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lilapple
25.09.2009, 15:09
Da die Suchfunktion bei mir gerade nicht funktioniert, bleibt mir nichts anderes übrig als einen eigenen Thread zu eröffnen;)

Ich wollte mal fragen, ob es hier Leute gibt, die mit Stipendien, egal welchen Trägers, Erfahrungen gemacht haben? Mich würde u.a. interessieren, mit welchen zeitlichen Aufwand ein Stipendium verbunden ist, und was i.d.R. unter gesellschaftlichem Engagement usw. verstanden wird. Viell finden sich hier einige Stipendianten, würde mich sehr freuen! :) Könnt mich auch gerne über ne Nachricht kontaktieren!

machonachoman
25.09.2009, 18:49
Also ich habe ein Stipendium der "e-fellows.net" Stiftung. Klingt besser als es ist. Mein Schulleiter hatte mich damals dafür vorgeschlagen und dann wird man auch ganz schnell angenommen. Man kann sich aber auch direkt bewerben.
Das Stipendium besteht vor allem aus Vergünstigungen in DSL Paketen, Tagesszeitungen Abos, Zeitschriften Abos und vor allem der Name e-fellows ist doch etwas bekannter in der Wirtschaftswelt. Dann kriegt man vielleicht leichter ein Praktikum ;)
Manchmal wird man auch zu Seminaren eingeladen oder verbilligt reingelassen.
Zudem gibt es auch an manchen Unis Studiengebührerlass heißt es, ich weiß aber nicht ob das stimmt und welche. Hier in München zumindest nicht.
Ich werde mich auf jeden Fall nicht sonderlich bemühen es noch zu verlängern, da es eigentlich nur für Wirtschaftler interessant ist. Und die Verbilligungen bekomm ich auch meist als Student.
Das blöde an Stipendien ist dass sie oft parteigebunden sind und für die staatlichen muss man schon ein SUPERBRAIN sein.

Bisamratte
25.09.2009, 22:59
http://www.zeit.de/2009/40/C-Begabtenfoerderung?page=all

E-Fellows ist ganz nett (kostenlose Zeitungsabos), die Einstiegshürde eher niedrig. Fällt eher in die Rubrik „Marketing“, in einer Bewerbung würde ich damit nicht unbedingt glänzen wollen. „Superbrains“ sind die mir bekannten Stipendiaten der „richtigen Stiftungen“ nicht: Sie haben ein ordentliches Abitur, kommen aus dem Bildungsbürgertum und bedürfen finanzieller Förderung in Anbetracht der Positionen ihrer Eltern aber eigentlich nicht. (Diese Beobachtung deckt sich befremdlicherweise mit dem oben angeführten Artikel.) Vorgeschlagen wurden sie meines Wissens vom Schuldirektor. Die Jahrgangsbesten waren sie, so weit ich weiß, nicht. Ein verlängertes Pflegepraktikum etc. im Busch kann nicht schaden („gesellschaftliches Engagement“). Im Aufnahmeritual sind all jene rausgeflogen, die sich nicht entsprechen darstellen konnten bzw. nicht über das nötige Allgemeinwissen für die verschiedenen Disziplinen verfügten.

lilapple
26.09.2009, 12:49
http://www.zeit.de/2009/40/C-Begabtenfoerderung?page=all

E-Fellows ist ganz nett (kostenlose Zeitungsabos), die Einstiegshürde eher niedrig. Fällt eher in die Rubrik „Marketing“, in einer Bewerbung würde ich damit nicht unbedingt glänzen wollen. „Superbrains“ sind die mir bekannten Stipendiaten der „richtigen Stiftungen“ nicht: Sie haben ein ordentliches Abitur, kommen aus dem Bildungsbürgertum und bedürfen finanzieller Förderung in Anbetracht der Positionen ihrer Eltern aber eigentlich nicht. (Diese Beobachtung deckt sich befremdlicherweise mit dem oben angeführten Artikel.) Vorgeschlagen wurden sie meines Wissens vom Schuldirektor. Die Jahrgangsbesten waren sie, so weit ich weiß, nicht. Ein verlängertes Pflegepraktikum etc. im Busch kann nicht schaden („gesellschaftliches Engagement“). Im Aufnahmeritual sind all jene rausgeflogen, die sich nicht entsprechen darstellen konnten bzw. nicht über das nötige Allgemeinwissen für die verschiedenen Disziplinen verfügten.

Das ist allerdings traurig. Passt ja in unsere bittere Landschaft aus Ungerechtigkeit und Klassengesellschaft. Sorry, bin derzeit generell bisschen verbittert was das anbelangt ;)
Hm und sonst irgendwelche positiven Erfahrungen? Wohl wenige was? Ich dachte eigentlich gerade wenn man finanzieller Hilfe bedarf, ist man da an der richtigen Adresse.

Bisamratte
26.09.2009, 13:31
Das ist allerdings traurig. Passt ja in unsere bittere Landschaft aus Ungerechtigkeit und Klassengesellschaft. Sorry, bin derzeit generell bisschen verbittert was das anbelangt ;)
Hm und sonst irgendwelche positiven Erfahrungen? Wohl wenige was? Ich dachte eigentlich gerade wenn man finanzieller Hilfe bedarf, ist man da an der richtigen Adresse.

Du hast das offenbar falsch verstanden. Für alle Nutznießer ist das supernett. Je nach Stiftung bekommt man Büchergeld oder eine höhere finanzielle Unterstützung, es gibt Veranstaltungen, Kontakte („Türen öffnen“) und einen Eintrag im Lebenslauf. Es ist nur nicht wie in anderen Ländern, dass Stipendien sich primär an Leuten ausrichten, die studieren (wollen), sich aber beispielsweise die Studiengebühren oder das Studium an sich nicht leisten können. Für „finanzielle Hilfe“ gibt es hierzulande Bafög, ob es vergleichbare Systeme (mit einer solchen breiten Abdeckung) auch in anderen Ländern gibt, ist mir unbekannt. Bei einer Stiftung anklopfen, weil man Geld will, ist ein eher unkonventioneller Weg. Ich kenne jemanden, der unbedingt von einer Stiftung gefördert werden wollte und auf Biegen und Brechen nach Leuten gesucht hat, die ihn vorschlagen bzw. sich selbst partei- und weltanschauungsübergreifend vorgestellt. War eher ein peinliches Schaulaufen, soweit ich weiß auch ohne Erfolg. :)

Ob das nun alles mit „Ungerechtigkeit“ oder „Klassengesellschaft“ zu tun hat, weiß ich nicht. „Eliten“ reproduzieren sich nunmal, und dabei ist es egal, ob es um ein Auswahlverfahren mit Gesprächen an Universitäten oder Stiftungen geht, um die Eintrittskarte in irgendeine Subkultur oder die Familienplanung.

lilapple
26.09.2009, 21:17
Finde es einfach schade dass sich selbst die (bei uns wahrlich nicht sonderlich gut ausgebauten) materiellen Förderungen mehr auf ohnehin schon "wohlhabendere" Studenten beschränken. Gibt halt meines Erachtens nach zu wenig Stiftungen die sich speziell an solche Fälle wenden.

Bisamratte
26.09.2009, 22:40
Finde es einfach schade dass sich selbst die (bei uns wahrlich nicht sonderlich gut ausgebauten) materiellen Förderungen mehr auf ohnehin schon "wohlhabendere" Studenten beschränken. Gibt halt meines Erachtens nach zu wenig Stiftungen die sich speziell an solche Fälle wenden.

Sowas ist gewiss kein Stiftungsziel. Die Ursachen dürften vielfältig sein: Leute, die Förderung bekommen könnten, aber aus schlechteren sozialen Verhältnissen kommen, bewerben sich eventuell seltener, werden seltener vorgeschlagen, können sich weniger gut präsentieren, sind vielleicht teilweise sehr begabt, ohne aber einen „bürgerlichen Bildungskanon“ mitzubringen, fallen durch Kleidung/Verhalten/etc. eher durch den Rahmen beim Auswahltest (bei den „Prüfern“), usw., usw.

wanci
27.09.2009, 01:16
"Eine neue Studie zeigt, dass vor allem die soziale Herkunft eines Studenten über die Chancen auf ein Begabtenstipendium entscheidet. Kinder aus Arbeiterfamilien haben schlechte Karten."
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/486506

lilapple
27.09.2009, 10:32
Das hab ich gemeint

lilapple
27.09.2009, 12:00
Mit der Friedrich-Ebert-Stiftung hat nicht zufällig jemand Erfahrungen gemacht?
Mich würden da schon so ein paar Dinge interessieren, zum Beispiel wie viel Zeit man da so im Jahr rechnen sollte, um sich da an Seminaren usw zu beteiligen und wie so ein Auswahlgespräch abläuft?

*dasQ*
27.09.2009, 15:05
Ich habe ein Stipendium von der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Wurde damals vom Schulleiter vorgeschlagen und dann aufgenommen. Ich glaube, man kann auch während des Studiums aufgenommen werden, muss dann aber m.M.n. von nem Prof vorgeschlagen werden. Es gab ein Auswahlverfahren (ein Wochenende lang) und danach wurde entschieden. Dann ist man erst mal zwei Jahre lang "auf Probe" Stipendiat und nach diesen zwei Jahren wird dann erneut entschieden, ob man endgültig aufgenommen wird oder nicht. Diese Entscheidung orientiert sich dann leider hauptsächlich an den Noten, aber auch an z.B. sozialem Engagement, besonderen Interessen...
Das Stipendium wird genauso berechnet wie das Bafög, d.h., wenn man eigentlich kein Bafög bekommen würde, bekommt man von der StuSti lediglich ein monatliches "Büchergeld" von 80 Euro. Des weiteren bietet die Stiftung viele Möglichkeiten für Workshops, Seminare, Sprachkurse usw. an. Für Auslandsaufenthalte kann nochmal zusätzliche finanzielle Unterstützung beantragt werden.

Gruß vom Q

machonachoman
27.09.2009, 21:47
Ganz schön armselig. Von der "Studienstiftung des deutschen Volkes" und bei dem Auswahlverfahren hätte ich schon mehr erwartet als 80€ im Monat. Musst du denn deine Studiengebühren bezahlen?

SDWI
27.09.2009, 22:39
Hm, das klingt nicht so ganz gerecht. Bin selbst bei der Studienstiftung, wäre aber nicht oder nur marginal BAFöG-berechtigt. Und die Stiftung gibt mir mitnichten lediglich 80 Euro Büchergeld, sondern immerhin so viel, dass ich während des Studiums nicht nebenbei arbeiten hätte müssen.

Allerdings geht es dabei tatsächlich nicht darum, dass man studiert und sich das nicht leisten kann. Das ist keine Voraussetzung für ein Stipendium. Leistung entscheidet da jedoch schon sehr. Und wenn du jetzt gute Noten in der Vorklinik hast, wirst du ein Stipendium bekommen. Es liegt also ganz bei dir. Ich drück die Daumen!

*dasQ*
27.09.2009, 23:45
Ganz schön armselig. Von der "Studienstiftung des deutschen Volkes" und bei dem Auswahlverfahren hätte ich schon mehr erwartet als 80€ im Monat. Musst du denn deine Studiengebühren bezahlen?

Ob man Studiengebühren zahlen muss oder nicht entscheidet ja jede Uni individuell. Und meine Uni hat die Befreiung von Stipendiaten von der Studiengebühren genau in dem Jahr wieder aufgehoben, als ich als Stipendiatin aufgenommen wurde. Dumm gelaufen. Aber glücklicherweise hat ja BaWü die neue Geschwisterregelung eingeführt ;) Und somit bin ich nun wieder befreit.

Ulle
28.09.2009, 08:22
Sowas ist gewiss kein Stiftungsziel. Die Ursachen dürften vielfältig sein: Leute, die Förderung bekommen könnten, aber aus schlechteren sozialen Verhältnissen kommen, bewerben sich eventuell seltener, werden seltener vorgeschlagen, können sich weniger gut präsentieren, sind vielleicht teilweise sehr begabt, ohne aber einen „bürgerlichen Bildungskanon“ mitzubringen, fallen durch Kleidung/Verhalten/etc. eher durch den Rahmen beim Auswahltest (bei den „Prüfern“), usw., usw.
Vielleicht ist es kein Auswahlkriterium, dennoch sollte meines Erachtens ein Stipendium vorrangig diejenigen stützen, die sich aufgrund sozialer Herkunft mit der Bildung von Netzwerken schwer tun, gerade weil sie wie im Artikel angesprochen schon mit der Teilnahme an Vorausscheidungen ihre Grenzen weiter aufgebrochen haben als viele Mitbewerber aus dem Bildungsbürgertum.

Ich finde, da geht viel zu viel verloren. Man findet bei uns zu viele helle Köpfe, die weit weniger talentierten Chefs unterstellt sind, nur weil zweitere von vornherein wussten, mit wem sie Kaffee trinken müssen. Unikliniken sind da ein gutes Beispiel, wieviele der Professoren stammen aus gutem Haus? Wieviele haltet Ihr für Kompetent?

Auch wenn dies in anderen Fächern eher unüblich und die "Freak-Rate" an Universitäten noch sehr hoch ist, in der Wirtschaft bleiben Arbeiterkinder häufig hinter ihren Erwartungen trotz oftmals überlegener Fachkompetenz. Finanzielle Förderung spielt da nur eine kleinen Rolle - wie gesagt, bekommen eh nur Studenten aus wirtschaftlich schwachen Familien größere Summen und selbst die sind dank BaFÖG nicht darauf angewiesen (zumindest sobald der BaFÖG-Satz wieder auf einen Satz erhöht wird, mit dem man den Lebensunterhalt auch bestreiten kann).

Ob das heutige Stipendiatensystem aber überhaupt geeignet ist, die Bildung von Netzwerken zu unterstützen, muss wohl auch angezweifelt werden. Wenn man Arbeiterkinder voran bringen möchte, muss man sie wohl in dieser Phase viel mehr an die Hand nehmen und gerade am Anfang viel Zeit investieren.

lilapple
28.09.2009, 20:46
Vielen Dank an alle Antwortgeber, werde mir überlegen ob ich die Bewerbung bei einer Stiftung wagen werde ;)

Ulles Beitrag entspricht im übrigen auch meiner Ansicht.