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*dasQ*
25.09.2009, 11:45
Huhu ihrs,

während meiner Famulatur in Deutschland in der Allgemeinchirurgie wurden Hautnähte eigentlich fast immer durch Rückstichnaht nach Allgöwer durchgeführt - sowohl im OP als auch in der Ambulanz. Kopfplatzwunden oder Fingerwunden durch Einzelknopfnähte. Selten wurden im OP Wunden durch Intrakutannaht verschlossen. Momentan bin ich in Schweden und hier werden fast nur einfache Einzelknopfnähte gemacht oder Intrakutannähte. Rückstichnähte nach Allgöwer habe ich hier noch garnicht gesehen. Lediglich eine "Matratzennaht" wurde mal verwendet (auch mit Rückstich, aber parallel zu den vorigen Stichen und nicht intrakutan).

Ist es denn allein die Willkür des Operateurs/behandelnden Arztes ausschlaggebend dafür, welche Nahttechnik angewendet wird oder gibt es eigentlich schon Richtlinien oder Hinweise, welche Naht sich für welche Wunde besonders gut eignet?

Gruß vom Q

Lava
25.09.2009, 16:33
Joa, ist fast wurscht, meiner Meinung nach. Allgöwer sieht halt schöner aus als Donati und Rückstichnaht ist etwas "stabiler" als Einzelknopfnaht. Als Regel kenne ich nur, dass an der Hand und bei Schnitt-/ und Platzwunden nur Einzelknopf genäht wird.

bonescrusher
25.09.2009, 17:18
Mit einer Rückstichnaht Allgöwer oder Donati wird die Spannung auf die Wundadaptation vermindert. Durch den tiefen Stich nimmst du die Spannung raus und durch den Rückstich nah am Wundrand versuchst du die Wundränder zu adaptieren.

Sprich bei Wunden, wo viel Spannung drauf ist, macht man meines Wissens Rückstichnähte. Also wenn du merkst ... hmm das Knoten machen fällt schwer und ich muss ganz schön dran ziehen, mach mal zum Vergleich ne Rückstichnaht.

Einzelknopfnähte versus Intrakutan ... weiß ich selber nicht, wann und wann nicht. Ein früher Chef hat Bäuche immer geklammert oder Einzelknopf zugenäht, weil er meinte, dass möglicher Saber rauslaufen kann und man gegebenenfalls einzelne Klammern entfernen kann.

Der jetzige Chef näht die Bäuche alle intrakutan zu. k.A was besser ist, fehlt mir die Kompetenz

lg

*dasQ*
26.09.2009, 10:34
Ja, also ich persönlich finde Allgöwer auch toller, weil's einfach ordentlicher aussieht =) Wundert mich eben nur, dass das in D sozusagen Standard war und hier eigentlich garnicht gemacht wird.

John Silver
26.09.2009, 10:42
Das Argument, bei Einzelknopfnähten könne Wundflüssigkeit ablaufen und bei intrakutanen Nähten nicht, ist nicht plausibel. Auslaufen kann etwas nur in den ersten 2-3 Tagen, danach sind die Wundränder i.d.R. verklebt - und Verhalte brauchen meist länger als 2 Tage, um eine relevante Größe zu erreichen. "Aufmachen" kann man bei fortlaufender Intrakutannaht genauso wie bei Einzelknopfnaht, habe ich schon häufig gemacht - und wir nähen fast ausschließlich fortlaufend intrakutan. Dafür sehen die Ergebnisse einer Intrakutannaht bedeutend besser aus.

Es hängt aber auch sehr viel davon ab, ob man das Feingefühl hat und sich Zeit nimmt, eine anständige Hautnaht zu machen. Ich habe auch schon Intrakutannähte gesehen, die grausig gemacht waren. Und in der Unfallchirurgie, in der ich PJ gemacht habe, waren alle Wunden häßlich, egal, ob genäht oder geklammert. Der Hautnaht wird häufig eine sehr geringe Bedeutung beigemessen, was m.E. ein Fehler ist. Der Patient sieht nicht, wie's innen operiert ist - er sieht nur die Hautnaht, und diese bildet für den Patienten ein wesentlich wichtigeres Kriterium zur Beurteilung der Therapie, als es für uns der Fall ist.

Häufig höre ich auch das Argument, die Zeit dränge, man habe eben keine Zeit für eine schöne Naht. Glaube ich nicht. Mit einiger Übung ist man auch bei der Intrakutannaht schnell. Selbst bei sehr großen Wunden liegt der Zeitunterschied bei kaum mehr als 5 Minuten, eher weniger.

bonescrusher
26.09.2009, 12:06
wie macht man eine Intrakutannaht für eine bestimmte Wundsektion denn auf? Das ist doch gerade der Vorteil, was sich rein aus meiner Logik erschliesst, dass angestautes Wundsekret oder was sich da tummeln kann, abfließen kann, wenn man nur bestimmt Bereiche wieder eröffnen kann ...

Aber bin kein Arzt und ist nur meine logische Schlussfolgerung. Macht man eine Intrakutannaht auf, muss man doch den gesamten Faden ziehen und damit macht man doch die gesamte Wunde wieder auf, obwohl die Wundheilung im oberen Drittel vllt ok ist.

Aber ich denke, das ist so ein Chef ding ... genauso mit Drainagen ... ob Drainagen annähen oder nur mit Zügeln fixieren ... jeder hat andere Erfahrungen gemacht und so wird es in der Abteilung dann eingeführt.

WackenDoc
26.09.2009, 12:13
Mal ne andere FRage passend zum Thema:
Mir ist letztens passiert, dass mir nen Intracutanfaden, der ziemlich lang war, beim Ziehen gerissen ist. Der ist einach irgentwo hängen geblieben. Wie kann man so was verhindern?

Giant0777
26.09.2009, 17:44
wenn man den faden ein wenig mit einem nacl-tupfer benetzt, dann zieht er sich besser und der ganze fibrinschmoder aus den stichlöchern ist auch weg. naja und mit dem nachziehen des fadens nicht erst warten bis man fast durchgenäht hat.

grüsse, giant!

Hellequin
26.09.2009, 17:58
@Giant0777: Ich glaube WackenDoc meint das entfernen des Fadens.

In meinen PJ-Haus hat man beim entfernen von langen Intrakutannähten nicht die ganze Zeit am distalen Ende des Fadens gezogen, sondern entweder den Faden aufgewickelt oder nachgefasst.

WackenDoc
26.09.2009, 18:38
Das mit dem NAchfassen haben wir schon versucht, der ist einfach ca. in der Mitte gerissen. Ich hab dann nen Chirurgen angerufen und die haben gesagt, wenn wir gar nicht mehr rankommen sollen wir einfach abwarten ob er irgentwann PRobleme macht.
Mit dem NaCl versuch ich´s nächstes Mal.

Ich selber näh an sich nicht intrakutan- die meisten Sachen sind eh Platzwunden und da find ich Einzelknopfnaht oder (wenn vorhanden) Gewebekleber immer noch am besten.

Ich fand´s nur ein bischen merkwürdig, dass die so eine lange Naht intracutan fortlaufend gemacht haben- ich kannte das bisher nur von kürzeren Strecken.

Giant0777
26.09.2009, 19:40
Ich selber näh an sich nicht intrakutan- die meisten Sachen sind eh Platzwunden und da find ich Einzelknopfnaht oder (wenn vorhanden) Gewebekleber immer noch am besten.

Ich fand´s nur ein bischen merkwürdig, dass die so eine lange Naht intracutan fortlaufend gemacht haben- ich kannte das bisher nur von kürzeren Strecken.

naja, bei platzwunden finde ich das an sich auch nicht schlecht, mit einzelknöpfen zu nähen. allerdings ist mein eindruck, dass es grade wenn es um die kosmetik geht intrakutane nähte ein gutes kosmetisches ergebnis erzielen. in meiner chir-fam wurden selbst grosse bauchschnitte so versorgt. aber letztlich scheint es wirklich an der vorliebe des operateurs zu liegen!

grüsse, giant!

dantheg
26.09.2009, 19:56
In diesem Sinne verweise ich ich folgendes Paper:

A randomized study comparing skin closure in cesarean sections: staples vs subcuticular sutures. Am J Obstet Gynecol. 2009 Mar;200(3):265.e1-4

Da haben die gezeigt dass Stapeln bei Sectio genauso gut (Kosmetik, Schmerz) ist bzw besser (Zeitaufwand) ist wie Naht.

WackenDoc
26.09.2009, 19:57
Wir haben ja oft die Steißbeinfisteln zum nachversorgen.Bei der letzten war ich ganz schön froh, das das Einzelknopfnähte waren. Da mussten wir nämlich ein paar von wieder auf machen. Von dem her sind mir bei den Wunden, die suppen können, die Einzelknopfnähte lieber- da muss man im Zweifel nicht alles wieder aufmachen. Bei anderen Sachen sehen die Intrakutan-fortlaufenden tatsächlich besser aus. Und wenn sie gut gemacht sind, legen sich die Wundränder auch schöner aneinander- aber eben nur wenn sie sorgfältig genäht sind.
Bei meinen eigenen Nähversuchen ist es mir aber auch schon mal passiert, dass die Intrakutanen regelrecht ausgerissen sind.
Zum Ziehen sind die Einzelknopfnähte allerdings angenehmer.

Letztendlich liegt´s wohl tatsächlich am Geschmack des jeweiligen Chirurgen.
Ich glaub ich mach bei Gelegenheit auch mal wieder ne Intrakutane bei ner schönen Schnittwunde oder so.

John Silver
26.09.2009, 22:00
Eine intrakutane Naht läßt sich noch einfacher aufmachen, als eine Einzelknopfnaht. Man spreizt einfach die Wundränder an der erforderlichen Stelle mit einer Pinzette. Geht wunderbar.

Primär kontaminierte Wunden, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Infektion hoch ist (Verletzungen mit verschmutzter Wunde, Stoma-Stellen, Sinus-pilonidalis-Wunden etc.), näht man nicht fortlaufend. Das ist aber ein Sonderfall.

Sectio-Hautnähte sind ebenfalls ein Sonderfall, weil der Schnitt im Verlauf der Hautfalten geht. Da heilen auch schlechte Nähte mit einem guten kosmetischen Ergebnis. Wenn es allerdings um übliche abdominelle Zugänge geht, sieht das kosmetische Ergebnis nach einer schönen Intrakutannaht bedeutend besser als nach einer Klammernaht aus. Wie ich allerdings schon sagte, muß die Naht gut gemacht sein. Eine schlechte Intrakutannaht liefert auch ein schlechtes kosmetisches Ergebnis.

Evil
27.09.2009, 10:50
Fortlaufend intracutan kenn ich nur mit resobierbarem Nahtmaterial, ist vor allem im Gesicht auch sinnvoll, dann braucht man nix zu ziehen.

Die Niere
27.09.2009, 11:57
Fortlaufend intracutan kenn ich nur mit resobierbarem Nahtmaterial, ist vor allem im Gesicht auch sinnvoll, dann braucht man nix zu ziehen.Gerade bei der Schilddrüsse, wird der Kocherkragenschnitt sehr gerne fortlaufend intrakutan, jedoch mit NICHT-resorbierbaren Material genäht, welches am 3. postop Tag entfernt wird.

gruesse, die niere

*dasQ*
27.09.2009, 12:02
Primär kontaminierte Wunden, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Infektion hoch ist (Verletzungen mit verschmutzter Wunde, Stoma-Stellen, Sinus-pilonidalis-Wunden etc.), näht man nicht fortlaufend.

Lässt man Sinus Pilonidalis-Wunden nicht offen verheilen?

flavour
27.09.2009, 12:31
Zugkräfte von den Wundrändern zu reduzieren ist schon sehr wichtig.
Hängt tatsächlich extrem vom Chirurgen und der Wunde ab.
Fortlaufend Intrakutan fand ich aber auch immer am Schönsten irgendwie. Habe ich jetzt aber auch eher mit nicht-resorbierbaren Nähten gesehen?
Und nie das Gewebe mit der Pinzette squeezen, habe ich bei den Plastikern auf die harte Tour gelernt. ;)

EzRyder
27.09.2009, 12:41
Hat das Klammern eigentlich außer der Zeitersparnis einen Vorteil gegenüber Nähten? Billiger ist es ja wohl kaum, das sind ja auch Einmalgeräte.
Und, wie kommt das Geklammere denn bei den PAtienten an? Ich erinnere mich da gut an eine Patientin die voller Lob über die kunstvollen Nähte war, eine andere aber entsetzt über die geklammerte Wunde(beides war für sich gut gemacht).
Natürlich kann man ja aufklären aber ich könnte mir vorstellen, dass Nähte beim Patienten besser ankommen, weil das einfach gewissenhafter und zur ärztlichen Kunst gewertet wird anstatt wie ein Teppich zugeklammert zu werden.

Die Niere
27.09.2009, 14:17
Jede Spannung auf der Wunde macht eine hässliche Narbe, ich glaube da sind wir uns alle einig.

Intrakutannähte machen mit Sicherheit das schönste Ergebnis, aber NUR, wenn keine Spannung besteht, denn diese kann die Intrakutannaht am schlechtesten kompensieren.

In der Regel sollte man Intrakutan jedoch mit selbstresorbierbaren Material durchführen, aber es gibt (neben der klaren Indikation bei der Schilddrüse) auch hier Ausnahmen, die jedoch eher auf die Vorliebe des Operateurs als auf objektiven Erfahrungswerten (ich erspare uns allen mal den Begriff der EBM) gründen.

Bei Spannung sollte immer ein Einzelknopf, am besten als Rückstich (Donati, Allgöwer) gewählt werden. Klammern sind eine schnelle Methode die Wunde zu verschliessen und nicht automatisch teurer als Hautnähte, denn die Zeitersparnis schlägt sich in OPS-Minuten, die ebenfalls ein hoher Kostenfaktor sind nieder und so spart man bei einer grossen Abdominalwunde reines Geld, wenn man Klammert.

Bei verdreckten Wunden (RQW) immer Einzelknöpfe ohne Rückstich.

Bei potentiel verdreckten Wunden (z.B. grösserer Coloneingriff) empfiehlt es sich auch Einzelknöpfe zu machen, denn eine Wundspreizung bei einem Wundinfekt geht bei einer Fortlaufenden Naht nur unzureichend (der Tipp mit dem Spreizen mit der Pinzette hinkt, da die Wunde danach schnell wieder zu geht und auch nicht auf einer grösseren Distanz (>2cm) eröffnet werden kann).

gruesse, die niere