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June
17.12.2002, 12:37
Ich bin - wie Rugger - der Ansicht, daß die Nazizeit zu tabuisieren und unpassende Vergleiche zur Nazizeit zu ziehen absolut nicht dasselbe ist!
Tabuisieren würde bedeuten, nicht drüber zu reden. Darum geht es aber nicht, wenn man gezogene Vergleiche kritisiert. Nicht, daß die Nazizeit angesprochen wird, ist das Problem, sondern der Vergleich an sich. Wenn der angemessen ist - gut! Wenn man aber zwei Dinge in Bezug zueinander setzt, die von der Qualität oder vom Ausmaß her stark unterschiedlich sind, würdigt man das eine auf und das andere ab. Und das bedeutet nun einmal, die Nazizeit zu verharmlosen, was ich für sehr gefährlich halte.
Die June :-music

Rugger
17.12.2002, 13:23
Original geschrieben von Christoph_A
@ Rugger: Vielleicht war das mit dem systematischen Völkermord etwas hochgegriffen, nennen wir es mal Staatsterrorismus,das ist weniger verfänglich,obwohl der Übergang vom Einen ins Andere durchaus fließend ist und die israelische Politik der letzten Jahre immer extremer und kompromißloser wurde.
...
Was Dein Wehret den Anfängen betrifft,so muß ich leider sagen,daß die Anfänge genau dort entstehen,wo die Vergangenheit tabuisiert wird. Schau mal bei unseren südlichen Nachbarn nach,da sind genau aufgrund von Versäumnissen dieser Art rechte Gruppierungen groß geworden. Auf Staatsterrorismus können wir uns schon eher einigen (auch ich verurteile die israelische Politik -genauso wie die palästinensische übrigens - da sie völkerrechtlich bedenklich ist und von beiden Seiten auch der Tod Unschuldiger in Kauf genommen wird; das ist jedoch wieder ein Thema für einen neuen Thread). Aber Völkermord ist doch noch ein ganz anderes Level, und damit hatte ich halt meine Probleme.
Und was das Tabuisieren angeht: ich will ja gar nicht, das das Ansprechen der Nazizeit tabuisiert wird! Ganz im Gegenteil... (Aber auch das Ansprechen sollte man nicht übertreiben... siehe den Kommentar vom Könich) Ich finde nur, daß man bagatellsierende / relativierende Vergleiche (u.a.) vermeiden sollte. Von daher stimme ich June auch voll und ganz zu.
Ich glaube auch nicht, daß das Erstarken der rechten Bewegungen in Frankreich (in Italien habe ich das nicht so verfolgt) am Tabuisieren lag', sondern vielmehr an den jahrenlangen Bemühungen von LePen und Konsorten, die unter anderem über ebensolche Vergleiche rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig gemacht haben, und wo der gesellschaftliche Protest mehr und mehr nachlies. Da hat in meinen Augen das vielzitierte "Wehret den Anfängen..." zu früh resigniert.

Rugger

Christoph_A
17.12.2002, 13:38
Mein Vergleich zielte eher auf Italien und Österreich ab, die ja beide eine durchaus nicht geringfügige faschistische Vergangenheit haben. Mit Frankreich kenne ich mich nicht so aus,da würde ich keine Kommentare zu abgeben.
Ich möchte hier auch noch anführen,daß ich das Zitat Roland Kochs, auch wenn er mir politisch nahesteht, äußerst geschmacklos fand. Dennoch muß man auch in der Lage sein,manchmal heiße Eisen anzufassen. (Denke da an eine hitzige Diskussion in der Uni über das Unrecht an den Sudetendeutschen,aber das gehört nicht hierher) Und dazu muß manchmal eben auch ein Vergleich herhalten,wenn er nicht zu stark hinkt.
Alles in allem ist und bleibt es ein heikles Thema, aber nur durch Diskussion und nicht nur stupide schwarz-weiß Malerei (siehe Wehrmachtsausstellung) kann man den Rechten den Wind au den Segeln nehmen-und das ist es doch,was wir alle wollen.oder?

Rugger
17.12.2002, 13:43
Original geschrieben von Feuerblick
Na, nennen wir´s mal eine Annäherung ;-)Alright! :-top
Ich bin schon häufig dafür angefeindet worden, dass ich mich zum Thema Politik in der Nazizeit geäußert habe. Beispielsweise habe ich von meinen Lehrern in der Schule mal gewaltig eins auf die Nase bekommen, als ich Hitlers Ansätze (nicht die Ausführung, das sei klargestellt) zum Teil gar nicht so blöd fand und seine Art der Machtergreifung und Machterhaltung geschickt nannte....Zum einen können nunmal gerade auch Lehrer gewaltige Idioten sein. Zum anderen müßte ich jetzt genau wissen, welche Ansätze Du meinst, um mit Dir darüber diskutieren zu können (sehe aber kaum welche!), und ja, die Machtergreifung war teils geschickt, zum anderen aber auch auf der massiven Einschüchterung der linken Kräfte durch SA und SS beruhend (und auf der Uneinigkeit der Linken...)
Genauso wird zum Beispiel wohl auch niemand ernsthaft bestreiten, daß die NS- Propaganda wirklich gut war...
Ähnliches passiert, wenn man die Gründe für die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland versucht nachzuvollziehen... Wenn meine Lehrerin damals auf Meinung eine Note hätte geben dürfen, dann hätte ich wegen angeblichem Rechtsradikalismus eine SECHS kassiert!
...
Ob ich nun direkt über den Holocaust oder auch nur über das teilweise doch eher miese Betragen unserer ausländischen Mitbürger rede, ganz schnell werde ich in die Rechte Ecke gedrängt. Das meinte ich auch mit "Wehret den Anfängen", aber in Maßen...Leider werden in solchen Diskussionen oftmals viel zu schnell Vorurteile zu Tage gekehrt. Natürlich gibt es eine (leider) sehr sichtbare Gruppe von ausländischen Är..., genauso gibt es aber eine mindestens genauso große Gruppe von deutschen Är... Und leider bleiben Negativbeispiele um einiges besser haften als positive - das die überaus größte Mehrheit aller Ausländer zum Beispiel durchaus gesetzestreu (und als normaler Arbeitnehmer) hier lebt, wird gerne vergessen. Die Diskussion rennt sich dann an den Negativbeispielen fest. Und vor allem darf man auch hier Ursache und Wirkung nicht verwechseln! (Beispiel: wieso gibt es z.B. den heutzutage offensichtlichsten Ausländerhass in den neuen Länden dort, wo statistisch gesehen die wenigsten Ausländer leben??! - aber auch wieder ein anderes Thema)
Wenn es gelingt, sachlich zu bleiben und Vorteile (und unpassende Vergleiche ;-) ) und dergleichen zu vermeiden, sollte man über alles diskutieren können!

Rugger

Rugger
17.12.2002, 13:51
Original geschrieben von Christoph_A
Mein Vergleich zielte eher auf Italien und Österreich ab, die ja beide eine durchaus nicht geringfügige faschistische Vergangenheit haben.Ja, aber gerade Haider hat doch ganz ähnlich wie Koch agiert: immer wieder mal ein Auftreten bei den Veteranen der Waffen- SS oder einen fragwürdigen Kommentar, woraufhin nach dem öffentlichen Protest eine Entschuldigung oder ein Rückzug erfolgte. Da ist es dann wichtig, wieder und wieder Portest zu üben, sonst werden die Widerstände auf diese Weise auf Dauer unterhöhlt!
Von Tabuisierung kann ich da aber nichts erkennen.

...
Alles in allem ist und bleibt es ein heikles Thema, aber nur durch Diskussion und nicht nur stupide schwarz-weiß Malerei (siehe Wehrmachtsausstellung) kann man den Rechten den Wind au den Segeln nehmen-und das ist es doch,was wir alle wollen.oder?Stimmt.
Wobei ich zur Wehrmachtsaustellung nichts sagen kann, da ich sie nicht gesehen habe - bin mir aber nach meinem Eindrücken aus den Medien sicher, daß wir uns auch darüber heftig streiten könnten... :-D

Rugger

luckyblue
20.12.2002, 20:32
Die Wahrnehmung der Deutschen im Ausland ist nicht so der Kick, das zeigt dieser Klick (http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,226453,00.html). Hier lest ihr was über die Vorurteile, die Briten gegen uns hegen.

Christoph_A
21.12.2002, 07:56
@ Rugger: Bei Thema Haider muß ich Dir mal wieder widersprechen-der konnte in Ösiland erst so groß werden,weil er als einer der wenigen das Thema nazivergangenheit Österreichs aufgriff und nach seinen Vorstellungen gestaltete. unsere südlichen Nachbarn haben nämlich immer noch im Programm,daß nicht sie selbst auch Mitschuld an NS Verbrechen trugen sondern daß sie ja von den bösen Deutschen annektiert wurden und nur unschuldig im Ausland zu Verbrechern aufgrund derselben Sprache wie die "Piefen" gestempelt wurden.
@ Lucky: Du, Engländer sind so ne Sache,die meinen oftmals das was sie sagen nicht so ernst. Habe sechs Monate drüben gelebt und mit keinem ein Problem gehabt-sicher haben einige Vorurteile,die haben Du und ich ja auch, aber zum Großteil kann man mit ihnen gut auskommen und was ihre Presse betrifft-die packt halt beim Fußball gern mal die "Tanks" und die "hunny Krauts" aus,da muß man lachen und drüberstehen.

Rugger
22.12.2002, 18:58
Original geschrieben von Christoph_A
@ Rugger: Bei Thema Haider muß ich Dir mal wieder widersprechen-der konnte in Ösiland erst so groß werden,weil er als einer der wenigen das Thema nazivergangenheit Österreichs aufgriff und nach seinen Vorstellungen gestaltete. unsere südlichen Nachbarn haben nämlich immer noch im Programm,daß nicht sie selbst auch Mitschuld an NS Verbrechen trugen sondern daß sie ja von den bösen Deutschen annektiert wurden und nur unschuldig im Ausland zu Verbrechern aufgrund derselben Sprache wie die "Piefen" gestempelt wurden.Naja, über das Großwerden Haiders werden wir wohl nicht ganz zu einer Meinung gelangen, aber die anderen, von Dir angeführten Argumente haben natürlich auch Hand und Fuß. Letztlich kann ich mich aber nur wiederholen: ich bin ja gar nicht gegen eine Tabuisierung! Nur muß halt alles im Rahmen bleiben!

@ Lucky: Du, Engländer sind so ne Sache,die meinen oftmals das was sie sagen nicht so ernst. Habe sechs Monate drüben gelebt und mit keinem ein Problem gehabt-sicher haben einige Vorurteile,die haben Du und ich ja auch, aber zum Großteil kann man mit ihnen gut auskommen und was ihre Presse betrifft-die packt halt beim Fußball gern mal die "Tanks" und die "hunny Krauts" aus,da muß man lachen und drüberstehen. So ein bißchen Kabbelei macht ja auch Spaß...! :-top

Rugger

Christoph_A
23.12.2002, 17:34
Eben-is ja irgendwie die Würze im Leben.
In diesem Sinne-frohe Weihnachten Rugger und auf ein gutes Weiterkabbeln im Neuen Jahr :-top