PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Morbidity & Mortality



Lava
13.08.2009, 12:37
Gibt es bei euch solche Morbidty/Mortality Konferenzen? Ich kenne das aus dem PJ, da gab es so etwas in der Neurochirurgie. Ich fand das eigentlich sehr gut, hab es aber leider bisher nirgendwo sonst miterlebt. Eigentlich würde ich mir wünschen, dass es das in unserer Abteilung auch gäbe. Hin und wieder kommt es ja doch zu Todesfällen, die man so nicht unbedingt erwarten konnte. Oder einfach "nur" zu Problemen oder Revisionen bei Patienten. In letzter Zeit hat sich das doch etwas gehäuft bei uns, so dass ich zumindest das Gefühl hatte, es wäre nicht verkehrt, einen Fall mal aufzuarbeiten und alle Schritte nachzuvollziehen, damit man sehen kann, ob evtl. Fehler gemacht wurden, ober es ob sich um einen unvermeidbaren Verlauf handelte. Waren alle Maßnahmen indiziert, wurde alles korrekt ausgeführt, wurde Diagnostik vergessen, wurden Ergebnisse übersehen oder falsch bewertet? So lernt man doch aus Fehlern, bzw. gewinnt Sicherheit, wenn sich herausstellt, dass man eigentlich nichts falsch gemacht hat!

Hab überlegt, ob ich mal vorschlage, solche Besprechungen bei uns einzuführen. Gibt es sowas bei euch? Wenn ja, wie oft? Und in welcher Form?

Gersig
13.08.2009, 14:00
Mein chirurgisches Lehrkrankenhaus hatte die Konferenz auch, an der nur die Abteilungsleiter teilnahmen :-nix

Die Niere
13.08.2009, 14:29
Gab es bisher in jedem Spital, in dem ich geschafft hab.

gruesse, die niere

Christoph_A
13.08.2009, 15:05
Halte solche Konferenzen für sehr schwierig mit der in den meisten deutschen Häusern vorherrschenden Mentalität vereinbar-das geht nur, wenn man wertneutral etwaige Fehler aufdröseln kann. Wird wohl häufig damit enden, daß wieder einer wie das sprichwörtliche Borstentier vom Chef durchs Dorf gejagt wird und das hat noch keinen weitergebracht.
Zumal meineserachtens Fehler immer noch im kleinen Kreis geklärt gehören und nicht in einem Plenum!

Evil
13.08.2009, 17:14
Zumal meineserachtens Fehler immer noch im kleinen Kreis geklärt gehören und nicht in einem Plenum!
:-dafür

Mit Fehlern gehört offen umgegangen, und ich persönlich halte Selbstreflexion für eine der wichtigsten Eigenschaften überhaupt.
Aber das hat nix in der Öffentlichkeit zu suchen, meistens bringt dieses institutionalisierte Breittreten auch weniger als erhofft.
Deswegen halte ich auch nix von Balint-Gruppen.

Ich bespreche mich lieber mit einigen wenigen Leuten, denen ich vertraue und von denen ich weiß, daß sie mir auch mal offen sagen, wenn ich Schei§§ gebaut hab.

Lava
13.08.2009, 18:03
Aber es soll ja nicht darum gehen mit dem Finger auf irgendwen zu zeigen! Es geht darum, einen Fall mal genau zu analysieren, um zu gucken wo es vielleicht Fehler gab. Und damit alle daraus lernen, sollte das auch in der kompletten Abteilung diskutiert werden, meiner Meinung nach. Dann haben alle was davon. Bisher läuft das bei uns eher so, dass halt in den Röntgenbesprechungen angedeutet wird, dass vllt. das und das falsch lief. Dann weiß sowieso jeder, welcher Kollege dran beteiligt war. Also warum Heimlichtuerei? Dann kann man auch für ALLE nachvollziehbar machen, was hätte besser laufen können.

Ich schätze unseren Chef auch eher so ein, dass der nicht auf sowas steht. Aber versuchen kann man's ja mal.

feylinia
13.08.2009, 19:02
Wir haben alle 2 Wochen - theoretisch zumindest, manchmal auch eher unregelmäßig - eine Fallpräsentation. Da wird dann von einem Assistenen oder auch FA/ OA ein Fall aufgerollt. Das sind entweder Fälle, bei denen was schief gelaufen ist, aber genau so oft auch Fälle bei denen alles wunderbar gelaufen ist, die aber interessant waren, weil selten oder neue OP Methode oder sonstwas.
Ich persönlich finde die Mischung so sehr gut. Und auch bei den Negativ-Beispielen wird nicht mit dem bösen Finger gezeigt. Die Reaktion der betroffenen Kollegen ist da allerdings sehr verschieden, manche sind sehr reflektiert, andere fühlen sich eher auf den Schlips getreten...

Christoph_A
13.08.2009, 19:17
Naja, wie schon von Evil gesagt, Selbstreflexion ist wichtig und förderlich, aber bitte im kleinen Kreis. Fehler sollten zugegeben und mit dem Vorgesetzten besprochen werden, wie sie sich in Zukunft vermeiden lassen. Aber dazu brauche ich mich nicht vor alle hinstellen, da wird Denunziantentum und Besserwisserei Tür und Tor aufgemacht und das ist nicht gut für die Allgemeinheit und das Klima im Team.

Praia-do-Forte
13.08.2009, 22:54
Da ich jetzt weiß was gemeint ist:
Ja, das gab es bei uns (Innere)auch. Und man muß sagen: Genügend Selbstreflexion gab es schon. Allerdings nur bis zur Oberarztebene. Obwohl, wenn ich nachdenke, unser Chef hat sich selbst einige Male auch kritisiert.
Ort des Geschehens war bei uns häufig auch die Röntgenbesprechung, aber durchaus auch das Treppenhaus, die Intensivstation oder das Patientenzimmer----ähm jaaaa.... Schweigepflicht....hallooo....:-oopss
Im Patientenzimmer heißt natürlich dann über andere Patienten.... denn das war natürlich auch unserem Chef klar, dass man den Patienten nicht durch Gespräche über die Fehler in seinem Krankheitsverlauf verunsichern sollte....

Dann gab es auch noch die interdisziplinäre Fallkonferenz. Bei diesen Vorstellungen haben dann öfters mal die Chirurgen eins auf den Deckel bekommen :-music

John Silver
16.08.2009, 12:40
Theoretisch sind M&M-Konferenzen sehr sinnvoll. Wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, werden diese Konferenzen nur zu häufig und zu gern dazu mißbraucht, mit dem Finger auf andere zu zeigen, Konkurrenten mit Exkrementen zu beschmeißen und das eigene Ego möglichst ins Rampenlicht zu rücken. Derjenige, der einen Fall präsentiert, wird gezwungen, teilweise stundenlange Recherchen durchzuführen, und das in der eigenen Freizeit - hauptsächlich mit dem Ziel, sich möglichst vieler Angriffe erwehren zu können.

Im Amiland sind solche Konferenzen Pflicht. Und nur eine Minderheit der Krankenhäuser schafft es, daraus lehrreiche Veranstaltungen zu machen. Der Rest wird von Amis als schlicht "maligne" bezeichnet. Tja.

icespeedskatingfan
20.08.2009, 11:28
Fehlerreflektion ist doch was positives, vor allem wenn man Hirnschmalz darauf verwendet wie diese Fehler in Zukunft vermieden werden können. Wir haben auf diese Weise mehrere strukturell bedingt Fehler eliminiert - und unsere eigene Arbeitszufriedenhiet damit steigern können.