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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medizin, obwohl ich kein Blut sehen kann?



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Mathias80
16.12.2002, 00:38
Hallo!
Ich interessiere mich für Medizin und war mir eigentlich schon seit langem sicher, das auch studieren zu wollen. Jetzt mache ich gerade Zivildienst im Krankenhaus und dabei habe ich gemerkt, dass ich kein Blut sehen kann (ein paar Tropfen beim Blutabnehmen natürlich schon, aber wenn`s darüber hinausgeht kriege ich Kreislaufprobleme). Denkbar schlechte Voraussetzungen für ein Medizinstudium....
Ich hatte es auch eigentlich schon fast gehackt, aber jetzt habe ich die Hoffnung, dass man sich daran gewöhnen kann. Was meint ihr? Habt ihr vielleicht eigene Erfahrungen, oder Kommilitonen die das Problem hatten/haben?

Würde mich freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet.
Gruß Mathias

Froschkönig
16.12.2002, 00:50
Habe da keine Erfahrungen mit und kenn leider auch niemanden. Aber wenn Dein ZivilDienst noch eine weile dauern sollte, dann würde ich Dir einfach mal vorschlagen, von Zeit zu Zeit die Konfrontation mit dieser Situation zu suchen. Vielleicht läßt sich sowas ja desensibilisieren....

Viel Glück,

Frosch

thorben
16.12.2002, 01:19
täglich rote flüssigkeit über den finger tropfen lassen, das ganze in steigender dosierung.

spaß bei seite.

ich hab ebenfalls keine erfahrung damit, ich bin selbst noch nie mit großen blutungen konfrontiert worden, muss aber sagen das mir das was ich bisher gesehen habe nicht viel ausgemacht hat. hoffe mal das bleibt auch so.

aber der mensch ist ein gewohnheitstier, und das trifft vermutlich auch hier zu. also einfach mal abwarten und blu.. äh tee trinken...

Froschkönig
16.12.2002, 02:44
Außer dem Blut gibt es noch die zweite Hürde in der Medizin : Präpkurs bzw. Obduktion. Die ist allerdings, sollte es bei jemandem Übelkeit oder weiche Knie auslösen, nicht ganz so schlimm. Schließlich muß man später keine Obduktionen machen, wenn man nicht gerade Pathologe oder Gerichtsmediziner wird....

Pascal
16.12.2002, 11:50
Allerdings mußt du dir schon im klaren sein, daß du während des Studium nicht um den OP herumm kommst. Ich würd also auch mal versuchen das Übel zu suchen um zu sehen ob es besser wird.

hobbes
16.12.2002, 18:02
Ein gewisser "Abwehrreflex" gegenüber all dem was der Normalbürger wür abstossend empfindet ist normal. Wenn das ungute Gefühl und die Übelkeit allerdings sehr ausgeprägt sein sollte und es nicht zu einer Gewöhnung kommt - dann könntest du evt. noch das Studium durchstehen um anschliessen Psychiater zu werden. In allen anderen Gebieten bist du aber sicherlich ab und an mit Blut und dergleichen konfrontiert. So stellt sich da schon die Frage, ob das noch das richtige ist.

Sani
16.12.2002, 18:15
Hi ihrs...

also...du könntest dich ja mal an eine Rettungswache wenden und fragen, ob die da eine RUD (Realistische Unfall Darstellung)-Gruppe haben...Mit Hilfe von Knete und Kunstblut kann man da so einige deftig aussehende Wunden schminken...
So kann man auch testen, ob man damit fertig wird...

Aber am Bestens wärs, wenn du mal fragst, ob du z.B. mal im OP zuschauen darfst, kannst dich dabei ja auf einen Hocker setzen...

Grüße
Sani

Sebastian1
16.12.2002, 18:28
Man kann sich dran gewöhnen. Kenne viele Leute, die ein Problem mit so etwas haben - nicht unbedingt nur Blut. Bei mir war es immer Sputum, was mir echt Würgereiz gemacht hat. Jetzt in meinem Nebenjob komm ich gar nicht drum herum, das Zeug oronasal und endotracheal abzusaugen und mir zur Beurteilung auch mal anzusehen. Also, es geht wirklich. Was beim einen das Blut, ist bei dem anderen vielleicht Sputum, Megeninhalt, Stuhl oder anderes.... aber das wird irgendwann einfach normal. Zumindest KANN es das werden ;)

Gruß,
Sebastian

Mathias80
16.12.2002, 23:14
Zunächst mal Danke für die vielen Meinungen! Ich hoffe es werden noch mehr, vor allem hoffe ich natürlich auf positive Erfahrungen von (Ex-)Betroffenen.
Leider ist mein Zivi bald rum, deshalb werde ich nicht mehr so viele Konfrontationsmöglichkeiten haben. Aber mal sehen, was sich da machen lässt!

Zu Hobbes: Hast du sicher nicht unrecht, will aber echt kein Psychiater oder ähnliches werden. Also meine Frage ist weniger, ob man trotz dem Problem Mediziner sein (bzw. werden) kann, als mehr ob man sich dran gewöhnen (also das Problem lösen) kann, oder nicht.

Zu Sebastian1: Danke, das macht mir Mut. Allerdings wird mir vom Blut nicht übel, oder so, sondern mein Kreislauf sackt zusammen. Bin nicht sicher, ob das vom Prinzip das gleiche ist. Wäre sowieso mal interessant, wie es dazu kommt.
Schätze mal, dass das Problem kein Blut sehen zu können irgendwie psychisch bedingt ist: Blut=Gewalt/Verletzung=Gefahr. Normal wäre also ein Abwehrreflex gegen Blut. Das müßte aber eigentlich (wie ich mir sagen lassen habe) den Sympathikus aktivieren, also den Blutdruck steigern. Wenn bei mir (und bei anderen mit dem gleichen Problem) der Blutdruck rapide abfällt spricht das ja eigentlich für Parasympathikus-Aktivierung und das kapiere ich nicht. Oder hab ich mich da total vergaloppiert und die Ursache ist ganz anders?

Wäre schön, wenn ihr als Mediziner mal sagt, was ihr meint.

Gruß Mathias

Froschkönig
16.12.2002, 23:19
Was den klassischen "Fluchtreflex" angeht, argumentierst Du zwar richtig, aber da Du ja nicht gestiegert Leistungsfähig wirst, sonder einfach einknickst, könnte man von der psychologischen Seite eher andersherum argumentieren....

Das Bewußtsein versucht, sich vor unangenehmen Eindrücken und Erlebnissen zu schützen, daher vielleicht die aufkeimende Bewußtlosigkeit, es gibt ja auch zahlreiche Fälle, wo Leute, die schreckliches erlebt haben, sich hinterher z.B. einfach nicht daran erinnern können. Allerdings bin ich persönlich mit psychologischen Deutungen immer ein wenig vorsichtig...meiner Meinung nach gibt es da nie bzw. selten eine "absolut richtige"

Pascal
17.12.2002, 06:44
Das mit dem Fluchtreflex past schon. Ist nur eher eine inadequate Reaktion. Will heißen dein Puls schießt hoch und alles läuft etwas unkoordiniert in deinem Körper ab. Daher macht der Druck die Biege.

Rico
17.12.2002, 11:29
Das hat aber auch Vorteile:
Mir ist mal ein Mann mit frisch aufgetretener absoluter Arrythmie unter dem Vagusreiz des Viggolegens ohnmächtig geworden und in den Sinusrythmus zurückgesprungen.
Hat ihm 'ne Cardioversion gespart...

Ist aber zugegebenerweise eher ein Vorteil für Patienten... und eher selten :-)

Doc Pepp
17.12.2002, 11:33
Oft gehört: "Viggo"

Wat is dat denn?

Feuerblick
17.12.2002, 12:36
Eine Venenverweilkanüle...auch als Braunüle bekannt (da u.a. von der Fa. Braun hergestellt)...im RD-Jargon kurz "Viggo" genannt.

Rugger
17.12.2002, 12:43
Original geschrieben von Rico
... unter dem Vagusreiz des Viggolegens ... Aber dabei handelt es sich doch nicht um einen Vagusreiz?! Oder hast Du ihm mit der Viggo einen ZVK gelegt? ;-)

Rugger

Rico
17.12.2002, 13:21
Siehe Pascals Posting oben...

Der Oberartz hat mir dazu gesagt, daß er [der Patient] mit einer unspezifischen Überaktivierung des vegetativen Nervensystems reagiert hat und daß dabei der Vagus überwogen hat.
Der führte zu einer negativ inotropen Wirkung am Vorhofmyokard, sodaß der Sinusknoten wieder auf ausreichend aktivierbares Myokard weiterleiten konnte.
Das is ja auch schon keine normale fight&flight-Reaktion über dem Sympathikus mehr, sondern geht ins "Pathologische", denn einer, der bei Gefahr umkippt, hätte in der Evolution schlechte Karten gehabt. :-D

Rugger
17.12.2002, 13:27
Ach so, sorry, ich hatte den "klassischen" Vagusreiz (Intubation, Absaugen etc.) im Kopf gehabt.

R.

Pascal
17.12.2002, 16:27
Original geschrieben von Feuerblick
im RD-Jargon kurz "Viggo" genannt.

Das ist aber kein RD-Jargon. Hört man auch anderswo. Herkunft ist meines wissens auch ein fabrikat von Venenverweilkanülen mit dem Markennamen Viggo. Weiß aber gar nicht ob die überhaupt noch auf dem Markt sind.

Doc Pepp
18.12.2002, 14:09
Alles klar! Ich kannte die Dinger bisher echt nur als Braunülen.

noodles
18.12.2002, 15:17
Also um nochmal auf die Blutphobie zu sprechen zu kommen:

Was wirklich hilft wenn man im OP steht und es geht mit einem zuende

Kleiner Kampfpilotentrick der sich schon bewärt hat:

Wenn man merkt das einem schummrig wird, so kurz vor der vasovagalen Synkope:-) die Arschbacken, die Beine und den Bauch anspannen so fest wie es nur geht, ca. 30sec. anhalten.
Haben wir zwar sonst immer bei G-Lock Prävention gemacht, sprich um nicht ohnmächtig zu werden wenn durch die G-Kräfte das Blut in die unteren Extremitäten gepresst wird, doch wenn der Kreislauf versackt funktioniert das auch!!!!!

Und immer schön blutige Sachen angucken, um sich an das Bild zu gewöhnen!

noodles
Out.