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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Entzündung unklarer Ursache



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Lava
01.09.2009, 18:47
Zugegeben ist das eine vllt. etwas peinliche Frage. Mein Altassi ist aber gerade im Urlaub und mein OA ist mir bei solchen Dingen auch keine große Hilfe (seine Antwort auf 95% meiner Fragen lautet "Konsil!"), so dass ich hier mal in die Runde fragen will.

Ich habe gerade zwei Patienten auf Station mit erhöhten Entzündunsgwerten im Blut. Und zwar nicht nur ein bisschen erhöht, sondern schon ordentlich. CRP jenseits der 20 und Leukos auch bei 18 bis 25Tsd. Wenn sowas bei uns in der Unfallchirurgie auftritt, kommen da für uns immer 3 Infektionsquellen in Frage, die wir dann abklären: die OP Wunde, Harnwegsinfekt, Pneumonie. Bei dem einen Patienten habe ich heute ein Serom feststellen können, dass ja möglicherweise ursächlich für den Infekt ist. Die Wunde an sich sieht halt reizlos aus, so dass ich mir nicht vorstellen kann, dass da der pure Eiter drunter ist, aber bei dem würde ich das Labor am ehesten auf die Wunde schieben. U-Stix wird noch gemacht (Katheter hat er aber keinen und auch keine Dysurie), Rö Thorax halte ich vorerst für nicht notwendig, da er an und für sich fit ist und keine Dyspnoe hat oder Husten.
Bei Patientin 2 sieht die Sache schon mysteriöser aus. Die Wunde ist reizlos, im Rö Thorax keine Pneumonie. Sie hat einen Harnwegsinfekt, der schon seit 4 Tagen mit Cotrim behandelt wird, aber kein Fieber. Kann der HWI CRP und Leukos über 20 machen, wenn die Patientin kein Fieber hat und auch sonst ganz fit wirkt (ist allerdings über 80 Jahre)? Ich werde Labor und U-Stix morgen nochmal kontrollieren. Wenn's dann nicht besser ist, ist ne Urinkultur bei laufender Antibiose sinnvoll? (Ich denke ja, könnte ja ein resistenter Keim sein, den man dann trotzdem finden könnte)

An welche Infektionsquellen sollte man eigentlich noch denken (mal so allgemein gefragt)?

Evil
01.09.2009, 19:13
[QUOTE=Lava;814028Kann der HWI CRP und Leukos über 20 machen, wenn die Patientin kein Fieber hat und auch sonst ganz fit wirkt (ist allerdings über 80 Jahre)? Ich werde Labor und U-Stix morgen nochmal kontrollieren. Wenn's dann nicht besser ist, ist ne Urinkultur bei laufender Antibiose sinnvoll? (Ich denke ja, könnte ja ein resistenter Keim sein, den man dann trotzdem finden könnte)[/QUOTE]
Jap, gerade bei den alten Leutchen verläuft ein Harnwegsinfekt häufig relativ blande. Uri-Cult ist eine gute Idee, Du könntest aber auch ex iuvantibus auf Cefuroxim umsteigen.

Woran man immer denken sollte, ist der Bauch. Nicht wenige Patienten entwickeln bei OP-Stress eine Divertikulitis oder ein Ulcus ventriculi, also mal auf den Bauch drücken.

Man muss auch nicht immer gleich mit Antibiotika draufballern, manchmal hilft auch die währte Strategie des aggressiven Zuwartens.
Und zu guter Letzt behandeln wir in der Inneren immer wieder Infekte mit unklarem Fokus. Ist also keine Schande ;-)

Nur: Häufiges ist häufig, Seltenes ist selten, von daher würd ich in den allermeisten Fällen bei Euch einen Zusammenhang zur OP vermuten.

Feuerblick
01.09.2009, 19:15
Ähm, ich sehe grad dein Problem nicht. Du hast doch bei beiden die Ursache schon entdeckt, oder? Patienten mit Serom können drüber eine wunderschön reizfreie Wunde haben und Patienten mit HWI durchaus mal ohne Fieber auskommen. Beides ist aber doch ein guter Grund für eine Erhöhung von CRP und Leukos... zumindest habe ich in meiner chirurgischen Karriere nie eine andere Ursache gefunden und die Therapie dieser Erkrankungen hat einen entsprechenden Rückgang der Laborparameter gezeigt.
Kurz gesagt: Wenn du Hufgetrappel hörst und ein Pferd vorbeilaufen siehst, dann ist es unwahrscheinlich, dass dahinter noch ein Zebra kommt...

Lava
01.09.2009, 19:30
Ich bin ja auch schon beruhigter als gestern, wo ich von dem Serom noch nichts wusste :-D Mich hat halt nur die Höhe der Entzündungsparameter stutzig gemacht. Es ist echt ne Seltenheit bei uns, dass das CRP über 20 steigt, ganz zu schweigen von den Leukos. :-nix

pieks
01.09.2009, 19:41
Hi Lava,

CRP - welche "Einheit"?

Gruß pieks

Lava
01.09.2009, 19:43
Du fragst Sachen... müsste ich nachgucken. Aber ich glaube, der Referenzbereich liegt bei <1

pieks
01.09.2009, 19:48
naja ...
werden wohl kaum mg/l sein ... das würde - V.a. post-OP - wohl keinen aus dem Stuhl heben

Lava
01.09.2009, 19:55
Postop haben idR Werte bis 10.... hin und wieder mal 12... aber mehr echt nicht :-nix

Hoppla-Daisy
01.09.2009, 20:00
Äpfel? Birnen? :-))

McBeal
01.09.2009, 20:10
Wird mg/dl sein. Ist bei unserem Labor auch die Einheit. Im PJ warens mg/l.

LG,
Ally, die vom Briefeschreiben alle Einheiten kann (zumindest die der Standard-BEs)

teletubs
01.09.2009, 22:34
Postop haben idR Werte bis 10.... hin und wieder mal 12... aber mehr echt nicht :-nix

Ausnahmen bestätigen die Regel! ;-) Finde es ja lobenswert, dass du dir Gedanken machst...ist leider nicht immer die Regel. Aber das häufige ist häufig, aber es gibt auch nichts, was es nicht gibt. Viele entwickeln Pneumonien oder Harnwegsinfekte. Ich würde die Leute klinisch und laborchemisch kontrollieren. Manche CrPs kommen von alleine runter, ohne dass man einen Infektfokus hat. :-nix Hab grad eine Dame mit St.n. Humerusluxationsfraktur, die in CrP-Bereichen zwischen 70-100 rumdümpelt. Ohne Therapie kommt sie so langsam runter. Und die Leute müssen nicht immer Beschwerden haben...auch Pneumonien können bis zu einem gewissen Punkt asymptomatisch sein.

Lava
02.09.2009, 19:03
Ja, handelt sich um mg/dl, Referenzbereich 0,1 bis 0,6 mg/dl. Wenn da jemand 70-100 hätte würde ich den ja für hochseptisch halten :-oopss

Der Mann mit serom wird übrigens morgen operiert (leider nicht von mir), sein CRP sinkt aber auch so schon von ganz allein :-)) (Trotzdem, das Serom macht ja Schmerzen und von daher gehört es weg)

Die Dame hat laut Aussage der Tochter rezidivierende Harnwegsinfekte. Ist also anzunehmen, dass da was anderes als der übliche 08/15 Cotrim-sensible Keim drin ist :-? Naja, soll sich der Hausarzt mit rumschlagen, die Dame wird spätestens nächste Woche entlassen.

teletubs
02.09.2009, 19:22
Dann hoffe ich, dass du vorher eine Urinkultur genommen hast?! ;-)

Lava
02.09.2009, 19:23
Ich nicht - ich hoffe die Schwestern haben das heute gemacht :-))

teletubs
02.09.2009, 19:32
Sie hat einen Harnwegsinfekt, der schon seit 4 Tagen mit Cotrim behandelt wird

Hm...dann macht ein Urikult fast keinen Sinn, da anbehandelt. :-nix

Lava
02.09.2009, 19:35
Schon, aber wenn da ESBL oder Pseudomonas drin ist, würde man die doch trotzdem finden, oder?

WackenDoc
02.09.2009, 19:37
Mal ne blöde Frage. Wenn man nen Patienten z.B. mit Harnwegsinfekt anbehandelt hat und das wird mit Antibiotikum x nicht besser. Dann macht man nen Uricult. Wenn der Keim resistent auf Antibiotikum x ist, müsste der nicht trotzdem wachsen, weil das Antobiotikum ihn ja offenbar nicht tot bekommt?

alley_cat75
02.09.2009, 19:45
CRP jenseits der 20 und Leukos auch bei 18 bis 25Tsd. ... Serom... Wunde an sich sieht reizlos aus, ... keine Dysurie, Rö Thorax halte ich vorerst für nicht notwendig.

CrP bis 50 finde ich nicht schockierend, schon gar nicht postop und die Lk würde ich kontrollieren. Letztendlich steht bei mir die Symptomatik im Vordergrund, nicht allein irgendwelche Laborwerte. Ich habe seit der Kindheit hohes ALAT/ASAT, die jedesmal die Ärzte unruhig werden lassen. Manchmal ist das halt so. :-nix Vernünftig ist sicherlich ein UStatus. Und wenn Du ganz sicher gehen willst, halte doch mal einen Schall auf das Serom, falls möglich. Ich bin bekanntlich keine Chirurgin, aber auch unter reizlosen Wunden können kleine böse Bakterien schlummern.



Patientin 2 ... Wunde ist reizlos, im Rö Thorax keine Pneumonie. Sie hat einen Harnwegsinfekt, der schon seit 4 Tagen mit Cotrim behandelt wird, aber kein Fieber.

Auch hier kann man Entzündungswerte doch nur im Verlauf vernünftig beurteilen. Sind die Werte regredient, scheint der HWI die Ursache und das AB das richtige. Bei alten Damen würde ich breiter schießen als mit CoTrim - Cefuroxim wurde ja schon genannt. Und ja, HWI können häßliche Entzündungsbilder machen, bis hin zur Sepsis bei scheinbar unbeinträchtigten Patienten. Der Klassiker unklarer Entzündgswerte ist übrigens bei uns eine FlexPhlebitis. Käme das in Frage?

Lava
02.09.2009, 20:15
Und wenn Du ganz sicher gehen willst, halte doch mal einen Schall auf das Serom, falls möglich.

Gestern erledigt, morgen OP Termin ;-)

Schnatti
02.09.2009, 23:17
Mal ne blöde Frage. Wenn man nen Patienten z.B. mit Harnwegsinfekt anbehandelt hat und das wird mit Antibiotikum x nicht besser. Dann macht man nen Uricult. Wenn der Keim resistent auf Antibiotikum x ist, müsste der nicht trotzdem wachsen, weil das Antobiotikum ihn ja offenbar nicht tot bekommt?

Ich frage mich gerade, ob China auch immer weiter wächst, wenn niemand "es" aufhält. :-)
Auch Bakterienwachstum limitiert sich irgendwann selbst, der Prozess ist ja kein unendlicher. Falls das deine Frage war.

Ansonsten nicht ganz verdrängen, dass in vitro und in vivo nicht immer korrelieren müssen. Wenn also MAL ein klinischer Befund so dreinschaut, als dass Antibiose XY doch suffizient zu sein scheint, auch wenn das Antibiogramm bleede aussah: einfach unter "Glück gehabt" verbuchen und über den Terminus Statistik freuen. ;-)
Der Regelfall sollte das freilich nicht sein, dann würde ich mal beim Labor bimmeln.

Gruß,
Schnatti