auch spezieller. Hab die Vorposter nur überflogen, kann also sein, dass ich mich wiederhole.

Gruß
Inalapril

jilain
16.08.2009, 21:37
Hallo Inalapril,

ich danke dir ganz doll für deinen ausführlichen Beitrag, der hat mir echt mega geholfen. Werde das gleich morgen einarbeiten.

Diese ganzen psychischen Folgen hatte ich weitesgehend schon aufgenommen, du hast aber noch viel medizinisches reingebracht was ich einfach so nirgendwo gelesen habe. Ich danke Dir sehr!!!

Das beta Institut hier zu erklären sprengt den Rahmen. Daher schneide ich nur einige wenige Arbeitsbereiche des Instituts an:

Ziel des Instituts ist es u.A., dass in Deutschland möglichst viele Nachsorgeeinrichtungen entstehen ("Bunter Kreis", gibts auch an den meisten Unikliniken, auf jedenfall recht groß in Lübeck und Hamburg). Diese Einrichtungen sollen natürlich einen bestimmten Qualitätsstandard erfüllen, zum Einen für die Patienten aber auch für die Kassen.

D.h. es ist Koordinator des Qualitätsverbundes, erforscht die Wirkung der Nachsorge (es wurde z.B. nachgewiesen, dass Kassen Geld einsparen durch Unterstützung der Nachsorge), und ist Wortführer der BKs bei den Kassen. Dafür braucht es Argumentationsgrundlagen. Diese sind die Studien aber auch das Praxishandbuch (für das das Kapitel für die Herzkinder entstehen soll). Und damit kurz zur ICF:

Die ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icf/endfassung/icf_endfassung-2005-10-01.pdf) ist eine Klassifikation die folgende Aspekte mit einbezieht:

Körperstrukturen, Körperfunktionen, Aktivität und Teilhabe, Umweltfaktoren

D.h. es wird mit Codes (z.B. b410: Herzfunktionen, b4103 Blutzufuhr zum Herzen). b4103 sagt aus: Es liegt eine Fehlfunktion in der Blutzufuhr zum Herzen vor (z.B. bei PDA) verschlüsselt was beim Kind fehlstrukturiert ist, was nicht recht funktioniert, was es für Folgen bzgl. seiner Teilhabe am Leben hat und welche Umweltfaktoren (z.B. Medikamente) eine Rolle spielen.

Das Kapitel im Praxishandbuch ist folgende Hilfe für die Nachsorge und für den betroffenen Arzt: Buch aufschlagen, nachschauen welche Codes eingetragen werden müssen in den Antrag zur Nachsorge (und auch für die Nachsorgeplanung). Das geht dann an die Kassen und die bewilligen das (wenn die entsprechenden Kriterien vorliegen).

Das Institut hat diese Kriterien mit den Kassen erarbeitet und erreicht, dass Nachsorge für Kinder direkt nach dem Aufenthalt eine Regelleistung ist (wenn Algorythmus vorliegt). Das Institut hat bisher außerdem dazu beigetragen, dass es in Deutschland 50 Bunte Kreise gibt. Wenn du also z.B. in einem kleinen Team die Idee hast, dass auch in dem Krankenhaus in dem du arbeitest ein Bunter Kreis entstehen soll, dann wendest du dich ans beta Institut und erfährst da, wie das alles abläuft.

Die bunten Kreise arbeiten auch nicht "gegen" andere Nachsorgeeinrichtungen sondern mit ihnen zusammen.

Soviel knapp dazu :-) Wobei "knapp" hier relativ ist ;-)

LG!