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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Taube Zunge und vieles mehr... Fall für den Psychiater??



hüpfmaus
09.09.2009, 23:12
Hallo

Ich möchte euch hier einen etwas "komplexen" Krankheitsfall vorstellen, der im Moment zwar in medizinischer Behandlung ist, jedoch bis jetzt nur mit der Diagnose "Überlastung --> Psychotherapeutische Behandlung" abgestempelt wurde. Für mich wirkt es langsam etwas zu komisch, dass sämtliche Symptome nur von der Psyche oder einer alltäglichen psychischen Überlastung herrühren sollten. Ich möchte hier also von euch keine Diagnose erbitten, sondern interessiere mich einfach nur dafür, ob jemand evt. einige Ideen hätte, auf die der Hausarzt nicht gekommen ist...

Also hier zur kranken Person:

Weiblich, 27 Jahre alt, Hausfrau & Mutter von 2 Kleinkindern, alleinerziehend
Chronische Rückenschmerzen seit Kindheit wahrscheinlich aufgrund zu schwacher Muskulatur
Keine bekannten Allergien, Keine Krankheiten in der Familie, ausser Rheuma (Grossmütterlicherseits)

Patientin wurde am 13.09. krank (Erkältung mit Hals- und Schluckweh, geschw. Lymphdrüsen und Sinusitis). Am Abend Fieber 38,5 und erstmal Taubheitsgefühl in der Zunge. Fieber und Schmerzen wurden mit Ibuprofen unterdrückt. Seither sehr starkes nächtliches Schwitzen!

Seit heute ist das Taubheitsgefühl in der Zunge anhaltend und sehr irritierend, tendiert nicht danach nachzulassen. Begleitet von einem "müden" rechten Arm und leichtem Kribbeln in rechter Hand und rechtem Arm (Zunge ist aber ganzheitlich taub, nicht nur rechts!), äusserst starkem Schwindel, Schweissausbrüchen und einem wackeligem Gang mit dem Gefühl sie könnte jederzeit Umfallen.

Hierzu nun noch die Krankheits-Vorgeschichte, wer es für nötig empfindet darf sich's durchlesen :-lesen

Beginn der ersten Symptome, aufgrund deren der Hausarzt aufgesucht wurde, ca. Feb 2008

Symptome:

- Anfangs nur nächtliche Schmerzen in Fingergelenken (als hätte man 10 Std. lang nur die Faust gemacht, und würde die Hand dann langsam wieder öffnen), dann chronische Schmerzen in Fingern, Händen, Handgelenken und zeitweise Ellbogen. Ab und zu leichtes Kribbeln an den Handunterflächen.

Tests auf Rheuma, Arthrose o.ä. = negativ. Gemacht wurde ein Knochensyntigramm (keine ahnung wie man das schreibt :-nix) mit unauffälligem Resultat, Konsultation bei einem Neurologen der die Nervenleitungen mittels elektrischen Impulsen getestet hat, sowie Konsultationen beim Rheumatologen. Nach X Bluttest die keine auffälligen Resultate ergaben wurde vom Hausarzt in Zusammenarbeit mit dem Rheumatologen die Diagnose "Überlastung" gegeben. Therapie: Muskelaufbau & Behandlung duch einen Chiropraktor

Gegen die Schmerzen wurde ab Juni 2008 Tramadol verschrieben (das einzige Schmerzmittel von 7 vorher getesteten, das die Schmerzen lindern konnte), mit einer anfänglichen Dosis von 100 mg / Tag, seit April 2009 50 mg / Tag, auf Wunsch der Patientin (aus Angst vor Suchtgefahr etc.).

Muskelaufbau und Chiropraktik brachten zwar Linderung für die Rücken- / Nackenschmerzen (stark blockierter 3. und 5. Brustwirbel), jedoch wurden in keinster Weise die Schmerzen in Händen und Gelenken beeinflusst.

Seit Juni nun zusätzlich in Psychotherapeutischer Behandlung, Medikamentöse Behandlung 6 Wochen lang mit Effexor ER (von 75,5 mg auf 300 mg/Tag) zur Schmerzlinderung. Nach Erhöhung der Dosis auf 300mg / Tag trat eine zeitweise Störung der Pupillen ein (stark unterschiedlich grosse Pupillen, unabhängig von Lichtfaktoren oder Tageszeit). Da ausserdem keine befriedigende Wirkung von Effexor einsetzte, wurde vor einer Woche das Effexor ausgeschlichen und Wellbutrin eingesetzt. Die Psychiaterin geht davon aus, dass die unterschiedlich weiten Pupillen eine Nebenwirkung vom Effexor darstellten. Der Hausarzt ist sich unsicher, und wird den Augeninnendruck vom Augenarzt prüfen lassen. Ob ein MRI notwendig ist, möchte er vorerst mir einem Neurologen absprechen. Bescheid wird in einigen Tagen erwartet.

Die Patientin ist nun zwar beunruhigt aufgrund der zusätzlichen Symptome (das Taubheitsgefühl in Zunge etc.), möchte mit einem Bericht an den Hausarzt aber noch abwarten, aus Angst nun endgültig für psychisch gestört gehalten zu werden, da sie sich ohnehin schon nicht mehr ganz ernst genommen fühlt.

Was meint ihr dazu??? Habt ihr Ideen, was zusätzlich noch Untersucht werden könnte, oder wodurch diese Symptome ausgelöst werden könnten?

Besten Dank für die Zeit die Ihr meinem Fall geschenkt habt und tausend Dank für eure Einfälle!!!

-Der Laie, der nicht mehr in den Hausarzt vertraut-

SarahT.
09.09.2009, 23:21
Könnte z.B. ein Vitamin-B12-Mangel sein, die "Bluttests" waren ja aber offensichtlich unauffällig. So wie bisher alles andere auch.

Glaube letztlich daher auch an einen psychosomatischen Zusammenhang.

Espressa
10.09.2009, 12:30
Als erstes: Das Forum ist nicht als Online-Klinik zu verstehen, hier tummeln sich Schüler, Studenten, junge Mediziner - zumeist wird man da noch dazu "aus der Ferne" keine bessere Diagnose finden wie sie erfahrene Ärzte vor Ort gestellt haben...

Dennoch my 5 cents...
Hab schon gelegentlich Patienten von der Psychosomatischen Klinik konsiliert, Pupillenstörungen bei den Medis sind da recht häufig. Trockene Schleimhäute ebenso, von Taubheitsgefühl der Zunge hab ich noch nichts gehört - könnte aber auch eine Nebenwirkung sein.

Eine "psychosomatische Störung" ist meines Erachtens nach auch kein "Abstempeln" - sondern eine tatsächliche Diagnose, wenn man für die Beschwerden kein organisches Korrelat findet - und eine Überlastung bei einer alleinerziehenden zweifachen Mutter ja nicht gerade unwahrscheinlich ist. (Ich denke jede hätte da lieber einen Mann, eine Nanny, und Nachmittage im Fitnessstudio oder Beauty-Salon...) Alles in allem schlüssige Story.

Psychotherapie halt ich da für wichtig, gute medikamentöse Einstellung auch, und man muss sich eben darauf einstellen, dass das alles langwierige Sachen sind die gut und gerne Wochen und Monate dauern können bis sie überwunden sind.
Nur nicht den Kopf hängen lassen, und sich nicht allzu stark auf die feinste Beobachtung kleinster Befindlichkeitsänderungen versteifen. Jeden zwickt es an und ab mal hier oder da.

Evil
10.09.2009, 16:46
Macht mal eine Borrelien-Serologie, falls noch nicht gelaufen.

WackenDoc
10.09.2009, 18:15
Borrelien find ich auch ne gute Idee. Zusätzlich könnte man noch ne Serologie auf arthrotrope und neurotrope Erreger machen (Erstere sind verschiedene ERreger, die auch mal auf Gelenkstrukturen gehen, zweitere die auf Nervenstrukturen). Wüsste nicht was gegen nen MRT sprechen würde. Ist denn auch mal nen EEG gemacht worden? Gehört eigentlich zu ner ausführlichen neurologischen Abklärung mit dazu.

Falls es doch nix Psychosomatisches ist (was wirklich nichts mit "abstempeln" zu tun hat), könnte mit Hilfe der Psychotherapie zumindest die Belastung durch die Krankheit an sich und die Ungewissheit thematisiert werden.

pieks
10.09.2009, 18:40
Hi Hüpfmaus,

Du schreibst Tests auf Rheuma, Arthrose o.ä. = negativ.

Was heißt das? Welche "Rheumawerte" wurden gemacht.
Ich wäre vorsichtig mit der Diagnose "psychosomatisches".
Einiges klingt nach einer rheumatischen Erkrankung im weiteren Sinne.

MRt der HWS und des ZNS sowie eine anschließende Lumbalpunktion halte ich auch für sinnvoll.

Gruß pieks

dantheg
10.09.2009, 19:02
Meine 2 Cent:

Chronische Rückenschmerzen hat man normal nicht seit der Kindheit ... seit wann genau hat sie die?

Sie wurde am 13.09 krank ... in welchem Jahr denn? Reaktive Arthritis?

Hat die Patientin denn objektivierbare neurologische Ausfälle? Also Defizite in der körperlichen Untersuchung (bis auf den Schwindel)?

Mit welcher Fragestellung wurde ein Knochenszinti gemacht?

Taubheitsgefühle, Anisokorie und Schwindel können sehr wohl von Effexor kommen - wie sind die in der zeitlichen Relation von der Effexoreinnahme?

@WackenDoc - mit welcher Fragestellung würdest du ein EEG machen? Und welche arthrotrope und neurotrope Erreger würdest du machen?

WackenDoc
10.09.2009, 19:21
Die einzelnen Erreger müsst ich raussuchen. Normalerweise gibt´s in jedem größeren Labor nen Profil, wo die häufigsten dabei sind (Kenn ich zumindest so aus meinen Krankenhauszeiten, da musste man nur einmal für´s ganze Profil ankreuzen).

Wegen dem EEG: Bin jetzt kein Neurologe, aber kann ja sein ,dass sie Veränderungen hat. Ich kenn das nur, dass das viele Neurologen zur Abklärung mitmachen, grad wenn die Symptome relativ unklar sind.
Kenn auch psychiatrische Abteilungen, wo grundsätzlich nen MRT Schädel und nen EEG gemacht wird. Einfach um auszuschließen, dass es ein organisches Korrelat gibt.

Die ausführliche neurologische Untersuchung hab ich jetzt unterschlagen gehabt- aber da gehe ich mit dir konform, dass man schon versuchen sollte, die Beschwerden zu objektivieren.(Bin davon ausgegangen, dass das schon gemacht wurde, da sie ja schon beim Neurologen war.