PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Umgang mit der NS-Vergangenheit



Seiten : 1 2 [3] 4

airmaria
16.12.2002, 00:45
uiuiui Rug... Du läßt gerade aber stark nach... ich lege mich ab und gönne Dir ein wenig Ruhe, damit Du Dir morgen nochmal alles in Ruhe ansehen kannst.

Nix für ungut...

Gute Nacht und schlaf gut!

"Mary" airmaria

Froschkönig
16.12.2002, 00:48
Dieser Thread ist auch ein effizienter weg, die anzahl der persönlichen Postings wirksam zu exponentialen verhältnissen heranwachsen zu lassen :-D

Rugger
16.12.2002, 00:50
Original geschrieben von Froschkönig
Dieser Thread ist auch ein effizienter weg, die anzahl der persönlichen Postings wirksam zu exponentialen verhältnissen heranwachsen zu lassen Naja, wenn Mary es aber auch partout nicht kapieren will...

R.

Rugger
16.12.2002, 00:51
Original geschrieben von airmaria
uiuiui Rug... Du läßt gerade aber stark nach... ich lege mich ab und gönne Dir ein wenig Ruhe, damit Du Dir morgen nochmal alles in Ruhe ansehen kannst.

Nix für ungut...

Gute Nacht und schlaf gut!
Jaja, wenn einem die Argumente ausgehen...
Aber auch Dir eine gute Nacht.

Rugger

Froschkönig
16.12.2002, 00:53
Eine Diskussion zu führen unter dem Standpunkt, die Eigene Meinung kann nur einzig richtig sein, sollte spätestens bei erkennen der uneinsicht des Gesprächspartners beendet werden, da es wirklich sinnlos ist. Aber da Du das Ende ohnehin schon angekündigt hast, mache ich Dir jetzt mal keinen Vorwurf :-D

N8,
Der Frosch

P.S. Ich könnte jetzt meine eigenen Gedanken zu diesem Thread, der mich ehrlich gesagt ziemlich amüsiert hat, einwerfen, aber zugunsten unseres nun ohnehin verkürzten nachtschlafs werde ich das wohl mal vertagen bzw. auch ganz sein lassen....

Rugger
16.12.2002, 00:56
Original geschrieben von Froschkönig
Eine Diskussion zu führen unter dem Standpunkt, die Eigene Meinung kann nur einzig richtig sein, sollte spätestens bei erkennen der uneinsicht des Gesprächspartners beendet werden, da es wirklich sinnlos ist. Aber da Du das Ende ohnehin schon angekündigt hast, mache ich Dir jetzt mal keinen Vorwurf Naja, hin und wieder lasse ich mich schon überzeugen... Außerdem wollte ich doch schon wiederholt das Handtuch werfen! :-D
Ich könnte jetzt meine eigenen Gedanken zu diesem Thread, der mich ehrlich gesagt ziemlich amüsiert hat, einwerfen, aber zugunsten unseres nun ohnehin verkürzten nachtschlafs werde ich das wohl mal vertagen bzw. auch ganz sein lassen.... Wir können ja morgen weiterspielen...

Nacht!
Rugger

thorben
16.12.2002, 01:13
Gerade wenn es interesant wird hören sie auf...

Der Vergleich ansich ist ja schon geschmacklos und diffamierend. Und zudem hinkt er noch beträchtlich. Der Judenstern hat Leute gekennzeichnet die vernichtet werden sollten und als nicht lebenswerte Menschen erachtet wurden. Da fragt man sich schon was Herr Koch da von den Reichen des Landes hält. Als Politiker im öffentlichen Leben sollte man sich wirklich vorher Gedanken machen was man sagt, und nicht blind drauf los reden. Das er seinen Fehler bzw. Dummheit gleich erkannt hat und sich entschuldigt hat spricht entweder dafür das er wirklich bedauert was er gesagt hat, oder das er erkannt hat wie gefährlich ihm die Äußerung kommen kann...

schönen tag noch

Froschkönig
16.12.2002, 03:04
Was Herrn Koch angeht und Politiker im allgemeinen, denke ich grundsätzlich eher an die zweitgenannte Alternative von Thorben. Ups, das schadet mir, ich nehm´s mal lieber zurück....

Das Grundproblem hierbei ist sowieso ein ganz anderes. Ich möchte vorrausschicken, daß ich natürlich in keinster Weise glorifizierende Äußerungen über das dritte Reich machen möchte, nur um das mal klarzustellen (Schlimm genug, daß man das heute immernoch ausdrücklich betonen muß, nur weil ein paar geistig verirrte da immer noch hinterherhinken...).

Zu dem ganzen Thread nur zwei Dinge :

1. Ja, öffentlich bzw. GERADE politisch bezug zu nehmen auf den Nationalsozialismus, egal in welcher Form, ist absolut abzulehnen.
Jetzt kommt mir Mary gleich wieder mit irgendeinem ABER. Natürlich mag es Außnahmen geben...
Rein Fiktiv :
"Der neue Flugverkehr XY ist ähnlich Bahnbrechend wie der Bau der Autobahnen" Daran wird sich kaum jemand stören, da die Autobahnen nicht antisemitisch sind (Und die Pläne im übrigen schon zur Zeit der Weimarer Republik existierten....)

2. Was mich allerdings wirklich ankotzt (und diesbezüglich kann ich Mary´s standpunkt ABSOLUT nachvollziehen) :
Nach nunmehr fast 60 Jahren sind wir immernoch ein Volk, daß bei dem Wort "Nazi" oder "Antisemitismus" gepeinigt zusammenzuckt. Ich möchte um Gottes willen nicht behaupten, daß man die Schrecken der Vergangenheit vergessen darf oder gar soll, aber irgendwo ist schluß. Ich bin in meinem Leben so mit KZ-Videos, Dokumentationen und drohenden Zeigefingern überhäuft worden, daß ich angesichts eines Berges jüdischer Leichen nur noch mit den Schultern zucken kann. Zu dieser dauernden massenabschreckung habe ich einfach keinen Emotionalen Zugang mehr.
Mal ehrlich : Welches Volk läßt sich von seiner Geschichte derart fertig machen wie wir - gerade auch von anderen Nationen ? Wir waren die letzten in der Geschichte mit organisierter Massenvernichtung, also haben wir in alle Ewigkeit den schwarzen Peter. Basta !
Wenn ein Franzose einen Witz macht, in dem eine Guillotine vorkommt, schreit dann einer "Adelsmörder !" ?
Wenn Ami´s einen Indianerwitz reissen, wirft ihnen im selben moment einer die ermordung tausender Ureinwohner vor ? Nein. Klar ist das in Ausmaß und vor allem Organisation nicht vergleichbar (Die Deutschen haben den Holocaust schließlich als einzige Bürokratisch perfektioniert !) Aber ich muß auch irgendwo einen schlußstrich ziehen können !

Wenn mein Nachbar ein Anus ist und ich das laut sage, stört das keine Sau, wenn er zufällig auch Jude ist, bin ich ein Antisemit. Ich will nicht immer in dieses Klischee geschoben werden, bloß weil mein gegenüber zufällig einer bestimmten Religion angehört. Die Geschichte zwingt uns da völlig unbegründete verhaltensweisen auf.

Man sollte schließlich nicht vergessen, daß die armen verfolgten Juden, die Bis zur "Aus-dem-Boden-Stampfung" von Israel nie ein zu Hause hatten und immer und überall verfolgt wurden, sich seither außenpolitisch auch nicht gerade unbedenklich verhalten.

Das Highlight des letzten Jahres war für mich Möllemann vs. Friedmann. Nur weil Friedmann zufällig Jude ist, hat er quasi im vornherein bei allen die Schlacht gewonnen....

Wie gesagt, es ist Geschichte, wer sie vergißt, ist verdammt sie zu widerholen, was wir allerdings tag täglich tun, ist, in vollem Geschichtsbewußtsein von den Damaligen verlierern verarscht zu werden. Es braucht ja heute nur jemand zu sagen "Ich bin Jude" und schon hat er - in Deutschland zumindest - absolut recht, egal, worum es geht, weil alle anderen Angst haben, ins NS-Milieu geschoben zu werden.

Das mag alles zugegebenermaßen etwas überspitzt dargestellt sein, aber denkt mal in Ruhe darüber nach. Wir sind teilweise schon so Anti-Antisemitisch, daß wir auf der gegenseite der Waage anstoßen und wenn uns geschichte eines lehrt, dann ist es, daß extreme selten gut sind.

Um es in einem Satz zu sagen : Die meisten Deutschen haben es wahrscheinlich ziemlich satt, daß wegen Dingen, die vor 6 Dekaden passiert sind, auf ihnen rumgehackt wird - meiner zugegebenermaßen wahrscheinlich nicht wahnsinnig wichtigen Meinung nach müssen wir aufpassen, daß sich der Verdruß darüber nicht irgendwann ins gegenteil verkehrt und wir ungewollt einen neuen Antisemitismus produzieren.



So, nun geh ich auch in die Heia

N8 Frosch.

luckyblue
16.12.2002, 04:17
Was deine nachbarschaftliche Querele im Allgemeinen und das Showdown Möllemann/Friedmann im Besondern betrifft, kann ich nur sagen: Korrekt, Frosch!

Dass die permanente Konfrontation mit den Nazi-Verbrechen zu einer gewissen Verdrossenheit führt, stelle ich bei mir selber auch fest. Allerdings hilft das alles nichts, weil wir in der Wahrnehmung des Auslands immer noch die bösen Deutschen sind und das auch noch ein paar Jährchen bleiben werden. Dieses Bild zu revidieren muss die Maxime unserer Gehversuche auf diesem dünnen Eis sein, und ich glaube nicht, dass die Strategie der Relativierung hierfür ein adäquates Mittel ist.

Der Vergleich mit der Französischen Revolution bräuchte dringend 'ne Beinprothese. Klar, ist auch Gewalt mit im Spiel, sogar Diskriminierung einer Minderheit im weitesten Sinne. Aber der springende Punkt ist doch: Auf der einen Seite sprengt ein unterdrücktes Volk die Fesseln des Tyrannenhorts namens Ancien regime, auf der anderen Seite vernichtet ein gewähltes Regime einen als Sündenbock deklarierten Bevölkerungsanteil eines anfangs noch demokratischen Staates.

Dass die Amerikaner als Wolfsrudel Politik machen und als Unschuldslämmer Geschichte, schreit natürlich zum Himmel, lässt sich jedoch nicht ändern. Sind halt die Guten. Wir können uns aber mit denen ohnehin nicht vergleichen - und sollten es auch nicht, weil wir ohnehin als Europäer einen anderen Wertekanon haben. Während die Amis eher auf der Grundlage des Alten Testaments leben, basiert unsere Gesellschaft auf dem Neuen. Also "Zahn um Zahn, Auge um Auge" jenseits des großen Teiches und christliche Nächstenliebe auf unserer Seite.

60 Jahre sind nur ein Lidschlag in der Geschichte. Auch wenn die Zeit alle Wunden heilt - für die nächsten hundert Jahre wird die Erinnerung an die braune Vergangenheit noch in den Köpfen des Auslandes herumspuken, über unseren als Damoklesschwert herniederfahren und die Narben brechen, sobald wir irgendwo irgendwann einen falschen Witz reißen.

cu
luckyblue

Christoph_A
16.12.2002, 07:56
Ich finde es ein Armutszeugnis, wenn ein Volk zwei Generationen nach einem Genozid immer noch als die "Bösen" dargestellt wird. Was damals gelaufen ist, ist außer Frage eine Riesensauerei gewesen, aber es ist vorbei. Die BRD ist ein international geachteter Staat, der in mehrere Bündnissysteme eingebunden ist und der sich jahrzehntelang nichts außergewöhnliches hat zu Schulden kommen lassen. Deshalb seh ich es nicht ein, daß meine Haupthaltung die des Buckelns vor Israel und der ganzen Welt in einer Mea Culpa,mea maxima Culpa Haltung sein soll. In einem partnerschaftlichen Bündnis muß man auch Kritik üben können, gerade auch in kritischen Bereichen. Wenn ein Staat wie Israel systematischen Völkermord begeht, muß man sowas auch ansprechen, gerade wegen unserer Vergangenheit, da sich solche Dinge nicht wiederholen dürfen. Wer dann die "Nazikeule" schwingt,der diskreditiert sich für mich als ernstzunehmender Gesprächspartner.
P.S.: Unser Ansehen im Ausland ist bei weitem nicht so schlecht,wie Du es dargestellt hast,liebe(r) Luckyblue

Rugger
16.12.2002, 10:38
Ok, weiter gehts:


Original geschrieben von Froschkönig
Was Herrn Koch angeht und Politiker im allgemeinen, denke ich grundsätzlich eher an die zweitgenannte Alternative von Thorben. Ups, das schadet mir, ich nehm´s mal lieber zurück....Ich denke, Kochs Aussage war schon kalkuliert - bei dem Erfolg, den er mit seiner unsäglichen Unterschriftenkampagne hatte... Und wenn nicht, zeigt es doch, welche erschreckende Haltung dieser Politiker wohl insgeheim hat.
Was mich allerdings wirklich ankotzt (und diesbezüglich kann ich Mary´s standpunkt ABSOLUT nachvollziehen) :
Nach nunmehr fast 60 Jahren sind wir immernoch ein Volk, daß bei dem Wort "Nazi" oder "Antisemitismus" gepeinigt zusammenzuckt. Ich möchte um Gottes willen nicht behaupten, daß man die Schrecken der Vergangenheit vergessen darf oder gar soll, aber irgendwo ist schluß. Ich bin in meinem Leben so mit KZ-Videos, Dokumentationen und drohenden Zeigefingern überhäuft worden, daß ich angesichts eines Berges jüdischer Leichen nur noch mit den Schultern zucken kann. Zu dieser dauernden massenabschreckung habe ich einfach keinen Emotionalen Zugang mehr.Richtig, da wird (gerade in der Schule) einiges falsch gemacht. Das 3. Reich drei- bis viermal durchzukauen, und dabei andere, wichtige Themen außer Acht zu lassen, führt berechtigerweise zu den vom Könich erwähnten Symptomen. Bloß liegt in meinen Augen das Problem darin, daß man Schüler nicht früh genug für das Thema sensibilisieren kann, es aber in seiner Komplexität für jungere Schüler nicht greifbar ist. So krankt es dann an der Umsetzung.
Auf der anderen Seite darf das aber auch nicht der Freibrief für Versuche der Bagtellisierung und Realativierung sein.
Mal ehrlich : Welches Volk läßt sich von seiner Geschichte derart fertig machen wie wir - gerade auch von anderen Nationen ? Wir waren die letzten in der Geschichte mit organisierter Massenvernichtung, also haben wir in alle Ewigkeit den schwarzen Peter. Basta !
...
Wenn Ami´s einen Indianerwitz reissen, wirft ihnen im selben moment einer die ermordung tausender Ureinwohner vor ? Nein. Klar ist das in Ausmaß und vor allem Organisation nicht vergleichbar (Die Deutschen haben den Holocaust schließlich als einzige Bürokratisch perfektioniert !) Aber ich muß auch irgendwo einen schlußstrich ziehen können !Zum einen sind die Amis gerade in den Indianerangelegenheiten zunehmend sensibilisiert. So werden z.B. zunehmend Sportmannschaften umbenannt, die herabsetzende Namen (wie z.B. Redskins) tragen.
Zum anderen habe ich das Problem der Verantwortung für mich wie folgt gelöst: meine Vorväter haben den Völkermord grauenhaft perfektioniert. Dafür habe ich natürlich keine Verantwortung. Wofür ich aber als deren Nachkomme durchaus und in großem Maße Verantwortung trage, ist, daß so etwas nie wie vorkommt. Und das fängt schon im Kleinen an ("Wehret den Anfängen..." usw.), gerade auch, wenn der Versuch unternommen wird, den Holocaust zu bagatellsieren.

Wenn mein Nachbar ein Anus ist und ich das laut sage, stört das keine Sau, wenn er zufällig auch Jude ist, bin ich ein Antisemit. Ich will nicht immer in dieses Klischee geschoben werden, bloß weil mein gegenüber zufällig einer bestimmten Religion angehört. Die Geschichte zwingt uns da völlig unbegründete verhaltensweisen auf. Da hast Du recht. Jedoch wäre es falsch, ihn als Juden- Anus zu bezeichnen. Genauso solltest Du in der Lage sein, die Politik des Staates Israel zu kritisieren, ohne gleich als Antisemit beschmpft zu werden. Dann solltest Du aber auch in Deiner Argumentation die Religion außen vor lassen.

Das Highlight des letzten Jahres war für mich Möllemann vs. Friedmann. Nur weil Friedmann zufällig Jude ist, hat er quasi im vornherein bei allen die Schlacht gewonnen....Nein, daß stimmt in meinen Augen so nicht. Friedmann hätte nicht an Stelle des Staates Israel argumentieren sollen, selbst wenn Möllemann aufgrund seiner Vergangenheit nicht über den Verdacht erhaben war, den Angriff nur aus wahltaktischen Gründen geführt zu haben. Richtig übel wurde es allerdings erst, als Möllemann Friedmann und dem Zentralrat der Juden vorwarf, daß die Juden selbst nicht unschuldig an ihrer Verfolgung wären. Das ist richtig schlimm und eines der ältesten antisemitischen Ressentiments überhaupt. Dafür ist er zu Recht abgesägt worden.
Wie gesagt, es ist Geschichte, wer sie vergißt, ist verdammt sie zu widerholen, was wir allerdings tag täglich tun, ist, in vollem Geschichtsbewußtsein von den Damaligen verlierern verarscht zu werden. Es braucht ja heute nur jemand zu sagen "Ich bin Jude" und schon hat er - in Deutschland zumindest - absolut recht, egal, worum es geht, weil alle anderen Angst haben, ins NS-Milieu geschoben zu werden.Naja, irgendwie habe ich dergleichen bislang in der politischen Diskussion nicht mitbekommen - mit einer einzigen, richtigen Ausnahme: wenn der Zentralrat der Juden mal wieder gegen Antisemitische Ausfälle protestiert. Aber da darf man Ursache und Wirkung nicht verwechseln, u.a. aus den oben angeführten Gründen.
Das mag alles zugegebenermaßen etwas überspitzt dargestellt sein, aber denkt mal in Ruhe darüber nach. Wir sind teilweise schon so Anti-Antisemitisch, daß wir auf der gegenseite der Waage anstoßen und wenn uns geschichte eines lehrt, dann ist es, daß extreme selten gut sind.Stimmt.
Um es in einem Satz zu sagen : Die meisten Deutschen haben es wahrscheinlich ziemlich satt, daß wegen Dingen, die vor 6 Dekaden passiert sind, auf ihnen rumgehackt wird - meiner zugegebenermaßen wahrscheinlich nicht wahnsinnig wichtigen Meinung nach müssen wir aufpassen, daß sich der Verdruß darüber nicht irgendwann ins gegenteil verkehrt und wir ungewollt einen neuen Antisemitismus produzieren.Stimmt auch. Aber das Argument darf halt nunmal nicht dazu dienen, die Vergangenheit endgültig unter den Teppich zu kehren, was leider viel zu viele gerne tun würden. Schwieriges Thema.
So, nun geh ich auch in die Heia.Hoffe, Du hast gut geschlafen! :-)

Rugger
16.12.2002, 10:53
Original geschrieben von Christoph_A
Ich finde es ein Armutszeugnis, wenn ein Volk zwei In einem partnerschaftlichen Bündnis muß man auch Kritik üben können, gerade auch in kritischen Bereichen. Wenn ein Staat wie Israel systematischen Völkermord begeht, muß man sowas auch ansprechen, gerade wegen unserer Vergangenheit, da sich solche Dinge nicht wiederholen dürfen. Stimmt vollkommen, man sollte Israel für seine Politik kritisieren (können). Aber wenn Du Israel systematischen Völkermord vorwirfst, diskreditierst Du Dich in meinen Augen schon wieder selbst, weil es das einfach nicht ist! Noch schlimmer: tendentiell geht diese Argumentation in die Richtung Relativierung: "sollen uns die Israelis / Juden doch endlich mal in Ruhe lassen, sind ja selber nicht beser..." (wie gesagt, tendentiell und außerdem überspitzt formuliert). Und das sollte man aus den vielfach von mir genannten Gründen einfach lassen.
Übrigens: inwiefern buckeln wir denn? Gerade innerhalb der EU (und auch immer mehr innerhalb der NATO) treten wir doch sehr wohl als selbstbewusster Staat auf. Und wenn es diversen Gründen dient, dann werden auch bei anderen Staaten als Israel Menschenrechtsverletzungen außer acht gelassen (z.B. wirtschaftliche Interessen in China, Vorbereitung eines völkerrechtlich äußerst bedenklichen Angriffskrieges der USA gegen den Irak).

Rugger

luckyblue
16.12.2002, 11:36
Unser Ansehen im Ausland ist bei weitem nicht so schlecht,wie Du es dargestellt hast,liebe(r) Luckyblue

Natürlich bessert sich unser Ansehen. Aber wir bewegen uns da halt auf dünnen Eis. Außerdem muss man hier ganz strikt unterscheiden zwischen der Sichtweise einer Regierung und der der jeweiligen Bevölkerung. Wenn ich mich mit ausländischen KOmmilitonen unterhalte, erlebe ich manchmal ein blaues Wunder. Insbesondere Staatsangehörige von Ländern, deren Lebensstandard mir suggeriert, dass ein Studienaufenthalt in Deutschland an einen Sechser im Lotto heranreichen dürfte, warten da mit eindeutigen Kommentaren auf. "Kartoffel-Land" ist noch eine der positiveren Bezeichnungen. Der Neidfaktor dürfte dabei möglicherweise eine Rolle spielen, vielfach ist es aber auch wirklich nur eine große Verachtung gegenüber Deutschland.

Froschkönig
16.12.2002, 11:39
@Lucky : SOlchen Leuten kann ich auch nicht helfen. Sollen sie Ihren 6er im Lotto halt zurückgeben und zuhause bleiben !

Feuerblick
16.12.2002, 15:14
Sooo, auch wenn ich vermutlich wieder Haue bekommen werden, dieses Thema ist mir einfach zu wichtig, als dass ich meine vorlaute Klappe halten könnte:

Ich habe ja schon im anderen Thread angemerkt, dass ich keine Lust habe, mich für die zugegebenermassen furchtbaren Verbrechen der Generation meiner Unrgroßeltern verantwortlich machen zu lassen. Ich sehe es nicht im Geringsten ein, warum meine Generation den Enkeln und Urenkeln der Opfer noch Entschädigungen zahlen soll. Und noch weniger sehe ich ein, warum wir immer, wenn wir unsere Ansichten durchsetzen wollen, von anderen Ländern netterweise auf unsere "braune Vergangenheit" hingewiesen werden und dann auch prompt klein beigeben. Freut mich, dass es noch einige hier gibt, die das ähnlich sehen.

Weiterhin verstehe ich Rugger nicht so ganz: Wieso bagatellisiere ich die entsetzlichen Vorgänge der Vergangenheit, wenn ich sie zu einem Vergelich benutze? Natürlich gibt es geglückte und weniger geglückte Vergleiche. Herr Koch hat da eher die weniger geglückte Variante gewählt, aber sei´s drum... Wenn man einen Aspekt aus Hitlers "Programm" zum Vergleich heranzieht, dann hat das nichts mit Bagatellisieren oder gar Rechtsextremismus zu tun. Ich verstehe immer noch nicht, warum Ihr Euch über meine Erinnerung, dass auch Hitler und Konsorten dafür waren, dass Frauen zuerst mal für die Familie da zu sein haben. so fürchterlich aufgeregt habt. Sorry, aber das war doch nun einmal Programm. Müßte ich nicht entsetzt sein, dass Ihr solche Gedanken wieder aufbringt???

Ich halte nach wie vor nichts von der Strategie, "böse" Wörter aus dem Wortschatz zu streichen. Ich esse immer noch "Negerküsse" und habe damit kein Problem. Das "Abrüsten" unseres Wortschatzes führt zur Tabuisierung und zum Verdrängen. Wären Worte, die mit dem Nationalsozialismus zu tun hätten, nicht so verpönt und ein solches unglaubliches Verbrechen...glaubt mir, kein Mensch würde sie mehr benutzen.

Vergessen kann man die unfaßbaren Dinge, die damals vor der Nase unserer Vorfahren passiert sind sowieso nie, aber man sollte lernen, vernünftig und in einem gesunden Maße damit umzugehen. Jaaa, "wehret den Anfängen", aber bitte mit Maß und Ziel! Und ohne diese unsägliche sprachlich-politische Korrektheit!
:-meinung

Okay, das sollte es gewesen sein. Ich möchte noch hinzufügen, dass ich durchaus akzeptiere, wenn jemand anderer Ansicht ist...also bitte, laßt mich im Gegenzug auch leben, okay?!?

Feuerblick

Rugger
16.12.2002, 15:43
Original geschrieben von Feuerblick
Weiterhin verstehe ich Rugger nicht so ganz: Wieso bagatellisiere ich die entsetzlichen Vorgänge der Vergangenheit, wenn ich sie zu einem Vergelich benutze? Natürlich gibt es geglückte und weniger geglückte Vergleiche. Herr Koch hat da eher die weniger geglückte Variante gewählt, aber sei´s drum... Wenn man einen Aspekt aus Hitlers "Programm" zum Vergleich heranzieht, dann hat das nichts mit Bagatellisieren oder gar Rechtsextremismus zu tun. Hm, anscheinend ist es mir nicht gelungen, mich klar genug auszudrücken... Also gut, versuche ichs nochmal: Koch vergleicht Dinge miteinander, die in keinerlei Relation zueinander stehen. Auf der einen Seite die vermeintliche Stigmatisierung der Reichen (die ich nebenbei bemerkt nicht sehen kann) im Rahmen der Diskussion um eine Einführung der Vermögenssteuer. Auf der anderen Seite das Tragen des Judensterns mit allen fürchterlichen Konsequenzen (ständige Verfolgung & Diskriminierung, drohendes KZ, Gefahr der standrechtlichen Erschiessung bei Vergessen usw. usf.). Diese Dinge stehen also offensichtlich in keinerlei Relation zueinander. Oder hat jemals schon ein Reicher aufgrund seines Reichtums um sein Leben fürchten müssen (mal Abgesehen von Kidnapping und Erpressen, aber diese Verbrechen geschehen ja nunmal aus einer anderen Motivation heraus)?
Anders formuliert: Was ist das Schlimmste, was einem Reichen zustossen kann (Verbrechen aus Gier mal außer acht gelassen)? Und jetzt: was ist das Schlimmste, was einem Träger des Judensterns hätte zustossen können?
Wenn jetzt aber "Reichsein" und "Tragen des Judensterns" von Koch trotzdem auf eine Ebene gehoben werden, verharmlost er somit das Tragen des Judensterns, da Reichtum eindeutig nicht mal annäherungsweise so schlimme Auswirkungen nach sich ziehen kann wie das Tragen des Judensterns (wo sind die KZs für Reiche???). Und das ist eine Bagatellisierung und Relativierung, grenzt bei genauerer Betrachtung gar an Revisionismus und sollte sich von daher von selbst verbieten.
Ich verstehe immer noch nicht, warum Ihr Euch über meine Erinnerung, dass auch Hitler und Konsorten dafür waren, dass Frauen zuerst mal für die Familie da zu sein haben. so fürchterlich aufgeregt habt. Sorry, aber das war doch nun einmal Programm. Müßte ich nicht entsetzt sein, dass Ihr solche Gedanken wieder aufbringt???Ich vermute mal, daß sich ein Teil der Diskutanten durch den Kontext der Diskussion in die Tradition von Hitler & Konsorten gestellt sahen.
Ich war übrigens genauso entsetzt wie Du, Feuerblick, wenngleich ich sie nicht als Nazis bezeichnen würde, aber in meinen Augen war es doch deutlich reaktionär (Habe mich auch an entsprechender Stelle so geäußert).
Vergessen kann man die unfaßbaren Dinge, die damals vor der Nase unserer Vorfahren passiert sind sowieso nie, aber man sollte lernen, vernünftig und in einem gesunden Maße damit umzugehen. Jaaa, "wehret den Anfängen", aber bitte mit Maß und Ziel! Und ohne diese unsägliche sprachlich-politische Korrektheit!Ja, und was sind Deiner Meinung nach die Anfänge???? Wenn Synagogen brennen, wenn Menschen tätlich angegriffen werden?
Nein, es fängt da an, wo der Holocaust verharmlost wird - und sei es auch nur sprachlich. Da gibt es für mich keine fußbreit Raum !!

Rugger

Feuerblick
16.12.2002, 16:59
Koch vergleicht Dinge miteinander, die in keinerlei Relation zueinander stehen.

Ja, und genau das meinte ich mit einem weniger glücklichen Vergleich, den ich genauso mies und unpassend fand. Aber Herrn Koch wollte ich gar nicht im Speziellen thematisieren...wie gesagt, das war eine ziemlich bescheuerte Entgleisung dieses Herren, die leider auch noch in aller Öffentlichkeit stattfand....


Ja, und was sind Deiner Meinung nach die Anfänge???? Wenn Synagogen brennen, wenn Menschen tätlich angegriffen werden?

Nein, es fängt da an, wo der Holocaust verharmlost wird - und sei es auch nur sprachlich. Da gibt es für mich keine fußbreit Raum !!

Tja, und genau da werden wir uns wahrscheinlich nie einig werden, denn ich finde, dass man Dinge, über die man offen redet, nicht unbedingt verharmlost. Im Gegenteil, man nimmt der Sache das Geheimnisvolle... und erreicht vielleicht, dass sich auch mir den Geschehnissen als solchen auseinandergesetzt wird.
Und nochmal: Die völlig bescheuerte (sorry!!) Äußerung von Herrn Koch meinte ich nicht , sondern das ganz normale Ansprechen des Naziregimes, des Holocausts... mit einem angemessenen Respekt aber ohne die Angst vor der moralischen Keule der Öffentlichkeit.

Feuerblick

Rugger
16.12.2002, 17:39
Original geschrieben von Feuerblick
Ja, und genau das meinte ich mit einem weniger glücklichen Vergleich, den ich genauso mies und unpassend fand. Aber Herrn Koch wollte ich gar nicht im Speziellen thematisieren...wie gesagt, das war eine ziemlich bescheuerte Entgleisung dieses Herren, die leider auch noch in aller Öffentlichkeit stattfand....Ob in der Öffentlichkeit oder nicht ändert nunmal nichts am Inhalt... Bloß ist die Resonanz größer.
Aber da haben wir wohl ein wenig aneinander vorbei geredet.
Tja, und genau da werden wir uns wahrscheinlich nie einig werden, denn ich finde, dass man Dinge, über die man offen redet, nicht unbedingt verharmlost. Im Gegenteil, man nimmt der Sache das Geheimnisvolle... und erreicht vielleicht, dass sich auch mir den Geschehnissen als solchen auseinandergesetzt wird.
Und nochmal: Die völlig bescheuerte (sorry!!) Äußerung von Herrn Koch meinte ich nicht , sondern das ganz normale Ansprechen des Naziregimes, des Holocausts... mit einem angemessenen Respekt aber ohne die Angst vor der moralischen Keule der Öffentlichkeit.Wieso sollten wir uns nicht einig werden? Wenn wir Kochs Aussage gleich bewerten, sind wir doch schonmal auf dem gleichen Nenner. Außerdem sage ich doch gar nicht, daß man nicht über die Nazizeit sprechen sollte... Ganz im Gegenteil! Bloß auf das Wie kommt es an. Und wenn man vernünftig diskutiert, wird wohl auch kaum mit der Moralkeule gedroht werden (siehe das Beispiel vom Könich). Oder lebe ich da in meiner eigenen, kleinen Welt und sehe es einfach nicht? Vielleicht kannst Du mir ja mal ein Beispiel nennen, wo Deiner Meinung nach unberechtigt mit der Moralkeule gedroht wurde?!

Rugger

Christoph_A
17.12.2002, 11:58
Ist ja Wahnsinn,was sich hier an einem Wochenende alles ereignet hat,konnte das alles jetzt gar nicht komplett lesen.
@ Rugger: Vielleicht war das mit dem systematischen Völkermord etwas hochgegriffen, nennen wir es mal Staatsterrorismus,das ist weniger verfänglich,obwohl der Übergang vom Einen ins Andere durchaus fließend ist und die israelische Politik der letzten Jahre immer extremer und kompromißloser wurde. Ich mißbillige Gewalt und sehe auch den Teufelskreis,der in Nahost dadurch in Gang gehalten wird,aber ich habe auch vollstes Verständnis für die Palästinenser. Wenn man Dich jahrzehntelang unterdrückt,wirst Du Dich auch wehren,das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Was Dein Wehret den Anfängen betrifft,so muß ich leider sagen,daß die Anfänge genau dort entstehen,wo die Vergangenheit tabuisiert wird. Schau mal bei unseren südlichen Nachbarn nach,da sind genau aufgrund von Versäumnissen dieser Art rechte Gruppierungen groß geworden.
@Lucky: Solche Menschen,die unsere Vorteile genießen und hintenrum schlecht über Deutschland reden,sind es,die zu Ausländerfeindlichkeit führen. Und das ist irre schade, da sie wirklich nur einen verschwindend geringen Prozentsatz unserer Gesellschaft stellen. Die meisten Ausländer,die ich kenne ( und das sind nicht grade wenige) fühlen sich hier wohl respektive,wenn sie im Ausland wohnen halten einiges von uns.

Feuerblick
17.12.2002, 12:27
Hi Rugger!


Na, nennen wir´s mal eine Annäherung ;-)

Ich bin schon häufig dafür angefeindet worden, dass ich mich zum Thema Politik in der Nazizeit geäußert habe. Beispielsweise habe ich von meinen Lehrern in der Schule mal gewaltig eins auf die Nase bekommen, als ich Hitlers Ansätze (nicht die Ausführung, das sei klargestellt) zum Teil gar nicht so blöd fand und seine Art der Machtergreifung und Machterhaltung geschickt nannte....
Ähnliches passiert, wenn man die Gründe für die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland versucht nachzuvollziehen... Wenn meine Lehrerin damals auf Meinung eine Note hätte geben dürfen, dann hätte ich wegen angeblichem Rechtsradikalismus eine SECHS kassiert!
Wir sind in diesem Land einfach viel zu sensibel, was Aussagen in dieser Richtung angeht. Ob ich nun direkt über den Holocaust oder auch nur über das teilweise doch eher miese Betragen unserer ausländischen Mitbürger rede, ganz schnell werde ich in die Rechte Ecke gedrängt. Das meinte ich auch mit "Wehret den Anfängen", aber in Maßen...

Ist ein schweres Thema und teilweise sind Meinungen hierzu einfach verdammt schwer rüberzubringen...

Gruß
Feuerblick